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Leberfettstoffwechsel unter dem Einfluß der Bauchspeicheldrüse

a) Studien zum Einfluß des Pankreasekrets (Lipase), zum „Lipokain und

„antifatty-liver-factor“ [Tab. 21 u. 22]

Eine Vielzahl der Leberstudien des 20. Jhs. wurde durch aktuelle Sektionsbefunde an pankreatektomierten oder Pankreasgang-ligierten Hunden inspiriert. Die Forscher waren im Zusammenhang mit derartigen operativen Eingriffen regelmäßig auf Zeichen einer starken Fetteinlagerung in die Leber gestoßen; ein Phänomen, das sie mit dem Begriff „Fettleber-Syndrom“ ansprachen, weil es der Fettleber ähnelte, die sich im Verlauf chronischer Krankheiten entwickelte, und die auch schon den Wissenschaftlern des 19. Jhs. (s. FRERICHS 1858; s. S. 148) bekannt gewesen war.

So beschrieben erstmals FISHER (1923) und ALLAN et al. (1924/25) kurz nach der Entdeckung des Insulins im Jahre 1921 (erste Isolierung des Insulins durch BANTING u. BEST 1921; Veröffentlichung ihrer Ergebnisse 1922) die klinischen Folgen einer totalen Pankreatektomie. Beide Forschergruppen hatten die lebensverkürzende Wirkung einer Pankreatektomie zunächst ausschließlich mit dem Fehlen des Insulins erklärt. Jedoch hatten ihre Versuchshunde die Operation trotz Insulinsubstitution in allen Fällen nie länger als 2-3 Monate überlebt und bei der anschließenden Sektion als augenscheinlichste pathologische Veränderung starke fettige Infiltrationen und Degenerationen der Leber aufgewiesen. FISHER (1923) und ALLAN et al. (1924/25) mußten so erkennen, daß neben dem Insulinmangel noch ein zweiter Faktor an der Verkürzung der Lebensdauer ursächlich beteiligt schien.

ALLAN et al. (1924/25) glaubten diesen in der Deprivation des Pankreassaftes gefunden zu haben, als sie feststellten, daß der Zusatz von rohem Pankreas zur Nahrung die fettigen Veränderungen in der Leber verhindern und den Hunden ein langes Überleben trotz Pankreatektomie sichern konnte. Sie vermuteten daher, die Pankreasdrüse würde im Rahmen einer endogenen Sekretion eine Pankreaslipase ins Blut freisetzen, die dazu diente die Blutfette und die Fette in den fettspeichernden Organen abzubauen.

In den pankreatektomierten Tieren unterbleibe hingegen dieser Abbau aufgrund des fehlenden Sekrets, mit der Folge einer Fettmigration in die Leber.

Ebenso hatten BERG u. ZUCKER (1931/32) bei Hunden unter Ausschluß des Pankreassekrets aus dem Darm durch Pankreasgangligation oder Pankreasfistel eine fettige Leberdegeneration beobachtet. Auch sie gingen davon aus, die Leberverfettung hinge ausschließlich mit dem Ausfall der exogenen Pankreassekretion zusammen;

nahmen jedoch an, im Pankreassekret sei eine Substanz, möglicherweise hormoneller Natur, vorhanden, die aus dem Darm resorbiert werden würde und in irgendeiner Form mit dem Leberfettstoffwechsel in Verbindung stehe („Our observations indicate that the pancreatic juice contains a substance, possibly hormonal in nature, which is reabsorbed in the intestinal tract and is concerned with fat metabolism in the liver.“)

Die Franzosen AUBERTIN et al. (1935) versuchten einige Jahre später auf histologischem Wege die Ursachen der fettigen Leberdegeneration aufzuklären. Sie untersuchten zu diesem Zweck bei Hunden mit durchtrennten Pankreasgängen sowohl die Leber als auch die Bauchspeicheldrüse hinsichtlich pathologischer Veränderungen.

