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Hydroxypropyl-beta-cyclodextrin (HP- β -CD)

Im Dokument Meinem Vater (Seite 44-49)

3.2 Arznei- und Hilfsstoffe .1 Arzneistoffe

3.2.2.3 Hydroxypropyl-beta-cyclodextrin (HP- β -CD)

3.2.2.3 Hydroxypropyl-beta-cyclodextrin (HP-β-CD)

HP-β-CD: R = (CH2-CHCH3O)nH

Eur. Ph. NT 2001: In der Eur. Ph. ist lediglich Betadex (Betacyclodextrin) als Cyclo-α-(1-4)-D-heptaglucopyranosid der Summenformel [C6H10O5]7 (Mrel 1135) aufgeführt.

3.2.2.3.1 Cyclodextrine allgemein

Native Cyclodextrine (CDe), auch Schardinger-Dextrine genannt, sind cyclische Oligosac-charide, die üblicherweise aus sechs bis acht 1,4-α-glykosidisch verknüpften Glucoseein-heiten bestehen (α-, β- und γ-CD). Die (Bio)synthese der nativen CDe erfolgt in der Regel aus Stärke durch Hydrolyse und anschließende Cyclisierung unter Einwirkung des bakteriellen Enzyms Glycosyltransferase.

Moleküle bzw. Molekülteile mit passenden molekularen Dimensionen, die größtenteils lipo-philen Charakter aufweisen, werden in den vom CD gebildeten, runden, leicht konischen Hohlraum eingeschlossen und unter Verminderung der Ringspannung durch hydrophobe Wechselwirkungen, van der Waals- oder Wasserstoffbrücken-Bindungen fixiert [127]. Die hydrophileren Hydroxylgruppen im CD-Molekül weisen dabei eine Auswärtsrichtung auf, die deutlich lipophileren Kohlenstoff- sowie Ethersauerstoff-Gruppierungen sind nach innen gerichtet. Die Durchmesser der von α-, β- und γ-CD gebildeten Kavitäten liegen zwischen 0.47 und 1.0 nm [128].

Infolge des löslichkeitsverbessernden Effekts kommt es in vielen Fällen zu einer Steigerung der in vivo-Resorption und damit Bioverfügbarkeit schwer wasserlöslicher Wirkstoffe. Von einem Enhancereffekt bestimmter CDe wird gesprochen, wenn CD-bedingte Membran-veränderungen zu einer erhöhten Permeabilität führen. Ausgewählte CD-Derivate werden gezielt zur Penetrationsförderung eingesetzt [129,130,131,132].

Die Anfälligkeit von prädestinierten Verbindungen gegenüber hydrolytischem, oxidativem oder lichtinduziertem Abbau lässt sich durch CDe herabsetzen. Die physikalische und chemische Stabilität einer Substanz kann somit deutlich verbessert werden. Von besonderem pharmazeutisch-technologischem Interesse ist der Einsatz von CDen bei inkompatiblen, pulverförmigen Wirkstoffen. Weiterhin lassen sich Substanzen mit schlechtem Geruch oder Geschmack mit Hilfe von CDen zu Arzneiformen mit höherer Patientencompliance verarbeiten.

CDe und deren Derivate sind aus toxikologischer Sicht, von wenigen Ausnahmen abgesehen, als weitgehend unbedenklich einzustufen. Sie besitzen jedoch in unterschiedlichem Ausmaß die Fähigkeit, Membranbestandteile, wie z.B. Cholesterol, Phosphatidylcholin oder Shingo-myelin zu komplexieren, diese aus der Membran herauszulösen [133] und dadurch die Mem-branfluidität derart zu erhöhen, dass es zu einer Zell-Lyse kommen kann [134]. Untersuchun-gen von nativen CDen haben ergeben, dass sie eine hämolytische Aktivität an Erythrozyten aufweisen [135]. Dagegen wird das hämolytische Potential bestimmter modifizierter β -CD-Derivate, wie HP-β-CD [136,137] oder Hydroxyethyl-β-CD (HE-β-CD) [134], als vergleichs-weise gering beurteilt.

Die im Vergleich zum nativen β-CD wesentlich besser wasserlöslichen β-CD-Derivate HP-β -CD und HE-β-CD gelangen in zunehmendem Maße bei pharmazeutisch-technologischen Problemstellungen zum Einsatz. Angaben zum durchschnittlichen molekularen Substitutions-grad (MS-Grad) und zur Wasserlöslichkeit der verwendeten Verbindungen sind Tabelle 3 zu entnehmen.

3.2.2.3.2 HP-β-CD in Ophthalmika

Die Verwendung okular gut verträglicher CDe als Vehikel in ophthalmologischen Formu-lierungen, vor allem hinsichtlich einer Verbesserung der Löslichkeit schlecht wasserlöslicher

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bzw. zur Stabilisierung hydrolyseempfindlicher Wirkstoffe, hat in den letzten Jahren zuneh-mend an Bedeutung gewonnen. Besonderes Augenmerk gilt in diesem Zusammenhang der reizlosen Verträglichkeit dieser Hilfsstoffgruppe, speziell im Hinblick auf die Integrität des Corneaepithels. Weiterhin von Interesse ist das Verhalten von CD-haltigen Wirkstofflösungen an der Cornea.

