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2.1 Die transdisziplinäre Forschung – Nachhaltigkeitsforschung

2.1.3 Das Konzept der Nachhaltigkeit

Das gesellschaftliche Handeln muss sich innerhalb der entnahme- und emissionsseitigen Bestands- und Kapazitätsgrenzen der natürlichen Umwelt bewegen, um den Ansprüchen der gegenwärtigen und der kommenden Generationen zu entsprechen. Dieser Idee kann nachgekommen werden, indem ein Wandel in Richtung zunehmender ressourcenextensiver und emissionsarmer Produktions- und Konsumvorgänge stattfindet. Für den angestrebten Veränderungsprozess werden in den theoretischen Überlegungen drei Strategien angedacht, die miteinander kombiniert eine dauerhafte und umweltverträgliche Wirtschaftsweise ermöglichen sollen. Dabei müssen bei den nachhaltigen Prozessen ökologische Herausforderungen mit sozialen und ökonomischen Ansprüchen vereint werden.

Das Konzept der Nachhaltigkeit trachtet danach, ökologische Herausforderungen30 mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten und sozialen Ausgleichsansprüchen in Einklang zu bringen31, wofür die geeigneten institutionell-politischen Voraussetzungen zu suchen sind.

Die ökologischen, ökonomischen und sozialen Zielsetzungen sind integriert und gleichrangig zu behandeln.32 Die ökologische Verhaltensorientierung in den Alltagshandlungen der zentralen Akteur_innen des Wirtschaftslebens bestimmt die Umsetzung der nachhaltigen Wirtschaftsweise.33

27 Vgl. Prammer 2012, o. S.

28 Vgl. Priewasser 2010, S. 5.

29 Vgl. Priewasser 2010, S. 5.

30 Langfristige Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen.

31 Vgl. Priewasser 2010, S. 2.

32 Vgl. Jörissen/Kopfmüller/Brandl/Paetau 1999, S. 4 bzw. Littig/Grießler 2004, S. 71.

33 Vgl. Priewasser 2010, S. 2.

Methodische Vorgehensweise

Abbildung 2: Die drei Säulen der Nachhaltigkeit

Quelle: Priewasser 2010, S. 155

Der Schwerpunkt der Nachhaltigkeit liegt weiterhin auf ökologischen Themen. Die soziale Nachhaltigkeit stellt eine Querschnittsmaterie dar.34 Die soziale Nachhaltigkeit muss die institutionellen Voraussetzungen schaffen und sichern, welche die Gesellschaft in die Lage versetzt, die Bedürfnisse auf individueller und kollektiver Ebene zu befriedigen.35 Die wichtigsten Komponenten der sozialen Dimension der Nachhaltigkeit sind:

Integration: Anerkennung kultureller Unterschiede statt Ausgrenzung, Vernetzung Dauerhaftigkeit: Sicherung des sozialen Friedens, Bildung, Sicherheit, Risikovermeidung

Verteilungsgerechtigkeit: zwischen den Generationen und innerhalb der Generationen Partizipation: Mitsprache, Mitentscheidung von Betroffenen36

Die Nachhaltigkeit ist ein Wandel in Richtung zunehmender ressourcenextensiver und emissionsarmer Produktions- und Konsumvorgänge. Die Effizienz-, Suffizienz- und Konsistenzstrategie sind die drei grundlegenden strategischen Verhaltensansätze in der Nachhaltigkeitsdebatte.37 Diese werden nachfolgend erläutert.

2.1.3.1 Suffizienzstrategie

Die Suffizienzstrategie setzt an den vorherrschenden Konsummustern der Gesellschaft an.38 Mit dieser Strategie sollen die Senkung der materiellen Bedürfnisse und/oder die Transformation materieller in immaterielle Bedürfnisse unmittelbar zu einer absoluten

34 Vgl. http://sciencev1.orf.at/torgersen/14641.html

35 Vgl. Littig/Grießler 2004, S. 73.

36 http://sciencev1.orf.at/torgersen/14641.html

37 Vgl. Priewasser 2010, S. 6.

38 Vgl. Prammer 2009, S. 60.

Verringerung des Ressourcenverbrauchs und in Konsequenz zur Reduktion der Umweltbelastung auf der Emissionsseite führen.39

Die Veränderungen in den Konsummustern oder im Konsumverhalten basieren auf einer mehr oder weniger unfreiwilligen teilweisen bis gänzlichen Verzichtsleistung, die von außen beeinflusst werden kann. Andererseits kann durch freiwillige Genügsamkeit bzw. ein freiwilliges Maßverhalten beim Kauf und/oder bei der Nutzung von Gütern und Dienstleistungen eine nachhaltige Wirtschaftsweise erreicht werden.40

Die Konsumaktivitäten können durch die Nutzung langlebiger/hochwertiger, reparaturfähiger Produkte oder durch die gemeinschaftliche Nutzung von Gebrauchsgütern in Grenzen gehalten werden.41

Die Suffizienzstrategie zur Senkung der materiellen Bedürfnisse ist in Demokratien nur schwer umsetzbar.42

Die Thematisierung der Ziele und der Strategien der Suffizienzstrategie ist Gegenstand der Gesellschafts- und Sozialwissenschaften.43

Durch den materiellen Wohlstand verändert sich das Konsumverhalten hin zu gestiegenen Ansprüchen zur Bedürfnisbefriedigung. Ein suffizientes Konsumverhalten führt nicht zwingend zu einer Verringerung der Lebensqualität.44