Da sie jedoch die Langerhans’schen Inseln im atrophischen Pankreasgewebe immer gut erhalten fanden, wie sie auch im lebenden Tier nach der Operation niemals eine Störung des Kohlenhydratstoffwechsels verzeichneten, sahen sie sich veranlaßt, die innere Sekretion des Pankreas (Fehlen des Insulins) als Verursacher der Leberdegeneration

auszuschließen und die Vermutung anderer Forscher, der Wegfall der äußeren Pankreassekretion sei für die Schäden an der Leber verantwortlich, zu bestätigen.

Um die Ursächlichkeit des Pankreassekrets zu belegen, studierten sie (unter LACOSTE et al. 1935) noch einmal den genauen histologischen Entwicklungsverlauf der fettigen Degeneration. Sie konstatierten, es käme zunächst während der 3-4-monatigen Entwicklungsphase der Fettleber zu einer einfachen Fettinfiltration, die sich erst später zu einer fettigen Degeneration, von der Leberläppchenperipherie zum Läppchenzentrum fortschreitend, ausdehnte. In Kenntnis anatomischer Zusammenhänge schlußfolgerten sie aus dieser Beobachtung, die ursächliche Noxe würde der Leber mit dem Pfortaderblut zuströmen und müßte daher, vermutlich als Folge des Ausfalls des äußeren Pankreassekrets, im Darm entstanden sein. Der nähere Entstehungsmodus und die Natur dieser Noxe blieb ihnen noch unerschlossen.

Ein Jahr später widersprachen VAN PROHASKA et al. (1936) der These, die fettige Degeneration sei auf das Fehlen der pankreatischen Enzyme zurückzuführen. Im Gegensatz zu BERG u. ZUCKER (1931/32) mißlang ihnen der Nachweis einer Fettleber sowohl bei Hunden, denen eine Pankreasfistel angelegt worden war, als auch bei Tieren, deren Pankreasgänge man vollständig unterbunden hatte. Nur die vollständige Pankreasentnahme führte zu einer fettigen Degeneration. Genauso war die tägliche Verabreichung von frischem Pankreassaft ohne positiven Effekt auf die Fetteinlagerung geblieben, und allein die Verfütterung von vollständigem Rohpankreas erbrachte bei den pankreatektomierten Hunden eine Besserung der Leberfettwerte. Als sie zudem durch gezielte Fütterungsversuche feststellten, daß weder die im Pankreassekret noch im verfütterten Rinderrohhirn physiologischerweise enthaltenen Mengen an Cholin oder Lecithin ausreichten, die Leberveränderungen rückgängig zu machen; postulierten sie die Existenz einer Pankreas-spezifischen Substanz, die nicht mit dem Sekret ausgeschieden wurde [Tab. 21].

Auch KAPLAN u. CHAIKOFF (1937b) glaubten, die Wirkung des verfütterten Rohpankreas sei nicht auf seinen Cholinbestandteil zurückzuführen, da das reine Cholin in ihrem Experiment an Hunden die Blutfettwerte im Gegensatz zum verabreichten Pankreas nicht erhöht hatte.

In einem Folgeversuch versuchte VAN PROHASKA in Zusammenarbeit mit anderen Forschern (unter DRAGSTEDT et al. 1936) die postulierte Substanz näher zu charakterisieren und identifizieren. In umfangreichen und komplizierten biochemischen Fraktionierungsprozessen stellten sie aus Rinderrohpankreas zunächst eine fettfreie Alkoholfraktion und eine, alle Lipide des ursprünglichen Pankreas enthaltende, Ätherextraktfraktion her und verfütterten diese anschließend einzeln an Hunde, bei denen sie zuvor durch Pankreatektomie die Entstehung einer Fettleber provoziert hatten. Während sich die Ätherfraktion bezüglich der Verbesserung der Leberfettwerte als unwirksam erwies und die Fettablagerung eher noch verstärkte, konnte die verabreichte fettfreie Fraktion, wie sich durch Biopsieentnahmen herausstellte, eine bereits entstandene Fettleber zurückbilden. Auch der zurückgebliebene Pankreas-trockenrest schien die aktive Wirksubstanz, die in Äther unlöslich, jedoch in Alkohol, 5%-iger Kochsalzlösung und in Wasser löslich war, zu enthalten. Angesichts dieser Eigenschaften und der Tatsache, daß diese Substanz nicht mit dem äußeren Sekret sezerniert wurde, identifizierten die Forscher selbige als Fett-verstoffwechselndes Hormon, welches im Fetttransport oder in der weiteren Fettverwertung eine Rolle zu spielen schien und welches sie daher mit dem Namen „Lipokain“ [lipos (griech) = Fett;

kaia (griech.) = verbrennen] belegten.

