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6. ALLGEMEINES ZUR VERDAUUNGSPHYSIOLOGIE

6.1. Allgemeine Chemie und Mechanik im Verdauungstrakt des Hundes

6.2.2 Indirekte Studien zum Stoffwechsel der Darmflora

Unter den bakteriellen Eiweißfäulnisprodukten hatte man besonders dem Indol im Kot bzw. dem vom Indol abstammenden und mit dem Harn ausgeschiedenen Indikan im 19. Jh. Beachtung geschenkt (ALEXY 1998, S. 136-137).

Auch die Forscher des 20. Jhs. waren weiterhin an der Aufklärung der noch nicht abschließend gelösten Frage interessiert, ob das Indikan ein reines Abbauprodukt der bakteriellen Eiweißfäulnis sei oder auch aus dem Zerfall des Körpereiweißes herrühre.

Noch HARNACK (1900), der nach der Vergiftung eines Hundes mit Oxalsäure eine vermehrte Indikanausscheidung beobachtete, machte aufgrund seiner Versuchsbefunde Zweifel an einer rein bakteriellen Abstammung des Indikans geltend.

Drei Jahre später veröffentlichten ELLINGER u. PRUTZ (1903) eine Studie an Hunden, bei denen sie einen bestimmten Darmabschnitt nach dessen Resektion in umgekehrter Richtung wieder in das Darmrohr eingenäht und durch die antiperistaltische Motilität des Darmabschnittes eine Kotstauung und einen künstlichen Ileus erzeugt hatten. Da sich die Indikanausscheidung bei den so operierten Tieren steigerte, unterstützten ELLINGER u. PRUTZ die aus dem Jahr 1877 stammende Ansicht des Wissenschaftlers JAFFÉ (zit. nach ALEXY 1998, S. 136), das Indikan würde bei bakterieller Darmfäulnis, hervorgerufen durch eine Ingesta-Stauung im Dünndarm, in stark vermehrter Konzentration auftreten. Gleichfalls bestätigten ELLINGER u. PRUTZ dessen Beobachtung, daß sich die Indikanausscheidung unter einem im Dickdarm bestehenden Passagehindernis nicht erhöhte, wobei sie ergänzten, daß dieses sehr wohl der Fall sei, wenn durch das Hindernis im Colon in der Folge eine Stauung des Dünndarminhalts bewirkt werde. Das Ausbleiben der vermehrten Indolbildung bei einer Passagestörung im Dickdarm erklärten sich die beiden Humanmediziner mit der Tatsache, daß „in der Norm .. im Dünndarm eine verhältnismäßig kurz dauernde Verdauung ohne Mitwirkung von Fäulnisbakterien vor sich“ gehe, „bei Dünndarmverschluß“ hingegen „eine langwährende unter Mitwirkung von Bakterien“. Während JAFFÉ (1877) die durch Zirkulationsstörungen in den Darmgefäßen und im Peritoneum hervorgerufene mangelhafte Resorptionsfähigkeit des verschlossenen Darms für eine Vorbedingung der vermehrten Indolbildung hielt, bewiesen ELLINGER u. PRUTZ durch die ungestörte Resorption der Nährstoffe bei ihren Hunden das Gegenteil. Ihrer Ansicht nach genügte allein die Behinderung der Darmpassage für die Steigerung der Indolbildung.

PORCHER u. HERVIEUX (1903) untersuchten im selben Jahr den normalen Harn eines Hundes sowie den anderer Haustiere (Pferd, Katze, Kaninchen) und den des Menschen, wobei sie die Feststellung machten, daß Indikan stets im Harn enthalten war. Der diagnostische Wert einer Indikanurie, die von JAFFÉ (1877), ELLINGER u. PRUTZ (1903), aber auch von weiteren Forschern als Zeichen für einen verstärkten bakteriellen Eiweißabbau im Rahmen erhöhter Fäulnis gedeutet worden war, erschien ihnen daher sehr gering. Dabei ließen sie, möglicherweise aus Unkenntnis der geschilderten Versuche, die Tatsache unbeachtet, daß vor allem ELLINGER u. PRUTZ (1903) bei ihren Hunden im Gegensatz zu präoperativ erhobenen Zahlen massiv gesteigerte Indikanwerte ermittelt hatten. Mit Recht verwiesen sie jedoch auf die Notwendigkeit einer qualitativen anstelle einer quantitativen Bestimmung.

