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LB: Der Landbund für Österreich

In der späten Monarchie fühlte sich eine immer stärker werdende antikapitalistische und antiliberalistische, selbständige Bauernschaft vom zentralistischen Parlamentarismus aus Adel

128 Vgl. Wandruszka, Nationales Lager, S. 305.

129 Vgl. Kriechbaumer, Erzählungen, S. 475.

130 Vgl. ebda, S. 476f.

131 Vgl. Karner, Steiermark im 20. Jh, S. 124f.

132 Vgl. Wahlen 1919, S. 40f.

133 Vgl. Kommissionsbericht besetzte Gebiete 1919, S. 54.

134 Vgl. Karner, Steiermark im 20. Jh, S. 128.

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und liberalem Großbürgertum wirtschaftlich benachteiligt. Jene, die nicht von der Basis des politischen Katholizismus integriert wurden und bei der CSP ihre Heimat fanden, bildeten deutschnationale Vereine und Bauernbünde, die bis kurz vor dem Krieg zu einem mächtigen Teil im Reichsrat anwuchsen.135 Nach Kriegsende erlangten diese bei den Wahlen zur konstituierenden Nationalversammlung 1919 eine nicht unbedeutende Größe innerhalb der deutschnationalen Fraktion „Großdeutsche Vereinigung“. So konnte die oberösterreichische

„Deutsche Freiheits- und Ordnungspartei“ vier, die „Steirische Bauernpartei“ drei, der

„Kärntner Bauernbund“ zwei und der „Salzburger Bauernbund“ immerhin ein Mandat erreichen, zehn der insgesamt 27 deutschnationalen Mandate kamen somit von den Bäuerinnen und Bauern.136 Die Bünde waren allerdings gespalten in jene, die „einen Zusammenschluß mit den Großdeutschen anstrebten, und jenen, die unter Betonung der bäuerlichen Interessenpolitik selbständig bleiben wollten“.137 „Dabei hat gewiß auch die Tatsache eine Rolle gespielt, daß durch die schwierige Ernährungslage der Gegensatz zwischen Stadt und Land verschärft und das Selbstbewußtsein der Bauernschaft gestärkt worden war.“138 Die Emanzipationsbestrebungen gegenüber den urbanen Beamten- und Mittelstandsfraktionen machten nun eine Organisation der Bauernbünde notwendig, was im Süden Österreichs seinen Anfang nahm. Die vom steirischen Verleger Leopold Stocker bereits 1918 als „Deutscher Bauernbund“ gegründete „Steirische Bauernpartei“139 kandidierte auch bei den drei Monate nach den Wahlen zur Konstituente durchgeführten Landtagswahlen, erhielt neun von siebzig Mandaten und war somit drittstärkste Kraft im Land.140 Stocker fusionierte, mit den großen Wahlerfolgen von 1919 hinter sich, 1920 mit dem Kärntner Bauernbund zur

„Deutschösterreichischen Bauernpartei“. Die Salzburger beziehungsweise Ober- und Niederösterreichischen Fraktionen schlossen sich vorerst nicht an, sondern verblieben als

„Bund deutschösterreichischer Bauern“ in der neu gegründeten GDVP. Im Dezember desselben Jahres spalteten sie sich schließlich doch ab und wechselten zur Bauernpartei, und es wurde der

„Landbund für Österreich“ (LB) ins Leben gerufen,141 der ideologisch zwischen den völkischen Nationalsozialisten und den nationalen Großdeutschen stand.142 Mit letzteren wurde die

135 Vgl. Kriechbaumer, Erzählungen, S. 494.

136 Vgl. Wahlen 1919, S. 40f.

137 Burkert, Landbund, S. 207f.

138 Wandruszka, Nationales Lager, S. 281.

139 Vgl. Burkert, Landbund, S. 208.

140 Vgl. Landtagswahlen 1919, S. 43.

141 Vgl. Kriechbaumer, Erzählungen, S. 500f.

142 Vgl. Burkert, Landbund, S. 214f.

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Zusammenarbeit angestrebt, die GDVP sollte die Menschen in den Städten und Industriegebieten vertreten, der Landbund den agrarischen Bereich abdecken. Die Kooperation misslang, und der LB trat bei den Nationalratswahlen 1923 selbständig an.143 Dabei wurden beachtliche acht Mandate erreicht, auf Grund der fehlenden österreichweiten Abstimmung unter den einzelnen Bünden wurden die steirischen Stimmen allerdings ungültig gewertet und dem LB drei Mandate aberkannt.144 Vor allem die Bankenskandale unter CSP-Regierung nutzten dem LB für seine Profilierung und er kandidierte bei der folgenden Wahl 1927 als einheitliche Partei. Die ungültigen Stimmen von 1923 miteingerechnet gewann der LB ein Mandat dazu, die meisten konnten, ähnlich der Wahlen 1919, in der Steiermark mit vier, in Kärnten mit drei und in Oberösterreich mit zwei Mandaten errungen werden.145 Für die kommenden drei Jahre war der LB durch Vizekanzler Karl Hartleb in der Regierung vertreten.

