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DIPLOMARBEIT. Der Beitrag der Ressourceneffizienz zum gesellschaftlichen Wandel in der Region in und um Attnang-Puchheim

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Academic year: 2022

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DIPLOMARBEIT

zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften

im Diplomstudium der Sozialwirtschaft

Der Beitrag der Ressourceneffizienz zum gesellschaftlichen Wandel in der Region in und um Attnang-Puchheim

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Josef Weidenholzer Mitbetreuer: Mag. Paul Gould

eingereicht von Mag. Christian Müller

Grillparzerstraße 10 4800 Attnang-Puchheim

0155091 130

Attnang-Puchheim, März 2015

(2)

II

Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, sowie andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeitist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

Attnang-Puchheim, (Ort, Datum, Unterschrift)

(3)

III Coming together is a beginning.

Keeping together is progress.

Working together is success.

Henry Ford

(4)

IV

Inhaltsverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung ... II Abbildungsverzeichnis ... VII

1 Einleitung... 1

2 Methodische Vorgehensweise ... 3

2.1 Die transdisziplinäre Forschung – Nachhaltigkeitsforschung ... 4

2.1.1 Die Umweltbeanspruchung und ihre Konsequenzen ... 5

2.1.2 Die Bedingungen für eine nachhaltige Entwicklung ... 9

2.1.3 Das Konzept der Nachhaltigkeit ... 10

2.1.4 Die Notwendigkeit der Transdisziplinarität für die Nachhaltigkeitsforschung ... 14

2.1.5 Fragestellungen sowie Wissensformen für die transdisziplinäre Forschung ... 16

2.2 Der Transitions-Ansatz ... 18

2.2.1 Die Eigenschaften von Transitionen ... 20

2.2.2 Das mehrphasige und mehrstufige Konzept der Transitionstheorie ... 20

2.2.3 Die Wechselbeziehung zwischen Innovationen und systemischen Veränderungen ... 23

2.2.4 Die Barrieren einer Transition ... 25

2.2.5 Die Transition als emotionaler Prozess ... 26

2.3 Das Transitions-Management ... 26

2.3.1 Die Definition des Transitions-Managements ... 27

2.3.2 Das Transitions-Management und positive Feedback Loops ... 28

2.3.3 Die Elemente des Transitions-Managements ... 29

2.3.4 Strukturierung des Transitionsprozesses mit dem Transitions- Management ... 31

2.4 Die transdisziplinäre Forschung und das Transitions-Management ... 33

2.5 Die Kartographie von Kontroversen nach der Akteur-Netzwerk-Theorie nach Latour und Venturini ... 34

2.5.1 Die Einleitung zur Kartographie von Kontroversen ... 35

2.5.2 Die Rolle der Akteur_innen bei der Kartographie von Kontroversen ... 35

2.5.3 Die Kontroversen als Auslöser für Veränderungsprozesse ... 36

2.5.4 Die Kartographie der Kontroverse ... 37

(5)

V

2.5.5 Die Vorgehensweise bei der Untersuchung von Kontroversen ... 38

3 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie „Europa 2020“ zur Ermittlung lokaler Performance-Felder ... 40

3.1 Die Visionen und Ziele der Strategie „Europa 2020“ zur Ressourceneffizienz ... 41

3.1.1 Die Leitinitiative „Ressourcenschonendes Europa“ ... 44

3.1.2 Fahrplan für ein „Ressourcenschonendes Europa“ ... 46

3.1.3 Der österreichische Ressourceneffizienz-Aktionsplan (REAP) ... 46

3.1.4 „Rohstoffsicherheit 2020+“ ... 47

3.2 Die Definition der Ressourceneffizienz ... 48

3.3 Ansätze zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung und deren Beiträge zur Verbesserung der Ressourceneffizienz ... 50

