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Der gescheiterte Putsch des Steirischen Heimatschutzes unter Walter Pfrimer am

AZ:

Am Montag, dem 14. September erscheint der Kommentar „Schluß mit dem Fascismus!“492, in dem der Putsch als Gefährdung der Kreditverhandlungen im Ausland bezeichnet wird. Die AZ schreibt dabei vom „schamlosen Diktat[] der internationalen Hochfinanz“, was Österreich und seine Volkswirtschaft in den Ruin treiben könne. Das Ziel der Putschisten sei der Sturz der Republik gewesen, und sie hätten mit ihrer Aktion die Demokratie angegriffen, um eine neue, faschistische Verfassung zu schreiben. In weiterer Folge wird der Aufstand verharmlost und der Schutzbund, der sich „drohend“ dagegen gestellt hätte, für dessen Scheitern hervorgehoben.

492 Vgl. AZ, 14.9.1931, S. 1f.

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Im Kommentar werden außergewöhnlich viele Namen und die Alpine Montangesellschaft genannt, die die Putschisten „mit riesigen Geldbeträgen ausgerüstet und mit allen Mitteln des Unternehmerterrors gefördert“ habe. Es wird gefordert, dass allen Schuldigen der Prozess wegen Hochverrats gemacht werden müsse, was die Staatstreue und die Sorge um die Republik unterstreicht. Die Gendarmerie wird zwar als Handlanger der Heimwehren bezeichnet, da nicht sie die Bundesbehörden eingeschaltet sondern Koloman Wallisch Hilfe aus Wien angefordert habe, allerdings bezieht sich diese Anschuldigung auf die Kommandanten, die Beamten hätten sich „sehr korrekt verhalten“. Heimwehr und Heimatschutz werden vermischt, Pfrimer und Rauter als Heimwehrführer genannt, obwohl beide dem Steirischen Heimatschutz angehörten.

Es werden zahlreiche Gegner im Kommentar namentlich genannt, darunter die

„Heimwehrführer“ Walter Pfrimer, Hans Rauter und Othmar Lamberg, die CSP-Politiker Ernst Rüdiger Starhemberg, Anton Rintelen, Ignaz Seipel und Anton Miklas beziehungsweise Anton Apold und Felix Busson als Vertreter der Apline Montangesellschaft. Weiters wird auch die internationale Hochfinanz angegriffen, was mit der Sorge um die Kreditwürdigkeit im Ausland auch die internationalen Bezüge darstellt. Landesbezüge werden durch die steirischen Gegner Rintelen, Pfrimer und die „Alpine“ beziehungsweise durch Koloman Wallisch hergestellt.

Arbeiterwille:

Im Kommentar „Das Ende.“493 ebenfalls vom 14. September, wird Walter Pfrimer von Beginn an als Drahtzieher des Putsches genannt und mit der „Alpinen“ direkt in Verbindung gebracht, von der er „Bomben, Granaten, Flammenwerfer[], Maschinengewehre[] usw.“ erhalten habe.

Auch wird über „soviel Geldmittel[]“ geschrieben, die ihm zur Verfügung stünden. Die Wichtigkeit der Genfer Kreditverhandlungen494 wird hervorgehoben, Österreich sei „in einer Zeit seiner schrecklichen Not“ noch mehr geschädigt worden. Der Putsch hätte wegen Pfrimers Verbindungen zu den „Unternehmersekretären der Schwerindustrie“ hauptsächlich in der Obersteiermark stattgefunden, diese Verbindungen werden auch in der AZ genannt. Die Exekutive habe von den Putschversuchen gewusst und ihre „beschworenen Pflichten“ verletzt, womit die Priorität des Staates hervorgehoben wird. Die Behauptung, der Faschismus habe die

„Schlacht verloren“, widerspricht der Berichterstattung vom August 1929, wo häufig von der gefährdeten Demokratie und der laufenden Gefahr des Faschismus geschrieben wird. Die „nie

493 Vgl. Arbeiterwille, 14.9.1931. Abendblatt, S. 1f.

494 Zu jener Zeit fanden auf Grund der Weltwirtschaftskrise und der folgenden „Großen Depression“, die Anfang der 1930er Jahre Europa traf, Kreditverhandlungen statt, die 1932 zur Unterzeichnung der „Lausanner Anleihe“ führten. Vgl. dazu Iber, Währungsreform, S. 587f.

