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6. ALLGEMEINES ZUR VERDAUUNGSPHYSIOLOGIE

7.1 Spaltung und Resorption der Nahrungsfette

7.1.2 Vorgänge im Magen

7.1.2.1 Fettspaltung und -resorption im Magen

Über die Frage, ob der Magen der Säugetiere mit der eigenständigen Sekretion einer Lipase unmittelbar an der Fettverdauung beteiligt war, bestand lange Zeit große Unsicherheit.

Zwar war eine geringe Spaltung von Neutralfetten im Magen von vielen Forschern des 19. Jhs. (KLEMPERER u. SCHEUERLEN 1889; MÜLLER 1887) beobachtet worden; sie erschien jedoch so geringfügig, daß man sie allein auf die Wirkung von Bakterien zurückführte. Auch RADZIEJEWSKY u. KÜHNE (1868) und CASH u. LUDWIG (1880) sprachen gegen Ende des 19. Jhs. von einer nur minimalen Fettaufspaltung im Magen, waren jedoch aufgrund ihrer Versuchsergebnisse erstmals der Ansicht, nicht Bakterien, sondern die Magenschleimhaut habe die Neutralfette durch ein ihr zueigenes Enzym in Glycerin und Fettsäuren gespalten. Gleichwohl wollte man das unbekannte Enzym, das man mit der Pankreaslipase verglich, nicht eindeutig als Lipase titulieren.

Erst der Humanmediziner VOLHARD (1900, 1901a, 1901b) sprach sich zu Beginn des 20. Jhs. konkret für die Existenz einer Magenlipase, die von der Magenschleimhaut sezerniert werden sollte, aus. Zunächst hatte VOLHARD (1900) eine Eigelbemulsion an menschliche Probanden verabreicht und bei der anschließenden Analyse des ausgeheberten Mageninhaltes überrascht festgestellt, daß der Magenchymus stark an Acidität gewonnen hatte. Die „auffallend hohe Acidität“ wies auf die Freisetzung von Fettsäuren und eine massive Fettspaltung hin, die seinen Berechnungen zufolge sogar 78,8% betragen sollte. Auch Milchfettemulsionen wurden im Magen der Probanden gespalten. Der Annahme, die Fettspaltung könnte auf rückfließenden Pankreassaft zurückzuführen sein, trat VOLHARD mit den Worten entgegen „doch beweisen schon die Versuche ... das Gegentheil, bei denen trotz ausgesprochener Pylorusstenose und motorischer Insuffizienz II. Grades, trotz hochgradiger Ektasie und Peristaltik diese auffallend starke Fettspaltung, welche die des Pankreas übrigens anscheinend noch übertrifft, zu Stande kam. Abgesehen davon würde zurückfließender Pankreassaft auch nicht emulgiertes Fett verseifen.“ Ein Jahr später überprüfte VOLHARD (1901a, 1901b) seine Befunde dann an Schleimhautextrakten, die er aus dem Magen frisch getöteter Hunde herstellte. Nach Zusatz der Extrakte zu einer Eigelbemulsion registrierte er ähnlich wie im ausgeheberten Mageninhalt eine Fettaufspaltung zu Fettsäuren und Glycerin. Durch vorherige Filtration und Sterilisation der Extrakte zum Ausschluß von Bakterien gelang ihm der Beleg, daß die Fettspaltung fermentativer Natur war; durch die Trennung der verwendeten Mägen in Fundus- und Pylorusdrüsenzone der Beweis, daß das dafür verantwortliche Ferment hauptsächlich von den Fundusdrüsen gebildet wurde. Als er (VOLHARD 1901b) schließlich die Eigenschaften des isolierten Ferments näher untersuchte, machte er die Erfahrung, daß die durch mehrtägige

Glycerin-extraktion gewonnene Lipase allenfalls in der Lage gewesen war, fein emulgierte Fette (Eigelb, Milch, Rahm) zu spalten, und dies im Gegensatz zu seiner früheren Annahme nur zu einem geringen Umfang (ca. 12%).

Schon ein Jahr darauf wurden seine Ergebnisse allerdings von INOUYE (1902) aufgrund eigener Untersuchungen mit dem Glycerinextrakt der Schweinemagenschleimhaut, aber auch mit PAWLOW’schem Hundemagensaft, in denen die Ermittlung fettspaltender Aktivitäten stets mißglückte, angezweifelt.

