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Modellausschreibungen in Nordrhein-Westfalen

5.4 Weitere Konzepte des Einsatzes von Ausschreibungen

5.4.2 Modellausschreibungen in Nordrhein-Westfalen

Zur Erprobungen der Möglichkeiten einer Implementierung von Ausschreibungen in das Kulturlandschaftsprogramm von Nordrhein-Westfalen wurden vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen Modellausschreibungen in Auftrag gegeben und von der Universität Bonn durchgeführt (Holm-Müller und Hilden 2005).107

Das grundlegende Ziel der Untersuchungen war die Beantwortung der Frage, ob der Einsatz von Ausschreibungen dazu beitragen kann, die Teilnehmerzahl an Agrarumweltprogrammen ökonomisch vertretbar zu erhöhen. Dazu wurden der Landkreis Minden-Lübbecke und der Landkreis Wesel ausgewählt, in denen exemplarisch überprüft wurde, ob eine Grünlandextensivierung für Landwirte auf ertragreichen Standorten attraktiver gemacht werden kann. Beide Landkreise waren durch eine mittlere bis hohe Intensität der Viehhaltung und eine zu geringe Teilnahme im bisherigen Grünlandextensivierungsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen gekennzeichnet. Das erste Ausschreibungsverfahren in den Modellregionen hat im Jahr 2003, das zweite im Jahr 2004 stattgefunden.

Dem Modellvorhaben lag kein reines Ausschreibungsverfahren, sondern eine Kombination aus einer einheitlichen Prämienzahlung und einer Ausschreibungskomponente zugrunde. Die teilnehmenden Landwirte haben ergänzend zu dem regulären Antrag für die MSL-Grünlandextensivierung einen Zusatzantrag im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens gestellt. Darin wurde ein

107 Die weiteren Ausführungen zu den Modellausschreibungen in Nordrhein-Westfalen beziehen sich auf Holm-Müller und Hilden (2005).

Angebot abgegeben, zu welchem Gesamtpreis (Zusatzantrag + Prämienzahlung) der Landwirt bereit war, eine Grünlandextensivierung durchzuführen.

Als Zuschlagskriterium fungierte weder die Gesamtprämie, noch die Zusatzprämie, sondern das Verhältnis der geforderten Zusatzprämie aus dem Ausschreibungsverfahren zur Prämie aus dem MSL-Antrag, wodurch die Extensivierungsmaßnahmen mit unterschiedlichen Prämienhöhen aus dem MSL-Programm Berücksichtigung finden konnten. Alle Landwirte, die unterhalb der festgelegten Ausschlussgrenze lagen, wurden zu den jeweils von ihnen angebotenen Konditionen in das Programm aufgenommen.108

An beiden Ausschreibungsrunden haben jeweils 15 landwirtschaftliche Betriebe teilgenommen, wobei im Jahr 2003 insgesamt 335 Hektar und im Jahr 2004 insgesamt 353 Hektar angeboten wurden. Die geforderten Zusatzprämien umfassen im ersten Ausschreibungsverfahren eine Spanne von 60 € pro Hektar bis 150 € pro Hektar und im zweiten Ausschreibungsverfahren einen Bereich von 20 € pro Hektar bis 195 € pro Hektar. Die durchschnittlich geforderte Zusatzprämie je Hektar beträgt 92 € im Jahr 2003 und 46 € im Jahr 2004.

Die Ausschlussgrenze wurde im ersten Jahr auf 53 % und im zweiten Jahr auf 43 % festgelegt. Somit haben die Landwirte einen Zuschlag erhalten, deren zusätzliche Prämienforderung aus dem Ausschreibungsverfahren nicht mehr als 53 % bzw. 43 % der MSL-Prämie betragen hat. Im ersten Ausschreibungsverfahren haben neun Betriebe mit einer Gesamtfläche von 218 Hektar einen Zuschlag erhalten. Die Zusatzprämien dieser Betriebe reichen von 47 € je Hektar bis 80 € je Hektar und weisen eine durchschnittliche Forderung von 73 € pro Hektar auf. Innerhalb des zweiten Ausschreibungsverfahrens haben 14 Betriebe mit einer Fläche von 342 Hektar einen Zuschlag erhalten und die Zusatzprämien der angenommenen Betriebe umfassen mit einer durchschnittlichen Forderung je Hektar in Höhe von 46 € eine Spanne von 20 € pro Hektar bis 195 € pro Hektar.

108 Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit kann ausschließlich auf die Ergebnisse der ersten beiden Ausschreibungsverfahren zurückgegriffen werden.

