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6.2.1 Grundsätze qualitativer Unterrichtsforschung

Methodologisch ist der empirische Teil dieser Arbeit der qualitativen Unterrichtsforschung verpflichtet, trägt jedoch auch Merkmale der formativen Evaluation. Unterrichtsforschung soll hierbei Unterricht nicht nur beschreiben und erklären, sondern auch Vorschläge zu dessen Verbesserung machen (vgl. Krummheuer & Naujok 1999, S. 13).

Innerhalb empirischer Untersuchungen ist grob zwischen quantitativen und qualitati-ven Untersuchungen zu unterscheiden. Die erziehungswissenschaftlich-quantitative Schul- und Unterrichtsforschung stellt „ein Wissensreservoir über schulische und unterrichtliche Ge-genstände zur Verfügung [...]. Das Problem besteht aber darin, daß diese Forschung aus sich heraus die berufspraktische Relevanz nicht zu thematisieren in der Lage ist“ (Olhaver & Wer-net 1999, S. 17, Auslassung T.K.). Somit generiert sie zwar Wissen über Praxis, trägt jedoch nicht zur Vermittlung zwischen Theorie und Praxis bei. Versteht man Pädagogik jedoch als praxisorientierte Theorie, müssen Theorie und Praxis stets aufeinander bezogen sein. Die Be-zogenheit von Theorie und Praxis wird im Sinne eines hermeneutischen Zirkels durch ein zirkuläres Verhältnis bestimmt, da der Praxis stets ein theoretisches Vorverständnis zugrunde liegt und Voraussetzung von Theorie immer eine Erziehungswirklichkeit ist. „Theorie erhellt die Praxis und leitet sie an, und Praxis verleiht der Theorie erst Sinn“ (Danner 1979, S. 104).

Qualitative Unterrichtsforschung bezieht sich stets auf einen konkreten Ausschnitt ge-sellschaftlicher Wirklichkeit, indem sie Daten aus dem Unterricht interpretiert. Sie hat dabei nicht allein deskriptiven Charakter. Durch methodisch kontrollierte Analysen von Unter-richtsphänomenen eröffnet sie zudem eine innovative Perspektive, da die Forschungsergeb-nisse als wissenschaftlich gewonnene Interpretationen auf das Alltagshandeln der Betroffenen wirken können und somit zu Veränderungen innerhalb pädagogischer Praxis führen sollen.

Qualitative Unterrichtsforschung trägt somit interpretativen Charakter und lässt sich wissen-schaftstheoretisch auf die „Verstehende Soziologie“ Max Webers zurückführen. Hierbei bleibt man jedoch nicht bei subjektiven Deutungen der Motive einer handelnden Person ste-hen, sondern zielt darüber hinaus auf das objektive Verstehen des Sinns einer Äußerung ab.

Es geht darum, typische Deutungs- und Handlungsmuster zu identifizieren, welche das Han-deln von Personen oder Institutionen prägen. Im schulischen Kontext „verspricht [dies] aber nicht nur ein tiefergehendes Verständnis der schulischen Interaktionsprozesse sowie der Ak-teure, sondern zielt auch letztlich immer auf ursächliche Erklärungen“ (Olhaver & Wernet 1999, S. 17, Einfügung T.K.). Im Rahmen einer quantitativ-deskriptiv ausgerichteten

For-schung wäre dies nicht möglich, da hier einem gesetzeswissenschaftlichen ForFor-schungsmodell gefolgt wird, „welches das Vorfindliche auf ein Allgemeines (eben ‚Gesetze’) reduziert. Aus Gesetzen ist aber weder die ‚Wirklichkeit des Lebens deduzierbar’ noch in ihrem ‚So und nicht anders Gewordensein’ erklärbar […], denn die Wirklichkeit von Schule und Unterricht, die es zu verstehen und zu erklären gilt, ist stets (auch) ‚individuell’ geartet“ (Olhaver & Wer-net 1999, S. 13f.).