3.3.1 Steigerung der Energieeffizienz ... 50

3.3.2 Kreislaufwirtschaft ... 51

3.3.3 Bewusstseinsbildung ... 55

3.4 Das Netzwerk und die gegenwärtige Ausprägung der Ressourceneffizienz in der Region um Attnang-Puchheim ... 58

3.4.1 Problemanalyse – Barrieren der Transition ... 60

3.4.2 Die Visionen für Attnang-Puchheim ... 64

3.4.3 Maßnahmen zur Umsetzung der Ressourceneffizienz ... 64

4 Erkenntnisse aus der Gegenüberstellung der europäischen mit den lokal ermittelten Positionen ... 87

4.1 Der Mainstream an Maßnahmen in der Region ... 89

4.2 Der stofflich-energetische Diskurs in der Region ... 90

4.3 Die Wertigkeit der Ressourceneffizienz im Rahmen der Strategie „Europa 2020“ ... 91

4.4 Die Verantwortung der Politik ... 91

4.5 Die notwendige Weiterentwicklung der Abfallwirtschaft ... 92

4.6 Die fehlenden Erfolgserlebnisse bei regionalen Verkehrsprojekten ... 93

5 Maßnahmenpakete und Lösungsvorschläge für Attnang-Puchheim und die Region im Sinne der Strategie „Europa 2020“ ... 96

5.1 Ausgewählte Handlungsprogramme und Maßnahmenformulierung für die Region ... 96

5.1.1 Öffentliche Neuausrichtung bei Fragestellungen zur Ressourceneffizienz ... 96

(6)

Inhaltsverzeichnis

VI

5.1.2 Vernetzung zwischen öffentlichem und privatem Sektor ... 98

5.1.3 Unternehmenskooperation entlang der regionalen Wertschöpfungskette ... 99

5.2 Lösungsvorschläge für ressourceneffiziente Entscheidungen in der Region ... 100

5.2.1 Weiterentwicklung der Klima- und Energiemodellregion zur Ressourceneffizienz-Modellregion ... 100

5.2.2 Vernetzung regionaler Akteur_innen mit der Klima- und Energiemodellregion als Projektkoordinatorin ... 101

5.2.3 Mit dem Dienstleistungsgedanken des Energieinstituts an der JKU zur Unternehmenskooperation ... 102

6 Ein zusammenfassender Überblick über die zentralen Erkenntnisse dieser Arbeit ... 104

7 Conclusio ... 107

8 Selbstreflektion ... 108

Literaturverzeichnis ... 110

Anhang ... 116

Anhang 1: Gespräch mit Bürgermeister Peter Groiß am 05.12.2013 ... 116

Anhang 2: Gespräch mit Herbert Lehr am 22.01.2014 ... 120

Anhang 3: Gespräch mit Mag. Sabine Watzlik am 24.01.2014 ... 125

Anhang 4: Gespräch mit DI Peter Gilhofer am 31.01.2014 ... 132

Anhang 5: Gespräch mit DI Herbert Grill am 04.02.2014 ... 145

Anhang 6: Gespräch mit DI Dr. Horst Steinmüller am 12.02.2014 ... 158

Anhang 7: Gespräch mit a. Univ.-Prof. Dr. Heinz Karl Prammer am 04.03.2014 ... 166

Anhang 8: Gespräch mit Günther Habel am 10.04.2014 ... 169

Anhang 9: Vortrag von Mag. Sabine Watzlik am 04.11.2013 ... 185

Anhang 10: Vortrag von Mag. Norbert Rainer am 04.11.2013 ... 186

Anhang 11: Vortrag von Mag. Norbert Ellinger am 04.11.2013 ... 189

(7)

VII

Abbildung 1: Die Darstellung der Einflussgrößen der Umweltbeanspruchung ... 6

Abbildung 2: Die drei Säulen der Nachhaltigkeit ... 11

Abbildung 3: Impulse für eine Transition am Beispiel Verkehr ... 22

Abbildung 4: Zusammenspiel zwischen Innovationen und systemischen Veränderungen während der verschiedenen Phasen des Transitionsprozesses ... 25

Abbildung 5: Die zyklische Struktur des Transitions-Managements ... 32

Abbildung 6: Der strukturierte Transitions-Management-Prozess mit seinen Wissensformen ... 34

Abbildung 7: Das Netzwerk aus europäischen und nationalen Initiativen ... 43

Abbildung 8: Die fünfstufige Abfallhierarchie ... 52

Abbildung 9: Der chronologische Aufbau des Akteur_innen-Netzwerkes ... 58

Abbildung 10: Das Netzwerk zur Ressourceneffizienz in der Region um Attnang-Puchheim ... 59

Abbildung 11: Übersicht der Europäischen Maßnahmen im Vergleich zu den Maßnahmen in Attnang-Puchheim ... 88

Abbildung 12: Die Häufigkeit der Nennungen... 89

Abbildung 13: Entwicklungsstufen der Abfallwirtschaft im Sinne der fünfstufigen Abfallhierarchie ... 92

