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Fettstoffwechsel unter dem Einfluß des Pankreas (Fettspaltung und -resorption)

6. ALLGEMEINES ZUR VERDAUUNGSPHYSIOLOGIE

7.1 Spaltung und Resorption der Nahrungsfette

7.1.3 Vorgänge im Dünndarm (Spaltung und Resorption der Nahrungsfette)

7.1.3.1 Fettstoffwechsel unter dem Einfluß des Pankreas (Fettspaltung und -resorption)

Bereits Mitte des 19. Jhs. erkannte erstmals BERNARD (1849) in in-vitro Versuchen, daß das Pankreassekret bei Einwirkung auf Fette und Öle eine saure Reaktion hervorrief, die der Franzose der Eigenschaft des Pankreasferments, Fette und Öle in Glycerin und Fettsäuren zu spalten, zuschrieb. Als BERNARD die Ergebnisse seiner Reagenzglasversuche an Hunden, deren Pankreasausführungsgänge er unterbunden bzw. deren Pankreas er verödet hatte, überprüfte, konstatierte er außerdem eine Abhängigkeit der Fettresorption von den zuvor in-vitro ermittelten fettspaltenden Eigenschaften des Pankreassekrets. Erst MERING u. MINKOWSKI sollte jedoch 1889 der Versuch der vollständigen Pankreasexstirpation gelingen, der anschließend durch ABELMANN (1890), SANDMEYER (1892 u. 1895) und HARLEY (1895) fortgeführt wurde und stets Einschränkungen der Fettresorption mit sich brachte [zit. nach ALEXY 1998, S. 124-128]

Zu Beginn des 20. Jhs. machte PFLÜGER (1900b) im Rahmen eines Beitrages zur Frage der Fettresorption weitere entscheidende Aussagen zum Einfluß des Pankreassekrets auf den Fettstoffwechsel. „Alle Verdauung sämmtlicher Nährstoffe, und zwar mit Einschluß der Fette, beruht auf hydrolytischer Spaltung, wodurch in wässrigen Flüssigkeiten lösliche Substanzen entstehen, welche den resorbirenden Zellen zur Verfügung gestellt werden.“ In aktueller Kenntnis der Versuche VOLHARDs (1900), der für die Fettaufspaltung im Magen ein unbekanntes Ferment der Magenschleimhaut verantwortlich gemacht hatte, postulierte PFLÜGER, der im Dünndarm eintreffende noch nicht-zerlegte Fettanteil werde anschließend durch das lipolytische Pankreas-ferment „Steapsin“ vollständig zerlegt. „Weil“ aber „das Steapsin sich in wässriger Lösung befindet, kann es mit dem Fett, das in Wasser unlöslich ist, sich nicht mischen.

Die einzige Möglichkeit also, um eine grössere Wirksamkeit des Steapsins auf das Fett zu erzielen, ist nur herstellbar dadurch, dass die Berührungsoberfläche des Fettes mit der wässrigen Steapsinlösung auf ein Maximum gebracht wird. Desshalb ist auch der Galle und auch dem Bauchspeichel die Fähigkeit verliehen, das Fett zu zerstäuben, d.h. zu emulsioniren. Das ist der Sinn der Emulsionirung.“

Im Jahre 1906 erbrachte LEVITES durch ausführliche Untersuchungen an Magen-, Pylorus-, Duodenum-, Jejunum- und Ileumfistelhunden noch einmal den Beweis, daß das Nahrungsfett im Darm in erheblichem Ausmaß durch die Lipase des Pankreassekrets zu Glycerin und Fettsäuren aufgespalten wurde. Der Sankt Petersburger Pathophysiologe hatte seinen Hunden verschiedene Nahrungsfette (Rinderfett, Kuhbutter, Schweinefett) verabreicht und anschließend die aus der Fistel entnommenen Verdauungsprodukte auf ihren Gehalt an freien Fettsäuren geprüft, der

in allen Fällen angestiegen war. Im Jejunum des ersten Jejunumfistelhundes (Fistel liegt 1 m entfernt vom Pylorus) ermittelte LEVITES so bei Rinderfettfütterung die Freisetzung von 26%, unter Kuhbutterfütterung eine Freisetzung von 28% freien Fettsäuren und unter der Verabreichung von Schweinefett 26% freie Fettsäuren;

während die Fettspaltung im Jejunum des anderen Fistelhundes (Fistel in der Mitte des Jejunums) mit 39-40% freien Fettsäuren unter Rinderfett- und Kuhbutterfütterung bzw.