Auch der Veterinärmediziner MÜLLER (1907) ließ den Harn von 46 Hunden, die anscheinend einen vollständig gesunden Magen und Darm besaßen, auf den Indikangehalt prüfen. In 22 Fällen erhielt er ein negatives Ergebnis, bei 24 Hunden jedoch ein positives Resultat, so daß er konstatierte, das Auftreten von Indikan im Harn

sei kein eindeutig pathognomisches Zeichen. Als interessant galt ihm die Tatsache, daß im Sommer eine größere Zahl indikanhaltiger Harnproben gewonnen werden konnte als im Winter.

Auch die Chemiker HOPKINS u. COLE (1901) prüften die Herkunft des Indols. Sie nahmen an, dieses würde wie das mit ihm chemisch eng verwandte Skatol aus dem Abbau des Tryptophans stammen.

Elf Jahre später sollte BANSPACH (1912) in seiner Dissertationsarbeit nachweisen, daß das Tryptophan im Dünndarminhalt von Hunden wie auch in dem von Pferden, Katzen und Kaninchen noch in größeren Mengen, im Dickdarm nur in Spuren und in den Fäzes gar nicht mehr enthalten war. Auch der Harn der Haustiere war tryptophanfrei.

Während man dieses Ergebnis als erfolgten bakteriellen Abbau des Tryptophans im Sinne der Theorie von HOPKINS u. COLE deuten konnte, verwies BANSPACH auf die Fähigkeit bestimmter Bakterienarten zur Tryptophanbildung im Rahmen der Fäulnis.

So besäßen beispielsweise die Bakterien des fauligen Harns die Fähigkeit zur Tryptophan-Synthese.

Im Jahre 1924 gelang es schließlich DISTASO, einen eindeutigen Nachweis der Beziehung der Indolbildung zum Auftreten des Bakterium coli zu führen.

Parallel zur Untersuchung des Tierharns auf Ausscheidungsprodukte der Darmflora sollten andere Forscher gezielte Fütterungsversuche an Hunden zur Abklärung der Verstoffwechselungswege des Indols und Skatols durchführen.

Noch im alten 19. Jh. hatten einige Wissenschaftler, darunter der Chemiker WANG (1899), bereits solche Fütterungsversuche an Hunden vorgenommen. WANG, der einer mittelgroßen Hündin eine abgemessene Menge Indol zusammen mit rohem Fleisch verfüttert hatte, mußte feststellen, daß schon eine Menge von 1 g Indol ausreichte, um deutliche Vergiftungserscheinungen (Diarrhoe, Appetitverlust, Blut und Eiweiß im Harn) hervorzurufen.

Im 20. Jh. experimentierte LADE (1912) hingegen mit Hunden, deren Pfortaderfluß durch Anbringen einer sog. ECK’schen Fistel von der Leber in die Vena cava caudalis verlagert worden war. Er machte dabei die Beobachtung, daß bei einem Fistelhund nach der Verfütterung von 0,5 g Indol zusammen mit 0,5 g Lysol eine Intoxikation, die schließlich zum Tode des Tieres führte, auftrat, während die gleiche Indolmenge von einem Hund ohne Fistel symptomlos vertragen wurde. Aufgrund der Tatsache, daß die Fisteltiere im Gegensatz zu normalen Hunden unter der Ausschaltung der Leber erkrankten, postulierte LADE, die Leber sei imstande, das toxisch wirkende Indol (wie auch das Lysol) gezielt umzusetzen und zu entgiften.

PORCHER u. HERVIEUX (1905) verabreichten ihren Versuchshunden hingegen in Öl fein suspendiertes Skatol mit der Magensonde, um anschließend die Umsetzung des Skatols im Tierkörper, von dem andere Forscher vermutet hatten, es würde durch Verlust seiner Methylgruppe zu Indol umgewandelt werden, zu untersuchen. Nach der Verabreichung konnten sie in allen Fällen im Harn einen Farbstoff nachweisen, der ganz anders als das Indikan gefärbt war und den sie mit Skatolrot ansprachen. Sie sahen sich daher dazu veranlaßt, der Theorie von der Umwandlung des Skatols in das Indol zu widersprechen. Nach Ansicht der Franzosen sollte das Skatolrot außerdem regelmäßig im normalen Harn aller untersuchten Tierarten, wenn z.T. auch nur in sehr geringen Mengen, auftreten. Den beiden Forschern erschien es deshalb unlauter, vom gelegentlichen Auftreten größerer Mengen dieses Farbstoffs Rückschlüsse auf krank-hafte Stoffwechselprozesse, zu denen auch die Eiweißfäulnis gezählt wurde, abzuleiten.