Dagegen hatte MUNK (1900) gezielte Versuche zur Fettresorption unternommen und dabei beobachtet, daß Fette bis zu 40-50% bereits im Magen zersetzt wurden. Von PESTHY beschrieb im Jahre 1906 in seiner Arbeit zur fettzersetzenden Fähigkeit des Hundemagens einen Spaltungsgrad von 40-60%. Frühere Forscher des 19. Jhs. hatten hingegen noch Werte um 1-5% genannt (s.o.; KLEMPERER u. SCHEUERLEN 1889;

MÜLLER 1887).

Unter dem Eindruck dieser Daten und auf Veranlassung VOLHARDs unterzog daher FROMME (1905/06) einige Jahre später die Versuche INOUYEs (1902) einer erneuten Überprüfung. FROMME studierte Magenschleimhautextrakte (Glycerinextrakte) vom Schwein und Hund, verzichtete im Gegensatz zu INOUYE aber auf die Verwendung ausgeheberten Magensaftes, da er annahm, daß in diesem Pankreassekret enthalten war, der „durch die Würgereflexe beim Aushebern“ in den Magen gelangt sein könnte.

Um einen Rückfluß eindeutig auszuschließen, empfahl FROMME daher stets die gleichzeitige Untersuchung auf vorhandenes Pankreastrypsin.

Bereits 1904 hatte der russische Physiologe BOLDYREFF davon berichtet, daß es unter der Anwesenheit von Fett im Hundemagen zu einem Übertritt eines Gemisches aus Pankreassekret, Darmsaft und Galle vom Duodenum in den Magen gekommen war. Er leitete daraus die Vermutung ab, „daß bei fetter Speise die Verdauung im Magen hauptsächlich mittels der Pankreasfermente geschieht“.

In Widerspruch zu INOUYE (1902) und in Übereinstimmung zu VOLHARD (1901a) konnte FROMME jedoch tatsächlich ein fettspaltendes Enzym von geringer lipolytischer Aktivität aus dem Fundusteil der Magenschleimhaut des frisch getöteten Versuchshundes isolieren. In der ebenfalls geprüften Pylorusschleimhaut war dagegen kein fettspaltendes Ferment enthalten. Außerdem stellte FROMME fest, daß das aus dem Hundemagen isolierte Ferment der menschlichen Magenlipase in seinen chemischen Eigenschaften ähnlicher war als die aus dem Schweinemagen gewonnene Lipase.

Der deutsche Pharmakologe LAQUEUR sah sich im Jahre 1906 zu einer weiteren Untersuchung veranlaßt. Um die Beimischung von Pankreasfermenten und eine bakterielle Fettspaltung auszuschließen, bediente er sich zweier Methoden. Zum einen wählte er für seinen Versuch einen Hund mit kleinem PAWLOW’schen Magen, der ihm die Gewinnung reinen unvermischten Magensaftes ermöglichte, zum anderen versetzte er die Eigelbemulsion mit der antibakteriziden Substanz Toluol. Erneut war auch der reine Magensaft des Hundes in der Lage, die Fette der Eigelbemulsion aufzuspalten; die eintretende Spaltung hing jedoch von der Feinheit der Fettemulsion ab. So erfolgte in einer grob-emulgierten Olivenölemulsion oder in reinem Olivenöl keinerlei Spaltungs-reaktion. Sogenannte „Scott’sche Lebertranemulsion“ von mittlerer Feinheit erbrachte hingegen eine 1%-ige, Eigelbemulsion von hoher Feinheit jedoch eine 20%-ige Fettaufspaltung, die im Gegensatz zur Fettzersetzung durch die Pankreaslipase durch den Zusatz von Galle kaum gesteigert werden konnte. LAQUEUR vermochte mit dieser

Versuchsanordnung die Beobachtung VOLHARDs, vom Magen selbst werde ein nur feinste Fettemulsionen spaltendes Enzym mit dem Magensaft sezerniert, zu bestätigen.