32% unter Schweinefettzufuhr noch weiter fortgeschritten war. Beim Pylorusfistelhund, bei dem aufgrund des verhinderten Rückflusses von Duodenalinhalt nur die Magenlipase wirksam werden konnte, stieß er hingegen auf nur eine geringgradige Freisetzung von freien Fettsäuren, die er aus der Differenz der Säurezahl des verfütterten und des wieder aus Fistel zurückgewonnenen Fettes berechnete. Genauso war die Fettspaltung bei einem Duodenumfistelhund, dessen Fistel 25 cm hinter dem Pylorus lag und bei dem sämtliche Entleerungen noch rein sauer reagierten, relativ geringfügig (Rinderfett: Anstieg der Säurezahl von 0,37 auf 6,88; Kuhbutter: von 0,46 auf 1,73). Auf der anderen Seite war selbige bei einem Hund, bei dem die Jejunumfistel im Vergleich zu den obengenannten Fistelhunden näher am Caecum (1 m entfernt vom Caecum) lag, nur in unerheblichem Ausmaß weiter angestiegen, während parallel dazu die Fettresorption im Vergleich zu Jejunumfistelhund I (Schweinefett: 8%, Rinderfett:

11%) und Jejunalfistelhund II (Rinderfett: 37%, Kuhbutter: fast 37%, Schweinefett: 21%) auf 60% angesteigen war. Im Ileum (Ileumfistelhund) schließlich fand sich eine Konzentration von 42-66% freien Fettsäuren bei Rinderfettgabe und 22% freien Fettsäuren bei Schweinefettfütterung. Der Fettspaltungsvorgang mußte also im wesentlichen hinter der Duodenalfistel begonnen haben und vor Eintritt in das Ileum abgelaufen sein, wobei die Fettspaltungsrate erst beträchtlich zugenommen hatte, als die Entleerungen neutral (Jejunalfistehund I) oder alkalisch (Jejunalfistelhund II) reagierten. All dies sprach, auch wenn LEVITES dies nicht konkret äußerte, für eine Fettspaltung unter Einwirkung des alkalischen und Lipasen enthaltenden Pankreassekrets.

Auch LONDON u. WERSILOWA (1908), die ähnliche Studien mit Fistelhunden (Magen, Pylorus-, Duodenum-, Ileum- und Ileocaecalfistel) durchgeführt hatten, nannten erste konkrete Zahlenwerte zur Fettspaltung in den einzelnen Darmabschnitten. Sie gaben an, schon im Magen erfolge eine Aufspaltung des verfütterten Eigelbfetts bis zu 32%, anschließend erfolge im oberen Abschnitt des Duodenums (Duodenalfistelhund) eine weitere, bis höchstens 41%-ige Aufspaltung „dank der Einwirkung der Säfte, welche aus der 1. (Duodenal-) Papille abfließen“ und „noch vor dem Zusammentreffen mit dem Pankreassaft aus der 2. Papille.“ Im Dünndarm (Ileumfistelhund) würde dann der Prozentgehalt der freien Fettsäuren ein Maximum von 95% erreichen, während der Brei in den Dickdarm mit einem Spaltungsgrad von höchstens 69% eintrete. Die starke Abweichung der Prozentsätze von den durch LEVITES (1906) ermittelten Zahlenwerten darf nicht zu Irritationen Anlaß geben. Denn die Differenzen waren vor allem darin begründet, daß LONDON u. WERSILOWA ihren Hunden bereits emulgierte Fette (Eigelbbrei) und nicht Neutralfette, wie das Rinderfett, Schweinefett und die Kuhbutter verabreicht hatten.