Die Widersprüchlichkeit der Ergebnisse, ob das Indikan als Zeichen einer erhöhten Fäulnis im Hundedarm gewertet werden könne oder nicht, sollte ihre Ursache vor allem darin haben, daß viele qualitative Untersuchungen auch das Vorhandensein des Indikans im gesunden Tier offenbart hatten, ohne näher auf bestehende quantitative Konzentrationsunterschiede im gesunden und erkrankten Organismus einzugehen. Dies änderte sich erst mit der Entwicklung definierter und verbesserter Indikanbestim-mungsmethoden.

So sprach sich MÜNZER in einem Artikel von 1914 für das Kolorimeter von Autenrieth und Königsberger als zukünftige ideale Meßmethode des Indikans aus. Er postulierte, dieses sei bei der Bestimmung genügend exakt und zudem in der Handhabung derart einfach, daß es die Harnuntersuchung auf Indikan wie auch auf Kreatinin, letzteres als Indikator für den Gewebseiweißzerfall, auch in der tierärztlichen Standardpraxis leicht ermöglichen könne.

LENSSEN lieferte 1914 mit Hilfe dieses Kolorimeters nach der Indigorotmethode einen konkreten Zahlenwert zum Indikangehalt des normalen Hundeharns, den er mit 12-20 mg / l Harn bezifferte. Einen demgegenüber erhöhten Harn-Indikangehalt konnte er jedoch bei Obstipationen, bei der Gastroenteritis catharralis sowie bei allen Darm-erkrankungen, die mit starken Fäulnisprozessen einhergegangen waren, feststellen, wohingegen der Indikangehalt des Harns unter der Wirkung von Abführmitteln abnahm. Damit gelang es LENSSEN erneut zum einen den Ursprung des Indikans aus dem Darm und zum anderen den Zusammenhang zu den Fäulnisprozessen zu belegen.

HÄUSSLER (1915) erschien die Methode von Autenrieth und Königsberger für Hunde-und Pferdeharn dagegen nicht hinreichend geeignet, weshalb er sich für das kombinierte Salkowski-Maillard’sche Verfahren nach der Spang’schen Methode aussprach und für den Harn eines gesunden Hundes einen Mittelwert von 10 mg / l Harn mit einer Schwankungsbreite von 2,9 – 25 mg ermittelte. Den Indikangehalt des Harns fand HÄUSSLER ähnlich wie LENSSEN bei der Obstipation und Gastroenteritis, aber auch bei der katarrhalischen Stomatitis, Staupe und manchmal bei der eitrigen Metritis erhöht.

Im Jahre 1935 äußerte sich der Tierarzt BODDIE im Zusammenhang mit einer Publikation zur klinischen Deutung bestimmter bei der Harnuntersuchung erhobener Parameter auch zum Indikan. Anhand einer zusammenfassenden Darstellung bisheriger Kenntnisse zur chemischen Zusammensetzung des Hundeharns, berichtete er, das Vorhandensein von Indikan im Hundeharn sei stets als Zeichen einer im Darm ablaufenden bakteriellen Eiweißfäulnis zu werten; zusammen mit dem Auftreten von Gallenfarbstoff, Gallensalzen und evtl. Aceton im Harn sowie einem hohem spezifischen Harngewicht sogar als Zeichen einer Ernährungsvergiftung.

Auch der italienische Forscher GHERARDINI (1928) interessierte sich für die Veränderungen der bakteriellen Fermentprozesse unter bestimmten krankhaften Bedingungen, wie z.B. dem Ausschluß von Pankreassekret aus dem Darm, konzentrierte sich in diesem Zusammenhang jedoch nicht auf die Metaboliten der Eiweißfäulnis, sondern auf die Abbauprodukte der bakteriellen Fettverwertung. GHERARDINI exstirpierte zu diesem Zweck bei einem seiner Versuchshunde das Pankreas und unterband bei einem zweiten Hund die Pankreasausführungsgänge. Nach dem Eingriff sah er sich durch das starke Ansteigen der Konzentration der flüchtigen Fettsäuren, die er auch als Gärungsfettsäuren ansprach, und der infolgedessen stark sauren Reaktion der Stühle in seiner Vermutung bestätigt, das Fehlen des Pankreassaftes hätte im Darm zu anormalen Gärungsprozessen der Nahrung geführt, wobei ein Teil der entstandenen

flüchtigen Fettsäuren seiner Auffassung nach der bakteriellen Fettaufspaltung entstammen mußte.

