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Internationaler Referenzrahmen und regionale Integration

Teil II Ausgewählte sektorale Schwer- Schwer-punkte des Integrationsprozesses

3 Förderung einer regional abge- abge-stimmten nachhaltigen

3.3 Internationaler Referenzrahmen und regionale Integration

Hier soll der Versuch unternommen werden, die oben kritisch beleuchteten SADC-Programme im Lichte der jeweils relevanten internationalen Ver-einbarungen bzw. Aktionsrahmen zu betrachten:

der internationalen Deklaration zur Ernährungssi-cherung und dem FAO-Aktionsplan, der Agenda 21 für nachhaltige Entwicklung sowie der interna-tionalen Desertifikationskonvention. Dabei ist zu prüfen, ob und in welchem Maße die von den SADC-Mitgliedsländern eingegangenen Ver-pflichtungen im Zuge der regionalen Integration realisierbar sind.

3.3.1 Deklaration zur

Ernährungssicherung und FAO-Aktionsplan174

Aus Sicht des Welternährungsgipfels wird sich das zukünftige Wachstum der tropischen und subtropischen Landwirtschaft und damit auch das der SADC-Region deutlich von dem der Ver-gangenheit unterscheiden müssen. Abnehmende

174 Vgl. World Food Summit (1996).

Landreserven, insbesondere solche mit hohem Produktionspotential sowie das Erreichen von Pro-duktivitätsgrenzen in weiten Bereichen des moder-nen Agrarsektors zwingen (a) zu einer neuen Op-timierung des Technologiemixes, (b) zum ressour-censchonenden Einsatz neuer Technologien und (c) zur Anpassung dieser Technologien an finanz-schwache landwirtschaftliche Unternehmen.

Entsprechend werden die Investitionsentscheidun-gen aus Sicht der FAO wie folgt ausgerichtet sein müssen: “In agronomic terms, more intensive but sustainable production systems will increasingly take over from further application of green revolu-tion approaches or the more expansion of culti-vated area as the main avenue of growth. Such a shift has clear implications for the categories of supporting investment that will be needed in the future.”175

Danach werden öffentliche und private Investiti-onsentscheidungen für ein nachhaltiges agrarisches Wachstum in der SADC-Region in Zukunft vier Kategorien zuzuordnen sein:

1. öffentliche und private Investitionen für die Forschung und Entwicklung sowie den Ein-satz neuer Technologien, die sich den jewei-ligen agro-ökologischen und sozio-öko-nomischen Gegebenheiten und damit der Viel-falt der Landnutzungssysteme anpassen; ar-beitsintensive und ressourcenschonende Tech-nologien werden dabei eine weitaus bedeuten-dere Rolle als bisher spielen;

2. private Investitionen zur Verbesserung und Anpassung der Landnutzungssysteme an die natürlichen und wirtschaftlichen Standortbe-dingungen im Regen- und Bewässerungsfeld-bau, der Weidewirtschaft sowie dem Dauer-kulturanbau; diese können durch öffentliche Investitionen für Bodenverbesserungen und zur Ressourcenstabilisierung ergänzt werden;

3. private und öffentliche Investitionen in den Bereichen der vor- und nachgelagerten Agroindustrien zur Bereitstellung von Be-triebsmitteln bzw. der Produktverarbeitung;

das schließt Vermarktungseinrichtungen,

175 FAO (1996b), S. 6.

Transportsysteme und Einrichtungen der La-gerhaltung ebenso ein wie Investitionen für Maßnahmen zur Diversifizierung und Erhö-hung der landwirtschaftlichen Wertschöp-fung;

4. vorwiegend öffentliche Investitionen zur Komplementierung der privaten Investitionen in den in staatlicher Verantwortung liegenden Bereichen der physischen, sozialen und Kommunikationsinfrastruktur; für den SADC-Raum sind hier der ländliche Wege-bau, die Rehabilitierung der Bewässerungs-infrastruktur sowie der Ausbau des ländlichen Finanzsektors von vorrangiger Bedeutung.