Ein Jahr nach diesem Fraktionierungsexperiment machten FLOCK u. BOLLMAN (1937) bereits Gebrauch von der durch DRAGSTEDT et al. (1936) entdeckten Substanz.

Sie verabreichten einem Hund, den sie mit sehr fettreicher Kost (10g Schweineschmalz / kg KG) ernährten, parallel dazu Lipokain (DRAGSTEDT’sches Alkoholextrakt).

Während sich die Leber dieses Hundes in der Sektion als vollkommen gesund erwies, zeigten die Lebern von Kontrollhunden, die nur die fettreiche Kost erhalten hatten, starke Fetteinlagerungen. Hierdurch schien erwiesen, daß obengenannte Substanz tatsächlich in der Lage gewesen war, die Bildung einer Fettleber zu verhindern.

Im Widerspruch dazu standen jedoch Befunde von BEST u. RIDOUT (1938). Die beiden Physiologen hatten an gesunde Ratten Cholin-arme Diäten verfüttert und in der Folge des Cholinmangels die typische Entwicklung einer Leberverfettung beobachtet. Unter der parallelen Verabreichung des DRAGSTEDT’schen Alkoholextrakts konnten sie jedoch keinen regelmäßigen Leberfett-reduzierenden Effekt der Substanz verzeichnen, der aufgrund der mäßigen Wirkkraft nicht auch der Leistung des darin enthaltenen Cholins und Lecithins zugeschrieben werden konnte.

Im Jahre 1939 kam es daher durch LEITES zu einer erneuten Überprüfung der These von DRAGSTEDT et al. (1936), der Fettgehalt der Leber könne durch das sog. Lipokain des Pankreas reguliert werden. Ähnlich wie diese stellte er in Extraktionsversuchen aus rohem Pankreas verschiedene Fraktionen her, die auf ihre Wirkung an gesunden Kaninchen getestet wurden. Bei den Kaninchen führte die Leberfett-reduzierende Substanz, die in den Versuchen durch ihre Löslichkeit in Wasser, Säure, Base sowie in bis zu 60%-igem Alkohol charakterisiert war, zu einer Abnahme des Blutfettgehalts und zu einer Zunahme des Blutketonkörpergehalts. Die chemischen Eigenschaften der Substanz führten ihn zu der Schlußfolgerung, bei dem Lipokain könne es sich weder um ein Lipoid noch ein Protein oder Polypeptid handeln. Weitere Befunde an gesunden Ratten, an die LEITES u. sein Mitarbeiter LUSENKO (1939) verschiedene Pankreas-fraktionen verabreichten, ließen ihn vermuten, es würde sich beim Lipokain um eine, bezüglich der Leber glycogenotrop wirksame Substanz handeln.

Im Jahre 1944 isolierten ENTENMAN et al. aus frischem Rinderpankreas Fraktionen, die in pankreatektomierten und Insulin-substituierten Hunden für die Dauer von 6 Monaten einen normalen Leberfettgehalt aufrechterhielten, wenn sie in täglichen Mindestdosen von 60 mg verfüttert wurden. Die wirksamen Farktionen gewannen sie aus dem Rinderpankreas durch Extraktion mit verdünnter Säure und durch Ausfällung mit Hilfe von Ammoniumsulfat bei Sättigungskonzentrationen zwischen 0,25 und 0,5.

Im Jahre 1943 experimentierte DRAGSTEDT in Zusammenarbeit mit anderen Forschern (unter JULIAN et al. 1943) noch einmal mit seinem Hormonextrakt Lipokain, diesmal an Hunden, denen das ketogene Hormon des Hypophysenvorderlappens injiziert worden war und die daraufhin Fette in der Leber anhäuften. Diese Fettakkumulation konnte tatsächlich durch Lipokaingabe verhindert werden.