Die konkrete schulische Situation, z.B. einer Schulklasse oder eines Unterrichtsprojek-tes, bestimmt eine jeweilige Interaktionslogik eigener Qualität. Aus diesem Grund plädieren Olhaver & Wernet (1999) für ein wirklichkeitswissenschaftlich orientiertes, fallanalytisches Vorgehen, welches über den Einzelfall hinaus zur Theoriebildung und dadurch zu einem bes-seren Verständnis schulischer Prozesse führen kann. Im Unterschied zur Fallanalyse in der Sozialpädagogik, bei der es sich um den Fall im Sinne eines professionellen Interventionsge-genstandes handelt, ist im schulpädagogischen Kontext das berufliche Handeln selbst der

„Fall“ (S. 16). Innerhalb einer solchen fallanalytischen Forschung wird durch distanzierte Kontrolle und methodisch angeleitetes Infragestellen der Praxis deren Weiterentwicklung vorangetrieben. Dies gilt sowohl für jede Lehrerin und jeden Lehrer innerhalb der berufsprak-tischen Sozialisation als auch für die Weiterentwicklung beruflichen Handelns überhaupt.

Naujok (2001) betont, dass interpretative Unterrichtsforschung nicht den Anspruch hat, universale und globalisierende Theorien generieren zu können. Stattdessen tritt deren Kontextbezogenheit wieder verstärkt in den Vordergrund. Es geht also „um lokale Theoriege-nese, und ihre Produkte sind Elemente kontextbezogener Theorien“ (S. 32). Demzufolge han-delt es sich auch bei der hier vorgestellten Forschung um die Generierung von Theorien loka-ler Reichweite. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese nur für den hier untersuchten Fall von Bedeutung sein müssen. Inwieweit die Untersuchungsergebnisse darüber hinaus Relevanz besitzen, bleibt jedoch denjenigen überlassen, die in diesem Berufsfeld tätig sind. Der For-schungsprozess selbst hat die Erhellung der Innensicht der in diesem Prozess Handelnden zum Ziel. Dies wiederum ermöglicht genaue und gehaltvolle Beschreibungen der Struktur des Forschungsgegenstandes (vgl. Flick et al. 2004, S. 14).

Dabei wird davon ausgegangen, dass sich aus einer gemeinsamen Handlungspraxis ei-ne gemeinsame Erlebnisschichtung konstituiert, die wiederum zu kollektiven Orientierungen führt, welche zu handlungsleitenden Mustern werden. Diese Orientierungs- und Deutungs-muster als latente Sichtweisen oder Interpretationen innerhalb einer sozialen Gruppe bestim-men das Handeln der Akteurinnen und Akteure, hier der Pädagoginnen und Pädagogen bzw.

der Studierenden. Sie sind ihnen jedoch oftmals nicht direkt zugänglich und im

pädagogi-schen Alltag nur bedingt reflexiv erfassbar. Für den Forschungsprozess folgt daraus, dass sie über die bloße Ermittlung der explizit geäußerten Meinungen und Einstellungen hinaus inter-pretativ erschlossen werden müssen (vgl. Rock 2001, S. 64f.).

6.2.2 Methoden der Datenerhebung

Alle an der Forschung beteiligten Personen werden innerhalb dieser Untersuchung prinzipiell als orientierungs-, deutungs- und theoriemächtige Subjekte verstanden und gelten als kompe-tent hinsichtlich der Reflexion ihres Handelns. Diese Aussage hat besondere Relevanz im hier vorgestellten Forschungsprozess, welcher als Prozess von Reproduktion, Veränderung und Deutung kollektiver Handlungsmuster aufgefasst wird. Es geht dabei keinesfalls um die Rep-räsentation eines statischen Wirkungszusammenhanges, sondern alle Verhaltensweisen und Aussagen der Untersuchten werden als prozesshafte Ausschnitte der Reproduktion und Kon-struktion sozialer Realität betrachtet (vgl. Lamnek 2005, S. 23 f.).

Ein wichtiger forschungsmethodischer Zugang im Rahmen qualitativ-interpretativer Forschung ist der Diskurs. Aufgabe der Forschenden ist es, diesen Diskurs zu steuern und zu analysieren. Sowohl der Forschungsgegenstand als auch der Akt des Forschens sind durch Prozesshaftigkeit gekennzeichnet und setzen Kommunikations- und Interaktionsprozesse vor-aus. Die zirkuläre Beeinflussung von Forscher und Forschungsgegenstand im Prozess wird nicht als Störgröße betrachtet, sondern ist konstitutiver Bestandteil des Forschungsprozesses, welcher als diskursiver Prozess aufgefasst wird. Dabei gilt es, den Forschungsprozess in sei-nen Einzelschritten möglichst transparent zu machen. Durch Exploration des Verstehens- und Deutungshintergrundes soll offen gelegt werden, anhand welcher Regeln die kommunikative Erfahrung in Daten transferiert wird (vgl. Lamnek 2005, S. 22).