3.3.2 Agenda 21 für nachhaltige Entwicklung

Den zweiten internationalen Referenzrahmen für ein regional abgestimmtes Vorgehen setzt die A-genda 21. Die gleichzeitige Betrachtung der For-derungen der Agenda 21 und der Ziele des Akti-onsplans des Welternährungsgipfels macht deut-lich, daß für eine nachhaltige Landwirtschafts-entwicklung Anpassungen und Veränderungen in der Landwirtschafts-, Umwelt- und Wirt-schaftspolitik der einzelnen Länder unumgäng-lich sind. Dies erfordert eine intensivere und ar-beitsteilige Zusammenarbeit nicht nur innerhalb der Länder, also zwischen den bäuerlichen und kommerzialisierten Teilsektoren sowie dem ge-werblichen Sektor, sondern auch zwischen den Nationalregierungen der SADC-Mitgliedsländer und den zuständigen Sektorkoordinierungseinhei-ten. Die gemeinsame Schnittmenge bilden dabei vier Interventionsbereiche, die an den Oberzielen Ernährungssicherung, Einkommensverbesserung und Ressourcenstabilisierung orientiert sein soll-ten:

1. Eine ökologisch ausgerichtete Agrarpreis-, Markt- und Handelspolitik; diese sollte im Fall des südlichen Afrika auf Einkommens-verbesserung und Armutsminderung ausge-richtet sein; sie beinhaltet Interventionen und Maßnahmen zur Preisstabilisierung, Verbes-serung der Vermarktungsstruktur und Vor-ratshaltung, gegebenenfalls auch zur

Mengen-intervention und zum maßvollen Außenhan-delsschutz;

2. eine auf Beschäftigungswirksamkeit ausgerich-tete Agrardienstleistungs- und Innovations-politik; diese könnte sowohl eine ressourcen-schonende Variante haben (low-external-input-for-sustainable-agriculture) als auch eine Hochertragsvariante (high-external-input), die beide gleichermaßen auf Effizienzsteigerung des Inputeinsatzes ausgerichtet sein sollten; ei-ne solche Politik beinhaltet Investitioei-nen und Maßnahmen zur Ausbildung, Agrarforschung und -beratung, Kreditvergabe und Inputversor-gung;

3. eine Agrarstrukturreformpolitik in Ländern mit stark verzerrten Agrarstrukturen wie un-gleicher Bodenbesitzverteilung, unklare Wei-de-, Wasser-, Pacht- und Erbrechte; sie be-inhaltet Maßnahmen, die ebenfalls in erster Li-nie auf eine beschäftigungswirksame, umwelt-verträgliche und verteilungsgerechtere Agrar-verfassung ausgerichtet sind;

4. eine Ressourcenschutzpolitik in Ländern, die eine eindeutige negative Umweltbilanz ihrer Agrar-, Forst- und Weidewirtschaft ausweisen;

das gilt für die meisten SADC-Länder.

So überzeugend es auch sein mag, einen weltweit anerkannten und durch internationale Verpflich-tungen sanktionierten Referenzrahmen für die Adjustierung der land-, umwelt- und ernährungs-wirtschaftlichen Politikbereiche gefunden zu ha-ben, so schwierig wird es doch für die einzelnen SADC-Staaten sein, ihr spezifisches Reformpro-gramm zu formulieren, politisch auszuhandeln, zu finanzieren und schließlich mit Erfolg umzusetzen.

Immerhin, aus der gemeinsamen Kenntnis der je-weils nationalen Entwicklungsprioritäten und der zukünftigen Investitionsprioritäten für eine nach-haltige Agrarentwicklung wird nunmehr deutlich, daß nationale Alleingänge schwieriger sein wer-den. Eine Abstimmung der vier o.g. Politikberei-che unter den Mitgliedstaaten wird eine Grundvor-aussetzung für weitere Schritte zur regionalen In-tegration im südlichen Afrika sein. Im Rahmen der SADC würde dies bedeuten, daß für die drei un-terschiedlichen Ländergruppen auch jeweils andere Reformprogramme zugeschnitten werden

müßten: für die Hochpotentialländer in erster Li-nie landwirtschaftliche nachhaltige Wachstums-programme, für die Niedrigpotentialländer in ers-ter Linie Ressourcenstabilisierungsprogramme auf Subsistenzniveau, für die Nahrungsmitteldefi-zitländer eine Kombination aus Naturschutz- und –inwertsetzungsprogrammen (s. Kap. II, 3.1).

