• Keine Ergebnisse gefunden

NSDAP: Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

Die Entstehung der österreichischen NSDAP verlief unabhängig von jener im Deutschen Reich, dennoch hatten beide Organisationen gemeinsame Wurzeln.155 Im Vergleich zu anderen Parteien wurde die Vorläuferin der NSDAP, die „Deutsche Arbeiterpartei“ (DAP), erst 1903 gegründet.156 Ihr parteipolitisches Ziel war mit der „Hebung und Befreiung der arbeitenden deutschen Volksschichten aus dem Zustand der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen

150 Vgl. Burkert, Landbund, S. 210.

151 Vgl. Bauer, Hitlers Putsch, S. 19 beziehungsweise S. 33.

152 Vgl. Burkert, Landbund, S. 210.

153 Vgl. Kriechbaumer, Erzählungen, S. 530.

154 Vgl. Burkert, Landbund, S. 211.

155 Vgl. Jagschitz, Nationalsozialistische Partei, S. 231.

156 Vgl. Kriechbaumer, Erzählungen, S. 663.

29

Unterdrückung“157 dem der SDAP nahe, was mit ein Grund für ihre Erfolglosigkeit in den 1920er Jahren gewesen sein dürfte. Entstanden ist die Partei in Böhmen, wo auch die wichtigsten Parteitage abgehalten wurden und es im Hinblick auf den Nationalitätenkonflikt zwischen der deutschen Minderheit und der tschechischen Bevölkerung neben Mähren zu den einzig nennenswerten Wahlerfolgen kam.158 Die DAP konnte vor Kriegsbeginn eine beachtliche politische und gewerkschaftliche Presse aufbauen,159 was angesichts der großen Bedeutung von Massenmedien bei der späteren NSDAP während des Zweiten Weltkrieges richtungsweisend scheint. Weiters waren die am letzten Parteitag vor Kriegsende im Mai 1918 formulierten Forderungen nach Arbeiterkammern und -versicherungen, Acht-Stunden-Tag und Mindestlohn, Versammlungsrecht und Volksabstimmung oder dem allgemeinen und gleichen Wahlrecht bereits fortschrittlich.160 Ab diesem Zeitpunkt lautete der Parteiname „Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei“ (DNSAP) und neuer Obmann wurde der ehemalige Sozialdemokrat Walter Riehl.

Nach dem Verlust der böhmischen und mährischen Gebiete 1919 konnte die DNSAP bei den Wahlen zur konstituierenden Nationalversammlung im neuen, kleinen Österreich nur 0,78 Prozent (23.252 Stimmen) und steiermarkweit, wo sie nur in der Obersteiermark angetreten waren, nur 1,01 Prozent (4.377 Stimmen) erreichen.161 Bei den darauffolgenden Landtagswahlen war das steirische Ergebnis mit 0,56 Prozent noch schlechter, die abgegebenen, wiederum nur obersteirischen Stimmen hatten sich mit 2.028 mehr als halbiert.162 Nur in Salzburg und Oberösterreich konnten mit dem Landtagswahlergebnis zwei Mandate beziehungsweise ein Mandat erreicht werden.163 1919 wurde mit dem Aufbau einer Münchener DAP begonnen, die sich 1920 auf Vorschlag ihres Werbeobmannes Adolf Hitler in

„Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP)“ umbenannt hatte.164 Hitler beförderte sich zum Vorsitzenden und Führer der NSDAP und baute erfolgreich eine faschistisch-radikale Partei auf,165 was sich mit dem gemäßigten, sozialistischen Kurs Riehls nicht vereinbaren ließ. Die bis dato guten Beziehungen zwischen den deutschen und