Nach den Ereignissen in Schattendorf und dem Justizpalastbrand in Wien 1927 forderte der LB vergebens die Abrüstung der paramilitärischen Wehrverbände, die Heimwehren sollten zum Schutz der ländlichen Bevölkerung eingesetzt werden und nicht, um politisch Druck auszuüben.146 Auf Grund der eigenständigen Kandidatur des Heimatblocks bei der Wahl 1930 beteiligte sich der LB am Schober-Block, in der darauf folgenden Koalition mit der CSP übernahm der steirische Landbündler Franz Winkler das Innenministerium.147 Ebenfalls 1930 wurde eine eigene Bauernwehr ins Leben gerufen, um vor allem die Jugend davon abzuhalten, zu den Heimwehren abzuwandern. Schlechte finanzielle Mittel und eine unzureichende Organisationsstruktur ließen diesen Versuch allerdings scheitern.148 Trotz der häufigen Regierungsumbildungen Anfang der 1930er Jahre konnte der LB das Innenministerium halten und ab 1932 bis zum Ausscheiden aus der Regierung im September 1933 wiederum den Vizekanzler stellen. Die Rivalität zwischen dem Kärntner und dem steirischen Bund, den beiden stimmenstärksten Fraktionen, ließ einen Machtkampf zwischen dem Bundesobmann Vinzenz Schumy, der den ständestaatlichen Kurs unterstützte, und seinem deutschnationalen Stellvertreter Franz Winkler entflammen. Der Steirer Winkler konnte diesen Kampf für sich entscheiden und die Bundesführung an sich bringen.149 Er stellte sich mit seiner Partei gegen

143 Vgl. Kriechbaumer, Erzählungen, S. 501f.

144 Vgl. ebda, S. 503f.

145 Vgl. Wandruszka, Nationales Lager, S. 294.

146 Vgl. Kriechbaumer, Erzählungen, S. 512.

147 Vgl. ebda, S. 514f.

148 Vgl. Burkert, Landbund, S. 213.

149 Vgl. Wandruszka, Nationales Lager, S. 303.

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Dollfuß und propagierte den Anschluss an das mittlerweile nationalsozialistische Deutschland, was allerdings im September 1933 Winklers Absetzung als Obmann und den Ausschluss des LB aus der Regierung zur Folge hatte.150 Winkler lief zu den illegalen Nationalsozialisten über und mit ihm ein Großteil der steirischen Landbund-Mitglieder, die sich unter seiner Führung als steirischer Teil des nationalsozialistisch geführten Juliputsches im Sommer 1934 beteiligten.151 Nach dem Inkrafttreten der neuen ständestaatlichen Verfassung und dem Verbot aller Parteien löste sich auch der LB 1934 auf,152 die deutschnational gesinnten Mitglieder, was dem Großteil entsprach, wanderten – wenn sie es nicht schon getan hatten – zur illegalen NSDAP ab, die regierungstreuen um Schumy wurden in den landwirtschaftlichen Berufsstand der neuen Einheitspartei „Vaterländische Front“ übernommen.153

LB in der Steiermark:

Die Steiermark war für den LB und dessen Erfolg besonders wichtig, neben Kärnten wurden hier die besten Ergebnisse bei Nationalratswahlen, 1919 vier, 1923 drei (ungültig) und 1927 wiederum vier Mandate, erreicht. Die Steirer Karl Hartleb und Franz Winkler bekleideten bedeutende Regierungsämter, Hartleb war von 1927 bis 1929 Vizekanzler, Winkler von 1930 bis 1933 Innenminister. Der steirische Landbundführer Leopold Stocker war auch LB-Gründer und zeichnete sich darüber hinaus durch seinen Verlag und dessen Druckwerke wie landwirtschaftliche Ratgeber aus, die sich nicht nur großer Beliebtheit erfreuten, sondern über die er auch Einfluss auf die Bauernschaft ausüben konnte.154