Einige Wissenschaftler des 19. Jhs. (1890 ABELMANN, 1892 SANDMEYER) hatten aufgrund ihrer Versuche mit Hunden, denen das Pankreas vollständig bis auf einen kleinen, nicht mit dem Duodenum verbundenen Rest exstirpiert worden war, angenommen, das Pankreas sei bei einer Unterbrechung der exokrinen Sekretion auch in der Lage, sein exokrines Sekret über den Blutweg zunächst an andere

Verdauungsdrüsen abzuscheiden, die es dann stellvertretend in den Darm entleeren würden. Sie beriefen sich dabei auf ihre Beobachtung, daß die Fettresorption bei derart präparierten Tieren immer noch eine größere war als bei Tieren mit vollständiger Pankreasresektion.

Auch LOMBROSO erörterte in einem Versuch im Jahre 1906 die Hypothese einer endokrinen Wirkung des Pankreas auf die Fettresorption. Er hatte ähnlich wie die obigen Forscher beobachtet, daß die Ligatur und Durchtrennung der zwei Pankreas-ausführungsgänge bei seinen Hunden nicht dieselben schweren Fett-resorptionsstörungen zur Folge hatte wie die Pankreasexstirpation. Um sicher zu gehen, daß keine Sekretabgabe aus einem möglicherweise wiederhergestellten Pankreasductus erfolgt war, verfiel LOMBROSO auf die Idee, ein kleines Pankreasstück (Processus uncinatus) unter die Bauchhaut zu verpflanzen und den Rest zu exstirpieren. Trotzdem war die Fettresorption immer noch eine bessere als bei vollständiger Pankreasentnahme. Um nun die obengenannte These der Resorption des Pankreas-sekrets in das Blut auszuschließen, wiederholte der Italiener den Fettfütterungsversuch an Hunden mit PAWLOW’scher Pankreasfistel am ersten Ductus (Hauptausführungsgang) und einer Ligatur am 2. Ductus (Nebenductus), bei denen das exokrine Pankreassekret so weder in den Darm noch aufgrund des permanenten Abflusses in das Blut gelangen konnte. Das Resultat blieb jedoch dasselbe, so daß LOMBROSO behauptete, „daß die Nährstoffresorption in beträchtlichem Maße auch dann stattfinden kann, wenn das Pankreas nicht in den Darm gelangt, .... daß die Gegenwart des Pankreas im Organismus auch unter solchen Verhältnissen für die Resorption von Belang ist.“ Die nach einer Pankreasexstirpation eingeschränkte Fettresorption sei demnach nicht nur durch den Ausfall des äußeren Pankreassekrets, sondern vor allem durch das Fehlen einer anderen endokrinen Pankreasfunktion, infolge derer nur eine sehr schwache Wirkung des Pankreassekrets im Darm möglich sei, bedingt. Nur so könnte erklärt werden, warum die Fettausscheidung nach Entfernung des isolierten Pankreasfragments genauso schlagartig zunahm bzw. die Fettresorption abnahm wie nach sofortiger vollständiger Pankreasexstirpation.

Ein Jahr später sollte er für diese Ansicht von seinem Kollegen HESS (1907) heftig angegriffen werden. HESS behauptete, LOMBROSO habe in seinen Experimenten mit Pankreasligaturen schlichtweg vergessen, den in der Hälfte der Fälle bei Hunden vorkommenden dritten Pankreasausführungsgang zu unterbinden, auf dessen Sekretabgabe die beobachtete Fettresorption zurückgehen sollte.

Im selben Jahr erschien unter der Leitung von HESS eine von seinem Schüler SINN (1907) verfaßte Dissertation. SINN hatte den Einfluß experimenteller Pankreas-unterbindungen auf die Fettresorption studiert; bei seinen Versuchshunden jedoch insbesondere darauf geachtet, daß die Ligaturen alle im jeweiligen Versuchshund vorhandenen Pankreasausführungsgänge umfaßten. In keinem Fall kam es zu einer Bestätigung der durch LOMBROSO gemachten Beobachtungen.

