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Corneale Permeabilität

Im Dokument Meinem Vater (Seite 78-81)

ERGEBNISSE UND DISKUSSION

4.2 In vitro-Wirkstoffpermeation

4.2.1 Literaturübersicht zur okularen Permeabilität

4.2.1.1 Corneale Permeabilität

Im Allgemeinen stellt die Permeation durch die Cornea den Hauptweg für die Aufnahme von Arzneistoffen aus der Tränenflüssigkeit in das Innere des Auges dar [196,197]. Das lipophile Epithel ist dabei die Hauptbarriere für hydrophile Arzneistoffe [11,198], denn die Zonulae occludentes mit den Tight junctions umgeben vollständig die Oberflächenzellen des Epithels und versiegeln weitgehend den parazellulären Raum [199]. Damit limitieren die Tight junctions die Permeation von Molekülen zwischen den Zellen [199,200], sofern keine aktiven Transportmechanismen von den hydrophilen Substanzen genutzt werden [201,202]. Eine entsprechende Lipophilie der Arzneistoffe ist Voraussetzung für die transzelluläre Permeation im cornealen Epithel [203].

Über die corneale Permeation von Arzneistoffen liegen bereits zahlreiche Untersuchungen vor. Die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Arzneistoffe determinieren den Permea-tionsweg und die Permeationsrate durch die Cornea. Ein wichtiger Parameter ist u.a. der VK

[203]; in der Regel nimmt die Permeabilität mit steigender Lipophilie des Wirkstoffs bzw.

höherem VK zu, jedoch wurde ein optimaler VK für die corneale Permeation zwischen 10 und 100 gefunden. Ein weiteres Ansteigen des VK reduziert die Permeation des Arzneistoffs [3].

Chien et al. [204] berichteten über einen parabolischen und Wang et al. [205] bzw. Saha et al.

[206] über einen sigmoidalen Zusammenhang zwischen der Lipophilie des Pharmakons und dessen Bewegung durch die Cornea.

Molekülgröße und -form des Arzneistoffs sind weitere wichtige Faktoren, die die Permeation beeinflussen. Liaw und Robinson [207] bestimmten für hydrophiles Polyethylenglykol ein Cut-off für die corneale Permeation bei einer Mrel von 400-600. Sasaki et al. [208] berichten, dass die Permeation von hydrophilen Molekülen, wie Thyrotropin releasing hormon (Mrel

362), p-Nitrophenyl-beta-Zellopentaosid (Mrel 950), Fluoreszein-Isothiozyanat-Dextrine-4 (Mrel 4400) und Fluoreszein-Isothiozyanat-Dextrane-10 (Mrel 9400), eine signifikante Korre-lation mit der Molekülmasse zeigen. Im Allgemeinen war die corneale Permeabilität jedoch als gering einzuschätzen.

Für hydrophile Moleküle ist die corneale Arzneistoffpassage durch die äußersten Schichten des Epithels reglementiert. Dieses konnte mittels zweier unterschiedlicher Methoden gezeigt werden. Große, hydrophile Moleküle, wie Fluoreszein-Isothiozyanat-Dextrane, permeieren nicht via parazellulärem Zwischenraum von der Tränenseite in das Kammerwasser [209], aber sie bewegen sich aus dem Kammerwasser durch die gesamte Cornea, mit Ausnahme der Penetration in die äußersten Schichten des Epithels. Das zeigt, dass die Tight junctions in der Oberflächenschicht des cornealen Epithels die Molekülgrößen-limitierende Barriere der Cornea darstellen.

Ein weiterer Parameter, der den Arzneistofftransport durch die Cornea beeinflusst, ist der Ionisationsgrad des Arzneistoffs [210,211,212,213]. Die nichtionisierte Form des Arzneistoffs passiert das Epithel in der Regel leichter als die ionisierte Form. So permeiert z.B. die freie Pilocarpinbase 2-3mal leichter durch die Cornea als die ionisierte Form [214]. Bei einem pH-Wert über dem isoelektrischen Punkt der Cornea (pH 3.2) trägt das Gewebe negative Ladun-gen. Deshalb ist der Interzellularraum leichter permeabel für positiv geladene Moleküle [215],

