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Organisation des Dorfkörpers

die geschlossene Dorfsiedlung

2.5 Konzeptionen in Brandenburg .1 Erste Überlegungen.1 Erste Überlegungen

2.5.3 Organisation des Dorfkörpers

Waren die bisherigen theoretischen Vorstellungen zur Siedlungsplanung zunächst mehr von siedlungs- und planungstechnischen Überlegungen bestimmt, rückten entsprechend der allgemeinen politischen Zielstellung zunehmend solche zu den sozialen und bevölkerungs-politischen Funktionen sowie zur Selbstorganisation des Dorfkörpers in den Vordergrund.

Sowohl die ansässigen Landlosen als auch die Umsiedler hatten durch die Bodenreform zwar Land erhalten, zuweilen waren auch Wohnraum und Stallgebäude zugeteilt worden; allein das reichte nicht aus, um eine geordnete Landwirtschaft zu begründen und zu einem sozi-al verträglichen Zusammenleben zu finden. Die dafür erforderliche politische Meinungs-bildung manifestierte sich in Brandenburg in der Landtagsdiskussion am 20. März 194782 über den Entwurf zum „ Gesetz zur Förderung der Bauvorhaben in der Bodenreform“. Sie fand in zeitlicher Nähe zum Bekanntwerden der unten behandelten Missstände in Tauche und Gorgast statt und ging von dem bis dahin erreichten Einvernehmen in konzeptionellen Fragen aus. Sie führte kommunal- und siedlungspolitisch Beabsichtigtes zusammen. Obwohl Siedlungsplanung im Entwurf nicht berücksichtigt worden war, kam sie in der Debatte zur Sprache. Die Landesregierung bekannte sich ebenso eindeutig wie die VdgB. Die Vermutung liegt nahe, dass das auf eine Abstimmung und Meinungsbildung auf zentraler Ebene zurück-geführt werden könnte.

81 Rep. 250 Niederbarnim Nr. 662 (mit Bauzeichnung).

PMB-Nachrichten Nr. 164 vom 14.7.1948.

Erbs, Neubauernsiedlung. Mitgeschwungen sein könnte die Erinnerung an das nach seinen Entwürfen im Zusammenhang mit der Gestaltung des Wohlfahrtsforums in Brandenburg an der Havel in den Jahren 1929/30 gebaute „Friedrich-Ebert-Bad“. Vgl. dazu Bodenschatz/Seifert, Stadtbaukunst, S. 223–225.

82 Stenographische Berichte, 1. Wahlperiode, S. 95–97. Zur Haltung von CDU und LDPD zum Gesetzentwurf s. Ottofülling, Blockpolitik, S. 591–592.

In seiner Begründung des Gesetzentwurfs äußerte sich Rau eindeutig zum entscheidenden Axiom der Siedlungsplanung. Er betonte, ein reines Neubauerndorf habe es in finanzieller Hinsicht schwer, es verlöre überdies jede Unterstützung bei Bestellung, Ernte und Erfüllung des Ablieferungssolls – die dann auch mangelnde Unterstützung beim Bau der Neubauernge-höfte erwähnte er bezeichnenderweise nicht – : „Wir wollen erreichen, dass die Herstellung der Neubauernsiedlungen nicht in Form von Streusiedlungen geplant wird, und wir wollen anstreben, dass zu erstellende Neubauernhäuser in den schon bestehenden Dörfern errich-tet werden und hier eine Eingliederung in die bereits bestehenden Gemeinden erfolgt. Die-se Bebauungsplanung der Eingliederung von Neubauern ist sowohl vom sozialen wie vom landesplanerischen und kommunalpolitischen sowie bauwirtschaftlichen Gesichtspunkt aus notwendig … Aber auch vom Gesichtspunkt der kulturellen Betreuung der Neubauern ist es notwendig, dass sie in einem größeren Gemeinwesen liegen und miteinander arbei-ten können“. Abgesehen davon, dass er 1946 die Neubauern zur Eigeninitiative beim Bauen aufgefordert hatte, war das seine einzige Äußerung als brandenburgischer Funktionsträger zur Siedlungsplanung. In der Diskussion hatte sich ihm der Abgeordnete Jadasch (VdgB)83 angeschlossen und für die Ablehnung von Streusiedlungen auf das seiner Ansicht nach ab-schreckende Beispiel der Ortslagenplanung für Tauche – ohne den Ort zu erwähnen – ver-wiesen und wirtschaftliche und politische Gründe für diese Auffassung ins Feld geführt.

