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Brandenburgische Landbaugesellschaft mbH

Die Verwaltungsorganisation

3.6 Implementierung der Planungs- und Bauorganisation .1 Herausforderung der Zeit.1 Herausforderung der Zeit

3.6.2 Brandenburgische Landbaugesellschaft mbH

3.6.2.1 Gründung, Struktur, Aufgaben

Am 17. Februar 1947 beschloss das Kabinett die Gründung der Brandenburgischen Landbau GmbH. Es entsprach damit als einzige Regierung der von der DVLF ausgesprochenen Emp-fehlung128. Die amtliche Bekanntmachung erfolgte ein Jahr später durch die „Ausführungsbe-stimmungen zum Gesetz zur Förderung von Bauvorhaben in der Bodenreform vom 21. März 1947“ vom 11. März 1948 (GVBl. II S. 190)129. Auf der Sitzung des Brandenburgischen Land-tages am 20. März 1947 begründete Minister Rau die Entscheidung: Man müsse eine zentrale Stelle haben, die das ganze Bauvorhaben organisiere und vorwärts treibe. Er erwähnte weder die Empfehlung der DVLF, noch machte er darauf aufmerksam, dass vor dem Bauen Sied-lungsplanung in bis dahin nicht gekanntem Ausmaß mit dem Ziel einer grundlegenden Umge-staltung des ländlichen Raumes zu stehen habe. Über die Rechtsform der neuen Gesellschaft schien er nicht im Bilde zu sein, als er verkündete: „Wir haben bereits eine entsprechende Ge-nossenschaft gebildet“. Das Vorhaben, schon im Gründungsjahr 5 000 Gehöfte zu planen und zu errichten, belastete die Gesellschaft mit einer Hypothek, die nicht zu schultern war.

Rau als dem verantwortlichen Minister mag diese Entscheidung nicht leicht gefallen sein.

Denn ausgerechnet sein Intimfeind Hoernle hatte auf der Konferenz der Landwirtschaftsmi-nister am 10. Januar wohl den letzten Anstoß gegeben. Vor ihm hatten schon Hamann und Hilscher immer wieder auf die Notwendigkeit einer solchen organisatorischen Lösung ge-drängt. Hilscher hatte die Bildung von Bauführungsstäben in den Ländern und Provinzen gefordert, Hamann sich für die Einrichtung eines staatlichen Siedlungsbauträgers ausgespro-chen und das zu der These verdichtet: „Die bauliche Durchführung der Bodenreform ist ohne eine straff organisierte Trägerorganisation nicht denkbar“. Noch Mitte Januar 1947 hatte er auf die notwendige Personalausstattung für den Bereich ländliches Bauen gedrängt und die Errichtung eines Siedlungsbauträgers als dringend erforderlich hervorgehoben. Schnelle und eindeutige Entscheidungen jedoch waren dadurch hinausgezögert worden, dass sowohl in Brandenburg – von Allwardt – als auch von der DVLF Möglichkeiten erörtert worden waren, diese Aufgaben Landbaugenossenschaften nicht nur auf Kreisebene, sondern als Spitzenorga-nisation in den Ländern und Provinzen zu übertragen.

Die noch am Tage des Kabinettsbeschlusses zusammengetretene Gründungsversammlung der Landbaugesellschaft nahm unter Vorsitz von Rau den Gesellschaftsvertrag an. Dieser erinnerte sich gewiss nicht mehr daran, dass er im Oktober 1945 die Mitwirkung von Sied-lungsgesellschaften am Planen und Bauen noch kategorisch ausgeschlossen hatte. § 2 des

Ge-128 In den anderen Gliedern der SBZ waren zu diesem Zeitpunkt folgende Stellen für das Bodenreform-Baupro-gramm zuständig:

Mecklenburg: Ministerium für Wirtschaft, Abteilung Landbauwesen Sachsen: Ministerium für Landwirtschaft, Abteilung Bauwesen Sachsen-Anhalt: Bauabteilung des Provinzialausschusses der VdgB Thüringen: Thüringische Landessiedlungsgesellschaft mbH 129 Auch in: Bauer schlag nach!, S. 4.