Auch die Biochemiker SCHUMOFF-SIMANOWSKI u. SIEBER (1906) konnten im Rahmen einer Studie zum Verhalten des Lecithins gegenüber fettspaltenden Enzymen nach der Versuchsanordnung VOLHARDs ein Ferment aus dem Magen eines frisch getöteten Hundes isolieren, das im Reagenzglas fettspaltende Eigenschaften zeigte. Als sie dessen Wirkung in-vitro insbesondere gegenüber Lecithin prüften, stellten sie fest, das dieses „Magensteapsin“ genauso wie das Pankreassteapsin in der Lage war, Lecithin zu spalten, jedoch in weit geringerem Maße als die Pankreaslipase.

LEVITES (1906) untersuchte dagegen noch im selben Jahr, ob der Magensaft im Widerspruch zu den Versuchen VOLHARDs genauso nicht-emulgierte Fette (Rinderfett, Kuhbutter, Schweineschmalz) zu zersetzte. Er verfütterte in getrennten Versuchsreihen je 100 g der genannten Fettsorten an einen Magenfistelhund, um anschließend den Magen nach verschiedener Verweildauer des Fetts über die Fistel zu entleeren, nachzuspülen und den Verdauungschymus samt Spülwasser zu analysieren. In Korrelation zur Verdauungszeit bestimmte er zum einen die Menge des nach der Magensekreteinwirkung noch vorhandenen ungespaltenen Fetts, zum anderen die Menge der durch Spaltung gebildeten freien Fettsäuren. Wie schon die früheren Forscher konnte er stets eine geringgradige Fettspaltung feststellen, niemals jedoch eine Fettresorption. Er kommentierte seine weiteren Beobachtungen mit den Worten, „Die chemische Veränderung, die das Fett im Magen erleidet, ist in den ersten Stunden sehr gering, solange der Mageninhalt sauer reagiert. Sobald aber das Saftgemisch aus dem Duodenum in erheblichen Quantitäten durch Antiperistaltik in den Magen gelangt, so wird augenscheinlich durch den Einfluß der letzteren die Spaltung der Fette bedeutend verstärkt. Wird durch das Saftgemisch der Mageninhalt alkalisch gemacht, so wird von diesem Momente an die Spaltung schon beträchtlich.“. Den Grund für den beträchtlichen Anstieg der Spaltprodukte sah LEVITES daher in erster Linie in der Alkalisierung des zuvor sauren Mageninhaltes und in einer demzufolge erleichterten Verseifungsreaktion.

In dieser Vermutung wurde er durch Befunde unterstützt, die er anschließend an einem Pylorusfistelhund, bei dem ein Rückfluß von Duodenalinhalt ausgeschlossen war, beobachtete. Hier war die Fettspaltung im Magen noch geringer als beim Magenfistelhund, und die Entleerungen reagierten zudem gesamthaft sauer. Den Zusammenhang, daß mit dem Saftrücktritt nicht nur ein alkalisches Milieu, sondern auch die Pankreaslipasen in den Magen eingetreten waren, erkannte er anscheinend noch nicht.

BOLDYREFF wies deshalb im Jahre 1908 erneut darauf hin, daß es bei seinen Versuchshunden unter der Verabreichung fettreicher Nahrungsmittel zu einem retro-graden Übertritt von Säften aus dem Duodenum zurück in den Magen gekommen war, genauso bei Hunger und übermäßiger Säurekonzentration des Mageninhalts. Im Gegen-satz zu LEVITES, der diesen Saft pauschal als „Saftgemisch“ angesprochen hatte, machte BOLDYREFF noch einmal deutlich, daß ein Zusammenhang zwischen der Fettspaltung im Magen und den im Pankreassekret enthaltenen Lipasen bestand. Die Existenz einer Magenlipase, der er allerdings nur eine sehr geringe lipolytische Aktivität zusprach, leugnete auch er nicht. Der Russe gab zu bedenken, daß, wann immer bisher der Inhalt des Magens auf das Vorhandensein fettspaltender Fermente untersucht worden war, die Möglichkeit dieses Rücktritts von Darmsäften in Betracht gezogen werden müsse.

Auch BEST u. COHNHEIM (1910b) registrierten 2 Jahre darauf bei ihren Versuchshunden im Anschluß an die Verfütterung von Fett einen Rückfluß von Galle in den Magen.