157 Jagschitz, Nationalsozialistische Partei, S. 231.

158 Vgl. ebda, S. 231.

159 Vgl. ebda, S. 232.

160 Vgl. ebda, S. 233.

161 Vgl. Wahlen 1919, S. 35.

162 Vgl. Landtagswahlen 1919, S. 43.

163 Vgl. Jagschitz, Nationalsozialistische Partei, S. 234.

164 Vgl. Kriechbaumer, Erzählungen, S. 666.

165 Vgl. ebda, S. 670f.

30

österreichischen Nationalsozialisten verschlechtern sich stetig, Riehl stellte sich gegen die immer stärker werdende deutsche NSDAP und vor allem gegen seinen Parteifreund Hitler und spaltete sich 1923 mit dem „Deutschsozialen Verein“ von der DNSAP ab.166 Diese Positionierung gegen die deutsche Parteilinie und die Weigerung Riehls, den Hitlerputsch im November 1923 in München mitzutragen, hatte seinen Parteiausschluss 1924 zur Folge. Ab diesem Zeitpunkt führte Karl Schulz die DNSAP („Schulz-Partei“), der politische Erfolg stellte sich dennoch nicht ein. Hitler forderte 1926 die Partei deshalb auf, sich seiner NSDAP zu unterstellen, als dies nicht geschah, gründete der deutsche Führer den „Nationalsozialistischen Arbeiterverein – Hitler-Bewegung“, später NSDAP.167 Alle drei Fraktionen der österreichischen Nationalsozialisten, Deutschsozialer Verein, Schulz-Partei und Hitler-Bewegung, existierten nun nebeneinander und versuchten, jeweils auf sich allein gestellt, politisch erfolgreich zu sein. Da es auch auf Grund der Abspaltungen keine zentralistische Organisation und Parteiführung gab, arbeiteten die einzelnen Orts- und Gauleiter auf eigene Rechnung, sodass selbst ein Stimmengewinn um das Vierfache von 1927 bis 1930 ohne Mandat blieb.168 Erst die Unterstellung der von Hitler bis dahin eher stiefmütterlich behandelten österreichischen unter die deutsche NSDAP durch Einführung einer Organisationseinheit

„Land Österreich“ 1931 brachte Ordnung in die Partei. 1932 wurde im Zuge dessen Theo Habicht von Hitler als Landesinspekteur eingesetzt, um eine straffe Umstrukturierung in Gaue, Bezirke, Ortsgruppen und Zellen durchzuführen.169 Durch die Wirtschaftskrise, zunehmende Politikverdrossenheit und Hitlers Wahlerfolge in Deutschland konnte auch die österreichische NSDAP bis zu ihrem Verbot 1933 größere Stimmgewinne einfahren. Zum Wahlklientel zählten anfangs Bäuerinnen und Bauern, Angestellte, Selbständige und BeamtInnen, ab den 1930er Jahren stieg die Zahl der deutschnationalen Burschenschafter und AkademikerInnen.170 Die Partei war ab jenem Zeitpunkt auch „Auffangbecken“ der enttäuschten deutschnationalen Wählerschaft und bekam damit Zulauf von den rechten Flügeln der CSP und jenen der Heimwehren beziehungsweise von der GDVP und vom Landbund.171 Der Tod Schobers und

166 Vgl. Jagschitz, Nationalsozialistische Parte, S. 234.

167 Vgl. ebda, S. 235.

168 Vgl. ebda.

169 Vgl. Schafranek, NS-Putsch, S. 14.

170 Vgl. Jagschitz, Nationalsozialistische Partei, S. 239f.

171 Vgl. Bauer, Hitlers Putsch, S. 11f.

31

Seipels im August 1932 dürfte ebenfalls ein politisches Vakuum hinterlassen und zu den Wahlerfolgen beigetragen haben.172