sellschaftsvertrages definierte als Gegenstand des Unternehmens die Planung und Errichtung von Neubauerngehöften im Zuge der Bodenreform und die Wiederherstellung der durch Kriegseinwirkungen zerstörten landwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Ge-sellschafter waren: Provinzialregierung Mark Brandenburg; Provinzialversicherungsanstalt Brandenburg; Landesgenossenschaftsbank Kurmark; FDGB; Brandenburgischer Raiffeisen-Verband; VdgB, Landesausschuss Brandenburg; Handwerkskammer der Provinz Mark Bran-denburg; IHK Brandenburg. Das Stammkapital betrug RM 500 000,–; Mehrheitsgesellschaf-ter war die Provinzialregierung. Der Aufsichtsrat setzte sich unMehrheitsgesellschaf-ter Vorsitz von E. Scholz, ab 15. Februar 1949 Spieß130, aus den Repräsentanten der Gesellschafter zusammen (Tab. 4).

Mit Erlass des Ministeriums der Finanzen vom 27. September 1948 (GVBl. II S. 436) wurde die Gesellschaft als gemeinnütziges Siedlungsunternehmen im Sinne „Reichssiedlungsge-setz“ vom 11. August 1919 anerkannt.

Tab. 4: Aufsichtsrat der Landbaugesellschaft Landesregierung

Ernst Scholz (Vorsitzender), ab 15.2.1949 Günter Spieß Otto Keuthe (Schriftführer)

Kurt Henning Dr. Karl Erbs Hahn

Otto-Peter Arndt (bis 15.4.1947), Werner Lufft (ab 26.4.1947) Wilhelm Georgino (ab 26.4.1947)

VdgB FDGB

Robert Neddermeyer Anna Bachmann (bis 26.4.1947), Sadzulewski (ab 26.4.1947) Landesgenossenschaftsbank Raiffeisenverband

Heinrich Hellige Erwin Albrecht

Versicherungsanstalt

Priefert (bis 26.4.1947), Barth (ab 26.4.1947)

Handwerkskammer IHK

Karnetzki Otto Völz

130 Günter Spieß, geb. 12.5.1912 (SED)

1927–1930 Oberrealschule, Abschluss Abitur

1930–1933 Handelshochschule Berlin, relegiert wegen politischer Betätigung 1932–1933 Siemens-Kabelwerke: Volontär

1933–1937 Römer & VCO Berlin: Bilanzbuchhalter 1937–1940 Stahlrohrbetondecke GmbH: Bilanzbuchhalter 1940–1941 Kriegseinsatz

1941–1947 Britische Gefangenschaft

1947–1949 Provinzialregierung, Abteilung Wirtschaftsplanung: Referent 15.2.1949 Leiter HA Wirtschaftsplanung (Nachfolger von E. Scholz) Ab 1.1.1950 Leiter der VVB Kleinmachnow

Rep. 203 PA 282

Der Kabinettsbeschluss bestimmte den Minister für Wirtschaftsplanung als Aufsichtsbehör-de. Aus der Erwähnung im Befehl Nr. 163 der SMA vom 7. Oktober 1947 – hier als Bran-denburgisches Baukontor bezeichnet – leitete die Gesellschaft eine besondere Autorität ab.