In einer späteren Arbeit deutete BOLDYREFF (1916/17) den auf die Verabreichung von Öl hin erfolgenden Rückfluß als einen Mechanismus des Körpers zur automatischen Regulation der Magenacidität. So sollte der Rückfluß dem Schutz der Duodenalschleimhaut vor zu hohen Säurereizen, d.h. als Schutz vor den bei der Fettspaltung freigesetzten Fettsäuren dienen.

Die Amerikaner BURGET u. STEINBERG (1922), die ebenfalls bei ihren mit Fett gefütterten Hunden einen regelmäßig nach ca. 35-40 min. eintretenden Rückfluß von Duodenalsekret in den Magen hinein beobachteten, registrierten in Einklang mit dieser Vorstellung im Magensaft eine innerhalb von 70-90 min. deutlich gesunkene Acidität.

Die zitierten Experimente machten eines deutlich; der Rückfluß von Duodenalsäften mit darin enthaltenen Enzymen und Abbauprodukten war anscheinend ein Vorgang, der keineswegs selten, sondern als regelmäßiger und physiologischer Mechanismus auftrat.

Im Jahr der Versuche BOLDYREFFs bemühte sich LONDON (1908 b) weiterhin um einen Beweis für die Existenz einer eigenständigen Magenlipase. Ähnlich wie LEVITES (1906) bestimmte er im Magen eines Magenfistelhundes, dem er feinemulgiertes Eigelbfett verabreicht hatte, die Menge der in Abhängigkeit zur Verdauungszeit entstandenen freien Fettsäuren. Weil er jedoch zugleich die Möglichkeit eines Rückflusses von Duodenalinhalt anerkannte, wiederholte er seinen Versuch mit einem Pylorusfistelhund, bei dem die Fistel unmittelbar hinter dem Pylorus lag und ein Rückfluß aufgrund der Ableitung der Duodenalsäfte durch die Fistel ausgeschlossen war. Seine Versuchsanordnung offenbarte, daß auch beim Pylorusfistelhund eine gewisse Spaltung der Eigelbfette zustandegekommen war; daß der Fettspaltungsgrad beim Magenfistelhund, bei dem ein Rückfluß von Duodenalinhalt nicht verhindert wurde, aber weitaus bedeutendere Ausmaße erreichte.

Im selben Jahr unternahm LONDON in Zusammenarbeit mit WERSILOWA (LONDON u. WERSILOWA 1908) einen zweiten Versuch, bei dem er nicht nur die Fettspaltungsvorgänge im Magen (Magenfistelhund) und im Anfangsteil des Duodenums (Pylorusfistelhund), sondern den Fettspaltungsgrad im gesamten Verdauungstrakt (Duodenum-, Ileum- und Ileocaecalfistelhund) in Abhängigkeit zur Verdauungszeit untersuchte. Anhand der Fettsäurenkonzentration im Chymus des Magenfistelhundes ermittelten die Autoren eine bald nach der Verfütterung des Eigelbfetts einsetzende Fettspaltung, die nach 6-stündiger Verdauungszeit von 4% auf 32% angestiegen war.

Die Herkunft der freien Fettsäuren führten sie zum einen auf Magenlipase-Aktivitäten, zum anderen auf den rückfließenden Duodenalinhalt zurück. Dennoch läßt ihre Aussage

„Wie bekannt, werden bei fetthaltiger Speise durch antiperistaltische Bewegungen des Duodenums aus demselben durch Pankreassaft gespaltene Substanzen (freie Fettsäuren) in den Magen zurückgeworfen“ erneut zweifeln, ob sie den Zusammenhang zum Eintritt der Pankreaslipasen in den Magen bereits erkannt hatten. Da LONDON u.

WERSILOWA jedoch auch bei dem Pylorusfistelhund eine, wenn auch geringfügigere, Zunahme der freien Fettsäuren verzeichneten, postulierten sie hier die alleinige Einwirkung der Magenlipase.

Ein Jahr später unternahm LEVITES (1909) den erneuten Versuch, die Fettspaltungsvorgänge im Magen aufzuklären. Wie schon LONDON u. WERSILOWA setzte er zwei Fistelhunde (Magen- und Pylyrusfistelhund) ein, wovon der eine die Fistel

derart nah am Pylorus trug, daß ein Zurücktreten der Duodenalsäfte verhindert wurde.