Aus der Projektstruktur heraus bietet sich die sozialwissenschaftliche Methode der Gruppendiskussion als geeignete Methode der Datenerhebung an, da das Lernen in und durch Gruppen ein Hauptaspekt erlebnispädagogischen Vorgehens darstellt und hierbei zur Daten-erhebung diskursive kommunikative Prozesse einbezogen werden können (vgl. Waider 2005, S. 40). Sie wird außerdem als besonders gegenstandsadäquat angesehen, da „Sinn- und Be-deutungszuschreibungen, Lebensorientierungen usw. primär sozial konstituierten, gemeinsa-men Erfahrungsräugemeinsa-men entstamgemeinsa-men und sich im Miteinander von Menschen mit gleichen oder ähnlichen Erfahrungen zeigen“ (Lamnek 2005, S. 428). Im Gegensatz zur vermittelnden Gruppendiskussion, welche Einstellungsveränderungen der teilnehmenden Personen zum Ziel hat, handelt es sich bei dem hier eingesetzten Verfahren um ein ermittelndes Verfahren zur Erhebung kollektiver Orientierungsmuster. Dabei wird mit der Gruppendiskussion nicht der

Interaktionsprozess als solcher fokussiert, sondern sie dient der Erhebung inhaltlich-thematischer Fragestellungen. Es wird davon ausgegangen, dass Erkenntnisse über den Unter-suchungsgegenstand nicht durch Gruppenprozesse hervorgebracht, wohl aber durch diese die Kommunikation darüber erleichtert wird (vgl. Lamnek 2005, S. 432).

Da die handlungsleitenden Aussagen zum Selbstverständnis und damit zu den Erwar-tungen in Bezug auf die spezifischen Aufgaben von Pädagoginnen und Pädagogen sowie Schülerinnen und Schülern im Lernprozess und zur Gestaltung der organisatorisch-institutionellen Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Interesses standen (vgl. Jank &

Meyer 2002, S. 305), besticht die Gruppendiskussion in der hier zugrunde gelegten Forschung einerseits unter ökonomischen Aspekt (alle Pädagoginnen und Pädagogen können in relativ kurzer Zeit „interviewt“ werden), andererseits durch den Aspekt der kommunikativen Validie-rung. Alle Interaktionsteilnehmerinnen und -teilnehmer haben jederzeit die Möglichkeit, zum Gesagten Stellung zu nehmen, es zu hinterfragen bzw. dem zuzustimmen oder Ergänzungen einzubringen. Auch ein korrigierendes Eingreifen in Bezug auf die Äußerung einer an der Diskussion teilnehmenden Person wäre möglich. Wird dies unterlassen, kann sowohl aus Sicht der interagierenden Personen als auch aus Sicht der Wissenschaftlerin davon ausgegan-gen werden, dass ersterer sich angemessen verstanden fühlt. Das in der konkreten Interakti-onssituation gemeinsam Hervorgebrachte kann somit als geteilt geltende Bedeutung betrachtet werden (vgl. Naujok 2001, S. 46).

6.2.3 Methoden der Datenanalyse

Es wird davon ausgegangen, dass sich sowohl Realität als auch die Theorien über sie in einem

„kontinuierlichen Herstellungsprozess“ (Strübing 2004, S. 38) befinden. Somit kann Realität also nicht als gegeben und unveränderlich vorausgesetzt werden. „Stattdessen […] entsteht