Die Besatzungsverwaltung hatte damit nach anfänglicher Ablehnung einer solchen Stelle eine Kehrtwendung vollzogen. Obwohl nach Wirtschaftsrecht aufgestellt, galt die Gesellschaft als Teil der Staatsverwaltung. Die Aufsichtsbehörde unternahm nichts, um dieser Auffassung ent-gegenzutreten. Im Gegenteil, sie überließ der Gesellschaft relativ freie Hand; konnte sie sich dadurch doch selbst aus der Leitung des Planens und Bauens heraushalten. Nichts symboli-siert dieses Verhältnis besser als der Auftrag an die Gesellschaft, die Funktion der Obersten Bauleitung wahrzunehmen. Diese hatte bisher in staatlicher Hand gelegen. Wie in Sachsen-Anhalt bestand diese besondere Leitungsform also lange vor der nach Erlass des Befehls 209 ergangenen zentralen Regelung131. Am 24. April 1947 unterrichtete die Landbaugesellschaft die Zweigstellen, das Aufbauamt Ost und die Kreisbauämter in ihrem zweiten Rundschreiben über ihre Aufgabenstellung. Die Schwerpunktsetzung war eindeutig: Zur Erläuterung der Planungsaufgaben genügte ein Absatz. Die Ausführungen zum Bauen füllten drei Seiten. Die-ses stand allerdings unter der Voraussetzung, dass vor dem Bauen vollständige Klarheit über die Siedlungsplanung geschaffen werden müsse. Streusiedlungen seien zu vermeiden, für die Hofstellen Flächen zur Verfügung zu stellen, die Architekten anzuhalten, die Planungen im Einvernehmen mit den Bürgermeistern, der VdgB und den Kreisbaumeistern vorzunehmen.

Erst wenn über diese vollständige Klarheit bestehe und sie von der Abteilung Wiederaufbau genehmigt worden seien, könne mit dem Bauen begonnen werden. Von Beginn an wurde versucht, Planen und Bauen zu verbinden. Das quantitative Größenlimit wurde durch einen qualitativen Aspekt erweitert: Die Mindestgröße von zehn Hofstellen müsse zu einer ge-schlossenen Einheit in einer möglichst vorteilhaften landschaftlichen Lage gestaltet werden.

Ausdrücklich betont wurde, dass die Reparatur durch Kriegseinwirkung beschädigter Wohn- und Wirtschaftsgebäude von Altbauern nicht zum Aufgabengebiet der Gesellschaft zählten.

Das gehöre in die Hand des ortsansässigen Bauhandwerks.

Die Landbau GmbH fungierte demgemäß als Planungs-, Kontroll-, Prüf- und Bauleitungs-stelle zugleich. Darüber hinaus sollte sie, in der ersten Phase ihres Wirkens dem dafür zustän-digen Ministerium zugeordnet, an der Durchsetzung der Grundsätze der Wirtschaftsplanung mitwirken. Allgemein sollte sie als Instrument der Provinzial/Landesregierung deren wirt-schaftspolitische Ziele auf dem Gebiet des ländlichen Bauens verfolgen. Auf ihrem eigentli-chen Tätigkeitsgebiet war sie Hauptträger der Ortsplanung, der Gehöft- und Hausplanung, von Bauausführung und Finanzierung; ihr war also die besondere Verantwortung für die prak-tische Durchführung des Gesamtprojektes Bauen auf dem Lande auferlegt worden. Sie setzte damit die Arbeit des Referates Ländliches Bauwesen der Abteilung Land- und Forstwirtschaft im Ministerium für Wirtschaftsplanung fort. Die Gesellschaft hatte sich nicht nur über ein halbes Jahr des Argwohns der Besatzungsbehörden zu erwehren. Sie musste sofort parallel zum Aufbau ihrer Organisation und zur Bestimmung ihrer Arbeitsweise mit der praktischen

131 Vgl. dazu Urban/Reinert, Die Rolle, S. 60–61.

Arbeit beginnen. Rekrutierung des entsprechenden Personals gestaltete sich schwierig: Die Mehrzahl der geeigneten Fachkräfte war politisch belastet. Auf der Sitzung der erweiterten Geschäftsleitung am 22./23. Mai 1947, an der die Zweigstellenleiter teilnahmen, wurde erste Bilanz gezogen und der Kurs für die nächste Zeit bestimmt. Die Geschäftsführung stellte den Handlungsrahmen vor. Langer referierte zum Thema Die Bodenreform in der Provinz Bran-denburg, Schneider sprach über die Aufgaben der Landbau-Gesellschaft, Jäckel über Planung und Entwurf, Arndt über Ausschreibung und Baudurchführung, Allwardt über Finanzierung und Personalfragen. Die Zweigstellenleiter berichteten über ihre bisherige Tätigkeit.