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was bedeutet, dass bei physiologischem pH kationische Moleküle leichter die Cornea pas-sieren können als anionische. Bei einem pH unter dem isoelektrischen Punkt der Cornea ist die Ladungsselektivität umgekehrt. Dementsprechend war die Cornea in einer Untersuchung 2-3mal mehr durchlässig für die kationische Aminosäure L-Lysin als für die anionische Aminosäure L-Glutaminsäure [212]. Rojanasakul und Robinson [209] zeigten durch Scanning confocal microscopy, dass ein negativ geladenes Peptid (Insulin, Mrel ~ 5700) von der para-ellulären Permeationsroute ausgeschlossen war, während die Permeation eines positiv gela-enen Peptids (Poly-L-Lysin, Mrel 15000-30000) durch die Interzellularräume möglich war.

Das corneale Epithel stellt nicht nur eine Permeationsbarriere dar, sondern ist auch meta-bolisch aktiv, was die Permeation einiger Arzneistoffe limitieren könnte. Diese enzymatische Barriere besteht hauptsächlich aus Peptidasen, Proteasen und Esterasen [216,217]. Z.B.

werden Pilocarpin (vgl. 3.2.1.1), Epinephrin und Levobunolol teilweise während oder nach der okularen Applikation metabolisiert. Bei Peptiden kann der enzymatische Abbau die Wirk-samkeit der Substanzen völlig ausschalten [216].

Aufgrund der relativ offenen morphologischen Struktur des hydrophilen Stromas können Arzneistoffe mit einer Molekülmasse bis zu 500 000 in diese Gewebeschicht diffundieren [218]. Die stromale Permeabilität (Peff = 8.0 x 10-9 - 5.7 x 10-5 cm/s) zeigte keine sichtbare Abhängigkeit vom VK (Testbereich 0.19 - 2511.9), aber eine strenge Abhängigkeit vom Molekülradius (0.4 - 5.0 nm) [203]. Ist ein Molekül ausreichend lipophil, um das Epithel leicht zu passieren, gewinnt das Stroma an Bedeutung, d.h., das Stroma kann u.U. die limi-tierende Gewebeschicht für lipophile Substanzen sein.

Das Endothel ist aus nur einer zellulären Schicht aufgebaut und hat deshalb lipophile Eigen-schaften [11]. Die Tight junctions des Endothels sind größer als die des Epithels. Die Permea-bilität durch die endotheliale Schicht der Cornea (Peff = 8.3 x 10-9 - 1.7 x 10-4 cm/s) zeigte eine strenge Abhängigkeit sowohl vom VK (Testbereich 2 x 10-5 - 302) als auch vom Molekül-radius (0.1 - 6.6 nm), was auf eine Bedeutung des transzellulären, aber auch des parazel-lulären Transportweges durch das Endothel, abhängig von den Arzneistoffeigenschaften, hinweist [203].

Zusätzlich zur Pumpenfunktion des Endothels, die die corneale Transparenz aufrecht erhält, spielt das Endothel eine aktive Rolle beim Transport von bestimmten Proteinen (z.B. durch

absorptive Endozytose) zur Versorgung des Stromas mit Nährstoffen und zur Entfernung von Metaboliten [219].

Die physiologische Barriere Cornea hat sehr ausgeprägte Eigenschaften hinsichtlich der Per-meationsontrolle von Arzneistoffen. Bezeichnenderweise erreicht weniger als 1% der appli-zierten Dosis das Kammerwasser [220]. Nach Erreichen des Kammerwassers kann sich der Arzneistoff in den umliegenden Geweben, wie Iris, Ziliarkörper und Linse, verteilen. Eine kleine Fraktion des Arzneistoffs könnte auch weiter in die hintere Augenkammer und in den Glaskörper diffundieren [218]. Die Arzneistoffe penetrieren leicht in die Iris und den Ziliar-körper, da diese Gewebe eine poröse, durchlässige Oberfläche haben. Die Linse ist weniger durchlässig als die Iris und der Ziliarkörper, so dass die Arzneistoffkonzentrationen typischer-weise in der Linse geringer sind als in der vorderen Uvea [221].

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