Schon 1894 hatte die russische Physiologin SCHOUMOW-SIMANOWSKY beim Studium des Hundemagensaftes neben der Salz- und Milchsäure Spuren von flüchtigen Fettsäuren entdeckt.

Mehr als zehn Jahre später war von ihrem russischen Landsmann, dem Pathophysiologen LEVITES (1906), der die Verdauung der Fette im Hund studierte, darauf hingewiesen worden, daß im tierischen Organismus, namentlich im Verdauungsapparat der höheren Tiere, eine Fettspaltung durch Bakterien erfolgte. Im Widerspruch dazu hatten noch HOROWITZ (1907) und TORREY (1918-19) behauptet, Fettnahrung habe keiner Bakterienart der physiologischen Darmflora als Nahrung gedient.

GHERARDINI (1928; s.o.) leitete aufgrund seiner Befunde im folgenden eine Beziehung zwischen dem alimentären Fettverlust und der Gesamtheit der sauren Gärungen, die aus der Menge der vorhandenen Fettsäuren errechnet werden konnte, ab. Aufgrund der ausbleibenden Prüfung des Inhalts der verschiedenen Darmpartien vermochte er jedoch nicht den Sitz der Gärungen auszumachen, so daß eine Zuordnung derselben zu bestimmten Darmabschnitten und Bakterien unterblieb.

Auch NOTHMANN u. WENDT (1931) hatten Hunden das Pankreas entnommen und nach der Verfütterung einer fettreichen Mahlzeit im Dünn- und Dickdarminhalt anders als zuvor GHERARDINI, der nach dem Verfahren von DUCLAUX die Konzentration flüchtiger Gärungsfettsäuren ermittelte, den Gehalt an durch Hydrolyse freigesetzten Fettsäuren bestimmt. Da die Hydrolyse der Fette zu freien Fettsäuren trotz des fehlenden Pankreassekrets im Dünndarm nicht gänzlich ausblieb, sondern immerhin noch einen Wert von 4% erreichte, schlußfolgerten sie, diese Menge müsse allein auf die lipolytische Tätigkeit von Bakterien zurückzuführen sein. Wegen des eher niedrigen Wertes im Dünndarm konstatierten sie zunächst, die lipolytische Fähigkeit der Bakterien sei allenfalls als gering einzuschätzen, bestimmten dann aber im Dickdarm eine Hydrolyse von bis zu 25%, die auch diesmal ihrer Auffassung nach zum größten Teil auf die Saponifikationstätigkeit der Darmbakterien zurückgeführt werden konnte. So nannten die deutschen Forscher erstmals einen ungefähren Zahlenwert zur normalen lipolytischen Tätigkeit der physiologischen Darmbakterien.

Ganz anders waren hingegen die Ergebnisse des japanischen Klinikers KITAGAWA (1934), der die Bakterien aus dem Colon des Hunden auf ihre lipolytische Tätigkeit untersuchte. Er wollte weder in-vitro noch in-vivo Belege für eine lipolytische Tätigkeit der Bakterien des Dickdarms gefunden haben.

Im Jahre 1947 studierte der amerikanische Ernährungswissenschaftler PHILLIPSON im Zusammenhang mit einer anderen Frage auch das Auftreten flüchtiger Fettsäuren im Darm des Hundes, wie vor ihm schon GHERARDINI. Er verfütterte an seine Versuchshunde eine Brot-Fleisch-Mahlzeit, um anschließend nach Tötung der Tiere den Inhalt der verschiedenen Darmabschnitte auf die Produktion flüchtiger Fettsäuren zu prüfen. In den Gefäßen, die das Blut vom Dickdarm abführten, waren im Gegensatz zu den vom Magen und Dünndarm wegführenden Blutgefäßen, höhere Konzentrationen an flüchtigen Fettsäuren gefunden worden; genauso wie auch nur im Dickdarm-Inhalt beträchtliche Mengen dieser Säuren, die zur Hauptsache aus Essigsäure und Propionsäure und einem nur kleinen Anteil Buttersäure bestanden, aufgetreten waren.

Auch PHILLIPSON führte die Produktion dieser flüchtigen Fettsäuren im Hund auf die fermentative Tätigkeit der Dickdarmbakterien zurück und postulierte trotz der im Vergleich zu den Herbivoren geringeren Produktionsgröße eine Fermentationsintensität,

die nach der Konzentration der flüchtigen Fettsäuren durchaus der gleichwertig sei, die auch bei den Wiederkäuern auftrat. Nur weil die Fermentationskapazität aufgrund der viel kleineren Größe des Magendarmtrakts beim Hund begrenzt sei, fiele sie im Vergleich zu den Herbivoren größenmäßig geringer aus.

