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Wie für andere Erkrankungen auch existieren für die Prävention und Therapie des Schlaganfalls eine Reihe von Leitlinien, die als Grundlage für medizinisch-therapeutisch-pflegerisches Handeln dienen können.40 Darauf aufbauend werden nun die drei Phasen der Prävention, Akutbehandlung und Rehabilitation des Schlaganfalls vorgestellt.

2.3.1 Prävention

Angesichts der immer noch begrenzten Reichweite insbesondere akutmedizini-scher41 aber auch rehabilitativer Maßnahmen bei der Eingrenzung und Bewältigung der Folgen eines Schlaganfalls kommt der Prävention eine zentrale Rolle zu.42 Dies

31 Vgl. dazu auch Wiesner et al. (1999.).

32 Vgl. Statistisches Bundesamt (1998: 165ff.).

33 Vgl. Statistisches Bundesamt (1998: Kapitel 5.3).

34 Dies entspricht etwa 6,24 Mrd. €.

35 Dies entspricht etwa 4,55 Mrd. €.

36 Vgl. Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (2001: 134).

37 Vgl. Fritze (1999: 37).

38 Vgl. Jüchtern & Brandenburg (2000).

39 Vgl. Statistisches Bundesamt (2000b), Download von

http://www.destatis.de/allg/d/veroe/d_bevoe.htm am 07.12.2001. Vergleichbare Ergebnisse finden sich auch für andere Länder, z.B. bei Taylor et al. (1996), Evers et al. (1997), Dewey et al. (2001).

40 Vgl. etwa Organizing Committees (1998), Hacke (2001), Bogousslavsky et al. (2000), European Stroke Initiative (2000), Diener et al. (1999).

41 Vgl. etwa Hossmann (1997).

42 Vgl. Kugler & Geraedts (1999: 44).

geschieht prinzipiell durch lebensstilmodifizierende und medikamentöse Einfluss-nahme auf die in Tab. 2-1 dargestellten Hauptrisikofaktoren.43

Relatives Risiko für einen Schlaganfall

Risikofaktor Männer Frauen

Vorhergehender, kompletter Schlaganfall 20 20

Quelle: zitiert nach Fritze (1999: 32)

Tab. 2-1: Risikofaktoren für einen Schlaganfall

So ist etwa das Risiko einer Raucherin, einen kompletten Schlaganfall zu erleiden, 1,6mal so hoch wie das einer Nichtraucherin.

2.3.2 Akutbehandlung

Die Diagnostik des akuten Schlaganfalls stützt sich neben der Abklärung verschie-dener Symptome48 vor allem auf bildgebende Verfahren. Nach der klinischen Unter-suchung wird die kraniale Computertomographie (CT) zum Ausschluss einer Blu-tung als unerlässlich angesehen. Gegebenenfalls können zur Abklärung der Thera-pie ein Elektroenzephalogramm (EEG), ein Magnetresonanz-Tomogramm (MRT), eine zerebrale Angiographie oder eine extra- bzw. transkranielle

43 Vgl. dazu Fachkommission Schlaganfall Sachsen (2001), Hacke et al. (2001: 463ff.), Ringelstein &

Henningsen (2001), Bogousslavsky et al. (2000).

44 Darunter versteht man einen zu hohen Homocysteingehalt im Blut. Die Aminosäure Homocystein entsteht als Zwischenprodukt aus der Aminosäure Methionin, das einen elementaren Grundbaustein im Metabolismus darstellt. Im gesunden Organismus wird Homocystein innerhalb kurzer Zeit wieder ab- bzw. umgebaut. Download dieser Information unter http://www.pharmacie.de/texte/fitness/Anchor-319 am 23.03.2002.

45 Mit Hypercholesterinämie bezeichnet man einen erhöhten Cholesterinspiegel.

46 Mit Linksherz-Hypertrophie bezeichnet man die Herzwandverdickung des linken Herzens. Eine Linksherz-Hypertrophie kann durch Bluthochdruck oder durch eine Stenose der Aortenklappe oder des Anfangsteils der Aorta (Hauptschlagader, größte Arterie des Körpers) entstehen. Download dieser Information unter http://www.pflaum.de/nhp.dir/nh/archiv/1999/nhp04/a_nh-sp01.html am 23.03.2002.

47 Das Vorhofflimmern ist die häufigste Form von Herzrhythmusstörungen. Download dieser Informati-on unter http://www.medizinfo.de/kardio/erkvorhof.htm am 10.04.2002.

48 Dazu gehören Bewusstseins-, Orientierungs- und Gleichgewichts-, Seh- und Gefühlsstörungen, Lähmungserscheinungen, ggf. starke Kopfschmerzen etc. Vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabi-litation (1998: 26ff.).

phie durchgeführt werden.49 Ein Elektrokardiogramm (EKG) und andere kardiologi-sche Diagnostiken können bei der Suche nach kardialen Ursachen des Schlagan-falls helfen. Eine Labordiagnostik kann Aufschluss über bestehende Begleiterkran-kungen geben.

