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Näherung an das Problem

Die Aufgabe

1.3 Aufgabe und Umfeld .1 Zielstellung.1 Zielstellung

1.3.2 Näherung an das Problem

Dem Überschwang des Aufbruchs folgte keine energische Tat. Die Not der Zeit verlangte nach einfachen Notmaßnahmen. Aufrufe, Appelle und Absichtserklärungen ersetzten zielori-entiertes Handeln. Am 10. Oktober 1945 erging der Runderlass III/129 der Abteilung Ernäh-rung und Landwirtschaft „Grundbesitz der Nazis. WeiterfühErnäh-rung der Bodenreform“ (VOBlB.

S. 54). Er konstatierte „in gewissen Kreisen“ der Provinz einen Mangel an Unterkunftsmög-lichkeiten für Neusiedler. Deshalb müsse Bauholz erfasst und für den Bau von Unterkünften für Neusiedler verwendet werden. Baracken seien zu diesem Zweck zu beschlagnahmen. Am 3. November 1945 verständigte sich die Abteilung Bodenordnung der DVLF auf erste Abhil-femaßnahmen. In Zeitungen müsse dringend auf Auswege und Notbehelfe hingewiesen wer-den. Diese könnten zunächst darin bestehen, „Notstandsgemeinschaftsheime“ zu errichten und Stallungen von Gütern nach Ausbau als Wohnräume zu nutzen.

Drei der leitenden Verantwortlichen meldeten sich um die Jahreswende 1945/46 öffentlich zu Wort. Rau betonte die Bedeutung der Bodenreform für die Volksernährung; sie sei jedoch noch nicht vollendet: „Vor uns steht die noch schwierigere Aufgabe, den Neubauern zu hel-fen, ihre Wirtschaften einzurichten“. Hoernle bewertete die bisherigen Ergebnisse der Boden-reform und wagte einen Ausblick auf ihre Fortführung im Jahr 1946. Bechler sah die Provinz Brandenburg im Aufstieg, behandelte auch Stand und Probleme der Bodenreform. Keiner von ihnen verwandte auch nur ein Wort auf die aus Landverteilung und Ansetzung einer Viel-zahl von Kleinbauern folgende Notwendigkeit zur Neugestaltung des ländlichen Raumes ins-gesamt und zum Bau von der kleinstrukturierten Betriebsweise entsprechenden

Wirtschafts-20 Biographische Angaben in: Vom Baukünstler, S. 47–48, und bei Dix, „Freies Land“, S. 413–414.

höfen. Der das Jahr 1946 einleitende Aufruf des Antifaschistischen Einheitsblocks „Gebt den Neubauern praktische Hilfe“ stellte die Forderung, den Neubauern das Wohnen auf eigener Scholle mit eigener Wirtschaft zu ermöglichen. Ein Programm hatte er nicht zur Hand. Er begnügte sich damit, der Notstrategie der DVLF zu folgen: Wenn alte Gebäude für die Unter-bringung nicht zur Verfügung stünden, könnten behelfsmäßig Wohnbaracken in einfachster Form aus verfügbarem Material errichtet werden. Auf dem 1. Provinzkongress der gegensei-tigen Bauernhilfe am 16./17. März 1946 sprachen Ebert, Bechler und Rau. Sie erwähnten wie auch die Diskussionsteilnehmer Planen und Bauen mit keinem Wort. Noch am 14. Juni 1946, als sich die Vizepräsidenten der Länder und Provinzen bei der DVLF trafen, wurde Pla-nen und Bauen mit keinem Wort erwähnt. Die entscheidende Priorität hatte das Organ der SMAD formuliert: „Die Frühjahrsbestellung ist wichtiger als alles andere.“ Für Rau standen nach einer Pressefahrt durch die brandenburgischen Notstandsgebiete im Frühsommer 1946 in der Landwirtschaft fünf große Aufgaben an. Planen und Bauen waren nicht darunter.