Während die Indikanwerte des Hundeharns schon immer auch zur Diagnostik von Fäulnisprozessen genutzt worden waren, publizierte der amerikanische Veterinär-mediziner BARTO im Jahre 1936 eine Studie über die Bedeutung der Kotanalyse für die klinische Diagnostik der Intestinaltoxämie beim Hund, wobei er bei der chronischen Darmfäulnis zwischen der Indolgruppe, die durch Indikanurie gekennzeichnet ist und der Milchsäure-Buttersäure-Gruppe, für die sich eine excessive Bildung von Gärungssäuren als typisch erwies, sowie einer Kombination beider unterschied. Wie zuvor schon DISTASO (1924; s.o.) wies auch BARTO erneut auf die Verbindung der Indolbildung zu den im Dickdarm vorherrschenden Escherichia-coli-Bakterien hin. Bei einer Darmstauung könnten die Coli-Keime auch den Dünndarm besiedeln und dort die normale Tryptophan-Verdauung in Richtung auf die Indol-Bildung verlagern. Der Amerikaner diskutierte zum einen die durch die Fäulnis hervorgerufenen klinischen Störungen der Magen- und Darmverdauung, die von Appetitmangel, Anämie, Schwäche, Asthma, Ekzemen, chronischen Gelenkentzündungen, chronischen Darmkatarrhen und parenchymatösen Veränderungen von Leber und Niere begleitet sein könnten, zum anderen aber auch die Möglichkeiten einer Therapie in Form diätetischer wie auch symptomatischer Maßnahmen, in Form der Darmantisepsis und einer Vaccine-Therapie.

Zur Wahl der geeigneten diätetischen Therapie schien ihm die Feststellung wichtig, ob eine fermentative Toxämie (excessive Zuckerfermentation) oder eine Fäulnistoxämie (Eiweißfäulnis) vorlag. Bei der Eiweißfäulnis empfahl er die Milch- und Gemüsediät, im anderen Fall eine Proteindiät.

Auch die beiden deutschen Humanmediziner HERTEL u. SARTORIUS (1933) waren bereits 3 Jahre zuvor von der Notwendigkeit einer an veränderte Darmverhältnisse angepaßten Nahrungsweise überzeugt gewesen. Im Rahmen von Studien an Magen-resezierten Hunden ermittelten sie in Abhängigkeit von der dargereichten Nahrung (rohes und gekochtes Fleisch, gemischte Kost, Leber, Milch, Molke) im Darmchymus die Menge des von den Darmbakterien synthetisierten Indols, die Menge der aromatischen Zersetzungsprodukte und Säuren sowie im Harn die Konzentration des Indikans. Es zeigte sich nach der Magenresektion, daß vor allem die Indol- und Indikanwerte parallel zu der Verschiebung der Dünndarmflora in Richtung auf eine eher für den Dickdarm typische Gram-positive Flora, die vermehrt auch E. coli- Bakterien enthielt, vermehrt waren. Aufgrund der bestehenden Hypanacidität bzw. Anacidität des teilresezierten Magens, der die zugeführte Nahrung zudem sturzartig entleerte, war es zu einer vermehrten bakteriellen Gärung im Dünndarm gekommen, die sich bereits im mittleren Dünndarm mit der erhöhten Synthese von Indol bemerkbar gemacht hatte. „Da die Mehrzahl der Darmgifte von der Nahrung abhängig ist und sich .. vor allem nach Fleischfütterung“, aber auch unter gemischter Kost, „ zeigte“, empfahlen HERTEL u.

SARTORIUS für den Magen-resezierten sowie dyspeptischen Hund und Menschen eine Ernährung mit Milch, Molke oder aber saurer Milch. Erneut wiesen sie im Zusammenhang mit den Erkenntnissen der physiologischen Forschung auch darauf hin, daß das Indol aus dem Abbau des Tryptophans, das Phenol aus der Zersetzung der Aminosäure Tyrosin und die bakteriellen Säuren aus der Kohlehydrat- und Fett-verdauung herrühren würden.