Störungen von außen drohten das Begonnene bereits im Keim zu ersticken; ihre Kerntä-tigkeit wurde in erheblichem Maße beeinträchtigt. Die Oderflutkatastrophe verschob die Proportionen völlig; sie stellte Planungen für das gesamte Land in Frage. Fast sämtliche Pla-nungs- und Baukapazitäten mussten für die Behebung der Schäden und den Wiederaufbau im Oderbruch (in Konkurrenz zum Aufbauamt Ost) eingesetzt werden. Eine Weisung des Ministeriums für Wirtschaftsplanung konzentrierte den Bau von Neubauerngehöften auf das Überschwemmungsgebiet. Dort waren 131 Stellen vorgesehen (Kreis Angermünde: 28, Kreis Lebus: 87; Kreis Oberbarnim: 16)132. Bauleiter dafür wurden aus anderen Kreisen abgezogen.

In den übrigen Kreisen wurde lediglich die Errichtung von jeweils 10 bis 15 Gehöften zuge-standen. Dort war deshalb nur die Bildung eines Schwerpunktes als „Keimzelle für weitere Baufortschritte“ möglich. Die dadurch notwendige Reduzierung der Anzahl der im Rahmen des Neubauern-Bauprogramms zu errichtenden Gehöfte ließ die Gesellschaft bei den betrof-fenen Neubauern zur Adresse von Kritik aus enttäuschter Hoffnung werden. Barackenaktion, Bau von Fischereigehöften traten hinzu. Schneider fasste das Ergebnis zusammen: „Damit war das Bodenreform-Bauprogramm in seiner ursprünglichen Form aufgehoben“.

Nicht einfacher wurde die Lage durch die unten beschriebene Konzeptionslosigkeit der DVLF und die sich daraus nährenden Kompetenzkonflikte. Hotze sprach sich nach dem Scheitern der Bauverordnung am 14. April 1947 dafür aus, in jedem Kreis eine Plankommis-sion aus einem Mitglied der KreisbodenkommisPlankommis-sion, dem Kreisbaumeister, Vertretern der Parteien und einem Vermessungsfachmann zu bilden. Auf der einen Tag später stattfinden-den Beratung des Erweiterten Agrarpolitischen Ausschusses brachte Dölling dieses Projekt zur Sprache. Obwohl aus dem Teilnehmerfeld Zustimmung signalisiert worden war, wurde es nicht weiter verfolgt. Vielmehr beschloss der Ausschuss „Richtlinien für die Organisierung des Bauwesens im Kreis- und Ortsmaßstab“. Diese sahen die Bildung von Ortssiedlungs- bzw.

Kreissiedlungsausschüssen vor. Eine Orientierung des Landesvorstands der SED vom 28.

Mai 1947 verstärkte diese Tendenz in Brandenburg noch. Sie war zwar darauf gerichtet, die Wiederaufbauplanung in den Gemeinden mit der Landesplanung in Übereinstimmung zu

132 Im Einzelnen waren folgende Gemeinden vorgesehen:

Kreis Angermünde: Criewen, Hohensaaten, Liepe, Niederfinow, Stolpe, Vierraden

Kreis Lebus: Alt Tucheband, Dolgelin, Friedrichsaue, Gieshof-Mehrin-Graben, Golzow, Gorgast, Groß Neu-endorf, Hathenow, Kienitz, Lebus, Letschin, Mallnow, NeuNeu-endorf, Neu Manschnow, Podelzig, Rathstock, Reitwein, Sachsendorf, Steinhöfel, Zechin

Kreis Oberbarnim: Alt Glietzen, Karlshof, Neuenhagen, Neulewin, Neutrebbin.

bringen, verwies den Schwerpunkt der Planungen jedoch in die Gemeinden selbst. Dass für diese Aufgaben die Landbaugesellschaft errichtet worden war, schien weder in Berlin noch in Potsdam zur Kenntnis gelangt zu sein.