Im selben Jahr untersuchte DRADSTEDT noch einmal mit Mitarbeitern (unter ALLEN et al. 1943) die Frage, ob das Lipokain auch im Pankreassaft enthalten sei. Sie versahen Hunde mit einer kompletten Pankreasfistel, die eine vollständige Ableitung des Pankreassekrets bewirkte. Tatsächlich war es aber unter dem Totalverlust des Pankreassaftes nicht zu der typischen Leberverfettung gekommen, die man bei pankreatektomierten und Insulin-substituierten Hunden sah. Die Amerikaner schlossen daraus, daß der Pankreassaft keine beträchtlichen Mengen an Lipokain enthalten dürfte, da sonst der Totalverlust des Sekrets durch verlorengehendes Lipokain eine Leberverfettung bewirkt hätte.

Bereits im Jahre 1941 veröffentlichte man in Belgien erste konkrete Vorstellungen zu den Anwendungsgebieten des Lipokains (ANONYMUS 1941). In der Zusammen-fassung der neuesten Forschungsergebnisse zum Lipokain, diesem neben dem Insulin existierendem zweiten Pankreashormon, das den Fettstoffwechsel regulieren sollte, wurden erstmals Zahlen zur exakten Dosierung bei pankreaslosen und Insulin-substituierten Hunden zur Verhinderung der Leberverfettung genannt. So sollten 60-100 mg / d / Tier der aus dem Pankreasextrakt gewonnenen Trockensubstanz „Lipokain“, peroral oder subcutan verabreicht, genügen, um die pankreaslosen Hunde am Leben zu erhalten.

Zwei Jahre danach kam DRAGSTEDT (1943) im Rahmen der Darstellung der Probleme, die sich für Chirurgen bei Operationen an der Bauchspeicheldrüse ergeben könnten, auf den humanmedizinischen Einsatz der Substanz Lipokain zu sprechen. In der festen Überzeugung, einige seiner in vielen Jahren bei Arbeiten zum Hundepankreas zusammengetragenen Erkenntnisse seien auch für die Pankreaschirurgie des Menschen relevant, da viele Patienten auch technisch perfekt ausgeführte Operationen nicht überlebt hatten, verwies er auf die Wichtigkeit einer je nach Operationausmaß erforderlichen OP-Nachsorge. So gab er an, ein operatives Vorgehen, bei dem 80% des Pankreas entfernt werden würde, könne durchaus ohne Folgen für die Zucker- und Fettverwertung bleiben, solange der verbliebene Pankreasrest seine Verbindung zum Pankreasgang nicht verloren habe. Würde man hingegen 90% der Bauchspeicheldrüse (bei Bestehenbleiben der Verbindung des 10%-Restes zum Pankreasgang) entfernen, sei ein Insulinsersatz und eine Lipokain-Substitution in Form von Rohpankreas oder anderen Pankreaszubereitungen unumgänglich. Zwar erfolge auch unter einer allenfalls 10%-igen Pankreasenzymproduktion noch keine Beeinträchtigung der Fettverdauung und -resorption, aber die Entstehung einer Leberverfettung und eines Diabetes sei ohne Substitution nicht zu verhindern. Dagegen habe die Entfernung des gesamten Pankreas (Entnahme von 100%) beim Hund immer zu einer beträchtlichen Störung der Fettspaltung und Fettaufnahme geführt. Auch unter dem Eingriff der Pankreas-gangligation hatte DRAGSTEDT eine, wenn auch mildere Störung, der Fettspaltung und -resorption beobachtet. War zusätzlich noch ein Teil der Bauchspeicheldrüse reseziert worden, mündete dies in einer Insulin- und Lipokaindefizienz, die es zu behandeln galt. Bereits die Chirurgen BOYCE u. McFETRIDGE (1938) hatten bemerkt, daß es nach der Ligatur der Pankreasgänge bei ihren Hunden nicht zur fettigen Leberdegeneration gekommen war, sofern der Pankreaskörper unverändert in situ belassen wurde.