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zurückgehaltene Sympathie“ zwischen Putschisten und Regierung würde Strafe milde ausfallen lassen, und das Einschreiten sei durch „Parlamentieren [und] Zureden“ verzögert worden, was in Bezug auf die sozialdemokratische Line, die Demokratie zu wahren, eine überraschende Kritik am Rechtssystem darstellt. Die Arbeiter hätten nicht getan, „was nicht im strategischen Plan von Partei, Gewerkschaft und Schutzbund vorgesehen gewesen wäre“, womit vermutlich die Einigkeit der Partei als Gegensatz zum desorientierten Putschversuch hervorgehoben werden soll. Im Arbeiterwille erscheinen am Sonntag und Montag zweiseitige Sonderausgaben,495 wobei die zweite umfangreicher und weniger reißerisch gestaltet ist.

Als Gegner werden wie in der AZ namentlich hauptsächlich Walter Pfrimer und im Laufe des Textes Ernst Rüdiger Starhemberg und Hanns Rauter genannt, weiters ebenso die Alpine Montangesellschaft und die steirische Exekutive. Internationaler Bezug wird durch die gefährdete Kreditvergabe in Genf geschaffen, Landesbezug durch die „Alpine“ und die Obersteiermark als Zentrum des Putsches.

Reichspost:

Im Leitartikel vom Montag nach den Ereignissen mit dem Titel „Abenteuer mit gebührendem Ende.“496 wird der Putsch als „lächerlich“, „operettenhaft“, „obersteirisches Feuerchen“,

„obersteirische[r] Spuk“ und „nicht länger als vom Morgen bis zum Abend“ dauernd verharmlost. Es wird ein kommunistisches Attentat erwähnt, das zur selben Zeit verübt wurde und viel mehr Aufmerksamkeit erregt hätte. Pfrimer wird beschuldigt, den Heimatschutz missbraucht und in der Steiermark die „besonnenen“ Führer vertrieben zu haben. Auch habe er die Zusammenarbeit mit den Heimwehren unter Ernst Rüdiger Starhemberg für die vergangenen Wahlen abgelehnt, die Reichspost distanziert sich damit explizit vom Steirischen Heimatschutz. Pfrimer wird die alleinige Schuld gegeben, was dadurch bestärkt wird, dass die, die mitwirkten, als „Irregeführte“ bezeichnet werden. Die Exekutive wird positiv dargestellt, es sei „kein Schuß aus einem Soldatengewehr“ nötig gewesen – dies steht im Widerspruch zur AZ, die von der Untätigkeit des Bundesheeres bei der Entwaffnung des Heimatschutzes und der Teilnahme von Gendarmeriekommandanten am Putsch berichtet. Jener werfe von außen ein schlechtes Bild auf „Staatsordnung, Recht, Gesetz und Eigentum“, Österreich sei abhängig vom Ausland, wird aber in weiterer Folge als „zuverlässiger Pfeiler der Ordnung in Mitteleuropa“

bezeichnet, was auf den Internationalismus der Reichpost hinweist. Die „christlichsoziale[n]

495 Vgl. ebda, 13.9.1931. Sonderausgabe beziehungsweise 14.9.1931. 2. Sonderausgabe.

496 Vgl. Reichspost, 14.9.1931, S. 1f.

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Männer“ einer „pflichtbewußten Staatspartei“ werden besonders hervorgehoben, was angesichts dessen, dass die CSP stets koalieren muss und diese Koalitionen laufend schwieriger werden, eine unpassende Formulierung scheint.