BURKHARDT (1908) wiederholte dagegen LOMBROSOs Versuchsanordnung der Verlagerung von Pankreasstücken (Processus uncinatus) unter die Bauchhaut, bei der sich das Pankreassekret frei auf die äußere Bauchoberfläche ergoß. Auch er registrierte eine 80%-ige Fettresorption, die er jedoch anders als LOMBROSO dem Umstand zuschrieb, daß das aus der Bauchfistel ausfließende Sekret vom Hund aufgeleckt worden und auf diese Weise in den Darm zurückgelangt war. Als er daraufhin zwei Hunde am Lecken hinderte, erschien tatsächlich bei einem Hund der größte Teil (77%) des verabreichten Fetts im Kot, währenddessen bei dem zweiten Tier die Fettresorption nahezu unbeeinflußt blieb. Diesen überraschenden Befund wollte BURKHARDT

allerdings nicht wie LOMBROSO einer endokrinen Funktion, sondern vielmehr der Tatsache zuerkennen, daß sich die Fistel verstopft hatte, was zu einem Stau von Pankreassekret im verpflanzten Drüsenteil und einer Resorption des gestauten Sekrets in das Blut geführt habe. Wie schon ABELMANN (1890) u. SANDMEYER (1892) glaubte BURKHARDT, das Sekret könne aus dem Blut von anderen Verdauungsdrüsen aufgenommen und anschließend in den Darm ausgeschieden worden sein. Das Pankreas sollte demnach ausschließlich kraft seiner enzymatischen Tätigkeit auf die Fettresorption einwirken.

In einer gesonderten Veröffentlichung, in der er vor allem geltend machte, daß ein dritter Pankreasgang bei seinen Versuchshunden nicht notwendigerweise vorhanden gewesen sein mußte, dementierte LOMBROSO (1908) jedoch die von HESS (1907) vorgebrachten Einwände. Und schon ein Jahr später führte LOMBROSO (1909) seine Versuche fort, da er die Kritik der genannten Forscher (HESS 1907, SINN 1907, BURKHARDT 1908) für ungesichert hielt. So wandte er gegen BURKHARDTs Theorie von der oralen Wiederaufnahme des Sekrets ein, dieser sei den Nachweis schuldig geblieben, daß die infolge einer Pankreasexstirpation eintretende Fettresorptions-störung durch die orale Verabreichung einer in-vivo-ähnlichen Pankreasmenge vollständig zu beseitigen gewesen war.

Bereits im 19. Jh. war in diesem Zusammenhang durch ABELMANN (1890) und SANDMEYER (1892 u. 1895) an pankreatektomierten Hunden demonstriert worden, daß die zuvor erniedrigten Fettresorptionsquoten durch die Verfütterung von Pankreas wieder gesteigert werden konnten. Die Fettresorption war jedoch niemals gleich der Resorptionsrate gewesen wie bei noch erhaltenem Pankreas. Auch LOMBROSO hatte im Jahre 1906 diese Erfahrung gemacht und trotz der Verabreichung (mit der Magenschlundsonde) von 10- bis 20-mal soviel Sekret der Menge, die ein Hund auflecken konnte, nie eine 80% Fettresorption beobachtet.

LOMBROSO (1909) wiederholte daher BURKHARDTs Versuchsanordnung mit zwei Hunden, denen er eine Dauerfistel des verpflanzten Processus uncinatus bei gleichzeitiger Entfernung des restlichen Pankreas angelegt hatte und die er am Lecken durch Umhüllen des Fistelausgangs mit einer Baumwoll-Leintuch-Abdeckung hinderte.

Die tägliche Bestimmung der Fettausscheidung mit dem Kot bewies erneut, daß die Fettresorption nicht viel anders als bei normalen Tieren war. Auch ein Auflecken des Pankreassekrets verbesserte die Resorptionsleistung nur geringgradig. Gleichwohl bestanden zwischen den Fettresorptionsraten der beiden Hunde mit 35-60% und 83%

große Unterschiede. Die Tatsache, daß der zweite Hund an einer dauernden Glykosurie litt und die Fettresorption dennoch besser war, machte für den Autor zugleich deutlich, daß die Störung des Kohlenhydratstoffwechsels und eine angenommene Schädigung des resorbierenden Darmgewebes anscheinend kein Hindernis für die Fettresorption bildete.

