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Organisationen als Herausforderung für die Digitalisierung des

Im Dokument Dritter Engagementbericht (Seite 116-119)

4.4 Umgang der Engagement-Organisationen mit Digitalisierung:

4.4.2 Organisationen als Herausforderung für die Digitalisierung des

Stif-tung durchgeführt wird, geht auf Herausforderungen ein, die mit der Digitalisierung entstehen. Wenn sich bun-desweit Freifunk-Vereine dafür einsetzen, eine offene WLAN-Infrastruktur für freie Kommunikation in digitalen Datennetzen aufzubauen, engagieren sie sich für eine gemeinschaftliche Digitalisierung (siehe Kapitel 3). Die Organisationstypen der „aktiv Vordenkenden“ und der „tatkräftig Vermittelnden“ entdecken Digitalisierung als Thema, das sie proaktiv und als Teil ihres Engagements gestalten. Sie fordern die Digitalisierung heraus und fungieren so als Treiber für die Weiterentwicklung der Digitalisierung im Engagementsektor. Sie organisieren sich für eine in ihrem Sinne bessere Digitalisierung, so wie sich andere für eine lebendige Sportlandschaft an ihrem Ort einsetzen. In der gemeinwohlorientierten Entwicklung von Digitalisierung spielen diese Akteure eine wichtige Rolle. Tabelle 1 versammelt eine Auswahl solchen Engagements mit Digitalisierungsbezug.

68 betterplace.org verweist beispielsweise auf 24.000 Projekte und eine bisher vermittelte Summe von 56.140.934 Euro. Die Plattform youvo.org gibt an, 4.910 Kreative und 457 Organisationen in 500 Projekten vermittelt zu haben.

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INPUT VON EXPERT*IN

Johannes Müller, Engagement-Botschafter, konnte auf vielen Veranstaltungen beobachten, dass es auf die Perspektive der zivilgesellschaftlichen Organisation ankommt, wie man mit Digitalisierung umgeht: „Digi-tale Organisationen wie CorrelAid begreifen Digitalisierung nicht als etwas ‚that happens to us‘, sondern als etwas, das wir selbst gestalten können. Wir nehmen die Komplexität neuer Technologien ganz natürlich an und versuchen, sie als Chance zu begreifen, zu nutzen und sogar mitzugestalten.“

— Johannes Müller, Gründer von CorrelAid (Müller 2019: Protokoll, S. 10)

ENGAGEMENT MIT DIGITALISIERUNGSBEZUG

Hard-, Software- und Infrastrukturentwicklung und -versorgung

⎼ App- und Softwareentwicklung

⎼ Aufbau freier WLAN-Netze

⎼ IT-Technikspenden an Schulen oder andere Bedürftige

⎼ Entwicklung von Open-Source-Software

Unterstützungsleistungen für Engagement-Organisationen bei der Implementierung von Software

Vermittlung digitaler

Kompetenzen ⎼ Schulische und außerschulische Medienbildungsprojekte

⎼ Förderung von Ethik und Sozialverträglichkeit in der Softwareent-wicklung

⎼ Unterstützung von Senior*innen bei digitalen Themen

⎼ Beratung, Forschung und Schulung zu Hate Speech

⎼ Bereitstellung von offenen Bildungsressourcen Gemeinwohlorientierte Arbeit

mit Daten ⎼ Datenanalyse und Visualisierung sozialer Themen wie den Fragen und Bedarfen Geflüchteter oder der Benachteiligung von Frauen in der Digital Divide

⎼ Zugänglichmachung offener Datenbestände beispielsweise von Haushaltsdaten, Daten über Luftverschmutzung und andere Citi-zen-Science-Projekte

⎼ Sicherung und Analyse von Daten zu Kriegshandlungen und Men-schenrechtsverletzungen und andere Projekte des Datenjournalis-mus

Wissensproduktion

und -zirkulation ⎼ Publikation von Studien zu Digitalisierung und Zivilgesellschaft

⎼ Organisation von Veranstaltungen zu Digitalisierung und Zivilge-sellschaft

Tabelle 1: Auswahl von Engagement mit Digitalisierungsbezug (Quelle: DEB-Organisationenbefragung 2019, Rasmussen 2019)

Solches Engagement in Bezug auf Digitalisierung kann mit drei verschiedenen Schwerpunkten zum Gegenstand des Engagements von Organisationen werden: Als Engagement für digitale Themen, als Engagement für die Di-gitalisierung der Zivilgesellschaft und als Engagement, das die DiDi-gitalisierung der Zivilgesellschaft verhandelbar macht.