Die Gesamtheit seiner in Operationen gewonnenen Beobachtungen führten DRAGSTEDT zu einem abschließenden Postulat. Nach seiner Auffassung handelte es sich beim Lipokain um ein spezifisches, für den normalen Funktionsablauf des Fettstoffwechsels notwendiges Hormon, das von den alpha-Zellen der Langerhans’schen Pankreasinseln synthetisiert wurde.

Tabelle 21: Untersuchungen zu einem spezifisch Fett-verstoffwechselnden Hormon der Pankreasdrüse („Lipokain“) an Hunden

Jahr Autor Thema / Inhalt

1936 VAN PROHASKA et al. These von einem endogenen Pankreashormon zur Regulation des Fettstoffwechsels

1936 DRAGSTEDT et al. ein fettmetabolisierendes Hormon des Pankreas (Benennung „Lipokain“);

Isolierung aus der fettfreien Fraktion des Pankreasdrüsenextraktes; Verfütterung an pankreatektomierte Hunde mit Fettleber führte zur Rückbildung der fettigen Degeneration

1937 FLOCK u. BOLLMANN Prüfung der Wirksamkeit des Lipokains an Hunden

1939 LEITES weitere chemische und physikalische Charakterisierung des Lipokains; Erprobung an gesunden Kaninchen

1939 LEITES u. LUSENKO weitere Reinigung der Substanz; Erprobung an gesunden Ratten

1941 ANONYMUS Ableitung aus den bisherigen Literaturbefunden, daß pankreaslose Hunde mit Lipokain am Leben gehalten werden können; Dosierungsempfehlung: 60-100 mg Lipokain (Tockensubstanz des Pankreasextrakts) / d / Tier peroral od. subkutan 1943 ALLEN et al. das Lipokain soll im Pankreassaft nicht in ausreichender Menge enthalten sein,

sondern nur im Pankreasgewebe

1943 JULIAN et al. die Injektion des ketogenen Hormons des Hypophysenvorderlappens bewirkt bei gesunden Hunden Fettakkumulationen in der Leber, die durch Lipokaingabe verhindert wurde

1943 DRAGSTEDT zusammenfassende Arbeit zu Problemen der Pankreaschirurgie; Empfehlung des Lipokains für die humanmedizinische Praxis

Da man sich in den 30-er Jahren trotz obiger Studien noch immer nicht über die Art und den Modus der Leberfett-reduzierenden Eigenschaft des Pankreas im Klaren war, griff man in der Praxis regelmäßig auf die Möglichkeit zurück, die Leberverfettung pankreatektomierter Hunde durch die Verabreichung von Rohpankreas zu verhindern. Denn bereits ALLAN et al. hatten 1924/25 bei pankreatektomierten und Insulin-substituierten Hunden unter der Verabreichung von Rohpankreas das Ausbleiben der typischen Leberverfettung beobachtet.

Im Jahre 1937 (a) stellten die amerikanischen Humanmediziner CHAIKOFF u.

KAPLAN jedoch die Notwendigkeit einer Zulage von Rohpankreas zur Diät pankreatektomierter Hunde in Frage und nahmen an, auch eine proteinreiche und mit Vitaminen und Mineralstoffen substituierte Nahrung (täglich: 280 g rohes mageres Rindfleisch, 50 g Saccharose, 7 g Knochenasche, 25 ml Kabeljauöl, Vitamin B1 u. B2) sei zur Verhinderung der Fettleber ausreichend. Entgegen ihren Erwartungen mußten sie allerdings bei der Sektion erkennen, daß die gezielte Diät zwar dazu beigetragen hatte, die Lebenserwartung der Hunde beträchtlich zu verlängern (bis zu 5 Jahren), daß sie einerseits das Auftreten von Fettlebern nach einem Jahr oder die Rückbildung derselben unter Fibrosierung, andererseits andere Organschädigungen (Katarakte) jedoch keineswegs hatte verhindern können.

Dagegen hatten sie (KAPLAN u. CHAIKOFF 1936) in einem anderen, früheren Experiment festgestellt, daß sich selbst die Verabreichung von autoklaviertem Pankreas, d.h. einer nicht von bakteriellen Beimischungen beeinträchtigten sterilen Pankreaszubereitung dazu eignete, eine Erhöhung der Leberlipidwerte bei pankreatektomierten, Insulin-substituierten Hunden zu verhindern.