Der Gegner im vorliegenden Leitartikel ist zu einem Großteil Walter Pfrimer, andere Namen werden nicht genannt, auch wird die Sozialdemokratie in Bezug auf das kommunistische Attentat und die Auseinandersetzungen „zwischen steirischen Heimwehrleuten und Sozialisten“ angegriffen. Internationaler Bezug wird durch die gefährdeten Auslandsbeziehungen einerseits und den Vergleich mit Putschen in anderen Staaten andererseits hergestellt, Landesbezug durch die Ereignisse in der Obersteiermark.

Grazer Volksblatt:

Am Freitag, dem 18. September wird der Kommentar „Nachklänge. Gschaftelhuberei und Frechheiten.“497 abgedruckt, in dem die Zeit nach dem Putsch thematisiert wird. Es drohe eine Protestwelle, die vom Volksblatt als „Vereinsmeiereien“ von Heimatblock und Landbund bezeichnet werden, was vorrangig die beiden Parteien als Vereine degradieren soll, implizit aber auch gegen das Parteiensystem an sich gerichtet ist. Das „Gewehr bei Fuß“-Stehen des Republikanischen Schutzbundes wird im Kommentar ins Lächerliche gezogen, jedoch ist 1927 jenes „Gewehr bei Fuß“-Stehen des Heimatschutzes als probates Mittel gegen den Schutzbund bezeichnet worden. Es wird ein Redner bei einer sozialdemokratischen Kundgebung zitiert, die SDAP hätte erst bei der Bundesregierung intervenieren müssen, um Landeshauptmann Rintelen zum Handeln zu bewegen. Was als Handlungsunfähigkeit der steirischen Sozialdemokratie gedeutet wird, weist unverkennbar auf die Konkurrenz zwischen Landes- und Bundespartei hin.

Außerdem bestätigt dies die von den sozialdemokratischen Blättern behauptete Trägheit der Gendarmerie und die Hilfsforderung nach Wien von der SDAP aus. Generell wird mit den Anschuldigungen der SozialdemokratInnen gegen das Bundesheer und die Gendarmerie scharf ins Gericht gegangen, dennoch wird keiner der Vorwürfe widerlegt. Rintelen wird gelobt, er habe verhindert, dass die Ausschreitungen nicht wie 1927 geendet hätten, dies steht in Opposition mit dem zitierten SDAP-Redner. Die Wiener Presse wird kritisiert, dass sie

„krakeelt und geifert“ und sich besonders kraftvoller Ausdrücke bediene, allerdings steht der Volksblatt-Kommentar dem um nichts nach. Auch Karl Renner wird im Zuge dessen angegriffen – es wird „konstatier[t]“, dass er auf Grund der Verwandtschaft zum Leitartikler

497 Vgl. Grazer Volksblatt, 18.9.1931, S. 1.

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„Peter Deutsch“498 die Wiener Allgemeine Zeitung, ein „linksbürgerliches Blatt“, durch die

„Arbeiterbank unterstützt“.

Gegnerin in dem Artikel ist eindeutig die Sozialdemokratie, namentlich erwähnt werden Vinzenz Muchitsch, Reinhard Machold und Arnold Eisler. Ebenfalls angegriffen werden die Wiener Presse, der Heimatblock, der Landbund und Karl Renner, das Volksblatt setzt damit seine Kritik gegen Wien fort und bestärkt dies durch die positive Darstellung Anton Rintelens.

Walter Pfrimer wird nicht namentlich genannt. Internationaler Bezug konnte keiner festgestellt werden, Landesbezug durch die Erwähnung einer Grazer sozialdemokratischen Protestkundgebung. Medienbezug wird durch die Kritik an der Wiener Presse hergestellt, namentlich erwähnt werden die Rote Fahne und die Wiener Allgemeine Zeitung beziehungsweise Peter/Paul Deutsch.