Dem entsprachen die Verlautbarungen der Parteien. Pieck widmete seine programmatische Rede „Junkerland in Bauernhand“ vor über 350 Versammelten am 2. September 1945, ei-nem Sonntag, in Kyritz der politischen Dimension der Bodenreform und den Wegen zu ihrer Gestaltung. Zu den sich aus der Aufsiedlung von Gutsländereien und dem Ansetzen von Kleinbauern folgenden Änderungen des ländlichen Raumes mit ihren Planungs- und Baukonsequenzen äußerte er sich nicht. Er begnügte sich mit der lapidaren Feststellung, bäuerliche Bevölkerung, die ihren Besitz verloren habe und flüchten musste, finde nur unter großen Schwierigkeiten eine neue Wohnstätte. Die auf der Zusammenkunft angenommene Entschließung enthielt kein Wort zur Unterbringung von Mensch, Vieh und landwirtschaft-lichem Gerät. Gegenüber der Zeitung „Der freie Bauer“ äußerte sich Pieck: „Den Neubauern wollen wir jegliche materielle Hilfe verschaffen, insbesondere den Bau von Wohnungen und Wirtschaftsgebäuden fördern.“ Reutter und Hoernle folgten der Pieckschen Diktion. Hoern-le, der kurz zuvor zum Präsidenten der DVLF bestellt worden war, betonte auf der Großkund-gebung der KPD am 19. September die Bedeutung der Bauernwirtschaft als Grundlage der Landwirtschaft und Hauptquelle der Volksernährung. Seinem Versprechen, den Kleinbau-ern, Landarbeitern und Flüchtlingen zwar kein wohlhabendes und sorgenfreies Leben auf ihren neuen Bauernstellen garantieren, aber die Erfüllung des alten Traumes vom eigenen kleinen Bauerngut bieten zu können, ließ er keine Strategie für die sich notwendigerweise daraus ableitenden Aufgaben folgen. Ulbricht sprach am Sonntag, dem 29. Oktober 1945, in Nauen vor Bauern aus dem Kreis Osthavelland über Bedeutung und Aufgaben der Aus-schüsse der gegenseitigen Bauernhilfe. Ihn interessierten nicht die fehlenden Gehöfte für die Neubauern. Er widmete sich bei der Behandlung ihrer Unterbringung allein dem Verhältnis von Bodenbewerbern zu dem noch zur Verteilung stehenden Land. Wenn diese in einem Ort wohnten und das aufzuteilende Land in der Gemarkung eines anderen liege, müssten sie dort Unterkunft erhalten, wo sie ihr Land zugewiesen bekommen hätten, also umgesiedelt wer-den. Er wies allerdings darauf hin, dass es nicht genüge, den Bauern Boden zu geben, es kom-me auch darauf an, ihnen zu helfen, insbesondere bei der Schaffung von Wohnraum. Auf der Landeskonferenz der mecklenburgischen Bauern am 17. März 1946 war sein Hauptanliegen

die Sicherung der landwirtschaftlichen Produktion zur Versorgung der Bevölkerung. Bauen und Siedlungsplanung hatten in diesem Kontext keinen Platz.

Der Aufruf des ZK der KPD zur Durchführung der demokratischen Bodenreform vom 8.