In Bezug auf Engagement für digitale Themen lassen sich Organisationen anführen, bei denen digitale Aspekte als eine Nebensache mit anderen Organisationszwecken und -aktivitäten verwoben sind. Ein Beispiel hierfür sind die „tatkräftig Vermittelnden“, die sich mit medienpädagogischen Ansätzen und für medienpädagogische Aspekte

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– 116 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode in der inner- oder außerschulischen Bildung engagieren oder die neben anderen Aktivitäten auch offene Daten-sätze anbieten. Daneben beschäftigen sich viele Organisationen aber auch hauptsächlich mit Digitalisierungsthe-men, zum Beispiel im Bereich der Netzpolitik oder der Erstellung und Förderung von Open-Source-Projekten.69 Darüber hinaus gibt es Engagement-Organisationen, die einen Schwerpunkt auf die Digitalisierung der Zivilge-sellschaft setzen. Diese arbeiten also nicht allgemein an Themen mit Digitalbezug, sondern unterstützen explizit Akteure des Engagements, damit diese im Umgang mit digitalen Themen handlungsfähiger werden. Das IT-Portal Stifter-helfen der Haus des Stiftens gGmbH unterstützt beispielsweise Engagement-Organisationen mit Hard- und Softwarespenden. Daneben gibt es eine Reihe von Projekten und Vereinen, die entweder direkt Open Source Software für die Zivilgesellschaft entwickeln oder aber die Entwicklung gemeinwohlorientierter Software- und Datenprojekte fördern. So wird die Mitgliedersoftware CiviCRM als Open-Source-Projekt von einer internationa-len Entwickler*innengruppe programmiert. Der Deutsche Verein Software für Engagierte e. V. unterstützt Enga-gement-Organisationen bei der Implementierung. Ein anderes Modell stellt der durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Prototype Fund dar, der Projekte im Bereich von Civic Tech, Data Literacy und Software-Infrastruktur finanziert.70

INPUT VON EXPERT*IN

„Wir erforschen die demokratischen Potenziale von neuen Technologien auf Anwendungs- und Infrastruk-turebene. Das heißt, wir entwickeln selbst Software und Anwendungsfelder und stellen Infrastruktur für die Zivilgesellschaft bereit. Zum Beispiel hosten wir Services wie kollaborative datensparsame Schreibpads.

Wir fördern die Umsetzung von Public-Interest-Technologien unter Open-Source-Lizenzen, insbesondere durch engagierte Einzelpersonen und Selbstständige außerhalb von Institutionen oder Unternehmen. Die entwickeln oft digitale Anwendungen, die keine ökonomische Verwertbarkeit zum Ziel haben.“