Vorrangige Aufgabe der Akutbehandlung ist die Überwachung und Stabilisierung der Vitalfunktionen.50 Eine spezifische Schlaganfallakuttherapie dagegen beginnt sich – so Fritze (1999: 20) – gerade erst zu etablieren. Ziel einer solchen Therapie ist es, die Durchblutung des Hirns zu verbessern, Nervenzellschädigungen und Zer-störungen zu vermeiden und Reinsulte zu verhindern.51 Dazu stehen vor allem me-dikamentöse, aber auch chirurgische und andere52 Mittel zur Verfügung. Bei der medikamentösen Therapie wird insbesondere die Lyse-Therapie53 innerhalb der ersten drei Stunden nach einem ischämischen Insult zur Auflösung von Blutgerinn-seln diskutiert.54 In der Erprobungsphase ist auch der Einsatz von Neuroprotektiva unmittelbar nach dem Akutereignis zum Schutz und zur Revitalisierung der Penum-bra.55 Der Nutzen dieser medikamentösen Ansätze wird in Übersichtsartikeln insge-samt jedoch immer noch sehr zurückhaltend beurteilt.56

Die Akutbehandlung des Schlaganfalls muss immer auch rezidivprophylaktisch sein:

Hier kommen insbesondere Aggregationshemmer57 in Betracht.58

In einer geringen Anzahl von Fällen59 kommt es zu chirurgischen Maßnahmen, um beispielsweise den durch eine raumfordernde Blutung auf das Hirn ausgeübten Druck zu reduzieren oder verengte und verstopfte Gefäße zu erweitern und zu öff-nen.

Darüber hinaus gehört es auch zu den Aufgaben der Akutmedizin, eventuell auftre-tende Komplikationen wie Aspirationspneumonien, Dekubitalgeschwüre60, Harn-wegsinfekte etc. zu behandeln.61

Die medizinische Akutbehandlung setzt bei den Störungen und Krankheiten des Schlaganfallpatienten an und schafft somit – vorwiegend durch den Einsatz

49 Vgl. dazu etwa Hacke et al. (2001: 456), Steiner et al. (2000).

50 Vgl. Hacke et al. (2001: 457f.).

51 Vgl. Hacke et al. (2001: 459).

52 Vgl. etwa Hacke et al. (1999) zur Hypothermiebehandlung bei raumfordernden Mediainfarkten.

53 Lyse-Medikamente sind fibrinolytisch aktiv, d.h. sie können Blutgerinnsel auflösen.

54 Vgl. Fritze (1999).

55 Vgl. Hacke et al. (2001: 459f.), Fritze (1999: 24f.), klar ablehnend Fachkommission Schlaganfall Sachsen (2001: 26).

56 Vgl. Fritze (1999: 42).

57 Aggregationshemmer verhindern die Entstehung von Blutgerinnseln.

58 Vgl. Hacke et al. (2001: 460f.).

59 Vgl. dazu etwa Fritze (1999: 20f.).

60 Als Dekubitus bezeichnet man jede Schädigung, die durch länger andauernden Druck – z.B. längere Bettlägerigkeit – auf Gewebe entsteht. Das Gewebe wird zersetzt, und es kommt zu eitrigen, oft schmerzhaften Geschwüren.

61 Vgl. Hacke et al. (2001: 461f.).

cher und pflegerischer Hilfeleistung – die Grundlage für eine Rehabilitation des Pa-tienten.

2.3.3 Rehabilitation

Ziel der Rehabilitation geriatrischer Schlaganfallpatienten ist es, ein größtmögliches Maß an Selbstständigkeit des Patienten in seinem häuslichen Umfeld zu erhalten, wiederherzustellen und zu verbessern und damit – gemäß § 5 II SGB XI – eine Pflegebedürftigkeit des Patienten so lange wie möglich zu vermeiden oder zu ver-mindern. Mit der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten soll durch geeignete Maß-nahmen erreicht werden, dass andere Hirnregionen die Funktionen des zerstörten Hirnareals ganz oder teilweise übernehmen (Restitution ad integrum/optimum). In-soweit dies nicht möglich ist, hat Rehabilitation zum Ziel, kompensatorische Fähig-keiten auf der funktionellen Ebene zu entwickeln (Kompensation). Schließlich gehö-ren zur Rehabilitation auch die Anpassung (Adaption) des Wohnorts des Patienten und die Schulung, Beratung und Unterstützung von Dritten.62