September 1945, die Erklärung des Blocks der antifaschistisch-demokratischen Parteien zur Bodenreform vom 13. September 1945 und der Wahlaufruf der SED zu den Gemeindewah-len vom 17. Juni 1946 enthielten weder Aussagen noch Orientierungen zum ländlichen Bau-en und dessBau-en Voraussetzung, der Siedlungsplanung. Erste ForderungBau-en erhob der Gemein-same Aufruf der KPD, der SPD und der LDP zur Sicherung der Ernährung und zur Hilfe für die Neubauern vom 8. Dezember 1945: „Soweit die Neubauern keinen Wohnraum in alten Gebäuden und Räumen von früheren Gütern besitzen, müssen schnellstens neue Wohn-räume beschafft werden.“ Er empfahl, zunächst Behelfshäuser (Holz-, Block-, Lehmhäuser) als Wohnung und Ställe der Güter für die Unterbringung des Viehs zu nutzen. Das war kein Programm. In Brandenburg glaubte man, einen Ausweg darin gefunden zu haben, die Ver-antwortung zu delegieren. In diesem Sinne riefen die vier antifaschistisch-demokratischen Parteien am 22. November 1945 die Kreisorganisationen von VdgB, Parteien und Gewerk-schaften sowie die Verwaltungen dazu auf, in gemeinsamer Beratung einen Plan für die Or-ganisierung der Bauarbeiten aufzustellen. Den Neubauern sollten schnellstens Wohnräume beschafft oder umgebaut, ihnen bei der Einrichtung ihres Hofes geholfen werden. Damit war zwar die Aufgabe definiert und gestellt worden, angesichts des Umfeldes konnte es allein als Absichtserklärung gelten; Wege zum Ziel waren nicht gewiesen worden. Das Programm der SED zu den Gemeindewahlen vom 20. Juni 1946 und die Kommunalpolitischen Richtlinien vom 17. Juli 1946 wiederum beschränkten sich auf die Forderung nach materieller Hilfe für die Neubauern bei der Schaffung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden. Diese sehr reduzier-te Sicht auf die Dinge seireduzier-tens der SED-Spitze sollreduzier-te die Planung des ländlichen Bauens und dieses selbst auch weiterhin begleiten. Sie verbaute damit in gewisser Weise den Blick auf Umfang und Problematik der eigentlich anzugehenden Aufgabe.

Erschreckend die Sichtweise Sägebrechts: Auf der erweiterten Sitzung des Sekretariats des ZK der KPD am 19./20. November 1945 vertrat er die Auffassung, erst wenn die Flüchtlin-ge unterFlüchtlin-gebracht worden seien, könnten sie auf ihrem Grund und Boden anFlüchtlin-gesetzt werden.

Damit hatte er ein unlösbar scheinendes Problem definiert und zugleich Unsicherheiten of-fenbart, die in Verwaltung und bei Parteifunktionären anzutreffen waren. Nach den Gemein-dewahlen äußerte er sich zur Arbeit seiner Partei in den Gemeindevertretungen. Obwohl in der Provinz die ersten Vorkehrungen für Planen und Bauen getroffen worden waren, fehlen entsprechende Schlussfolgerungen für die Parteiarbeit auf dem Lande in seinen Hinweisen und Aufgabenstellungen. Die Aufrufe der märkischen SED zu den Wahlen des Jahres 1946 bewegten sich ebenfalls im Ungefähren, klangen sogar etwas hilflos, ließen jedenfalls belast-bare Aussagen vermissen. Zur Gemeindewahl wurde verlautet: „Viele von Euch haben heu-te mit ihrer Familie noch immer nur ein sehr bescheidenes Dach über dem Kopf “ … Wir werden Euch auch weiter helfen.“ Zu den Wahlen für die höheren Vertretungskörperschaften klang es nicht viel anders: „Doch viele Neubauern haben noch keinen vollwertigen Bauern-hof. Vieles wurde bereits in dieser Richtung getan, aber Ihr wisst selbst, dass besonders in

Notzeiten nicht alles von heute auf morgen geschafft werden kann.“ Der Aufruf der SED an alle Neubauern und Umsiedler vom 22. Oktober 1946 begnügte sich mit der schon resigniert anmutenden Feststellung: „Viele Neubauern haben noch keinen vollwertigen Bauernhof “.

Ebenso ungefähr, beinahe hilflos, jedenfalls konzeptionslos, klang es aus Verwaltung und Kommunalpolitik. Stoph, zu jener Zeit Gruppenleiter für Bauwesen in der DZVI, beant-wortete die eigene Frage „Wie sollen wir nun bauen?“ Das solle so bescheiden wie möglich, jedoch nicht auf Kosten der Solidität geschehen: „Auf alle Fälle muss zweckmäßig und dau-erhaft gebaut werden.“ Zugleich machte er auf die Komplexität der Aufgabe aufmerksam.