Tabelle 3: Eigenschaften und Toxizität modifizierter β-CDe [138]

Durchschnitt. HE-β-CD 0.8 - 1.2 650 keine Angabe keine Angabe

M-β-CD 1.7 - 1.9 >750 nicht irritierend (EEC), irritierend (OECD)

durchschnittlich 5% werden intestinal absorbiert; keine Metabolisierung

Bei Untersuchungen zur okularen Toxizität von CD-haltigen Zubereitungen stehen die Wechselwirkungen mit der Cornea bzw. mit dem cornealen Epithel im Vordergrund. Mit Hilfe biomikroskopischer Untersuchungsverfahren (Slit lamp microscopy und Raster-Elek-tronenmikroskopie) war nach Ein- und Mehrfachapplikation von HP-β-CD (12.5%) keine Schädigung der cornealen Oberfläche zu erkennen [139]. Dagegen zeigten mehrfach methylierte β-CDe, wie beispielsweise Dimethyl-β-CD, bereits in Konzentrationen von 5%

einen schädigenden Einfluss auf die Zellschichten des Kaninchencorneaepithels [139]. Eine mögliche Ursache dafür ist die Extraktion von Cholesterol, Phospholipiden, Gallensalzen oder Proteinen aus den biologischen Membranen [140]. Wichtige physikalisch-chemische Kenn-größen modifizierter β-CD-Derivate und Angaben zur Toxizität dieser Verbindungen sind aus Tabelle 3 zu entnehmen.

Die corneale Permeabilität bestimmter Wirkstoffe kann durch CDe beeinflusst werden, da einige Vertreter dieser Hilfsstoffgruppe eine Schädigung der Epithelzellschichten verursachen können.

Prinzipiell ist davon auszugehen, dass CDe und deren Wirkstoff-Einschlusskomplexe aufgrund ihrer molekularen Ausdehnung und ihres hydrophilen Charakters nicht oder nur sehr schwer in der Lage sind, biologische Membranen und somit die Cornea zu durchdringen.

Permeationsstudien mit α-CD (13.92%) und HE-β-CD (22.08%) durch Rinderhornhäute, durchgeführt in unserer Arbeitsgruppe [74], ergaben, dass nur α-CD die Cornea in einer erfassbaren Konzentration passieren kann. Nach 300 min betrug die Permeationsrate von α -CD 15%, während der permeierte Anteil HE-β-CD vernachlässigbar klein war.

Abb. 12: Corneale Permeationswege für Wirkstoffe in Anwesenheit von CDen [141]; (Df ) freier Wirkstoff, (CDf) freies CD, (D.CD) Wirkstoff-CD-Komplex, (C) Komponenten des Tränenfilms, (K) Komplexstabilitätskonstante

In Abb. 12A wird die Bildung eines Wirkstoff-CD-Komplexes (D.CD) gezeigt und verdeut-licht, dass große Mengen an freiem Wirkstoff (Df) und gebundenem Wirkstoff durch die nasolacrimale Drainage einer cornealen Resorption entzogen werden können. Auffällig ist auch, dass Komponenten des Tränenfilms (C) mit dem Wirkstoff um den CD-Einschluss konkurrieren (Abb. 12B). Überschüssiges CD führt in vielen Fällen zu einer Verlagerung des Gleichgewichtes zur Komplexseite und damit zu einer vermehrten Ausschwemmung des CD-Wirkstoff-Komplexes (Abb. 12C). Um die corneale Verweildauer zu erhöhen, kann schließ-lich die nasolacrimale Drainage durch Zusatz viskositätserhöhender Makromoleküle in

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scheidendem Maße zurückgedrängt werden. In Abb. 12D ist dieser Sachverhalt durch im Vergleich zu Abb. 12A dünner gezeichnete Pfeile für die nasolacrimale Drainage dargestellt.

Die corneale Verfügbarkeit eines Wirkstoffs in Anwesenheit von CD hängt somit einerseits davon ab, inwieweit das CD die Löslichkeit des Arzneistoffs zu erhöhen vermag. Andererseits spielen bereits oben angesprochene vorübergehend auftretende oder dauerhafte Veränder-ungen des cornealen Gewebes durch CD eine wichtige Rolle.

Sowohl mit Hilfe von in vivo- als auch unterschiedlicher in vitro-Modelle wurde in der Vergangenheit versucht, den Effekt von CDen auf die corneale Verfügbarkeit, vornehmlich schlecht wasserlöslicher, lipophiler Wirkstoffe, zu erfassen. Ausgewählte Arzneistoffe, die mit dem für die vorliegende Dissertation relevanten HP-β-CD zur Testung gelangten, sind in Tabelle 4 zusammengestellt.

Tabelle 4: In vitro- und in vivo-Untersuchungen zur ophthalmologischen Anwendung von Wirkstoff/HP-β-CD Komplexen

Wirkstoff Literatur

Pilocarpin-HCl [74,142]

Diclofenac-Na [77]

Indometacin [143]

Dexamethason, Dexamethasonacetat [144,145]

Acetazolamid, Ethoxyzolamid [146,147]

Methazolamid [148]

Arachidonylethanolamid [149]

Anandamid [150]

Dipivefrin (Dipivalylepinephrin)-HCl [151]

Loteprednol-Etabonat [152]

Von P-HCl und Dipivefrin-HCl abgesehen, besitzen die aufgeführten Stoffe, die mit HP-β -CD wechselwirken, lipophile Eigenschaften. Eine Folge dieser Komplexbildung in vitro ist in der Regel eine verminderte Wirkstoffverfügbarkeit, die sich vorrangig auf eine verzögerte Dissoziation des Arzneistoff-CD-Komplexes zurückführen lässt.

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