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Beherrschung und Überwachung von Transaktionen

Nachdem sowohl die grundlegenden Verhaltensannahmen als auch die Dimensionen von Transaktionen beschrieben wurden, wird mit der Betrachtung von Beherrschungsstrukturen das Ziel der institutionellen Ausgestaltung von Transaktionsbeziehungen eingeführt.

Bei der Suche nach einer effizienten Beherrschungsstruktur gilt es die damit verbundenen und auf die spezifischen Ausprägungen der Dimensionen von Transaktionen (Faktorspezifität, Unsicherheit, Häufigkeit)63 zurückzuführenden Transaktionskosten vor dem Hintergrund der zugrunde gelegten Verhaltensannahmen (begrenzte Rationalität, Opportunismus) zu bewerten.

62 Die fundamentale Transformation und ihre praktische Relevanz wird in dieser Arbeit im Rahmen der Zuschlagserteilung in einem Ausschreibungsverfahren für Umweltleistungen in Kapitel Sechs erneut aufgegriffen.

63 Wie oben erwähnt, wird die Unsicherheit realistischerweise als so hoch angesehen, dass sie nicht beeinflusst werden kann. Für die weiteren Ausführungen ist die Unsicherheit demzufolge als gegeben anzusehen und es finden ausschließlich die Faktorspezifität und die Häufigkeit Berücksichtigung.

Dem vorangestellt wird eine knappe Übersicht über vertragsrechtliche Grundlagen, bei der Williamson folgend ebenfalls auf die dreiteilige Typologie des Vertrags von Macneil (1974; 1978) zurückgegriffen wird (Williamson 1975, S. 235-238;

Williamson 1990a, S. 77-81).

4.5.1 Vertragsrechtliche Grundlagen

In Analogie zu der von Macneil vertretenen Einschätzung folgt die Transaktionskostenökonomik der Annahme, dass die Analyse einer isolierten Transaktions- bzw. Vertragsbeziehung im Sinne der eindeutigen Verknüpfung von Vereinbarung und Leistung realitätsfremd ist.

Vielmehr können Verträge mehrdeutig sein und erfordern eine differenzierte Betrachtung mit dem Augenmerk auf dem jeweiligen Vertragszweck (Macneil 1974, S. 738; Williamson 1975, S. 235-236; Williamson 1990a, S. 77; Furubotn und Richter 1991, S. 18-24). Hierzu werden klassische, neoklassische und relationale Verträge unterschieden und nachfolgend in ihren Grundzügen dargelegt.

I. Klassischer Vertrag

Der dem klassischen Vertragsrecht zuzurechnende vollständige Vertrag stellt das rechtswissenschaftliche Gegenstück des Modells eines vollkommenen Marktes dar.

Die Identität der Vertragspartner findet keine Berücksichtigung und die gehandelten Leistungen und Gegenleistungen sind vollständig spezifiziert. Für derartige Transaktionen werden in der Regel kurzfristige Verträge abgeschlossen, bei denen formale Vertragsinhalte bedeutender sind als informelle Absprachen. Sollte es trotz der umfassenden und vorausschauenden Vertragsausgestaltung zu einer nicht vertragskonformen Erfüllung kommen, erfolgt eine strikte Durchsetzung der Vertragsinhalte und eine entsprechende Sanktionierung über Gerichte (Williamson 1975, S. 236-237; Williamson 1990a, S. 78).

II. Neoklassischer Vertrag

Innerhalb des neoklassischen Vertragsrechts kommt der Identität der Vertragspartner eine größere Bedeutung als in klassischen Verträgen zu. Die Vertragsinhalte sind nicht vollständig spezifiziert und auf ihre strikte Durchsetzung über Gerichte wird dann verzichtet, wenn ein Abbruch der Vertragsbeziehung für beide Vertragspartner mit weitreichenden Nachteilen verbunden wäre. Grundsätzlich besteht der

Zusammenhang, dass mit einer steigenden Bedeutung der Identität der Vertragspartner und den zu erwartenden Schäden im Fall eines vorzeitigen Abbruchs der Leistungsbeziehung bei auftretenden Konflikten eine Einbeziehung einer neutralen dritten Partei als Schlichtungsinstanz vorgesehen ist (Williamson 1975, S.

237-238; Picot und Dietl 1993, S. 315; Williamson 1990a, S. 78-80).

III. Relationaler Vertrag

Unter relationalen Verträgen sind in der Regel auf Dauer angelegte Kooperationen zu verstehen, bei denen den Vertragspartnern eine große Bedeutung zukommt. Anstelle einer exakten Spezifizierung der Vertragsinhalte werden implizite oder auf gegenseitigem Vertrauen beruhende Vereinbarungen in den Vordergrund treten und da die Vertragsbeziehung dauerhaft angelegt ist, erfolgt eine Beilegung möglicher Unstimmigkeiten durch interne Konfliktlösungen (Williamson 1975, S. 238;

Williamson 1996, S. 97-99).