KAPLAN u. CHAIKOFF (1937a) prüften daher noch einmal im Detail, ob es möglich wäre, autoklaviertes Pankreas mit gleichem Erfolg bei pankreatektomierten Hunden einzusetzen, wobei ihre Aufmerksamkeit möglichen Unterschieden in der Wirkkraft des Rohpankreas und autoklavierten Pankreas galt. Zunächst untersuchten sie jedoch den Verlauf der Leberverfettung. Dabei stellten sie fest, daß eine sichtbare Leberverfettung frühestens in der 4. Woche nach der Pankreatektomie eintrat, manchmal aber auch erst in der 15. Woche zum Ausbruch kam. Um sicherzustellen, daß der Fettsäurengehalt der Leber auf über 14% angestiegen war, mußten die Amerikaner daher nach der Pankreatektomie 16 Wochen verstreichen lassen. Allerdings gab es auch Ausnahmen;

drei Hunde, die länger als 4 Jahre überlebten, zeigten trotz der Operation fast normale Fettsäurenkonzentrationen in der Leber. Erneut zeigte sich, daß die Verfütterung von Rohpankreas die fettige Leberinfiltration verhindert hatte und sogar bei bereits manifester Leberverfettung einen geringfügigen Heileffekt ausübte. Auch das autoklavierte Pankreas hatte nichts von seinen diesbezüglichen Wirkungen eingebüßt.

Etwas später sollte LEITES (1939) feststellen, daß die von ihm aus Rohpankreas isolierte und gegen die Leberverfettung wirksame Fraktion (Lipokain) selbst durch 5-10-minütiges Kochen nicht zerstört wurde.

Allerdings war das autoklavierte Pankreas in KAPLAN u. CHAIKOFFs Experiment (1936, 1937b) nicht mehr in der Lage gewesen, zu der für das Rohpankreas typischen Blutfettsteigerung zu führen, andererseits verhinderte es aber die für eine fehlende Rohpankreas-Substitution typische Blutfettsenkung.

In den darauffolgenden Jahren sollten immer mehr Beobachtungen zur Entstehung der Fettleber auch am lebenden Tier mit Hilfe von Leberbiopsieproben erfolgen.

So hatten 1937 (b) CRISTOL et al. eine Methode ausgearbeitet, durch die eine wieder-holte Exstirpation von Leberteilen am selben Tier ohne Störung des Leberstoffwechsels und ohne wesentliche Minderung der Organsubstanz möglich geworden war. Sie schlugen aufgrund erfolgreicher Studien an normalen und pankreatektomierten Hunden vor, die Bauchhöhe durch Medianschnitt zu eröffnen und Leberlappenteilchen in einer Größenordnung von ca. 500 mg mit Hilfe einer geheizten Stahl- oder Platinschlinge (8 mm Durchmesser), die zu einer unmittelbaren Blutstillung führen sollte, zu entnehmen.

Diese geringen Mengen seien vollkommen ausreichend für die Mikrobestimmung der Leberfettkörper, zur Ermittlung des Cholesterin-, Phosphor- und Stickstoffgehalts und zur Durchführung zweier Glykogenbestimmungen.

CHAIKOFF u. KAPLAN (1937b) sahen sich vor obigem Hintergrund dazu veranlaßt, mit Hilfe von Leberbiopsieproben zu überprüfen, ob die Fettinfiltration bei einer fettigen Leberdegeneration gleichmäßig verteilt oder aber auf bestimmte Lappen oder gar Lappensektionen konzentriert erfolgte. Tatsächlich offenbarte eine Leberanalyse an 15 pankreatektomierten Hunden, daß die Ablagerung der Fettsäuren nicht gleichförmig über die Leber verteilt geschah, sondern erst dann uniformen Charakter annahm, wenn die Fettinfiltration einen Sättigungspunkt erreichte. CHAIKOFF u. KAPLAN folgerten daher, zwecks Bestimmung einer Veränderung des Leberfettgehaltes seien nicht kleine Leberbiopsieproben, sondern die Untersuchung ganzer Leberlappen zu empfehlen.