Nicht nur Neubauern brauchten Gehöfte; auch den eng in beschädigten oder zerstörten Gebäuden zusammengepferchten Stadtbewohnern müsse geeignete Unterkunft verschafft werden. Die Notsituation des Winters 1945/46 dürfe sich nicht wiederholen. Darüber hin-aus müsse der Zuzug in die Ruinenstädte unterbunden werden. Als Ausweg biete sich allein die Errichtung neuer Ortschaften und Siedlungen auf dem Lande auf baufähigem Gelän-de, in guter Verkehrslage und mit günstiger Wasserversorgung. Dort könnten in Form von Genossenschaftssiedlungen vor allem Gewerbetreibende angesetzt werden. Rau sprach am 3. Oktober 1945 auf der Tagung der Provinzialbodenkommission mit den Landräten und Oberbürgermeistern. Er hatte weder ein Planungs- noch ein Baukonzept zur Hand. Für ihn standen Landaufteilung, die möglichst schnelle Nutzung der Flächen und die Unterbringung der Umsiedler im Vordergrund. Er favorisierte zwar den Aufbau selbständiger Wirtschaften, sagte aber nichts zu deren Form und Platzierung im Raum, verwies auf die Nutzung vorhan-dener Gebäude. Zur Neugestaltung des ländlichen Raumes äußerte er sich überhaupt nicht.

Die Errichtung neuer Bauten – Notbauten gehörten für ihn selbstverständlich dazu – legte er nach dem Motto „Jede Siedlerfamilie muss mit eigenen Händen angestrengt arbeiten“ in die Hände der Siedler selbst. Alte oder neue Siedlungsgesellschaften mit dem Planen und Bauen zu beauftragen, schloss er aus; sie würden den Ablauf nur verzögern und verteuern. Er endete mit der Aufforderung: „Geht sofort in allen Kreisen an die Durchführung dieser Aufgabe, so dass wir noch vor Einbruch des Winters eine Reihe von Familien auf dem Boden festgesetzt und damit auch die Bearbeitung des Bodens gesichert haben“. Noch zu Jahresbeginn 1947 favorisierte er das „erweiterungsfähige Neubauernbehelfsheim“ als hauptsächlich anzustre-bendes Bauziel. Wenn dahinter eventuell Konzeption und Absicht zu erkennen sein sollten, dann die, die Gestaltung des ländlichen Raumes vom Bau der Höfe, über den Ausbau der Infrastruktur bis zur Ausformung des örtlichen Zusammenlebens allein den neuen Siedlern zu überlassen.

Vernünftiger klang es aus Schwerin. Auf der Bodenreformkonferenz am 21./22. Februar 1946 trat Goldenbaum21 dafür ein, keine Behelfsheime zu bauen, sondern sogleich die Errichtung funktionsfähiger Gehöfte zu planen. Diese könnten in zwei Bauabschnitten aufgeführt wer-den; die Scheune beispielsweise könne später kommen.

21 Biographische Angaben bei Wernet-Tietz, Bauernverband, S. 221.

Am 28. Mai 1946, als das Bauen auf dem Lande schon hätte angelaufen sein müssen, trafen sich die Präsidenten und Vizepräsidenten der Länder und Provinzen zu einer Besprechung bei der SMAD. Deren Vertreter und auch die deutschen Teilnehmer äußerten sich ebenso we-nig zum Planen und Bauen wie die gleichfalls anwesenden Präsidenten der Deutschen Zen-tralverwaltungen. Überhaupt nicht thematisiert wurde der Umstand, dass ein Vorhaben so gewaltigen Ausmaßes straffer und zielstrebiger, von fachlichem Sachverstand gesteuerter Lei-tung und bedürfe. Tschujenkow bemängelte lediglich, dass die Feinvermessung noch nicht beendet worden sei. Das politische Ziel, die Landaufteilung, hatte das Geschehen dominiert;

sie war in kürzester Zeit erreicht worden. Die daraus zwangsläufig folgende Aufgabe, den neu-en Landbesitzern Haus und Hof zu errichtneu-en, fand alle Beteiligte unvorbereitet. Sie warneu-en von den dringendsten Notmaßnahmen in Anspruch genommen, die die schlimmsten Folgen des Krieges etwas mildern sollten.