Um ein solch umfassendes Ziel erreichen zu können, ist eine Vielzahl von medizi-nisch-pflegerisch-therapeutischen Maßnahmen notwendig. Die zentralen Berufs-gruppen werden nun kurz vorgestellt.63 Die Aufgabe des Arztes liegt in der akutme-dizinischen Versorgung des Patienten, der Verordnung von Medikamenten, Heil-und Hilfsmitteln Heil-und in der Leitung Heil-und Koordination des Rehabilitationsteams.64 Die Krankenpflege dient nicht nur der Versorgung der Patienten, sondern nimmt durch aktivierend therapeutische Pflege aktiv am Rehabilitationsgeschehen teil. Dazu ge-hört die fachgerechte – etwa dekubitusprophylaktische – Lagerung des Patienten und die Einübung grundlegender Alltagsfähigkeiten65. Die Aufgabe der Physiothera-pie ist die Wiederherstellung möglichst funktionsgerechter Bewegungsabläufe, von Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit, häufig nach bestimmten Methoden, z.B. nach Bobath.66 Bei der Rehabilitation des Schlaganfalls kann eine Bäderabteilung die Physiotherapie vielfach unterstützen. Durch Massagen und Bäder können z.B. Ver-spannungen gelockert werden. In der Ergotherapie wird durch motorisch-funktionelles Training das Ziel verfolgt, dem Patienten die selbstständige Durchfüh-rung von Aktivitäten des täglichen Lebens wieder zu ermöglichen. Diese Aktivitäten – Anziehen, Waschen, Kochen, Toilettengang, Einkaufen usw. – werden direkt

62 Vgl. Runge (2000: 731f.).

63 Für eine ausführliche Beschreibung vgl. Runge (2000: 729f.), Bundesarbeitsgemeinschaft für Reha-bilitation (1995: 25ff.), Bundesarbeitsgemeinschaft für RehaReha-bilitation (1998: 43ff.), Meier-Baumgartner et al. (1998), Steinhagen-Thiessen & Herkommer (1996).

64 Vgl. dazu Meier-Baumgartner (2001: I6)

65 Dazu gehören beispielsweise das Aufstehen, Gehen, Anziehen, Waschen und Essen.

66 Vgl. dazu u.a. Fachkommission Schlaganfall Sachsen (2001), Meier-Baumgartner (2000: 12ff.).

übt. Die Logopädie beschäftigt sich mit der Überwindung von Sprach-, Sprech-, Kau- und Schluckstörungen. Die (Neuro-)Psychologie diagnostiziert und therapiert psychische, intellektuelle und neuropsychologische Störungen und unterstützt die Patienten bei der Krankheitsverarbeitung.67 Die Aufgaben der Sozialarbeit umfassen z.B. die Unterstützung des Patienten und seiner Angehörigen bei der Beantragung von Hilfen und Leistungen, bei der Wohnraumanpassung, der Beschaffung eines behindertengerechten Wohnraums, die Organisation von Haushaltshilfen und Essen auf Rädern sowie die Vermittlung von teilstationären/ambulanten Therapie- und Pflegeleistungen, ggf. aber auch die Vermittlung eines Pflegeheimplatzes.68

Letztlich sind die Aufgabenbereiche der einzelnen Berufsgruppen jedoch nicht voll-ständig voneinander zu trennen, sondern sie überlappen sich. Entsprechend wird von vielen Autoren69 die Arbeit im therapeutischen Team als wesentlich erachtet.

Dies drückt sich aus in gemeinsamen, berufsgruppenübergreifenden Visiten und Sitzungen, einem gemeinsam erstellten Assessment der Defizite und onspotentiale des Patienten, darauf aufbauenden gemeinsam geteilten Rehabilitati-onszielen und einem Basiswissen aller Beteiligten über die Aufgaben und Fähigkei-ten der jeweils anderen Berufsgruppen.

Die Realität der Schlaganfallrehabilitation ist hoch variabel,70 der Nutzen spezifi-scher rehabilitativer Therapiekonzepte jedoch weitgehend unbekannt.71 Insgesamt wird aber die Effektivität rehabilitativer Maßnahmen bei Schlaganfall überwiegend positiv beurteilt: Der Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesund-heitswesen (2001: 105) führt die Abnahme der Mortalität des Schlaganfalls in den letzten 30 Jahren „im wesentlichen auf Verbesserungen bei der Rehabilitation und Pflege“ zurück.72 Verlaufsuntersuchungen zeigen, so Runge (2000: 737), dass sich der funktionelle Zustand der Patienten innerhalb der ersten drei Monate nach dem Akutereignis oft schnell verbessert. Danach verläuft der Funktionszuwachs langsa-mer, und nach 6 Monaten finden sich kaum noch Verbesserungen. Allerdings wer-den in der Literatur unterschiedliche individuelle Verlaufskurven des Verbesse-rungsprozesses berichtet.73

67 Vgl. etwa Knab (2000).

68 Zu den Aufgaben und der Stellung der Sozialarbeit in geriatrischen Kliniken vgl. Thierau (1997), Thierau (1998).

69 Vgl. hier nur Stroke Unit Trialists' Collaboration (1997:1151), Gresham et al. (1997), Wade (1992).

70 Vgl. Langhorne & Duncan (2001: 268).

71 Vgl. zur Evaluation spezifischer Rehabilitationsmaßnahmen Johnston et al. (1997).

72 Vgl. zur Effektivität rehabilitativer Maßnahmen weiter Meier-Baumgartner (1992: 4), Runge (2000:

752f.). Verhalten optimistisch äußert sich auch Richards et al. (1997: 337): „Does rehabilitation contrib-ute to patients‘ gains in functional ability? As of 1995, the results suggested a resounding ’probably so’.“

73 Vgl. Runge (2000: 737).

2.4 Organisation der stationären Behandlung und Rehabilitation von