Der Abgeordnete Leps (SED) war dieser Argumentation ebenfalls gefolgt: „Über die Frage der geschlossenen oder der Streusiedlung gibt es, glaube ich, nur eine Meinung, dass wir im Hinblick auf die Begründung, die der Herr Minister gegeben hat, und aus wirtschaftlichen, verkehrstechnischen und auch sonstigen Gesichtspunkten heraus eine geschlossene Siedlung anstreben“.

Landrat Brinkmann (Kr. Wismar, Mecklenburg-Vorpommern) hatte dafür die kommunal-rechtlichen Bedingungen schaffen wollen. Auf der Beratung des LV Mecklenburg-Vorpom-mern der SED, der Landesverwaltung und Helmut Lehmann (ZS der SED) mit Alt- und Neubauern am 18. August 1946 hatte er beklagt, die Bauern in den häufig aus fünf bis sieben Ortsteilen bestehenden Gemeinden kennten sich nicht und daraus die Forderung abgeleitet, jeder Ortsteil solle eine selbständige Gemeinde bilden: „Wir streben also eine leistungsstarke Gemeinde an, sie muss nicht groß sein. Eine politische Bedeutung für uns liegt darin, wenn wir die Gemeinden möglichst klein machen und darnach streben, dass der Bauer sich ansieht als Mitglied einer großen Familie“84. Die enge Verbindung von Siedlungs- und Kommunalpo-litik war damit zwar öffentlich geworden, ein Echo in der SBZ fand dieses Vorgehen jedoch nicht. Den Hintergrund bildete nämlich eine Besonderheit von Mecklenburg-Vorpommern, die auf Entwicklungen im vorpommerschen Landesteil in der Zeit vor dem Ende des Krieges zurückging. Damals errichtete Großgemeinden wurden wieder in ihre ursprünglichen Be-standteile zurückgeführt. In diesem Zusammenhang waren auch nahezu zeitgleich im

meck-83 Biographische Skizze in: „Die Ähre“ 1 (1947), H. 1, S. 13; biographische Angaben bei Wernet-Tietz, Bauern-verband, S. 222.

84 Müller/Röpke (Hg.), Die ernannte Landesverwaltung, S. 556, Dok. Nr. 126.

lenburgischen Landkreis Wismar durch die Rücknahme von Eingemeindungen aus 44 Ge-meinden 99 neue kommunale Körperschaften gebildet worden85.

Dem Planen musste Bauen in bis dahin nicht gekannten Größenordnungen folgen86. Dieses hatte nur einen Gegenstand: das Bauernhaus samt Wirtschaftshof. Voraussetzungen waren damit gegeben, in der Architektendiskussion der Weimarer Zeit erörterte und von Freese und Waterstradt empfohlene neuartige Technologien gezielt und geplant einzubeziehen. Besse-re Anwendungsmöglichkeiten für Typenbauweise, Montagebau und Serienfertigung waBesse-ren kaum denkbar. Fachkreise, Verwaltung und auch die SED griffen das Thema auf. Erbs sprach sich für den Einsatz aller Mittel von Technik und Konstruktion und eine „Typenmäßige Se-rienherstellung“ aus. Bechler verlangte den „Serienbau ländlicher Siedlerstellen.“ Sägebrecht forderte, die Wohnungsreform wie die Bodenreform zu gestalten: „Im Baujahr 1946 muss zu einer revolutionierenden Bauweise übergegangen werden“. Waterstradt hatte dazu das Stichwort geliefert. Auf Naturbauweisen müsse zurückgegriffen, von der handwerksmäßigen Herstellung von Bauteilen zu deren industriemäßiger Produktion übergegangen werden. Die Voraussetzungen dafür wurden von der Landbaugesellschaft mit der Entwicklung von drei Eindach-Haustypen (Typ A – C) erbracht. Jäckel und Briesenick hatten die Typen A und C, Noth den Typ B gezeichnet. Damit war man zu dem Typ der „Wohnhausstallscheune“

zurückgekehrt, der im Siedlungsbau der Weimarer Republik wegen seiner billigen Bauweise und seiner leichten Ausbaufähigkeit favorisiert worden war.

85 Vgl. dazu im Einzelnen Blöß, Verwaltungsstrukturreform, S. 499–500 ; Ders., Kommunale Strukturen, S. 97–

98.

86 „Märkische Volksstimme“ Nr. 37 vom 4.6.1946.

Karutz, Siedelungsverfahren, S. 621; Waterstradt, Bauhilfe, S. 41; Erbs, Neubauernsiedlung, S. 3; Interview über die Bodenreform, S. 3; Der Neubauernhof, nach S. 4.