NFP:

Im Leitartikel „Kein Platz für Putschisten in Oesterreich.“499, der am 14. September erscheint, wird die wichtige Rolle Österreichs in Europa hervorgehoben, und obwohl durch den Putsch keine finanziellen Schäden davongetragen würden, benötige „Österreich unbedingt Hilfe“ von den „Herren in Genf“. Dies hätte nur geschehen können wegen der „gestörten Psyche des durch Verzweiflung heimgesuchten Volkes“, deshalb müsse die Völkerbundaktion endlich „konkret werden“. Die Heimwehrmitglieder seien über den Versuch gar nicht informiert gewesen und

„spielten Verkehrspolizei“, zusätzlich wird Walter Pfrimer das Fehlen von „fachlichen Grundlagen“ unterstellt und der verhaftete Heimwehr-Bundesführer Starhemberg zum

„Landesführer von Oberösterreich“ degradiert. Einerseits wird damit das Potential der Heimwehren stark heruntergespielt und ihre wichtigsten Führer denunziert, andererseits werden die einfachen Mitglieder implizit in Schutz genommen. Die lange Reaktionszeit bis zum militärischen Eingreifen wird zwar kritisiert, „um 11 Uhr nachts“ begann der Putsch, in der Früh hätten die „Bezirkshauptleute“ – nicht Koloman Wallisch – Hilfe angefordert und erst am Nachmittag erfolgte „militärische Aktion“ mit „etwa viertausend bis fünftausend Mann“.

Allerdings werden häufig Bundesheer, Polizei und Gendarmerie positiv erwähnt, die

„Ordnungsgewalt hat auf der ganzen Linie gesiegt“, im „schwachen Österreich“ hätten die

„Elemente der Ordnung“ dominiert und die „staatlichen Organe“ ihre „Pflicht erfüllt“. Auch

498 Bei dem Verwandten dürfte es sich tatsächlich um Paul Deutsch handeln, von 1930 bis 1932 Chefredakteur für Politik und Volkswirtschaft. Vgl. dazu ANNO, Wiener Allgemeine Zeitung, abrufbar unter:

http://anno.onb.ac.at/info/waz_info.htm, 11.10.2016, 21.15 Uhr, Microsoft Internet Explorer.

499 Vgl. NFP, 14.9.1931. Abendblatt, S. 1f.

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wird betont, dass die Republik den „Sieg errungen“ habe und die Beendigung des Aufstandes ein „Ruhmesblatt der Regierung“ sei. Im Gegensatz dazu werden die Regionen negativ dargestellt – der Putsch habe lediglich in Kapfenberg Todesopfer gefordert, und die Gefahr für Wien sei von Nieder- und Oberösterreich ausgegangen. Die stark bewaffnete („Sechsundzwanzig Maschinengewehre“) niederösterreichische Heimwehr sei „von Polizei und Gendarmerie verhaftet und entwaffnet“ worden, die Entwaffnung des Steirischen Heimatschutzes wird nicht explizit erwähnt, was die Behauptung der sozialdemokratischen Blätter, die Gendarmerie hätte dem Heimatschutz ihre Waffen gelassen, unterstützt.

Die Gegner des Leitartikel sind vorrangig Pfrimer und Starhemberg beziehungsweise die obersteirischen, nieder- und oberösterreichischen Heimwehren, zusätzlich wird implizit der Völkerbund kritisiert, die Situation in Österreich zu unterschätzen, was gleichzeitig den internationalen Bezug herstellt. Landesbezug wird durch die Erwähnung Kapfenbergs geschaffen.

Tagespost:

Im ersten Kommentar nach dem Putschversuch am folgenden Dienstag, dem 14. September mit dem Titel „Der beste Schutz.“500 wird auch in der Tagespost das Scheitern den „staatlichen Machtmittel[n]“ zugeschrieben. Der Pfrimer-Putsch wird zwar nicht explizit verharmlost, aber durch die Erwähnung kürzlich stattgefundener Putschversuche in Deutschland implizit abgeschwächt. Außergewöhnlich angesichts der Auseinandersetzungen zwischen Landes- und Bundespartei innerhalb der CSP ist die positive Beurteilung sowie der Bundesregierung, die

„Regierungsgewalt hat sich bewährt“, als auch Anton Rintelens für sein „taktvolle[s] und wohlüberlegte[s] Eingreifen“. Daneben wird die Bevölkerung und explizit der Heimatschutz gelobt, nicht am Putsch teilgenommen zu haben. Weiters wird die „Idee des Heimatschutzes“

verteidigt und die Abschaffung des „Volk und Staat zersetzenden“ Parlamentarismus und damit der Demokratie auf legalem Wege gefordert. Die Tagespost steuert damit weiterhin ihren Kurs hin zur Christlichsozialen Partei und unterstützt gleichzeitig offen den autoritären Faschismus.