Suffizienzstrategie kann durch Genügsamkeit und durch eine Änderung des Lebensstils umgesetzt werden.45

2.1.3.2 Effizienzstrategie

Größte Bedeutung zur Erreichung einer nachhaltigen Wirtschaft wird der ökologischen Effizienz von Produktions- und Konsumprozessen beigemessen.46

Die Effizienzstrategie setzt am Wirtschaftlichkeitsprinzip der Ökonomie an, mit dem Ziel, eine gewünschte bzw. angestrebte Wirtschaftsleistung mit dem geringstmöglichen Einsatz

39 Vgl. Prammer 2009, S. 60 f.

40 Vgl. Priewasser 2007, S. 10.

41 Vgl. Priewasser 2007, S. 10.

42 Vgl. Prammer 2012, o. S.

43 Vgl. Prammer 2009, S. 60.

44 Vgl. Priewasser 2007, S. 11.

45 Vgl. Priewasser 2011, o. S.

46 Vgl. Priewasser 2007, S. 12.

Methodische Vorgehensweise

von Stoffen und Energie zu erbringen. Mit einem gegebenen Stoff und Energie soll ein Maximum an Wirtschaftsleistung hergestellt werden.47

Mit einem sinkenden Naturverbrauch für eine wirtschaftliche Leistungseinheit kann der Mehrbedarf an Materialien und Energie abgefedert werden, der durch das Wirtschaftswachstum hervorgerufen wird. Eine gleichzeitige Erhöhung des materiellen Wohlstands wird ermöglicht.48

Die Effizienzstrategie befasst sich mit der mengenmäßigen Anpassung der Input- und Output-Ströme hinsichtlich des Natursystems.49

Die Effizienzstrategie kann grob in Umlauf- und Verbrauchseffizienz gegliedert werden:

Eine Umlaufeffizienz kann beispielsweise durch eine optimale Nutzung der eingesetzten Ressourcen durch Recycling oder Kaskadennutzung erreicht werden.

Die Verbrauchseffizienz kann beispielsweise durch einen geringeren spezifischen Ressourcenbedarf erzielt werden.50

Die Effizienzstrategie ist erfolgversprechend, weil nicht der effiziente Umgang mit dem Faktor Arbeit im Vordergrund steht, sondern der sparsame Einsatz von Material und Energie.

Die Umsetzung der Effizienzstrategie führt zu einer Steigerung der Ressourcenproduktivität.

So kann unter der Annahme eines konstanten Verbrauches die Erschöpfung bestimmter natürlicher Ressourcen erheblich verzögert werden. Die Effizienzstrategie kann kurz- und mittelfristig als entlastungseffektiv beschrieben werden.51

2.1.3.3 Kompatibilitätsstrategie

Die Kompatibilitätsstrategie behandelt die anthropogen verursachten Stoff- und Energieströme, die umweltverträglich gestaltet werden sollen. Eine geschlossene Kreislaufführung ermöglicht eine konsistente Wirtschaftsweise.52

Die Konsistenzstrategie kann durch umweltkompatible Stoffe und die Kreislaufführung realisiert werden.53

47 Vgl. Prammer 2012, o. S.

48 Vgl. Priewasser 2007, S. 13.

49 Vgl. Priewasser 2007, S. 13.

50 Vgl. Priewasser 2011, o. S.

51 Vgl. Prammer 2012, o. S.

52 Vgl. Priewasser 2007, S. 13 f.

53 Vgl. Priewasser 2011, o. S.

Die Kompatibilitätsstrategie wird auch oft als Konsistenzstrategie bezeichnet. Sie stellt den Gegenpol zu der Auffassung dar, dass von Menschen ausgelöste Stoff- und Energieströme unter Nachhaltigkeitsaspekten lediglich zu minimieren sind. Die Entnahme aus der und die Eintragung in die Ökosphäre sind ökologisch kompatibel zu gestalten. Somit können auch hohe Stoffumsätze zwischen Technosphäre und Ökosphäre getätigt werden. Die durch Sonnenenergie angetriebenen Stoffwechselprozesse dienen als Vorlage für eine ökologisch nachhaltige Produktionsweise.54

Der isolierte Einsatz der Strategien kann das Kernproblem einer nicht nachhaltigen Beanspruchung der natürlichen Bestände und Kapazitäten nicht lösen. Für eine dauerhafte und umweltverträgliche Wirtschaftsweise müssen die Strategien miteinander kombiniert werden. Die Strategien erfordern räumlich und zeitlich ökologische Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft. Diese Innovationen sind mit einem Strukturwandel verbunden.

Werden Effizienz- und Kompatibilitätsstrategien gekoppelt, so lässt sich der Übergangszeitraum für den erwähnten Strukturwandel zumindest strecken. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen mit den wirtschaftlichen und sozialen Instabilitäten lassen sich bis zum Erreichen einer ökologisch motivierten Wirtschaft und Gesellschaft abfedern.55

Das Potenzial von gesellschaftlichen und/oder technischen Innovationen muss untersucht und es muss abgeschätzt werden, ob mit diesen die Nachhaltigkeitsziele erreicht werden können.56 Die nachhaltige Entwicklung stellt eine Kompromisslösung zwischen der Nachhaltigkeit im Sinne einer Bestandssicherung und einer dauerhaft verträglichen Entwicklung im Sinne einer Verbesserung der Lebensbedingungen durch die Ausweitung der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen dar.57

2.1.4 Die Notwendigkeit der Transdisziplinarität für die Nachhaltigkeitsforschung58