‚unsere Realität’ in der tätigen Auseinandersetzung mit Elementen der sozialen wie der stoff-lichen Natur, die damit zu Objekten für uns werden und Bedeutung erlangen, die wir uns über Prozesse der Symbolisation wechselseitig anzeigen können“ (Strübing 2004, S. 38, Auslas-sung T.K.). Somit liegt das Verständnis zugrunde, dass „uns die Wirklichkeit, wie sie ‚wirk-lich’ ist, verschlossen bleibt, daß unser Gehirn die Welt nicht ‚abbildet’, ‚widerspiegelt’, ‚an-eignet’, so, wie sie objektiv ist, sondern daß wir uns unsere eigenen Wirklichkeiten konstruie-ren, daß unsere Welt aus unseren Bildern besteht – aus Selbst-, Fremd- und Weltbildern. Un-sere Lebenswelt ist ein Konstrukt, sie ist die von uns gelebte und erlebte Welt“ (Siebert 2002, S. 11). Diese konstruktivistische Sichtweise ist in hohem Maße anschlussfähig an erkenntnis-theoretische Annahmen zu Lernprozessen, welche in Kapitel 3 zugrunde gelegt wurden. Dies

erscheint aus Gründen der Stringenz innerhalb dieser Arbeit zwingend notwendig und ergibt sich aus der Logik der Sache, wenn Forschung Lernprozesse und damit Weiterentwicklung von Praxis anregen soll.

Zur Datenanalyse kam das hermeneutische Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse zum Einsatz. Sie stellt eine Methodik systematischer Interpretationen dar, die durch vorab festgelegte Analyseschritte und Analyseregeln deren Nachvollziehbarkeit im forschungsme-thodischen Sinne gewährleisten soll. Das Material wird stets in den Kommunikationszusam-menhang eingebettet, d.h. der Text wird immer innerhalb seines Kontextes interpretiert und dieser wird transparent gemacht. Die qualitative Inhaltsanalyse zeichnet sich außerdem durch ihr systematisches, regelgeleitetes Vorgehen aus, welches die Orientierung innerhalb des For-schungsprozesses gewährleisten soll, indem im Gegensatz zu einer „freien“ ‚Interpretation alle Analyseschritte und Entscheidungsprozesse im Forschungsverlauf auf begründete und getestete Regeln zurückgeführt werden können. Ein zentraler Punkt ist dabei die Festlegung eines konkreten Ablaufmodells.

Abbildung 16 auf S. 181 zeigt ein allgemeines inhaltsanalytisches Ablaufmodell, wel-ches innerhalb der einzelnen Auswertungsschritte modifiziert wurde, da es stets an den kon-kreten Gegenstand und die entsprechende Fragestellung angepasst werden muss. Im Vorder-grund steht dabei stets der Forschungsgegenstand, welcher letztlich bestimmt, welche der drei Grundverfahren (Strukturierung, Zusammenfassung, Explikation) in welcher Form Anwen-dung findet. Die Inhaltsanalyse zeichnet sich durch ein zergliedertes Vorgehen aus, wobei inhaltsanalytische Einheiten (Kodiereinheiten, Kontexteinheiten, Auswertungseinheiten) im Vorfeld definiert werden. Zum Zweck einer induktiven Analyse können diese inhaltsanalyti-schen Einheiten jedoch sehr offen gehalten werden. Bei entsprechend weiter Definition kön-nen hierbei auch latente Sinnstrukturen gefunden werden. Wichtig bleibt jedoch, dass auch sehr weit gefasste Analyseeinheiten an theoretischen Aussagen orientiert sein sollen und vor-ab definiert werden. Nur so kann die Nachvollziehbarkeit und Intersubjektivität der Analyse gewährleistet werden. Im Zentrum der Analyse stehen stets Kategorien. Das Kategoriensys-tem ist ihr zentrales Instrument, wobei besonders innerhalb dieser Arbeit Verfahren angewen-det werden, bei denen das Kategoriensystem erst das Ergebnis des Analyseprozesses ist, also die synthetische Kategorienkonstruktion im Vordergrund steht (vgl. Mayring 2008, S. 42ff.).