Abbildung 14: Die Zusammenfassung der genannten Elemente nach Kategorien ... 94

Abbildung 15: Der Blickwinkel auf die energetische Nutzung von Biomasse ... 96

Abbildung 16: Die Strukturierung nach den Zielvorstellungen der öffentlichen und privaten Akteur_innen ... 98

Abbildung 17: Die Positionierung der Akteur_innen zur Kaskadennutzung ... 99

Abbildung 18: Konfliktlinien zur Entwicklung ressourceneffizienter Lösungen in der Region ... 104

(8)

1

1 Einleitung

Auf Grund eines Gesprächs mit Univ.-Prof. Dr. Josef Weidenholzer hat sich der Autor dieser Arbeit mit Mag. Alexander Staufer in Verbindung gesetzt, der bereits auf Erfahrungen in diesem Forschungsfeld zurückgreifen kann. Der Autor hat gemeinsam mit Alexander Staufer den wissenschaftlichen State of the Art und die geschickteste Herangehensweise diskutiert, woraus sich diese Arbeit entwickelt hat.

Diese Diplomarbeit befasst sich mit der zentralen Forschungsfrage: „Welche Ressourceneffizienzpotentiale können ausgehend von Attnang-Puchheim in der Region ausgemacht werden?“.

Diese Arbeit fokussiert sich also auf die (Ressourcen-)Effizienzstrategie und betrachtet die Ressourceneffizienz ausgehend von Attnang-Puchheim mit Blick auf die Region.

Die methodische Vorgehensweise zur Beantwortung dieser zentralen Forschungsfrage basiert auf einem Vergleich der Positionen des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks mit der Strategie „Europa 2020“, um lokale Performance-Felder für Attnang-Puchheim und die Region zu ermitteln. Für die Gegenüberstellung hat sich der Autor mit der Strategie „Europa 2020“ auseinandergesetzt, die die Ziele für ein nachhaltiges Wachstum in der Europäischen Union definiert. Die Ressourceneffizienzstrategie beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, wie in der Europäischen Union nachhaltig gewirtschaftet werden soll. Aus diesem Grund wird die Strategie „Europa 2020“ auf die Elemente der Ressourceneffizienz untersucht:

Was versteht die Europäische Union unter Ressourceneffizienz?

Welche europäischen und nationalen Initiativen sind mit der Strategie „Europa 2020“

verbunden?

Diese Arbeit basiert insofern auf einer Inhaltsanalyse und Beschreibung des Programmes der Strategie „Europa 2020“.

Diese Arbeit bedient sich des Transitions-Managements. Das Transitions-Management ist ein strategisches Managementinstrument, um langfristige gesellschaftliche Ziele und Maßnahmen und deren Implementierung zu gewährleisten. Die Strategie „Europa 2020“ ist ein Transitions-Management-Instrument, mit dem die nachhaltige Entwicklung in Europa implementiert werden kann.

(9)

Mit dem Verständnis der Strategie „Europa 2020“ zur Ressourceneffizienz im Hintergrund, hat der Autor ausgehend von Attnang-Puchheim, Experteninterviews mit nationalen und regionalen Stakeholdern geführt:

Was verstehen die befragten Akteur_innen unter Ressourceneffizienz? Welche Maßnahmen werden zur Ressourceneffizienz umgesetzt?

Welche Akteur_innen sind aus ihrer Perspektive relevant und welche können sie nennen?

Welche Ziele und Visionen verfolgen die Akteur_innen zur Ressourceneffizienz?

Mit diesen Experteninterviews kann der Autor die Aktivitäten ermitteln, die in der Region um Attnang-Puchheim zur Ressourceneffizienz bereits im Gange sind und die zukünftig geplant sind. Mit dieser Arbeit wird sichtbar, welche Elemente die Akteur_innen mit der Ressourceneffizienz in Verbindung bringen. Der Autor ist diesen Verbindungen bzw. den derzeitigen Ressourceneffizienzausprägungen nachgegangen und hat so das Netzwerk aus Akteur_innen, Dingen, Programmen und Verständnissen abgebildet. Die konkreten Aktivitäten der Akteur_innen werden durch die Netzwerkanalyse sichtbar. Die Erkenntnisse der Region werden dokumentiert.

Mit dem Wissen über die Ziele der Strategie „Europa 2020“ zur Ressourceneffizienz und über die Ressourceneffizienz auf lokaler Ebene kann ihr Verhältnis zueinander ermittelt werden.