Für LOMBROSO sprachen alle diese Befunde dafür, daß nicht allein das Fehlen des fettspaltenden Pankreasferments im Darm die Ursache für die verminderte Fettresorption bei pankreaslosen Hunden darstellte, sondern das Pankreas auch ohne die Wirkung seines äußeren Sekrets im Darm auf die Nährstoffresorption einwirken konnte.

Im Jahre 1911 wiederholte JANSEN die Versuche LOMBROSOs (1909), indem er einer Hündin einen Teil der Bauchspeicheldrüse entfernte und den zu 8 g verbliebenen Rest unter die Haut des Abdomens verpflanzte. Während der Hündin über einen Zeitraum von ca. 6 Wochen verschiedene fetthaltige Nahrungsmittel verabreicht wurden, verfolgte er mit einer Methode, die im Vergleich zu der von LOMBROSO angewandten weitaus präziser war, den Fett- und Fettsäurengehalt der Fäzes, bis das Tier schließlich an

Auszehrung verstarb. Auch er konnte durch seine Befunde bestätigen, daß die Nahrungsfette bei der Hündin selbst bei vollständiger Abwesenheit des Pankreassekrets im Darmrohr zu fast 80% resorbiert wurden. War jedoch das verpflanzte Fragment entfernt worden, folgte eine allmähliche Zunahme des Fettverlusts über den Kot, wobei diese Ausscheidung manchmal die Menge des über die Nahrung zugeführten Fetts überstieg. Schon im 19. Jh. hatte HARLEY (1895; zit. nach ALEXY, S. 128) vergleichbare Beobachtungen gemacht und den Überschuß damals auf die Bestandteile der Darmsekrete zurückgeführt. JANSEN erklärte diesen Umstand dagegen mit einer möglichen Freisetzung von Fetten aus den Fettdepots.

Ursprünglich in dem Bemühen, die Pathogenese des Diabetes aufzuklären, sollte VISENTINI (1914/15) ein weiteres Experiment unternehmen, bei dem er Hunden die Pankreasausführungsgänge unterband oder die entsprechenden, das Sekret abgebenden exokrinen Drüsenanteile resezierte. Entgegen den Befunden früherer Autoren stellte er fest, daß beide Eingriffe eine sehr reduzierte Fettausnutzung zur Folge hatten; mit dem Kot wurden 60-90% der verfütterten Fette wieder ausgeschieden. Im Rahmen der provozierten Abflußstörung des Pankreassekrets beobachtete er klinisch außerdem eine zunehmende Abmagerung und einen bis zu 50%-igen Verlust der Körpersubstanz, jedoch keinen Diabetes. Waren die operativen Eingriffe hingegen gänzlich ohne Folgen auf den Fettstoffwechsel geblieben, zeigte sich bei der späteren Sektion stets, daß ein überzähliger Pankreasausführungsgang übersehen worden war. Aufgrund seiner Ergebnisse postulierte VISENTINI eine klare Trennung des äußeren, in seiner Wirkung auf die Verdauung und Absorption der Fette ausgerichteten, Bauchspeichelsdrüsensekrets von dem inneren, den Zuckerstoffwechsel kontrol-lierenden Pankreassekret. VISENTINI verdankte seine genauen Befunde dem Zuwachs der anatomischen Kenntnisse zum Pankreas, die die Drüse bereits in einen endokrinen und einen exokrinen Funktionsbereich unterteilten und ein exaktes Operationsvorgehen gestatteten.