Die Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse sind am alltäglichen Umgang mit sprachlichem Material orientiert. Dazu wurde das innerhalb der Gruppendiskussionen ent-standene Material transkribiert und mit Hilfe des Programms MAXqdacomputerunterstützt bearbeitet. Das Programm ermöglicht die Erstellung eines Codesystems und die Zuordnung

der inhaltstragenden Textstellen zum zugehörigen Code. Hierbei können sowohl induktiv als auch deduktiv Kategoriensysteme (Codesysteme) erstellt und Fundstellen, die Aussagen zu einer Hauptkategorie enthalten, sofort zugeordnet werden (Codings). Hierbei ist es auch mög-lich, bestimmte inhaltstragende Textteile mehreren Kategorien zuzuordnen, wenn sie aus der Perspektive der zugrunde liegenden Fragestellungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.

Abbildung 16: Allgemeines inhaltsanalytisches Ablaufmodell nach Mayring (2008, S. 54) Für die Analyse des Materials aus dem Teilprojekt „Linde“ wurde eine Mischform qualitati-ver Interpretationstechniken in Form deduktiqualitati-ver und induktiqualitati-ver Analysen eingesetzt. Dazu wurde die Fragestellung zunächst theoriegeleitet differenziert, wodurch sichergestellt wird, dass die Analyse einer theoretisch begründeten inhaltlichen Fragestellung folgt (vgl. Mayring 2008, S. 52). Die so entstandenen drei Hauptfragestellungen, die als Leitfragen ebenfalls den Prozess der Datenerhebung strukturierten, wurden zur Analyse des Datenmaterials in drei Hauptkategorien überführt.

Nun kam die Technik der inhaltlichen Strukturierung zum Einsatz. Dies schien beson-ders geeignet, um das Gesamtmaterial der auswertenden Gruppendiskussion inhaltlich zu

strukturieren, was zum Ziel hat, „bestimmte Themen, Inhalte, Aspekte aus dem Material her-auszufiltern und zusammenzufassen“ (Mayring 2008, S. 89). Dabei wurden zunächst die drei theoriegeleiteten Hauptkategorien (vgl. S. 185f. in dieser Arbeit) an das Gesamtmaterial he-rangetragen und die entsprechenden Textstellen zugeordnet. Die drei Hauptkategorien wurden anschließend einzeln durch induktive Analyse weiterbearbeitet. Hierbei kam hauptsächlich die Technik der Zusammenfassung zum Einsatz, welche zum Ziel hat, „das Material so zu reduzieren, daß die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben, durch Abstraktion einen überschau-baren Corpus zu schaffen, der immer noch Abbild des Grundmaterials ist“ (a.a.O., S. 58).

Daraus entstand ein zusammenfassendes Kategoriensystem, wobei die Kategorien aus dem Wechselspiel zwischen Theorie (Fragestellung) und konkretem Material entwickelt wurden (vgl. a.a.O., S. 53). Das Material des Projektteils „Rose“ wurde ausschließlich induktiv bear-beitet. Aus den entstandenen Kategorien wurden vier Fallportraits generiert.

Wenn es aufgrund des Materials nötig erschien, wurden die Aussagen mittels Explika-tion erläutert und erklärt, wobei der Verstehenshintergrund der Autorin in Form einer weiten Kontextanalyse zugrunde gelegt wurde. Bei dieser Form der Kontextanalyse darf der gesamte Verstehenshintergrund, also sowohl das theoretische Vorverständnis, als auch Informationen über die Entstehungsbedingungen der Forscherin an das Material herangetragen werden. Ziel ist es, das entstandene sprachliche Material auf eine allgemein verständliche Sprach- und Ver-stehensebene zu bringen (vgl. Mayring 2008, S. 79). Dies betraf vor allem Aussagen, bei de-nen zum Zweck der Verdeutlichung des Gesagten konkrete Situatiode-nen oder Schüler benannt wurden, der Verstehenshintergrund jedoch nicht benannt wurde, da davon ausgegangen wur-de, dass alle an der Diskussion beteiligten die Situation bzw. die Schülerin oder den Schüler kennen. Das konkrete Vorgehen innerhalb der Teilprojekte wird unter 6.3.3 (vgl. S. 187f.) bzw. 6.4.3 (vgl. S. 215f.) ausführlich dargestellt.