— Katharina Meyer, Head of Communications beim Prototype Fund (Meyer 2019: Protokoll, S. 6) Schließlich gibt es eine Reihe von Engagement-Organisationen, die durch Forschung, Vernetzung, Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit einen Schwerpunkt darauf legen, die Digitalisierung der Zivilgesellschaft als Thema ver-handelbar zu machen. Für diese „aktiv Vordenkenden“ steht nicht wie bei den „tatkräftig Vermittelnden“ ein direktes Engagement in Bezug auf digitale Themen im Mittelpunkt. Sie beschäftigen sich mit Wissensproduktion und -zirkulation und mit der Formulierung politischer Forderungen. Unter anderem durch Publikationen von Stu-dien zum Themenfeld Zivilgesellschaft, Engagement und Digitalisierung tragen sie dazu bei, das Thema Digita-lisierung auf die Agenda der Akteure des Engagementsektors zu setzen. Diese Veröffentlichungen ermöglichen ein gemeinsames Vokabular, um das Selbstverständnis des Sektors zur Digitalisierung zu verhandeln und gemein-same Positionen zu erarbeiten, die dann auch gegenüber politischen Akteuren vertreten werden können. So wer-den beispielsweise Forderungen und Ideen für Instrumente und Richtlinien zur Förderung einer digitalen Zivilge-sellschaft formuliert (Kar et al. 2017; Wolfahrth 2019). Eine andere Sorte von Publikationen zeigt – etwa anhand von Best-Practice-Beispielen – auf, wie Engagement-Organisationen digitalisiert werden oder wie sie sich in Be-zug auf Digitalisierung engagieren können. Diese Publikationen erleichtern die Wahrnehmung und das Aufgreifen digitaler Praktiken und Infrastrukturen durch Engagement-Organisationen.71

Auch Veranstaltungen tragen dazu bei, Digitalisierung auf die Agenda des Sektors zu setzen und Interaktionen zwischen den Akteuren zu ermöglichen. Der Digital Social Summit diskutiert die Digitalisierung des Engagements beispielsweise als ein „Projekt“, das „gelingen kann“.72 Solche Veranstaltungen sind keine Einzelfälle. So gibt es

69 Oft resultiert der Unterschied zwischen Digitalem als Haupt- und Nebensache aus der Geschichte der Organisation, etwa daraus, ob Digitalisierung für die Organisation ein Gründungsthema war oder als zusätzliches Thema bearbeitet wird, etwa von Organisationen der

„klassischen Zivilgesellschaft“ (Rasmussen 2019: 8).

70 Engagement für die Digitalisierung der Zivilgesellschaft kann dabei auch weniger technologisch fokussiert sein. Das Projekt The Story Hunt der Open Knowledge Foundation e. V. organisiert beispielsweise Workshops für Mitarbeitende von Non-Profit-Organisationen, die ihre Kompetenzen in der Analyse offener Daten verbessern wollen (Rasmussen 2019: 36). Minor – Projektkontor für Bildung und Forschung entwickelt sozialpädagogische Ansätze im Bereich der Online-Extremismusprävention und stellt Konzepte für aufsuchende soziale Arbeit bereit, die sich in den sozialen Medien abspielt (Minor – Projektkontor für Bildung und Forschung o. J.).

71 Entsprechende Papiere werden beispielsweise vom Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement, vom betterplace.lab oder von der Bertelsmann Stiftung veröffentlicht, aber auch von Unternehmen und Instituten, die mit ihren Dienstleistungen im Engagementsektor aktiv sind (Bertenrath et al. 2018; Dufft et al. 2017; Fabinski et al. 2018; Gilroy et al. 2018; Horak und Baumüller 2018; Kusterer o. J.;

Rasmussen 2019).

72 Vgl. hierzu die Informationen der Robert Bosch Stiftung verfügbar unter: https://www.bosch-stiftung.de/de/projekt/digital-social-sum-mit-strategien-instrumente-debatten (abgerufen am 10.12.2019).

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eine Reihe von Akteuren, die entsprechende Events und Workshops veranstalten wie die Initiative D3 oder die Konferenz reCampaign. Hier werden digitale Praktiken, Vorgehensweisen und Infrastrukturen diskutiert, damit andere Organisationen sie aufgreifen können. Zugleich sind es Orte, an denen Netzwerke für Kooperationen ge-knüpft werden können.

Diesen Akteuren kommt in der Entstehung eines Engagementbereichs für Digitalisierung (siehe Kapitel 6) eine besondere Bedeutung zu, weil sie dazu beitragen, die Auseinandersetzung der Zivilgesellschaft mit digitalen The-men zu verstetigen und mit ihrer Expertise politische Akteure bei der Einführung von FördermaßnahThe-men zur Digitalisierung der Zivilgesellschaft zu beraten.

4.5 Fazit: Perspektiven des Engagementsektors für eine gemeinwohlorientierte

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