3.3.3 Desertifikationskonvention

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung in den von Dürre und/oder Wüstenbildung schwer betroffenen Län-dern, insbesondere in Afrika, die Desertifikati-onskonvention,176 ist Bestandteil des UNCED-Folgeprozesses. Es gründet auf Kapitel 12 der Agenda 21 (Bekämpfung der Wüstenbildung und der Dürren) und wurde 1994 von mehr als 100 Ländern einschließlich den SADC-Mitgliedsländern unterzeichnet. Mit Inkrafttreten 1996 erhielt die Konvention für alle Unterzeich-nerstaaten rechtsverbindlichen Charakter. Kern der Konvention ist die Erarbeitung von Aktions-programmen zum nachhaltigen Management natürlicher Ressourcen auf nationaler und regi-onaler Ebene mit Schwerpunkt in den Trockenzo-nen Afrikas (ca. 40 prioritäre Länder, darunter auch Namibia, Botsuana und Simbabwe).

Ziel solcher Aktionsprogramme ist es, die zu-nehmende Zerstörung der natürlichen Lebens-grundlagen (Vegetationsdecke, Bodenfruchtbar-keit, Boden-, Tiefen- und Oberflächenwasserre-serven) durch Maßnahmen in allen relevanten Bereichen aufzuhalten. Die Konvention bezieht sich nicht allein auf Wüstengebiete, sondern soll generell der überwiegend durch menschliche Ein-wirkungen verursachten Degradation der tropi-schen und subtropitropi-schen Naturressourcen – der Desertifikation – entgegenwirken. Das BMZ un-terstützt gegenwärtig ca. 130 Vorhaben in 25 afri-kanischen Ländern mit einem Gesamt-Zusagevolumen von annähernd 1,4 Mrd. DM.

176 Vgl. United Nations Conference on Environment and Development (1994).

Darunter sind die SADC-Mitgliedsländer Lesotho, Malawi, Namibia, Simbabwe und Tansania.

Kernstück der Konvention sind die Nationalen Aktionsprogramme (NAP). Sie bilden den Rah-men für alle MaßnahRah-men, welche die betroffenen Länder zur Umsetzung der Konvention ergreifen (Artikel 9). Alle im jeweiligen Land engagierten bi- und multilateralen EZ-Organisationen sollen in die Erarbeitung und Umsetzung der Aktionspro-gramme eingebunden werden. Geber und Nehmer sind über ihre Umsetzungsmaßnahmen der Ver-tragsstaatenkonferenz gegenüber berichtspflichtig (Artikel 10 und 26). Ergänzend zu den NAP sind subregionale und regionale Aktionsprogramme vorgesehen (Artikel 11). Subregionale Programme spielen insbesondere in Afrika eine Rolle, wie z.B.

die auch mit deutscher Hilfe unterstützten zwi-schenstaatlichen Behörden zur Bekämpfung der Dürre im Sahel und in Ostafrika, CILSS und IGAD, das Sahara-Sahel-Observatorium, OSS oder die SADC. Die Unterstützung geschieht unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität (Artikel 11); auf subregionaler Ebene sollten nur solche Aufgaben wahrgenommen werden, die nachweislich auf die-ser Ebene effizienter als auf nationaler Ebene durchgeführt werden können. Dabei handelt es sich in erster Linie um Maßnahmen von grenzüber-schreitender Bedeutung wie z.B. die Bewirtschaf-tung von Wassereinzugsgebieten, Tierseuchenbe-kämpfung, Wanderhirtenwirtschaft, gemeinsame Forschung, Beratung und Ausbildung.