Für Hoernle bestand die Hauptaufgabe der Zeit darin, „die Bodenreform völlig durchzufüh-ren, den neuen Bauernwirtschaften zu helfen, damit sie wirtschaftlich erstarken und auf ei-genen Füßen stehen können“. Das war sehr allgemein gehalten und konnte alles heißen. Es war einem Journalisten vorbehalten, daraus die erforderlichen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Kertzscher schrieb: „Das bedeutet … die notwendigen Gebäude müssen errichtet werden.“

Und er umriss zugleich die Größe der Aufgabe: „Es fehlt oft noch viel, bis aus dem zugeteil-ten Stück Land ein vollständig ausgerüsteter Bauernhof geworden ist.“ Ende 1945 erklärte Hoernle: „Die Bodenzuteilung wäre nur eine halbe Sache, wenn der Bauer keine menschen-würdigen Wohnräume für sich und seine Familie, keine brauchbare Stallung für sein Vieh, nicht die notwendige Scheune für seine Vorräte und für sein totes Inventar bekäme“. Solche Behausungen könnten durch den Umbau von Gutshöfen, den Ausbau vorhandener Arbei-terwohnungen und kleinerer Häuser gewonnen werden. Neubauten in Lehmbau- oder Fach-werkbauweise sollten in der Nähe bisheriger Gutsgebäude aufgeführt werden. Ähnliches schlug Fechner zur gleichen Zeit vor. Er betonte zwar auf der einen Seite die Errichtung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden als eine der wichtigsten Voraussetzungen für die dringend notwendige Leistungssteigerung der Landwirtschaft, meinte aber auf der anderen, das durch Um- oder Zubau von vorhandenen Wirtschaftsgebäuden bewältigen zu können.

Der Präsident der DVLF hat sich anscheinend zunächst von seinem politischen Furor ge-gen die Gutsanlage-gen treiben lassen; sein Blick auf das praktisch zu Veranlassende könnte da-durch getrübt worden sein. Zum 18. September 1946 hatte er Dr. Fauser, Hamann, Hilscher22, Hoffmann, Hotze und Bruchlos (Genossenschaftsabteilung der IG Bau) zu einer

Arbeitsbe-22 An biographischen Daten über den Architekten Heinrich Hermann Hilscher, geb. am 9.12.1887, ist bisher lediglich seine Zugehörigkeit zur NSDAP (Mitgl.Nr. 1.313.622) vom 1.9.1932 bis Oktober 1935 bekannt.

Im Zentralen Bauernsekretariat der VdgB leitete er die Bauabteilung seit deren Errichtung im Frühjahr 1946 bis Sommer 1949. Anschließend arbeitete er als Bausachverständiger bei der Zentralverwaltung der Maschi-nen-Ausleihstationen.

Er war an der Bebauungsplanung für 18 Orte in den Kreisen Oberbarnim, Ostprignitz und Teltow beteiligt.

R 9361 V Nr. 101045; VIII J 0065.

Biographische Skizze mit unvollständiger Bibliographie bei Dix, Freies Land, S. 431.