Im Jahre 1931 befaßten sich auch die Humanmediziner NOTHMANN u. WENDT mit der Frage, ob das Pankreas neben der bekannten Sekretion des lipolytischen Ferments noch über eine weitere, bisher unbekannte Möglichkeit zur Beeinflussung der Fettresorption verfügte. Zu diesem Zweck nahmen sie an ihren Hunden eine vollständige Pankreasresektion vor, verabreichten aber gleichzeitig zur Vermeidung eines Diabetes Insulin. Nachdem sie Olivenöl (50-100 g / Tier) verfüttert hatten, ermittelten sie nach Tötung der Tiere zu unterschiedlichen Zeitpunkten den Gehalt des Dünn- und Dickdarmchymus an Neutralfett und Fettsäuren. Unter diesem Prozedere konnten sie im Dünndarminhalt nur noch die Hydrolyse einer geringen Fettmenge (bis zu 4%) feststellen. Auch im Dickdarminhalt war ihre Menge gering; immerhin stießen sie jedoch noch auf eine bis zu 25%-ige Hydrolyse, die sie mit der Einwirkung bakterieller Lipasen in Verbindung brachten und mit den Worten kommentierten „Da aber im Dickdarm Fettsäuren in nennenswerten Mengen nicht resorbiert werden, so lassen sie sich im Dickdarminhalt in großen Quantitäten nachweisen. Das Neutralfett wird also bei Fehlen der äußeren Sekretion des Pankreas ... erst in Darmabschnitten“

durch bakterielle Lipasen „aufgespalten, in denen eine Resorption der Spaltungsprodukte nicht mehr stattfinden kann.“

Übrigens hatte schon ABELMANN im Jahre 1890 bei Pankreas-exstirpierten Hunden festgestellt, daß das nahezu vollständig mit den Fäzes wiederausgeschiedene Nahrungsfett dennoch zu einem großen Teil aus Fettsäuren bestand und daher trotz des

Lipase-Ausfalls anscheinend einer Spaltung unterzogen worden war. Wodurch, konnte er sich damals nicht erklären.

Die Kliniker NOTHMANN u. WENDT (1931) folgerten aus ihren Befunden, daß alle sich im Zusammenhang mit der Pankreasresektion ergebenden Störungen des Fettstoffwechsels immer nur eine Folge des Wegfalls des äußeren Sekrets und dessen lipolytischer, fettspaltender Tätigkeit seien.

Auch in einem ein Jahr später angegliederten Experiment (NOTHMANN u. WENDT 1932), in dem sie die Fettresorptionsquoten bei pankreatektomierten und Insulin-substituierten Hunden (Quote: 66%, 82% und 87%) im Vergleich zu einem normalen Tier (Quote: 98%) bestimmten, vermochten NOTHMANN u. WENDT keinen über die Fettspaltung hinausgehenden Effekt der Drüse zu erkennen. Sie konstatierten erneut, die Entfernung der Bauchspeicheldrüse würde sich allein als Reduktion der Fettspaltung auswirken und die Resorption der Fette nur kraft ihrer externen Sekretion beeinflussen.

Auch LOMBROSO et al. (1937) schlossen sich schließlich dieser Ansicht an. Sie hatten die Absorption von Ölsäure und Neutralfett aus einer isolierten VELLA-Darmschlinge an Hunden studiert, denen zuvor die Bauchspeicheldrüse entnommen worden war. In pankreatektomierten Hunden war die Absorption der Ölsäure weitaus geringer als im normalen Tier, konnte aber unter der intraduodenalen Substitution von Pankreas-extrakt sehr verbessert werden. Ähnlich verhielt es sich mit Neutralfett, das unter der Pankreatektomie gar nicht resorbiert werden konnte, nach der Zugabe des genannten Extrakts jedoch in beträchtlichem Ausmaß in die Darmwand aufgenommen wurde.

Weitere drei Jahre später bewertete LOMBROSO (1940) seine vorherigen Versuche wieder ganz anders. Erneut, diesmal ermutigt durch die Entdeckung der Beteiligung der Nebennierenrinde an der Fettresorption (durch VERZÁR, zit. nach LOMBROSO 1940), griff er seine alte These von einer endokrinen Wirkung des Pankreas auf. Er konstruierte eine Versuchsanordnung, bei der er in die Darmschlinge von THIRY-VELLA-Fistelhunden, d.h. in ein „Pankreassekret- und Galle-freies“ Milieu (Pankreas-und Gallenblasenfistel) Olivenöl- oder Mandelöl einbrachte. Trotzdem konnte er nach 1 h eine 36-50%-ige Resorption der beiden Öle registrieren. Als er den gleichen Versuch an pankreatektomierten Hunden, mit und ohne Insulin-Substitution wiederholte, fand er dagegen keinerlei Resorptionsaktivität; zudem enthielt der Darm noch mehr Fett als vor der Verabreichung des Öls. Am unverdauten Mandelölrest notierte er anhand der Jodzahl außerdem eine Erhöhung des Gehalts an ungesättigten Fettsäuren.