Der Putsch selbst wird als „Wahnsinnstat“ und „von Haus aus zum Mißlingen verurteilt“

abgelehnt, da er zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt stattgefunden habe, nämlich inmitten der Bemühungen, die „Bewegung“ zusammenzuführen. Walter Pfrimer wird wie im Volksblatt im Kommentar nicht namentlich erwähnt, es ist lediglich von der „Führung“ die Rede,

500 Vgl. Tagespost, 14.9.1931. Abendblatt, S. 1.

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allerdings wird der „Rettungsversuch in großer Not“ angesprochen, was dem ersten Satz aus Pfrimers verfasster Proklamation entstammt, die, wie in den anderen Medien, auch in der Tagespost abgedruckt ist.501 Die Sozialdemokratie wird besonders scharf angegriffen und der Putsch mit den Auseinandersetzungen und den „marxistischen Juliverbrecher[n]“ von 1927 in Verbindung gebracht. Damals seien „Wallisch, Deutsch und Genossen“ straffrei davongekommen, weshalb sie nun kein Recht hätten, sich einzumischen. In weiteren Kommentaren werden die Attacken gegen die Sozialdemokratie stets mit dem Justizpalastbrand von 1927 begründet.502 Auch werden die einzigen zwei Todesopfer des Putsches der Sozialdemokratie angelastet, obwohl dies Arbeiter waren, da der Republikanische Schutzbund als „Gegenseite provoziert“ habe. Den „Austromarxisten“ werden Unordnung und Gesetzeslosigkeit unterstellt, was im Widerspruch zum hohen Organisationsgrad und der programmatischen Priorität von Staat und Gesetz der Sozialdemokratie steht. Die Unzufriedenheit der „ländlichen Bevölkerung“ über das System wird angesprochen, womit zusätzlich zum Staatsbezug der regionale Bezug der Tagespost hergestellt wird. Es wird auch die Sorge um die Auslandsbeziehungen wegen des „wahnwitzigen Abenteuers“ angeführt, dieses zeige, dass in Österreich nicht alles in Ordnung sei. Auch sei die Gefahr so lange nicht gebannt, bis die Staatsführung sich „des ganzen Volkes“ annehme und ein „unparteiische[s]

Staatswesen“ schaffe, was die Forderung eines faschistischen Systems bestärkt.

Die Gegnerschaft im Artikel ist mehrseitig, am schärfsten werden die Sozialdemokratie allgemein, Koloman Wallisch und Julius Deutsch persönlich angegriffen, obwohl sie mit dem Putsch nicht direkt in Verbindung stehen. Mit der Unterstützung der Heimwehren wird generell der Parlamentarismus und das Parteiensystem verurteilt, in Bezug auf den Aufstand selbst findet nur Kritik an der Heimatschutzführung statt, Walter Pfrimer wird im Kommentar nicht erwähnt. Internationale Bezüge stellen die erwähnten Putsche in Deutschland sowie die Sorge um Österreichs Auslandsbeziehungen wegen des „wahnwitzigen Abenteuers“ dar, Landesbezüge einerseits durch Kapfenberg als Ort der Todesopfer, andererseits durch die Personen Rintelen und Wallisch.

Resümee:

Die beiden sozialdemokratischen Blätter Arbeiterwille und AZ nennen zu den Vorfällen in der Obersteiermark auffallend viele Namen, erwartungsgemäß gleichen sich dabei die Gegner,

501 Vgl. ebda, 13.9.1931. Sonder-Ausgabe, S. 2.

502 Vgl. ebda, 20.9.1931. Morgenblatt, S. 1 beziehungsweise 22.9.1931. Abendblatt, S. 1.

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nämlich der Steirische Heimatschutz, die Heimwehr und die Christlichsoziale Partei.