Den Aufgaben entsprachen Struktur und Personalausstattung der Gesellschaft. Die in Pots-dam angesiedelte Hauptverwaltung, deren leitendes Personal aus dem Referat Ländliches Bauwesen übernommen worden war, gliederte sich in vier Abteilungen:

A. Baustoffe und Transporte.

B. Planung; Ortslagenplanung, Aufstellung der Bautypen.

C. Oberste Bauleitung; Baudurchführung.

D. Finanzabteilung; Finanzierung, Buchhaltung, innere Organisation, Personalfragen.

Der Gesamtpersonalbestand der GmbH (Hauptverwaltung und Zweigstellen), der im März 1947 gerade einmal 21 Angestellte (17 in der Zentrale, 4 in den Zweigstellen) umfasste, im April 1949 mit 762 Mitarbeitern seine höchste Zahl erreicht hatte, wuchs von 145 Ende 1947 auf 663 zum 31. Dezember 1948 an (Tab. 5). Innenminister Bechler hatte besonderen Anteil daran. Die Leitung der Gesellschaft lag in Händen des Geschäftsführers Schneider und seines Stellvertreters Jäckel, Leiter der Planungsabteilung. Als Prokurist und Leiter der Abteilung Finanzen und Personal wirkte Allwardt, als Oberster Bauleiter Arndt, als Handlungsbevoll-mächtigter und Verantwortlicher für die Vergabe der Ortsplanungen Lilie133, als Entwurfsar-chitekt und Mitarbeiter bei der Ortsplanung Briesenick134. Arndt wurde am 15. März 1948

133 Herbert Lilie, geb. 3.8. 1884 (parteilos), absolvierte das Gymnasium bis zur Obersekunda und arbeitete nach dem Besuch der Baugewerksschule Berlin und der TH Berlin und Prüfungen zum Maurer- und Zimmerer-meister

1911 bis 1945 als selbständiger Baumeister

1.10.1945–7.6.1946 Provinzialverwaltung, Abt. V Finanzen, Hochbauabteilung, Hauptsachbear-beiter

7.6.1946 – Februar 1947 Provinzialregierung, Abt. III Landwirtschaft und Forsten, Referat Ländliches Bauwesen

1.3.1947–1.3.1948 Landbau-GmbH, Handlungsbevollmächtigter

1.3.1948–30.6.1951 Abt. Wiederaufbau (ab 1949 HA Aufbau im Ministerium für Wirtschaft) Rep. 401 PA 20409

134 Walter Briesenick, geb. 30.1.1914 (SED) nach Abschluss der Schule

Ausbildung zum Maurer

Besuch der Baugewerksschule Berlin

1937–1939 Reichsumsiedlungsgesellschaft mbH Berlin: Entwurfsarchitekt;

zusammen mit Wolfram Vogel Strukturuntersuchungen im Gebiet um Friesack (Kr. Westhavelland), vor allem die Aufsiedlung der Güter Damm III und Friesacker Zoot-zen bearbeitet

1939–1945 Wehrmacht; nach Rückkehr aus Kriegsgefangenschaft 1.5.–30.6.1947 AG Wendt/Strauch: Architekt

1.7.1947 Landbaugesellschaft: Ortsplaner

15.11.1948 Geschäftsführung beschließt fristlose Entlassung wegen illegaler Kompensationsgeschäfte.

Rep. 274 Nr. 11; Nr. 170; Nr. 617; Nr. 618; Rep. 350 Nr. 278.

vorübergehend mit der Leitung der Zweigstelle Seelow beauftragt. Die vertretungsweise Lei-tung seiner Abteilung übernahm Kapalle.

Tab. 5: Personalbestand der Landbaugesellschaft

Technische Angestellte Kaufmännische Angestellte insgesamt

zum 31.12.1947 84 61 145

zum 31.12.1948 256 262 518

zum 31.12.1949 307 356 663

30.4.1949: Höchstpersonalbestand 364 398 762

Von der Zentrale konnte ein so umfangreiches Bauvorhaben allein nicht gesteuert werden.