Der bekannte Ernährungswissenschaftler MANGOLD (1938) befaßte sich in ausgiebigen Studien mit der Fütterung des Hundes, wobei er auch der Verdaulichkeit der Cellulose

Beachtung schenkte. Ähnlich wie beim Wiederkäuer vermutete er beim Hund als Ursache für die erfolgreiche Verdauung der Rohfaser die Entwicklung einer entsprechenden Darmflora, die aus den mit der pflanzlichen Nahrung aufgenommenen Cellulosebakterien bestehen sollte und die im Gegensatz zum Wiederkäuer weit weniger gleichmäßig ausgebildet sei. Als Beleg für seine Vermutung führte er einen Versuch des Japaners SHIMIZU (1921a) an, der Hemicellulosen, Inulin und Lichenin zusammen mit Hundekot in einer Nährlösung angesetzt hatte und diese nach gewisser Zeit in großem Maße zu organischen Säuren (Essigsäure, Propionsäure, Buttersäure, Milchsäure) vergoren vorfand. Von der Bakterienflora nahm MANGOLD an, „daß sich bei länger andauernder Fütterung mit gleichartig zusammengesetztem Futter“ im Sinne einer regelmäßigen Rohfaserzufuhr “durch diese Gewöhnung auch die Bakterienflora im Darm des Hundes auf die gleichmäßigen Verhältnisse einstellt, so daß dann hierdurch eine gleichmäßigere und höhere Verdaulichkeit der Rohfaser erreicht wird.“ Die Frage, „ob beim Hunde auch eine Ausnutzung der Rohfaser in dem Sinne stattfindet, daß die durch ihre bakterielle Zersetzung entstehenden Spaltungsprodukte resorbiert und im Stoff- und Energiewechsel ... als Kraftquelle verwertet werden“, wollte jedoch auch MANGOLD noch bis zur Durchführung entsprechender Stoffwechselversuche unbeantwortet lassen.

Dagegen hatte bereits im Jahre 1921 (a u. b) SHIMIZU angegeben, die genannten Kohlenhydrate hätten den Eiweißumsatz im Sinne einer verminderten Eiweißzer-setzung beeinflußt, indem die Polysaccharide Inulin, Lichenin und Hemicellulose im Verdauungstrakt durch Bakterien über das Zwischenprodukt Zucker zu Fettsäuren gespalten worden seien und diese Fettsäuren vom tierischen Organismus resorbiert und verwertet werden konnten.

Bei einer Übersicht über die referierten Studien wird deutlich, daß auch im 20. Jh.

humanmedizinische Belange bei der Erforschung der natürlichen, physiologischen Bakterienflora im Verdauungstrakt des Hundes weit im Vordergrund standen. Zwar war die qualitative Zusammensetzung der menschlichen Intestinalflora, besonders die der Caecalflora, bereits gründlich stellvertretend am Kot studiert worden. Die Frage, inwiefern die physiologische Magen-Darm-Flora der Beeinflussung durch die Ernährung unterlag und in welchem Ausmaß die Nahrung im Verdauungstrakt neben ihrem Abbau durch die Magen- und Darmsekrete auch durch bakterielle Fermente zersetzt wurde, war jedoch noch ungeklärt und verlangte gezielte operative Eingriffe (Fistelversuche, isolierte THIRY-VELLA-Darmschlingen, Magenresektion), die am Menschen aus ethischen Gründen nicht bzw. nur eingeschränkt durchführbar waren und daher am Hund erfolgten. Studien zur natürlichen Maulhöhlenflora des Hundes offenbarten hingegen vorrangig das Motiv, die epidemiologische Lücke in der Verbreitung bestimmter Krankheiten, die sehr ähnlich bei den oft eng zusammenlebenden Menschen und Hunden auftraten, zu schließen und perorale Ansteckungswege zwischen Hund und Mensch aufzudecken (STRAUSS 1919, BEUST 1929).

Zwei Forschungsschwerpunkte prägten die direkten mikrobiologischen Studien am Verdauungstrakt des Hundes von 1900 bis 1950; die Frage nach der gastrointestinalen Desinfektion und die Frage nach der Beziehung zwischen physiologischer Flora und Nahrungsregime.

So hatten die quantitativen Studien von KOHLBRUGGE (1901a) und HOROWITZ (1907) zunächst die bakterizide Wirkung des Magensaftes deutlich gemacht. Parallel dazu hatte SCHÜTZ (1900), der den Zusammenhang zwischen der bakteriziden Wirkung der Magensalzsäure und der Darmfäulnis untersuchte, aufgrund von Versuchen an

Hunden, deren Magen er mit Hilfe einer Kanüle umging, eine stark wirksame

Hunden, deren Magen er mit Hilfe einer Kanüle umging, eine stark wirksame