Diesbezüglich differenzierter artikulieren sich die beiden nationalen nichtsozialdemokratischen Zeitungen Reichspost und NFP, die nicht generell die Heimwehr und den Heimatschutz verurteilen, sondern Walter Pfrimer. Weiters ist bei beiden Blättern die negative Einstellung zu den Regionen im Kontrast zur hervorstechenden positiven Erwähnung des Staates und der Bundesregierung erkennbar. Der Kommentar der Tagespost ist bezüglich regional/national heterogen, es werden sowohl Bundes- als auch Landesregierung gelobt beziehungsweise sowohl Wallisch aus Bruck als auch Deutsch aus Wien attackiert. Dieses und das Volksblatt greifen, obwohl nicht beteiligt, teils scharf die Sozialdemokratie an und erwähnen Pfrimer nicht namentlich. Bis auf das Volksblatt, in dessen Kommentar kein internationaler Bezug festgestellt werden kann, zeichnen sich alle Tagblätter mit einer grundsätzlich positiven Einstellung zum Ausland aus, lediglich die AZ kritisiert die internationale Hochfinanz. Was eine parteipolitische Tendenz der Blätter betrifft, wird der Antimarxismus bei allen nichtsozialdemokratischen Blättern fortgesetzt, obwohl der Vorfall keinen Bezug zur SDAP hat. Auffallend ist weiters, dass die Tagespost, obwohl sie Bundesregierung und Rintelen lobt, den Heimwehren weiterhin sehr positiv gegenüber steht und deren Ziel, den Parlamentarismus abzuschaffen, unterstützt.

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5 Zusammenfassung

Die Printmedienlandschaft der Ersten Republik gestaltet sich nach erfolgter Datensammlung als sehr vielseitig, was einerseits die verschiedenen Titel, andererseits die politische Vielfalt betrifft. Regional konnte trotz eines quantitativ weit geringeren Auftrittes im Tageszeitungssegment eine beachtliche Zahl an Tagesprintprodukten, besonders im direkten Vergleich zur heutigen Situation recherchiert werden, auch was die Abdeckung der politischen Lager betrifft. Auch wenn die meisten Zeitungen nicht den Untersuchungszeitraum überdauerten, was besonders auf Wien zutrifft, konnte dennoch eine akzeptable Zahl an Tagblättern der drei wichtigsten politischen Lager sozialdemokratisch, christlichsozial, liberal/deutschnational aus Wien und Graz ermittelt werden. Die Recherche zu den Auflagenzahlen, die neben Erscheinungsdauer und politischer Richtung als drittes Kriterium für eine repräsentative Titelauswahl herangezogen wurde, gestaltete sich insofern schwierig, als dazu in Österreich nur unzureichend Primärliteratur zur Verfügung stand. Die Datenerhebung musste deshalb an der Berliner Humboldt-Universität beziehungsweise der Freien Universität Berlin fortgeführt werden, die dementsprechenden Ergebnisse werden im Anhang für die weitere Forschungstätigkeit in diesem Bereich zur Verfügung gestellt. Was die Analyse von wichtigen politischen Ereignissen betrifft, so kann festgestellt werden, dass die höchst turbulente Parteipolitik der Ersten Republik mit ihren zahlreichen Regierungswechseln als Folge der ständigen Auseinandersetzungen nicht nur zwischen den beiden verfeindeten Großparteien sondern auch zwischen den KoalitionspartnerInnen untereinander und selbst innerparteilich zwischen Bundes- und Länderorganisationen einen reichhaltigen Pool bot, sodass über den gesamten Zeitraum eine repräsentative Auswahl stattfinden konnte. Die für diese Masterthese herangezogenen Titel zur Beantwortung der zweiten Forschungsfrage waren die Wiener Tagblätter AZ, Reichspost und NFP beziehungsweise die Grazer Tageszeitungen Arbeiterwille, Grazer Volksblatt und Tagespost.