Gestützt auf die grundsätzliche Verpflichtung aller Vertragsstaaten, die internationale, regionale und subregionale Zusammenarbeit zu stärken (Artikel 4), stellen die Artikel 10, 14 und 18 des Afrika-Annexes die Forderung nach Koordinierung der regionalen, subregionalen und nationalen Akti-onsprogramme. Dahinter steht der Wille nach Harmonisierung bestehender und geplanter Pro-gramme, die Hoffnung auf Möglichkeiten der Ver-einheitlichung von Planung und Programmdurch-führung und letztendlich auf eine höhere Wirk-samkeit der unterstützenden Mittel und Maßnah-men. Die Konvention fordert deshalb vom jeweili-gen Land, daß es für die erfolgreiche Programm-umsetzung eine nationale Koordinierungsstelle einrichtet.

Die Arbeit der Koordinierungsstelle wird grund-sätzlich von drei Koordinierungsebenen berührt:

der horizontalen Koordinierung der Nachbarlän-der untereinanNachbarlän-der, im Fall Nachbarlän-der SADC vor allem der Mitgliedsländer Namibia, Botsuana und Sim-babwe, der Koordinierung der EZ-Maßnahmen der Geber untereinander (Geberkoordinierung) sowie der Koordinierung der bi- bzw. multilatera-len Maßnahmen über sogenannte Partner-schaftsvereinbarungen. Die Konvention erwartet von den Gebern, daß sie sich in Zukunft intensi-ver untereinander und mit ihren Partnern abstim-men und dafür geeignete Strukturen in den nerländern unterstützen. Grundlage für die Part-nerschaftsvereinbarungen bilden wiederum die nationalen Aktionsprogramme.

Partnerschaftsvereinbarungen sollen, als ein wich-tiges Ergebnis des Konsultationsprozesses, den politischen Willen der Beteiligten zu langfristiger Zusammenarbeit stärken. Es sind programmati-sche Vereinbarungen, bei denen die Geber politi-sche Absichtserklärungen zur Mitwirkung an der Umsetzung der Aktionsprogramme abgeben.177 Angestrebt wird eine wirkungsvolle Abstimmung der Aktivitäten bi- und multilateraler Geber mit den Aktionsprogrammen auf nationaler und sub-regionaler Ebene. Die Finanzzusagen für die ein-zelnen Programmkomponenten werden wie bis-lang bei den entsprechenden Regierungsverhand-lungen erteilt.

Die EZ kann damit erstmals in ein Gesamtpaket internationaler Unterstützung für das betref-fende Land bzw. die SADC-Region eingebunden werden. Diese erst durch die Konvention ermög-lichten und auch völkerrechtlich abgesicherten Koordinierungsmechanismen bilden eine gute Voraussetzung dafür, die regionale Integration in diesem Aktionsfeld voranzubringen. Allerdings nützen die sorgfältigsten Regelungen über die

177 Vgl. Kürzinger / Schipulle (1996), S. 9. Dieses Instru-ment könnte es den Industrieländern erstmals ermögli-chen, ihre bisher in den Politikdialogen vorgebrachten Vorstellungen über notwendige Rahmenbedingungen einzubringen, ohne automatisch den Vorwurf politischer Einmischung oder der Konditionalität der Geberleistun-gen auszulösen.

Erstellung (und Koordinierung) von Aktionspro-grammen nichts, wenn deren Nutzen und die bin-dende Kraft völkerrechtlicher Vereinbarungen von den Betroffenen nicht akzeptiert werden.178 Der Nutzen solcher sorgfältig getroffenen Regelungen wird aber evident, wenn dadurch für den Integrati-onsraum insgesamt Kosten eingespart, Programme erst ermöglicht oder Doppelungen vermieden wer-den können, mithin eine höhere Effizienz des EZ-Mitteleinsatzes oder der nationalen Investitionen erzielt werden kann.179 Ein Beispiel für die Förde-rung eines Partnerschaftsprogramms durch Deutschland bietet die EZ mit Namibia (s. Kasten 5).

3.4 Gesamteinschätzung der regionalen

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