sprechung über Bauwirtschaftsfragen geladen. Ein Jahr nach Erlass der Bodenreformverord-nungen war unterdessen verstrichen. Er bestritt das Thema überwiegend allein. Als Gegen-wartsaufgabe benannte er die gründliche Verwandlung des Gutshofes in ein Neubauerndorf durch Um- und Ausbauten. Das Gutshofgesicht müsse so vernichtet werden, dass die ur-sprüngliche Anlage nicht mehr zu erkennen sei. Eine Umbenennung des Ortes auf Vorschlag der Bauern müsse folgen. Musterhöfe allerdings könnten nicht aus Umbauten vorhandener Gebäude, sondern nur über den Bau neuer Gehöfte geformt werden. Ein Bauwirtschaftsplan für das Jahr 1947 müsse aufgestellt werden. Zwei Tage später erörterte er mit Hamann das-selbe Thema. Wieder verlangte er vor allem, „überflüssige Bauwerke der Güter“ möglichst schnell abzutragen, um die dadurch gewonnenen Baustoffe für den Bau von Neubauernge-höften verwenden zu können. Da das landwirtschaftliche Bauwesen schlecht funktioniere, sei eine klare Bauplanung für die nächsten drei Jahre erforderlich. Dabei solle zunächst an Um-bauvorhaben gegangen werden. Die Forderung nach einem Bauwirtschaftsplan wiederholte er wenig später gegenüber Dölling. Dieser Plan solle nach Ländern und Provinzen sowie nach Zeitabschnitten gegliedert werden.

Die Dimension, die ins Auge gefasst werden musste, überschritt, vor allem angesichts der Nachkriegssituation, die Grenzen des Vorstellbaren23. Eine in der deutschen Siedlungsge-schichte noch nicht dagewesene und gewiss auch nicht wiederkommende Aufgabe stand zur Bewältigung an. Ländliches Bauen in dem jetzt erforderlichen Umfang hatte nie stattgefun-den, kein deutscher Architekt oder Baumeister das ländliche Bauwesen in sein Arbeitsgebiet einbezogen, wie es im Hinblick auf seine Bedeutung erforderlich gewesen wäre; es war bis dahin stets als eine ziemlich nebensächliche Angelegenheit behandelt worden. Planern, Ar-chitekten und Landbaumeistern bot sich eine Aufgabe in bisher nicht gekannter qualitativer und quantitativer Dimension. Warnende Stimmen waren schon früh zu hören gewesen. Beim Wiederaufbau drohe Gefahr, Vernachlässigung der Bauern, von neuen Dörfern und neuen Bauernhöfen sei zu befürchten, das Bauproblem auf dem Lande sei ernst. Bürgermeister und Landräte zeigten sich darauf häufig nicht vorbereitet. Hamann stellte die These auf, die Ver-nachlässigung des Landes sei mit dem allgemeinen technischen Fortschritt parallel gelaufen, das Bauen auf dem Lande bisher „unkontrollierbaren zweit- und drittklassigen Baufachleuten überlassen“ worden. Erbs kam zu einer ähnlichen Beurteilung: Der Dorfbau sei im Laufe der Entwicklung nicht nur vernachlässigt worden, man habe ihn wohl auch verlernt. Beide mö-gen sich an die barsche Kritik Friedrichs II. erinnert haben. Dieser hatte seinem Ärger über mangelnden Baufortschritt und ungenügende Bauqualität bei der Urbarmachung des

Oder-23 „Berliner Zeitung“ Nr. 97 vom 5.9.1945; „Tägliche Rundschau“ Nr. 34 vom 10.2.1946.

Statistisches Jahrbuch des Deutschen Reiches 1941, S. 113.

Bollert, Die Landeskulturgesetzgebung, S. 7; Hansch, 37000 Neubauernhöfe, S. 182; Suckut, Blockpolitik, S. 103–104; Durth/Düwel/Gutschow, Architektur, S. 79. Vgl. dazu Erbs, Anregungen, S. 5; Ders., Neubau-ernsiedlung, S. 1; Schultz-Klinken, Das ländliche Siedlungswesen, bes. S. 127, 130. Die Angaben über die Größenordnungen des aufgesiedelten Landes und der angesetzten Siedler differieren zwischen beiden Auto-ren. Max Sering, Die innere Kolonisation im östlichen Deutschland (Schriften des Vereins für Socialpolitik;

56), Leipzig 1893, S. 293, hatte allein für Preußen eine Landfläche von 1 Mio. ha ermittelt, die nach der Agrarreform des frühen 19. Jahrhunderts aus bäuerlichem in Großgrundbesitz übergegangen war.

bruchs in Randbemerkungen zur Instruktion für das Generaldirektorium vom 20. Dezember 1722 Luft verschafft: „Alle unßere landtbau Meisters sindt Idiothen oder betriger, also er-neuere ich die orders, Ehrliche Maurer oder Zimmermeisters zu solchen bau zu Employiren.

