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Permeationsmechanismen .1 Parazelluläre Permeation

Im Dokument Meinem Vater (Seite 83-87)

ERGEBNISSE UND DISKUSSION

4.2 In vitro-Wirkstoffpermeation

4.2.2 Permeationsmechanismen .1 Parazelluläre Permeation

Vorwiegend kleine, hydrophile Moleküle, wie P-HCl, welche sowohl in ionischer als auch in nicht-ionischer Form vorliegen können, bevorzugen den parazellulären Weg, der vom wässri-gen Interzellularraum gebildet wird, um das corneale Epithel zu passieren. Das Epithel weist mit wässrigem Medium gefüllte Poren auf, die sich an der Oberfläche zwischen den Tight junctions befinden [199,234,235] (Abb. 26).

Andere Substanzen der Kontaktstellen zwischen den Zellen schließen die Zonula adherens ein, wie z.B. das Ca2+-abhängige Zelladhäsionsmolekül Uvomorulin und die Desmosomen [200]. Die Zonulae occludentes sind eines der typischen Kennzeichen des absorptiven Epi-thels. Sie kontrollieren die Diffusion von Ionen und neutralen Molekülen via parazellulärer Route [200]. Eine komplette Versiegelung durch die Zonulae occludentes ist nicht gegeben, da sowohl Wasser als auch gelöste Moleküle in geringem Umfang diese Barriere passieren können [8,236]. Von Madin-Darby-Canine-Kidney-Zellepithel wird berichtet, dass Wasser nicht konvektiv durch die Tight junctions fließt [237]. Verschiedene intrazelluläre Proteine kontrollieren die Funktion der Tihgt junctions [238,239]. Das versiegelnde, interzelluläre Protein wurde von Furuse et al. [240] entdeckt und Occludin genannt. Der Grad der Occludin-Expression bestimmt den transepithelialen elektrischen Widerstand (TEER) [235], und des-halb repräsentieren die parazellulären Poren wahrscheinlich den offenen Raum zwischen den Occludinansammlungen des Epithels (Abb. 26). Die Integrität der epithelialen Zonulae occlu-dentes ist z.B. abhängig von der extrazellulären Ca2+-Konzentration [200].

Die parazelluläre Oberfläche ist klein, verglichen mit der transzellulären Oberfläche. Hydro-phile Substanzen permeieren via parazellulärer Route, dem Hauptweg für die passive Ionen-permeation. Die Ladung und Molekülgröße beeinflussen dabei den parazellulären Arznei-stofftransport [241].

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Abb. 26: Der parazelluläre Permeationsweg [242]

Das aktuelle Modell für die Tight junctions ist in Abb. 27 B dargestellt.

Abb. 27: Tight junction Struktur Modelle [200]; A: Fusionsmodell (Plasmamembranen angrenzender Zellen verschmelzen); B: integrierende Membranproteine sind Hauptstrukturelemente der Tight junctions

Tonjum [243] fand heraus, dass die äußerste Zellschicht des Epithels impermeabel für die Meerrettich-Peroxidase war und damit die parazellulären Poren der Cornea kleiner als 3.0 nm sein müssen. Grass und Robinson [244] ermittelten ebenfalls eine limitierende Molekülgröße von ca. 3.0 nm für die parazelluläre Permeation durch die Cornea. Weitere Literaturangaben konstatieren 1.2 nm (Moleküldurchmesser von Glycerol) [244], oder 3.0 nm (Moleküldurch-messer von Inulin) [245]. Vergleichsweise sind die wässrigen Poren im Nasenepithel zwi-schen 0.4 - 0.8 nm groß, im Jejunum 0.7 - 1.6 nm, im Rektum 0.6 - 1.7 nm [246], und im Alveolarepithel wurden zwei Größenordnungen von Poren gefunden: nämlich 0.6 - 1.0 nm bzw. 7.0 - 12.0 nm [247].

Die Zahl der Tight-junction-Zonen in den Zonulae occludentes scheint der wichtigste Para-meter für den TEER der verschiedenen epithelialen Gewebe des Organismus zu sein [235].

Epitheliale Gewebe (wie z.B. das renale Epithel) mit elektrisch undichten Tight junctions (TEER ca. 5 Ωcm2), bilden wahrscheinlich nur eine einzige zusammenhängende Zone von Tight junctions. Ein sehr dichtes Epithel (TEER > 1000 Ωcm2) könnte dagegen bis zu acht solcher Zonen aufweisen, die parallel liegen und die Zonulae occludentes von der obersten bis zur untersten Zellschicht umgeben [199]. Es ist bisher nicht vollständig geklärt, ob die Tight junctions auf transmembrane Proteine zurückzuführen sind oder spezialisierte Lipidstrukturen bilden. Allerdings fanden Stevenson et al. [248], dass der Widerstand nicht immer mit der Zahl der Zonen korreliert. Der Widerstand hängt vielmehr auch davon ab, wie gut die benach-barten Plasmamembranen miteinander verbunden sind sowie von dem Öffnungsgrad der Poren [235].