Die Ergebnisse der angenommenen Angebote sind für die erste und die zweite Ausschreibungsrunde in Tabelle 5-5 dargestellt.

Tab. 5-5: Angenommene Angebote der ersten und zweiten Modellausschreibung in Nordrhein-Westfalen

Ausschreibung 2003

Ausschreibung 2004

Betriebe 9 14

Zusatzprämie in € / ha (Mittelwert) 73 46

Ausschlussgrenze in % 53 43

Gesamtfläche in ha 218 342

Quelle: Eigene Darstellung nach Holm-Müller und Hilden 2005.

Zusammenfassend hat sich auch hier gezeigt, dass Ausschreibungskomponenten zur Honorierung von Umweltleistungen sowohl praktisch umsetzbar sind als auch seitens der Landwirte akzeptiert werden und zu einer Aufdeckung und Berücksichtigung differenzierter Angebotspreise geführt haben.

Hinsichtlich der mit den Ausschreibungsverfahren verbundenen Transaktionskosten geben Holm-Müller und Hilden auf der Grundlage einer Befragung von Landwirten und Beratern die Einschätzung ab, dass durch die Ausschreibungen im Vergleich zu Prämienzahlungen keine oder nur geringe zusätzliche Transaktionskosten entstanden sind.109

109 Es ist anhand der vorliegenden Literatur jedoch nicht ersichtlich, welche Kosten dabei im Einzelnen als Transaktionskosten definiert wurden.

6 Die transaktionskostenökonomische Analyse

Bevor in den anschließenden Kapiteln die empirischen Untersuchungen erörtert werden, thematisieren die nachfolgenden Abschnitte die Anwendung des transaktionskostenökonomischen Analyserahmens auf den Untersuchungsgegenstand der Transaktionsbeziehung im Rahmen von Ausschreibungen zur Honorierung ökologischer Leistungen der Landwirtschaft.

Hierbei ist ein besonderer Stellenwert auf den wesentlichen Unterschied einer Ausschreibung gegenüber einer Auktion zu legen, welcher die Notwendigkeit der über den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (der Zuschlagserteilung) hinausgehenden Betrachtung verdeutlicht. Die innerhalb der Auktionstheorie maßgeblich thematisierte Verkaufsauktion ist in der Regel nach der Zuschlagserteilung erfüllt. Demgegenüber umfasst die Transaktionsbeziehung im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens für Umweltleistungen einen über den Vertragsabschluss hinausgehenden Zeitraum, da die Kontrolle der Leistungserbringung und die entsprechende Entlohnung zu einem mitunter wesentlich späteren Zeitpunkt erfolgen.110

Folglich gilt es sowohl den Zeitraum bis zur Zuschlagserteilung als auch darüber hinaus bis zur Leistungserbringung hinsichtlich der Ausprägung der Verhaltensannahmen der Akteure und der Dimensionen der Transaktionsbeziehung zu betrachten. Die nachfolgende Argumentation impliziert neben dieser Anwendung des transaktionskostenökonomischen Analyserahmens zudem jeweils eine spezifische Würdigung der einzelnen Bestandteile vor dem Hintergrund ihrer praktischen Relevanz und Aussagekraft.

Hierzu werden in Abschnitt 6.1 einleitend die grundlegenden Aspekte der zu untersuchenden Vertragsbeziehung dargelegt und die Akteure Agrarverwaltung und Landwirte charakterisiert.

Im Anschluss erfolgen in Abschnitt 6.2 die Einbeziehung der das Menschenbild innerhalb der Transaktionskostenökonomik kennzeichnenden Verhaltensannahmen und die Analyse ihrer jeweiligen Ausprägungen aus Sicht der Agrarverwaltung und der Landwirte. Dem Ansatz der Transaktionskostenökonomik folgend, thematisiert

110 In Agrarumweltprogrammen in der Regel jährlich.

Abschnitt 6.3 die Eigenschaften der Transaktionsbeziehung anhand ihrer Dimensionen und unter Einbeziehung des Konzepts der fundamentalen Transformation. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen wird in Abschnitt 6.4 die Ableitung einer Beherrschungsstruktur der Ausschreibung ökologischer Leistungen diskutiert.

Zum Abschluss des Kapitels erfolgt in Abschnitt 6.5 eine zusammenfassende Betrachtung der transaktionskostenökonomischen Analyse. Im Zuge dessen wird das in dieser Arbeit gewählte Ausschreibungsdesign einbezogen und eine Würdigung der Anwendbarkeit des konzeptionellen Rahmens der Transaktionskostenökonomik auf die hier zugrunde liegende Transaktionsbeziehung vorgenommen.