Allerdings stießen sie bei einem der 15 Hunde auf einen bestehenden Unterschied im Fettgehalt von 13% zwischen zwei verschiedenen, ganzen Leberlappen

CHAIKOFF et al. 1938 machten an pankreatektomierten und Insulin-substituierten Hunden, die sie allesamt spätestens nach 5,5 Jahren getötet hatten, die Erfahrung, daß, die generalisierte Leberfettdegeneration 2,5 bis 5,5 Jahre nach der Pankreatektomie bei

einigen Tieren zu einer extensiven, nicht infektiös bedingten Leberzirrhose geführt hatte.

Die Franzosen LOUBATIÈRES u. MONNIER studierten im Jahre 1939 an einem pankreatektomierten, Insulin-substituierten Hund nicht nur die Veränderungen des Fettgehalts, sondern auch die Alterationen des Glykogengehalts der Leber.

Anschließend machten sie darauf aufmerksam, daß die typische Erhöhung des Leberlipidgehalts stets mit inversen Veränderungen des Leberglykogengehalts einhergegangen war.

Im Jahre 1939 bewies noch einmal LEITES, daß die Leberverfettung bei pankreatektomierten, Insulin-substituierten Hunden durch die Verfütterung von Rohpankreas verhindert werden konnte, ebenso FLANAGAN u. STRUCK (1941).

ENTENMAN et al. (1941) hatten im selben Jahr auch in der Leber von Pankreasgang-ligierten Hunden einen erhöhten Gehalt an Fettsäuren und Cholesterol beobachtet, der unter der zweimaligen Verfütterung von 125 g Rohpankreas / d / Tier gesenkt werden konnte.

Auch 1947 verwandten CHAIKOFF et al. erneut Rohpankreas, um pankreatektomierte und Insulin-substituierte bei guter Gesundheit zu halten.

Parallel zu Wissenschaftlern, die eine Leberverfettung infolge einer vollständigen Pankreasentnahme (Pankreatektomie) beobachtet hatten, stießen andere Forscher auf Beweise, daß auch ein Ausschluß von Pankreassekret (Pankreasgangligatur und -durchtrennung, Pankreasfistel) ausreichte, um fettige Infiltrationen der Leber auszulösen.

So hatten schon BERG u. ZUCKER im Jahre 1931/32 an Hunden, deren Pankreasgang sie ligiert und durchtrennt hatten oder aber an Hunden mit Pankreasfistel eine Leberverfettung beobachtet.

Genauso stießen die Franzosen AUBERTIN et al. im Jahre 1935 bei 3 Hunden, deren Pankreasgang sie unterbunden und durchschnitten hatten, auf eine fettige Leber-degeneration, deren Ausprägungsstärke in Zusammenhang mit dem Fettreichtum der verabreichten Nahrung stand und dessen Ursache der Ausfall der externen Pankreassekretion zu sein schien.

Auch ihre Landsmänner LACOSTE et al. (1935) sahen bei ihren Pankreasgang-ligierten Hunden die beschriebene fettige Leberdegeneration, die sich im Verlauf von 3-4 Monaten schrittweise aus einer einfachen Fettinfiltration entwickelte.

Dagegen gaben VAN PROHASKA et al. 1936 an, ihre Versuchshunde hätten weder unter dem totalen Ausschluß des Pankreassekrets durch eine Pankreasfistel (Abb.

10a) noch durch eine Pankreasgangligatur und -durchtrennung (Abb. 10b) Zeichen einer Fettleber gezeigt. Zudem hatte frischer, aktivierter Pankreassaft (Abb. 10d), der von Pankreasfisteltieren stammte und der an pankreatektomierte Versuchshunde mit

10a) noch durch eine Pankreasgangligatur und -durchtrennung (Abb. 10b) Zeichen einer Fettleber gezeigt. Zudem hatte frischer, aktivierter Pankreassaft (Abb. 10d), der von Pankreasfisteltieren stammte und der an pankreatektomierte Versuchshunde mit