Einen ähnlichen Befund hatte LOMBROSO schon 3 Jahre zuvor in Zusammenarbeit mit MARTINI (LOMBROSO u. MARTINI 1937) erhoben, als er bemerkte, daß die Darmsaftsekretion in einer isolierten Vella-Darmschlinge die Jodzahl der Neutralfette (Olivenöl und Mandelöl) um 10-20% erhöht, in pankreatektomierten Hunden jedoch um 10-15% erniedrigt hatte.

Bei Hunden mit belassenem Pankreas ermittelte LOMBROSO (1940) unter der Verabreichung der leicht resorbierbaren Ölsäure eine maximale Resorptionsquote von 40-53%, bei denselben Hunden nach Pankreasentfernung jedoch nur noch eine Rate von 30-45%. LOMBROSO fiel zunächst auf, daß trotz der Abwesenheit von Galle und Pankreassekret (Ableitung von Pankreas- u. Gallenblasensekret) überhaupt Fett resorbiert werden konnte, da die zur Resorption der Neutralfette seiner Ansicht nach notwendige Hydrolyse aufgrund der fehlenden Lipase eigentlich hätte ausbleiben müssen. Die Möglichkeit einer Desaturation, d.h. die Dehydrogenierung zu stärker ungesättigten Fettsäuren, wie sie bereits 1930 von TANGL u. BEREND (1930; s.u.) postuliert wurde, schien ihm keine befriedigende Erklärung für eine Resorption unter

Galle-freien Verhältnissen (Gallenblasenfistel) zu liefern, denn er hatte in Versuchen mit hochungesättigtem Leinöl beobachtet, daß das Öl in normalen Hunden nur geringgradig (zu 11-32%) und nicht rascher als die Ölsäure resorbiert wurde. Mit der Verwerfung all dieser Möglichkeiten, schien LOMBROSO deshalb allein die eine Deutung plausibel: trotz des Ausfalls der exokrinen Pankreasfunktion (Ableitung des Pankreassekrets) mußte noch eine weitere intakt gebliebene interne Funktion existieren, welche die Fettresorption vermitteln konnte. Worin jedoch deren Wesen bestehen sollte, das vermochte er jedoch nicht zu sagen.

Die Spanier JEMÉNEZ DÍAZ et al. (1950a) hatten bei normalen Hunden die Resorption des Olivenöls (50 ml als Zusatz zu einer Basisdiät) studiert und mit Hilfe der Auswertung der Fäzes Resorptionsraten von 98,5-100% gefunden. Anschließend stellten sie ähnlich wie LOMBROSO (1940) unter der Zufuhr von Ölsäure fest, daß der Ausschluß von Galle aus dem Darm (Hunde mit Gallengangsverlegung) die Resorption des Olivenöls nicht merklich beeinflußte.

Die beiden Ungarn TANGL u. BEREND hatten im Jahre 1930 eine weitere Theorie zur Fettresorption entwickelt, die diese Befunde erklären konnte; die Theorie der Desaturation. In ihren in-vitro-Experimenten mit Dialysierhülsen hatten sie sich zunächst mit der Frage befaßt, ob die Fette bzw. deren Fettsäuren in ungesättigter Form durch die Darmwand resorbiert werden könnten. Sie gaben in die Hülsen neben Tristearin bzw. Triolein die Galle und den Pankreaspreßsaft eines Ochsen und ließen

Die beiden Ungarn TANGL u. BEREND hatten im Jahre 1930 eine weitere Theorie zur Fettresorption entwickelt, die diese Befunde erklären konnte; die Theorie der Desaturation. In ihren in-vitro-Experimenten mit Dialysierhülsen hatten sie sich zunächst mit der Frage befaßt, ob die Fette bzw. deren Fettsäuren in ungesättigter Form durch die Darmwand resorbiert werden könnten. Sie gaben in die Hülsen neben Tristearin bzw. Triolein die Galle und den Pankreaspreßsaft eines Ochsen und ließen