Allen voran muss bezüglich der Analysefragen festgestellt werden, dass jene nach einer möglichen nationalistischen, also gegenüber dem Ausland feindlich gesinnten Berichterstattung der untersuchten Tageszeitungen nicht zielführend war, da es dahingehend keine eindeutigen Ergebnisse gab. Die AZ ist gemeinsam mit dem Arbeiterwille die konstanteste Zeitung, was die politische Berichterstattung beziehungsweise ihre Kommentare betrifft. Eine Besonderheit der beiden sozialdemokratischen Medien stellt die Homogenität zwischen „nationalem“ und

„regionalem“ Blatt auf Grund der häufigen teils bis auf das einzelne Wort identischen Texte

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dar. Die NFP zeichnet sich zwar im Gegensatz zu allen anderen untersuchten Blättern durch ihre weitgehend beibehaltene Objektivität und einen – als gehobenes Wiener Blatt nachvollziehbaren – starken Bezug zur Bundeshauptstadt aus, auch bei dieser national und international anerkannten Tageszeitung ist aber eine Zäsur ab 1927 erkennbar, die sich durch eine Parteinahme gegen die Sozialdemokratie äußert. Einher geht diese politische Positionierung mit einer Änderung der Tonalität weg vom Sachlichen hin zum Polemischen und Emotionalen, jedoch weit weniger ausgeprägt als in den anderen untersuchten Medien. Die Reichpost fällt trotz positiver Einstellung zu den (gemäßigten) Heimwehren besonders ab 1927 durch regionales Desinteresse auf, was sich zusehends zu einer Positionierung gegen die Peripherie, besser gesagt gegen die steirische CSP entwickelt. Das Grazer Volksblatt sticht durch seine stete und bereits in den ersten analysierten Texten erkennbare Kritik an Wien auf.

Mit dem rasch erweiterten Radius gegen die christlichsoziale Bundespartei dehnt sich dieser später nicht nur auf die Wiener Presse sondern dezidiert auf die Reichspost aus. Dass in den Artikeln des antimarxistischen Blattes 1927 nicht der Republikanische Schutzbund generell angegriffen, sondern sein Auftreten in Graz sogar gelobt wird, kann ebenso als Indiz der fortschreitenden Antipathie gegen die „Mutterpartei“ gelesen werden wie die besonders positive Darstellung des radikalen Steirischen Heimatschutzes und der Person Anton Rintelens.

Diese Glorifizierung geht so weit, dass für den gescheiterten Pfrimer-Putsch der unbeteiligte Schutzbund verantwortlich gemacht und der Name Pfrimers nicht erwähnt wird. Die Tagespost entwickelt sich erwartungsgemäß vom anfangs liberalen Blatt hin zum letztlich dezidiert antidemokratischen, den Faschismus unterstützenden Heimatschutzblatt. Der gemeinsame Kurs mit dem Volksblatt in der Unterstützung der steirischen Heimwehren und des Steirischen Heimatschutzes ist früh erkennbar und findet ihren Höhepunkt in der beiderseitigen Veröffentlichung von Heimatschutztexten und dieselbe Schuldzuweisung an den Schutzbund nach dem Pfrimer-Putsch. Beachtenswert dahingehend ist, dass die Tagespost den Weg hin zu den steirischen Heimwehren noch vor dem Volksblatt einschlägt.

Diese Glorifizierung geht so weit, dass für den gescheiterten Pfrimer-Putsch der unbeteiligte Schutzbund verantwortlich gemacht und der Name Pfrimers nicht erwähnt wird. Die Tagespost entwickelt sich erwartungsgemäß vom anfangs liberalen Blatt hin zum letztlich dezidiert antidemokratischen, den Faschismus unterstützenden Heimatschutzblatt. Der gemeinsame Kurs mit dem Volksblatt in der Unterstützung der steirischen Heimwehren und des Steirischen Heimatschutzes ist früh erkennbar und findet ihren Höhepunkt in der beiderseitigen Veröffentlichung von Heimatschutztexten und dieselbe Schuldzuweisung an den Schutzbund nach dem Pfrimer-Putsch. Beachtenswert dahingehend ist, dass die Tagespost den Weg hin zu den steirischen Heimwehren noch vor dem Volksblatt einschlägt.