Paleste seindt nicht zu bauen, sondern Schaf Ställe und Wirtschaftsgebeude. das kann ein Maurer So guht als Paladio“24.

Es gab keine Erfahrungen im Umgang mit solchen Größenordnungen, und es gab keine Stelle für die Planung, Leitung und Koordinierung dieser Aufgabe. Klare Vorstellungen über die Bewältigung des Vorhabens als Ganzes bestanden nicht25. Niemand in den Verwaltungen, so-wohl in Brandenburg als auch in Berlin – eingeschlossen die SMAD, schien es sich bewusst gemacht zu haben, dass aus der Bodenreform eine Bauaufgabe bisher nicht gekannten Aus-maßes die notwendige und nicht zu umgehende Folge sein und dass dieses Vorhaben nur über sorgfältige Planung und straffe Leitung zu verwirklichen sein würde. Der Wirtschafts-plan der Provinz Mark Brandenburg für das Jahr 1946 enthielt in seinem Teil Land- und Forstwirtschaft keine Planaufgaben für den Bau von Neubauerngehöften. Die DVLF als das zentrale koordinierende und lenkende Organ tat sich schwer. Sie brauchte einige Zeit, sich zu positionieren, vor allem um sich einen Überblick über den Baubedarf zu verschaffen. Die ganze Komplexität der Aufgabe zu erfassen und in koordiniertes Handeln umzusetzen, be-stimmte die gesamte Dauer ihrer Existenz. Wie in den Gliedern der SBZ waren deshalb auch aus der Zentrale zunächst lediglich Appelle und Bekundungen zu vernehmen. Sie ließen zu-dem Zielsicherheit vermissen. Auf der Tagung der DVLF mit den Vizepräsidenten der Län-der und Provinzen am 14. Januar 1946 sagte Lichtenberger26: „Die Siedler haben noch längst nicht die notwendigen Gebäude. Der Umbau der Gutshäuser ist noch längst nicht erfolgt.

Es gab keine Erfahrungen im Umgang mit solchen Größenordnungen, und es gab keine Stelle für die Planung, Leitung und Koordinierung dieser Aufgabe. Klare Vorstellungen über die Bewältigung des Vorhabens als Ganzes bestanden nicht25. Niemand in den Verwaltungen, so-wohl in Brandenburg als auch in Berlin – eingeschlossen die SMAD, schien es sich bewusst gemacht zu haben, dass aus der Bodenreform eine Bauaufgabe bisher nicht gekannten Aus-maßes die notwendige und nicht zu umgehende Folge sein und dass dieses Vorhaben nur über sorgfältige Planung und straffe Leitung zu verwirklichen sein würde. Der Wirtschafts-plan der Provinz Mark Brandenburg für das Jahr 1946 enthielt in seinem Teil Land- und Forstwirtschaft keine Planaufgaben für den Bau von Neubauerngehöften. Die DVLF als das zentrale koordinierende und lenkende Organ tat sich schwer. Sie brauchte einige Zeit, sich zu positionieren, vor allem um sich einen Überblick über den Baubedarf zu verschaffen. Die ganze Komplexität der Aufgabe zu erfassen und in koordiniertes Handeln umzusetzen, be-stimmte die gesamte Dauer ihrer Existenz. Wie in den Gliedern der SBZ waren deshalb auch aus der Zentrale zunächst lediglich Appelle und Bekundungen zu vernehmen. Sie ließen zu-dem Zielsicherheit vermissen. Auf der Tagung der DVLF mit den Vizepräsidenten der Län-der und Provinzen am 14. Januar 1946 sagte Lichtenberger26: „Die Siedler haben noch längst nicht die notwendigen Gebäude. Der Umbau der Gutshäuser ist noch längst nicht erfolgt.