Zunächst verfütterte er Eidotterfett und stellte fest, daß der Mageninhalt 1 h nach der Fettaufnahme alkalisch reagierte und das Fett zu 30% zu freien Fettsäuren verseift worden war. Unter der Verabreichung von Olivenöl verhielt sich der Mageninhalt jedoch anders; selbst nach 4 h reagierte er noch sauer und die Fettspaltung betrug nur 4-5%.

Beim Versuch der Deutung dieser Unterschiede fiel ihm auf, daß das Vorhandensein des Eidotterfettes im Magen schon nach kürzester Zeit starke antiperistaltische Darmbewegungen ausgelöst hatte. Als LEVITES daraufhin den Eintritt der Duodenalsäfte in den Magen mit Hilfe der Pylorus-nahen Fistel verhinderte, konnte er anschließend nur noch eine geringradige Aufspaltung des Eidotterfetts im Magen registrieren, ähnlich wie zuvor unter dem Einsatz des Olivenöls. Im unterschiedlichen Verhalten der beiden Fettarten sah LEVITES auch die Erklärung für die bisher veröffentlichten sehr unterschiedlichen Zahlen zur Größenordnung der Fettspaltung im Magen.

Dagegen studierte der Japaner TAKATA (1922) mehr als zehn Jahre später insbesondere den Nüchterninhalt des Hundemagens. Dabei gab er an, im Saft des leeren Magens außer den Fermenten Pepsin, Labferment und Amylase auch das fettspaltende Enzym Lipase gefunden zu haben.

Da aber bereits BOLDYREFF 1908 beim hungernden Hund einen Darmsekretrückfluß vermerkt hatte, war die Frage nach der tatsächlichlichen Herkunft der im Magensaft bestimmbaren Lipase, Pankreas oder Magen, noch längst nicht geklärt.

Achtzehn Jahre nach TAKATA äußerte sich deshalb noch einmal VOGEL (1940) zur Magenlipase der Fleischfresser. Im Rahmen seiner Versuchsreihe zum Einfluß der Nahrungsfette auf die Acidität und den Lipasegehalt des Magens kam es zu einer weiteren Bekräftigung der These BOLDYREFFs (1908), die im Magen gefundenen fettspaltenden Fermente seien in erster Linie Pankreasfermente. Zunächst registrierte der Veterinärmediziner bei Hunden schon unter der Verabfolgung von Fleischnahrung regelmäßig einen Rückfluß der Duodenalsäfte in den Magen. Als er der Fleischnahrung jedoch noch Fett zusetzte, zeigte sich darüberhinaus im Magen eine Erhöhung des Lipasegehalts, wobei die schwerer schmelzbaren Fette im Vergleich zu den leichter schmelzbaren eine stärkere Konzentrationszunahme bewirkten. Aufgrund des gleichzeitigen Nachweises von Gallenfarbstoffen im Magensekret erschien VOGEL einmal mehr der Beweis dafür erbracht, daß unter der Fettfütterung Dünndarmchymus mit darin enthaltener Galle und Pankreaslipasen in großem Ausmaß in den Magen eingetreten war. Er sprach daher die Lipase im Magen erneut als Pankreaslipase an.

Obwohl VOGEL so erneut einen Beweis dafür lieferte, daß vor allem Pankreaslipasen bei der Fettspaltung im Magen tätig waren, vermochten erst Wissenschaftler in der 2.

Hälfte des 20. Jhs. durch ausgefeilte biochemische Separationsmethoden zwischen den, nur an die Magenschleimhaut adsorbierten oder oberflächlich eingedrungenen Lipasen und den selbst von der Magenschleimhaut sezernierten Enzymen zu unterscheiden und damit die Widersprüchlichkeit bisheriger Versuchsergebnisse aufzuklären. Im Verlauf der weiteren Forschung sollte es sich nämlich zeigen, daß eine Magenlipase in Form einer Triacylglycerin-Lipase de facto existierte; daß diese im Vergleich zur Pankreaslipase jedoch nur geringgradig an der Fettspaltung im Magen beteiligt war und auch nur niedrig schmelzende Fette zu zersetzen vermochte. Allein beim menschlichen und tierischen Säugling konnte dieses Ferment aufgrund des bereits emulgierten Muttermilchfetts und des noch wenig sauren Magensaftes weitreichendere Wirkung entfalten.