Rojanasakul et al. [211] haben den Membranwiderstand verschiedener Epithelien von Kanin-chen gemessen. Der höchste TEER wurde in der Haut bestimmt (9703 Ωcm2), gefolgt vom TEER der Mundschleimhaut (1803 Ωcm2) und dem cornealen Epithel (1012 Ωcm2). Den nie-drigsten Widerstand zeigte das Intestinum (200-300 Ωcm2). Der Widerstand ist abhängig von der Dimension der Poren, den Windungen im Interzellularraum und auch von der Permea-bilität des Epithels insgesamt [235]. Die parazelluläre PermeaPermea-bilität hängt von der Zahl der offenen parazellulären Poren pro Barriere ab [235].

4.2.2.2 Transzelluläre Permeation

Die meisten ophthalmologisch genutzten Arzneimittel, vor allem die mit hohem VK wie D-Na (vgl. Tabelle 10), permeieren transzellulär durch die vorderen okularen Gewebe. Zunächst sollen deshalb einige allgemeine Prinzipien der transzellulären Passage im Organismus allge-mein dargelegt werden.

Der transzelluläre Weg besteht hauptsächlich aus zwei Barrieren, die obere und untere Zell-membran (Abb. 28) [249]. Die Tight junctions beteiligen sich an der Polarisation der epithe-lialen Plasmamembran in die unterschiedlich zusammengesetzten apikalen und basolateralen Abschnitte. Es wird angenommen, dass diese Abschnitte als Hindernis in der Plasmamembran dienen [200].

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Arzneistoffe permeieren transzellulär wahrscheinlich sowohl über aktive als auch passive Mechanismen [250]. Im Falle der passiven, transzellulären Diffusion permeieren die Arznei-stoffe durch verteilungskontrollierte Prozesse [10,197]. Die Verteilung erlaubt eine Äquili-brierung des Arzneistoffs in die lipiden Bilayer der epithelialen Membran (Abb. 28). Neben der Verteilung ist die Arzneistoffdiffusion durch die Bilayer entscheidend bei der transzel-lulären Permeation, womit Grenzen hinsichtlich der Molekülgröße und -form gesetzt sind.

Arzneistoffmoleküle müssen in die Lipidbilayer passen [250] und sie passieren können.

Abb. 28: Potentieller Mechanismus für eine passive transzelluläre Diffusion [251]

Für große hydrophile Arzneistoffe, die sich nicht gut in den Zellmembranen verteilen (einige Peptide und Proteine), könnte die transzelluläre endozytotische Flüssig-Phasen-Pinozytose ein möglicher Transportmechanismus sein [211].

Ionen können aktiv durch das corneale Epithel und Endothel transportiert werden. Aktive Ionentransportmechanismen sind essentiell für die Erhaltung der normalen stromalen Hydra-tation, der Corneaform und der Transparenz. Das corneale Epithel enthält Ionenkanäle, die selektiv für Kationen sind [252], außerdem einen auswärts gerichteten Anionenkanal in der apikalen Membran und einen stark leitenden K+-Kanal in den Basalzellen. Na+ und Cl- sind die am aktivsten transportierten Ionen im cornealen Epithel. Na+ permeiert aus der Tränen-flüssigkeit in das Epithel per passiver Diffusion, aber es wird aktiv vom Epithel in das Stroma transportiert. Cl- wird aktiv vom Stroma in die Tränenflüssigkeit gepumpt [253]. Die Na+/K+ -ATP-ase ist am Transport von Na+ und Cl- beteiligt. Ionentransportpumpen spielen wahr-scheinlich eine Rolle im aktiven Transport von Peptiden [253].

Das corneale Endothel enthält ebenfalls Na+- und K+-selektive Kanäle sowie Ionenkanäle, die für Anionen selektiv sind [252]. Außerdem wird angenommen, dass Ca2+-Kanäle in den Plas-mamembranen der Endothelzellen vorhanden sind [254]. Spezifische Ionen werden vom Stroma aktiv in das Kammerwasser durch das Endothel transportiert [254].

Weiterhin wurde bewiesen, dass Na+ [255], Cl- [256] sowie einige Arzneistoffe aktiv durch die Konjunktiva transportiert werden. Ein Na+-Aminosäuren-Cotransport wurde als einer der Mechanismen für Mucus-Aminosäuren verifiziert, um in die epithelialen Zellen der pigmen-tierten Kaninchenkonjunktiva zu gelangen [201,202,257]. Auch Na+-abhängige und Na+ -un-abhängige Nucleosidtransporter wurden auf der mucösen Seite der Kaninchenkonjunktiva lokalisiert [202]. Ein Resultat der Untersuchungen von Basu et al. [258] war, dass die Auf-nahme des Dipeptids L-Carnosin in corneale Kaninchenepithelzellkultur durch einen von Protonen gesteuerten Dipeptid-Transporter vermittelt wird. Deshalb spielen aktive Transport-mechanismen wahrscheinlich eine größere Rolle in der okularen Pharmakokinetik als vormals angenommen [258]. In der Kaninchenkonjunktiva existiert möglicherweise eine von p-Glyco-protein vermittelte Efflux-Pumpe auf der apikalen Seite, um die Aufnahme von Cyclosporin A und anderen lipophilen Arzneistoffen einzuschränken [259].

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