Zweigstellen in den Kreisen sollten deshalb die praktische Arbeit übernehmen. Da sich Mi-nister Rau dagegen gewendet hatte, diese in einem Zuge in allen Kreisen zu errichten, wurden in einer ersten Etappe solche Stellen in den Landkreisen Angermünde, Lebus, Oberbarnim und Templin sowie im Stadtkreis Brandenburg an der Havel, in einer zweiten elf Zweigstellen mit der Zuständigkeit für jeweils mehrere Kreise geschaffen. Die Aufgaben der Zweigstelle Nauen, die nur für den Kreis Osthavelland zuständig war, wurden vom dortigen Kreisbau-amt wahrgenommen. Die Zweigstellen waren mit einem Leiter, einem Assistenten und einer Bürokraft besetzt. Nach Erlass des Befehls 209 und mit dem Wechsel der Aufsichtsbehörde folgten Zweigstellen in allen übrigen Landkreisen und im Stadtkreis Frankfurt (Oder). Ge-schäftsführer Schneider schien förmlich erleichtert, dem Druck Raus zum Verzicht auf sol-che Stellen in allen Kreisen entkommen zu sein. Sogleich unterbreitete er Vorstellungen, die Zweigstellen zu Zweigniederlassungen seiner Gesellschaft auszubauen. Die operative Arbeit, die vor allem in der Beschaffung, dem Transport und der Bereitstellung von Baumaterial, der vertraglichen Bindung und Kontrolle von bauausführenden Firmen, der Rekrutierung und Versorgung der Arbeitskräfte und der Förderung von Naturbauweisen bestand, leistete das dreistufig gegliederte Leitungssystem der Bauleitungen 209. Der Apparat der Obersten leitung wurde von der Landbau gestellt. In den Oberbauleitungen der Kreise und den Bau-leitungen der Gemeinden war sie durch die Zweigstellen- bzw. Abschnittsbauleiter vertreten.

Nachdem verstärkt zum Bauen übergegangen worden war, wurde jedes Kreisgebiet in tungsbezirke unter Abschnittsbauleitern unterteilt. In den Dörfern arbeiteten örtliche Baulei-ter, die für einzelne Bauvorhaben verantwortlich zeichneten. Da dafür weder die erforderli-che Anzahl noch die gewünschte Qualität als Angestellte der Landbaugesellschaft gewonnen werden konnte, musste wie bei der Ortslagenplanung auf freie Architekten zurückgegriffen werden. Unter diesen boten sich naturgemäß diejenigen an, die bereits die Dorfbebauungs-pläne gezeichnet hatten. Mit Rd. Schr. Nr. 40/48 der Geschäftsleitung vom 25. Februar 1948 wurde diese Möglichkeit eröffnet. Nach dem Mustervertrag erhielten sie ein Honorar von 2 % der Bausumme, die zu dessen Berechnung pauschal für den Neubau eines Wohnhauses mit Stall auf RM 20 000,–, einer Stallscheune auf RM 12 000,– und einer Scheune auf RM 8 000,–

festgesetzt worden war. Zusätzlich wurden Tage-und Fahrgelder gewährt, Diese Regelung galt nur für das laufende Jahr. Für 1949 wurden keine neuen Verträge mehr abgeschlossen.

Schon bald nach Aufnahme der Tätigkeit zeigte es sich, dass auf dem Gebiet der Ortsplanung Interessenkonflikte mit der ebenfalls dafür zuständigen Abteilung Wiederaufbau nicht zu ver-meiden und die für die Planungsarbeit erforderlichen Mittel nicht ausgewiesen waren. Die Abteilung Wiederaufbau hatte sich von vornherein wegen mangelnder Personalausstattung nicht dazu in der Lage gesehen, diese ihr von Amtswegen zustehende Aufgabe zu überneh-men. Am 19. März 1947 kamen Henning und Langer darin überein, dass Ortsplanung eigent-lich Aufgabe einer Regierungsstelle sein müsse. Eine salomonische Lösung musste her: Sie lief darauf hinaus, die praktische Planung mitsamt der Vorprüfung der Ortsbebauungspläne der Landbaugesellschaft zu übertragen; dadurch seien Ortsplanung und vorbereitende Bau-maßnahmen besser zu koordinieren. Der Abteilung Wiederaufbau verblieb als hoheitliche Aufgabe die endgültige Entscheidung über die Genehmigung der Pläne. Die Mittel für die Ortsplanung – 400 000,– RM für das laufende Quartal, 1 000 000,– RM insgesamt – stellte die Regierung der Landbaugesellschaft zur Verfügung. Das Verabredete setzte das Ministeri-um für Wirtschaftsplanung am 27. März in staatliche Weisung Ministeri-um. Im Einzelnen ergaben sich daraus für diese die folgenden Aufgaben:

1. Auftragsvergabe an die Architekten.

2. Vorprüfung der Ortspläne.

3. Vorlage der Pläne bei der Regierung (Abteilung Wiederaufbau) zur endgültigen Ge-nehmigung.

4. finanzielle Abwicklung der Aufträge.

Sie erhielt dafür eine Vergütung von 5 % der an die Siedlungsplaner zu entrichtenden Gebüh-ren.

3.6.2.2 Beratungsstelle für Siedlungsplanung

Das und vor allem die arbeitsintensive Prüfung und Begutachtung der Siedlungspläne war von dem Apparat der Gesellschaft selbst nicht zu bewältigen. Deshalb wurde ihr die spezi-ell eingerichtete, von Kreidel bereits zu Beginn des Jahres 1946 geforderte und von dem in einem Honorarverhältnis zur Landbau GmbH stehenden Vogel135 geleitete Beratungsstelle

135 Wolfram Vogel, geb. 6.7.1898 in Dresden 1905–1909 Bürgerschule

1909–1916 Realgymnasium (Drei – König – Schule) Dresden 1917 Abitur

1918–1923 TH Dresden: Hochbau-Studium 1923 1. Hauptprüfung

1926 2. Hauptprüfung (Regierungs-Baumeister-Prüfung) 1923–1924,

1927–1930 selbständiger Architekt

1924–1926 Heeresbauverwaltungsamt Dresden 1926 Sächsische Hochbaudirektion

für Siedlungsplanung zugeordnet und damit die Lücke der fehlenden Landesplanungsstelle in der Struktur der Provinzialregierung zum Teil geschlossen. Die Beratungsstelle entwickel-te sich entgegen ihrer Amtsbezeichnung zum entscheidenden Glied bei der Beurentwickel-teilung der vorgelegten Siedlungsplanentwürfe. An ihr hingen Wohl und Wehe der Planer. Vom Fach-lichen betrachtet, war Vogel der richtige Mann am richtigen Ort136. Auf eine Nachfrage der Personalabteilung des MdI erklärte ihn die Geschäftsführung der Landbaugesellschaft zu den

„hervorragendsten Mitarbeitern“: „Seine Arbeit ist richtungsweisend in der Aufstellung und Durchführung der Planungsaufgaben“. Allwardt bezeichnete ihn in seiner abschließenden Be-trachtung als „den in diesen Fragen besonders erfahrenen Landesplaner“. Auch er selbst war sich seines Wertes bewusst. Der Entwurf seines Honorarvertrags vom 8. Mai 1947 hatte ein monatliches Honorar von RM 500,– veranschlagt. Die von Vogel eigenhändig auf RM 750,–

erhöhte Summe wurde im Vertrag vom 4. Juli akzeptiert. Ob der angesichts der drängenden Probleme lange Zeitabstand zwischen Vertragsentwurf und Vertragsausfertigung auf die Ho-norarfrage reduziert werden könne, muss offen bleiben. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass Vogels braune Vergangenheit im Gespräch gewesen sein könnte.