Eine Besonderheit der Partei war die Wahrung der republikanischen Grundsätze bei gleichzeitiger hoher Gewaltbereitschaft. „Trotz ständiger Angriffe auf die parlamentarisch-demokratische Praxis stand die Partei auf dem Boden österreichischer Gesetze, nahm an Wahlen teil und verstand sich als staatstreu zur Republik.“173 Die Bespitzelung durch Einschleusung in andere Organisationen, Störung gegnerischer Veranstaltungen und die Diffamierung politischer Gegner unter dem Vorwand der Aufdeckung von Skandalen und Affären waren ebenfalls politische Druckmittel.174 Weiters wurde eine große Zahl an Massenkundgebungen mit Persönlichkeiten wie Joseph Goebbels oder Hermann Göring durchgeführt, und „[b]is zum Beginn der 1930er Jahre hatte die Partei ein dichtes Netz an Tages-, Wochen- und Regionalzeitungen sowie Zeitschriften entwickelt, das zum Rückgrat der Phase des Aufbruchs wurde.“175 Nach dem Parteiverbot im Juni 1933 nahm der NS-Terror zu und erreichte zwischen Juni und Juli 1934 ein beispielloses Ausmaß an Sprengstoffattentaten und politischen Anschlägen, die im NS-Juliputsch gipfelten.176 Dieser von Hitler geplante und geleitete Aufstand gegen die Regierung Dollfuß am 25. Juli,177 der mit dem Tod des Bundeskanzlers endete, scheiterte. Nicht zuletzt auf Grund interner Grabenkämpfe zwischen den Führern,178 der dilettantischen Ausführung im Wiener Bundeskanzleramt179 und der durch die zahlreichen Terrorakte energielos gewordenen und zermürbten Nationalsozialisten in der Peripherie, denen die Exekutive die Arbeit immer schwerer bereitete,180 konnte der Umsturz nicht herbeigeführt werden. Hitler aber zählte besonders auf den Einsatz der peripheren Gruppen zur „moralischen“ Unterstützung der Wiener Aktivität.181 Der gescheiterte Putsch verdeutlichte auch den Machtkampf zwischen den Führern, die nach dem Parteiverbot nach Deutschland flüchteten und jenen, die im österreichischen Untergrund verblieben, was Hitler veranlasste, alle Kontakte nach Österreich abzubrechen und zu verbieten.182

172 Vgl. Wandruszka, Nationales Lager, S. 305.

173 Jagschitz, Nationalsozialistische Partei, S. 233.

174 Vgl. ebda, S. 241f.

175 Ebda, S. 242.

176 Vgl. Schafranek, NS-Putsch, S. 81f.

177 Vgl. Bauer, Hitlers Putsch, S. 188, S. 193, S. 195, S. 204, S. 219, S. 234 beziehungsweise S. 245.

178 Vgl. Bauer, Hitlers Putsch, S. 122, S. 226f, S. 231.

179 Vgl. ebda, S. 114f.

180 Vgl. ebda, S. 230.

181 Vgl. ebda, S. 233 beziehungsweise S. 246.

182 Vgl. Jagschitz, Nationalsozialistische Partei, S. 244.

32

NSDAP in der Steiermark:

Der Aufstieg der Nationalsozialisten ging in der Steiermark bis Anfang der 1930er Jahre langsamer vor sich als anderswo in Österreich, was einerseits auf den radikal deutschnationalen Kurs der steirischen Heimatschutzbewegung und andererseits den starken Rechtskurs der CSP unter Anton Rintelen zurückzuführen sein dürfte.183 Hitlers Erfolg in Deutschland und das nach dem missglückten Putsch des obersteirischen Heimatschutzes einsetzende Überlaufen jener Mitglieder zur NSDAP184 ließen bis 1933 die steirische Organisation zwar zur erfolgreichsten in Österreich heranwachsen, bei Wahlen konnte die Partei dennoch nicht reüssieren.185

1934 kam den mittlerweile im illegalen Untergrund operierenden steirischen Nationalsozialisten besondere Bedeutung zu, denn obwohl der Juliputsch in Wien gescheitert war, begannen die Steirer am Abend des Putschtages dennoch den ursprünglich geplanten Aufstand in der Peripherie, besonders gewalttätig waren die Ausschreitungen in der Obersteiermark. Dies musste bei der Führung in Deutschland, bei Hitler den falschen Eindruck erweckt haben, dass ein Sieg doch noch „von außen“ möglich wäre, was den Putsch und vor allem das Scheitern des Putsches von Wien auf das gesamte Bundesgebiet ausdehnte.186