4.5.2 Beherrschungs- und Überwachungsstrukturen

Nach der Einführung vertragsrechtlicher Grundlagen, werden die vier institutionellen Arrangements Marktkontrolle, dreiseitige Beherrschungsstruktur, zweiseitige Beherrschungsstruktur und (hierarchische) einseitige Beherrschungsstruktur betrachtet, im Rahmen deren Transaktionsbeziehungen in der Regel abgewickelt werden (Williamson 1990a, S. 81-89; Richter und Furubotn 2003, S. 193-198).

I. Marktkontrolle

Die Beherrschungsstruktur der Marktkontrolle in Form eines funktionierenden Marktes erweist sich dann als angemessen, wenn unspezifische und unpersönliche Transaktionen einmalig, gelegentlich oder regelmäßig abgewickelt werden.

Entscheidend ist hier die fehlende Faktorspezifität, denn somit besteht für die Abwicklung einer Transaktion keine notwendige Bindung an einen bestimmten Transaktionspartner und es existieren Marktalternativen durch eine Vielzahl potentiell gleichwertiger und substituierbarer Vertragspartner (Williamson 1990a, S.

83; Richter und Furubotn 2003, S. 196-197). Das zu einem Vertragsbruch führende Verhalten kann bei einer zukünftigen gleichartigen Transaktion dadurch sanktioniert werden, dass ein Vertrag mit einem neuen Transaktionspartner geschlossen wird und

darüber hinaus die Reputation des vertragsbrüchigen Marktteilnehmers bekannt wird (Williamson 1990a, S. 83-84; Richter und Furubotn 2003, S. 593).

II. Dreiseitige Beherrschungsstruktur

Die dreiseitige Beherrschungsstruktur kommt dann zur Anwendung, wenn mittel- und hochspezifische Transaktionen nur einmalig oder gelegentlich erfolgen.

Beeinflusst durch die Faktorspezifität und die bei der Suche eines neuen Transaktionspartners anfallenden hohen Transaktionskosten ist ein ausschließliches Verlassen auf die Sanktionskraft von Märkten nicht ausreichend. Daher ist neben den beiden Vertragsparteien die explizite Einbeziehung einer dritten Partei notwendig, die als neutrale Institution in Form einer Vermittlungs- oder Schiedsinstanz fungiert und sicherstellt, dass die Transaktion entsprechend der vertraglichen Vereinbarung abgewickelt wird (Williamson 1990a, S. 84-85; Richter und Furubotn 2003, S. 197).

III. Zweiseitige Beherrschungsstruktur

Dieser Ansatz betrachtet mittelspezifische Transaktionen, die sich regelmäßig wiederholen und zu deren Absicherung ein individueller zweiseitiger Vertrag geschlossen wird, der alle relevanten Aspekte abdeckt.

Dabei werden die Transaktionspartner nicht zusammengeschlossen und ihre rechtliche Selbständigkeit bleibt erhalten. Weiterhin können in Teilen sowohl marktliche Anreize wirksam werden und die regelmäßige Wiederholung der Transaktion, unter Beibehaltung der vertraglichen Ausgestaltung, trägt zu einer raschen Amortisation der anfänglichen Kosten der Vertragsausgestaltung bei (Williamson 1990a, S. 85-88; Richter und Furubotn 2003, S. 197).

IV. Einseitige Beherrschungsstruktur (Hierarchie)

Das gegenteilige Extrem zur Marktkontrolle stellt die bei vollkommen spezifischen und sich regelmäßig wiederholenden Transaktionen zur Anwendung kommende einseitige Beherrschungsstruktur dar.

Hier erfolgt eine vollständige vertikale Integration hin zu einer hierarchischen Struktur, bei der die einzelnen Organisationseinheiten ihre rechtliche Unabhängigkeit aufgeben. Die notwendige Absicherung dieser hochspezifischen Transaktion kann dann bestmöglich unter Ausnutzung der sich bietenden Vorteile einer einheitlichen

Struktur mit vereinheitlichten Interessen erfolgen (Williamson 1990a S. 88; Richter und Furubotn 2003, S. 197-198).

Abbildung 4-1 gibt einen Überblick des Zusammenwirkens der Verhaltensannahmen und der Dimensionen von Transaktionen, die je nach spezifischer Ausprägung eine der vier Beherrschungsstrukturen als angemessen und effizient erscheinen lassen.

Abb. 4-1: Beherrschungs- und Überwachungsstrukturen von Transaktionsbeziehungen

Faktorspezifität

unspezifisch mittelspezifisch hochspezifisch

einmalig / gelegentlich

Dreiseitige Beherrschungsstruktur

Häufigkeit regelmäßig

Marktkontrolle

Zweiseitige

Beherrschungs-struktur

Einseitige

Beherrschungs-struktur

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Williamson 1990a, S. 89.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit erfolgt eine kritische Würdigung der Beherrschungsstrukturen anhand ihrer Übertragbarkeit auf den Spezialfall eines Ausschreibungsverfahrens für ökologische Leistungen der Landwirtschaft und der damit verbundenen Transaktionsbeziehung in Kapitel Sechs.