1926–1927 Oldenburgisches Technikum Varel 1927–1928 Architekt bei Hans Brandt Berlin 1928–1929 Reichsbankbaubüro Berlin

1930–1935 Technische Lehranstalt für Hoch- und Tiefbau Berlin: Probeanstellung

1935–1940 Technische Lehranstalt für Hoch- und Tiefbau Berlin: Festanstellung als Beamter (Studienrat) 15.3.1940 Abordnung an Staatsbauschule Posen

1.3.1941 Abordnung an Dienststelle Posen des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volks-tums

1.7.1942 Versetzung an Dienststelle Posen 1.6.1944 Rückversetzung an Staatsbauschule Posen 1.5.1937 Eintritt in NSDAP (Mitglieds-Nr. 4.633.289)

Gaureferent der Deutschen Arbeitsfront: „Die Schönheit der Arbeit“, „Das deutsche Dorf “) Mitglied des Arbeitskreises Baupflege und Baugestaltung beim Reichsstatthalter Posen Leiter der Arbeitsgemeinschaft für die Planung bäuerlicher Siedlungen.

Rep. 274 Nr. 76, Nr. 79. R 4901 Nr. 21773; R 9361 V Nr. 102254, Nr. 106716; R 9361 IXX 0072.

In den z. T. umfangreichen Zusammenstellungen biographischer Daten von Architekten und Siedlungspla-nern wird Vogels Name nicht erwähnt; u. a.: Butter, Neues Leben; Dix, Ländliche Siedlungsplanung; Ders., Nach dem Ende; Gutberger, Volk – Raum; Vom Baukünstler.

136 Rep. 202C Nr. 830, Bl. 227; Rep. 274 Nr. 75; Nr. 76.

DK 1 Nr. 7693, Bl. 191.

Der Brandenburger Siedlungswettbewerb; Frank, Querschnitt [1], S. 245; Ders., Querschnitt [2], S. 8;

Gutschow, Ordnungswahn, S. 59, 160; Hartenstein, Neue Dorflandschaften, S. 183,193, 344–345, 374, 383–401; Hartung, Funktion, S. 84; Oberkrome, „Deutsche Heimat“, S. 240–241; Pfannschmidt, Der Wett-bewerb, S. 685–686; Vogel, Die bauliche Bereinigung; Ders., Dorfplanung; Ders. Planung; Ders., Zwei Bei-spiele; Ders., Der Dorfumbau; Ders., Umgestaltung.

Zur Beratungsstelle vgl. Vogel, Die Bauberatung; Ders., Dorfplanung, S. 390; Lindner/Vogel, Das künftige Heimatbild, S. 87 (Pläne S. 94–97); Erbs, Aufbau, S. 397.

Die Aussage von Dix, „Freies Land“, S. 192, Vogel habe im Auftrag der Landbaugesellschaft den Umbau von Gutsdörfern geplant, wird dem Aufgabenbereich und den Leistungen Vogels, seiner ganzen Stellung im Rah-men der brandenburgischen Siedlungsplanung nicht gerecht.

Im Vergleich zu den leitenden Mitarbeitern der Landbaugesellschaft konnte er auf die meis-ten Erfahrungen auf dem Gebiet des Planens, vor allem von ländlichen Räumen und Sied-lungen, verweisen. In dem 1936/37 veranstalteten Wettbewerb zum Bau einer Großsiedlung für Industriearbeiter bei Brandenburg an der Havel hatte sein Entwurf den zweiten Preis er-halten. Zwischen 1937 und 1939 hatte er zusammen mit Briesenick Strukturuntersuchungen im Gebiet um Friesack (Kr. Westhavelland) unternommen, vor allem die Aufsiedlung der Güter Damm III und Friesacker Zootzen bearbeitet. Zwei seiner Arbeiten hatten das

Im Vergleich zu den leitenden Mitarbeitern der Landbaugesellschaft konnte er auf die meis-ten Erfahrungen auf dem Gebiet des Planens, vor allem von ländlichen Räumen und Sied-lungen, verweisen. In dem 1936/37 veranstalteten Wettbewerb zum Bau einer Großsiedlung für Industriearbeiter bei Brandenburg an der Havel hatte sein Entwurf den zweiten Preis er-halten. Zwischen 1937 und 1939 hatte er zusammen mit Briesenick Strukturuntersuchungen im Gebiet um Friesack (Kr. Westhavelland) unternommen, vor allem die Aufsiedlung der Güter Damm III und Friesacker Zootzen bearbeitet. Zwei seiner Arbeiten hatten das