6.2.4 Anlage der Gesamtstudie

Das Gesamtprojekt umfasste die Teilprojekte „Linde“ und „Rose“. In Anlehnung an die Stan-dards qualitativer Forschung, die von relativer Offenheit und Prozessorientierung bestimmt werden, wurde zunächst eine Fragestellung formuliert, die die Auswertung des Teilprojekts

„Linde“ in seiner gesamten Breite avisiert. Als Datengrundlage diente hierbei eine abschlie-ßende Gruppendiskussion mit allen beteiligten Pädagoginnen und Pädagogen der Schule, die ca. zwei Wochen nach Beendigung des Teilprojekts stattfand. Die Pädagoginnen und Pädago-gen der Schule hatten eher eine begleitende und unterstützende Rolle innerhalb des Projekts und verfügten über die intensivsten Kenntnisse in Bezug auf die Lernausgangslage der

Schü-lerinnen und Schüler. Da sie nicht unmittelbar an der Feinplanung der erlebnispädagogischen Einheiten beteiligt waren, wird ihnen eine gewisse Distanz in Bezug auf das Geschehen zuge-schrieben. Zu dieser Gruppe gehörten sowohl Lehrerinnen und Lehrer als auch pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Innerhalb der Ergebnisdarstellung und -diskussion wird diese Gruppe von Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gruppendiskussion zusammenfassend als Pädagoginnen und Pädagogen bezeichnet.

Resultierend aus der Analyse des Datenmaterials wurde ein zusammenfassendes Kate-goriensystem entwickelt, welches anschließend diskutiert wird. Hierbei kristallisierten sich zwei Kategorien heraus, die von den Pädagoginnen und Pädagogen am intensivsten und zu-gleich kontroversesten diskutiert wurden. Aus diesen beiden Kategorien wurde eine vertiefen-de Fragestellung zur Auswertung vertiefen-des Materials aus vertiefen-dem Projektteil „Rose“ entwickelt. Dazu wurden die innerhalb des Kapitels 5 beschriebenen gruppendynamischen Prozessreflexionen (vgl. S. 146f.) der am Projekt beteiligten Studierenden aufgezeichnet. Die Studierenden als Planende und Durchführende verfügten zwar über weniger Erfahrungen im pädagogischen Umgang mit Schülerinnen und Schülern mit geistiger Behinderung, hatten als Studierende der Geistigbehindertenpädagogik jedoch ebenfalls fundierte Vorkenntnisse, die bisher eher theo-retische Aspekte fokussierten. Durch die intensive Auseinandersetzung mit erlebnispädagogi-schen Themen galten sie als Experten auf diesem Gebiet. In Abgrenzung zu den Pädagogin-nen und Pädagogen der Schule (s.o.), deren Aussagen die Datengrundlage im Projektteil

„Linde“ lieferten, werden die Mitglieder dieser Gruppe innerhalb der Ergebnisdarstellung und -diskussion begrifflich als Studierende gefasst.

Aus ökonomischen Gründen wurden vier gruppendynamische Prozessreflexionen aus-gewählt und anhand der vertiefenden Fragestellung aus dem Projektteil „Rose“ analysiert.

Hierbei kam das umfangreichste Datenmaterial zustande. Parallel dazu wurden alle mit den Schülerinnen und Schülern durchgeführten wöchentlichen Veranstaltungen mit einer Video-kamera dokumentiert. Diese Videoaufnahmen haben ergänzenden Charakter und wurden he-rangezogen, wenn anhand der Transkription Kontextinformationen nötig erschienen. Außer-dem wurde ein Beobachtungsplan erstellt, nach welchem das Verhalten einzelner Schülerin-nen und Schüler während der erlebnispädagogischen Anforderungssituation systematisch pro-tokolliert wurde. Einzelne Kleingruppenreflexionen innerhalb der erlebnispädagogischen Veranstaltung wurden in narrativer Form protokolliert. Auch diese Protokolle sowie sämtliche Planungsentwürfe der Studierenden standen für ergänzende Informationen zur Verfügung.

Abbildung 17 auf Seite 185 zeigt den Erhebungs- und Analysekreislauf des Forschungspro-zesses in seiner Gesamtheit.

Abbildung 17: Erhebungs- und Analysekreislauf gesamt

Zur besseren Nachvollziehbarkeit der folgenden Ausführungen wird dieser Kreislauf mit Abbildung 18 auf S. 184 noch einmal in chronologischer Form differenziert.

Abbildung 18: Erhebungs- und Analysekreislauf in chronologischer Form