Der Vergleich ermöglicht einen Überblick über die gesetzten Maßnahmen und zugleich lassen sich mit der Gegenüberstellung lokale Performance-Felder erkennen:

Welche Maßnahmen kann man für die Region formulieren, damit ein Ausverhandlungsprozess eingeleitet wird?

Wie kann der Ausverhandlungsprozess vonstattengehen, damit eine nachhaltige Lösung erreicht wird?

a. Wie kann ein Ausverhandlungsprozess gestartet werden?

b. Wie kann man in diesen Ausverhandlungsprozess steuernd eingreifen?

c. Wie wird das Thema der Energie- und Rohstoffeffizienz in Wert gesetzt?

Der Autor sieht in der ganzheitlichen Bewusstseinsbildung, dem stofflich-energetischen Nutzungskonflikt sowie in der regionalen Kaskadennutzung die zentralen Elemente für einen regionalen Ausverhandlungsprozess. In dieser Arbeit werden für diese drei Konfliktlinien sinnvolle Maßnahmenpakete und Lösungsvorschläge strukturiert, damit diese weiterverfolgt, weitergeführt und weitergedacht werden können.

(10)

3

2 Methodische Vorgehensweise

In der vorliegenden Arbeit wird sich verschiedener wissenstheoretischer Ansätze bedient, die aus Sicht des Autors ineinandergreifen.

Die Ressourceneffizienz bildet den Ausgangspunkt für die Diskussion mit den handelnden Akteur_innen. Der Autor verschafft sich im Gespräch mit den unterschiedlichen Expert_innen einen Überblick über deren Verständnis zur Ressourceneffizienz bzw. über deren Wissen bezüglich der Strategie zu Europa 2020:

Bewusstsein Maßnahmen Problemlagen Know-how Netzwerke

Konzeptionelle Überlegungen

Der Autor bedient sich für die Wissensproduktion der transdisziplinären Forschungsmethode, welche unterschiedliche Wissensformen beansprucht. Die Wissensformen verlangen nach unterschiedlichen Fragestellungen, auf die von den Expert_innen geantwortet wird. Die Akteur_innen werden angehört und ihr individuelles Verständnis zur Ressourceneffizienz und zur Nachhaltigkeit im weiteren Sinne wird dokumentiert. Mit dieser Maßnahme verschafft sich der Autor einen Überblick über die aktuelle gesellschaftliche Diskussion. Die Akteur_innen sind ein wichtiger Ansatzpunkt für die Weiterentwicklung der Ressourceneffizienz und für den Aufbau eines Netzwerkes.

Andererseits werden mit der Inhaltsanalyse der Strategie „Europa 2020“ und ihren weiterführenden Dokumenten die Fragestellungen der transdisziplinären Forschung beantwortet und beschrieben.

Die Untersuchung des regionalen Netzwerkes erfolgt mit der Methode der Kartographie von Kontroversen. Mit der Kartographie von Kontroversen wird das lokale Verständnis zur Ressourceneffizienz in einem Entscheidungsnetzwerk sichtbar. Für die Annäherung an die Ressourceneffizienz wird in dieser Arbeit ein Blick auf das informelle (Mikro-)Netzwerk in der Region um Attnang-Puchheim geworfen. Das Verständnis von Venturini (2009) über die

(11)

Akteurs-Netzwerk-Theorie bestimmt die Herangehensweise für den Aufbau dieses Netzwerkes.

Demgegenüber steht der Transitions-Management-Ansatz. Mit dem Transitions-Management wird ein gesellschaftlicher Makro-Steuerungsansatz vorgestellt. Die Ziele und Strategien zur Verwirklichung der Ressourceneffizienz und der Weg in eine nachhaltige Gesellschaft sind mit der Strategie „Europa 2020“ bekannt. Diese Strategie definiert das Verständnis über die Ressourceneffizienz für diese Arbeit. Die Strategie „Europa 2020“ ist wie das Transitions- Management ein Steuerungsinstrument zur Planung und Überwachung ressourceneffizienter Initiativen bezüglich einer nachhaltigen Wirtschaftsweise.

Die Strategie „Europa 2020“ wird in dieser Arbeit als gesellschaftliches (Transitions- bzw.

Erneuerungs-)Netzwerk verstanden. Die europäischen Eliten haben in Zusammenarbeit ihre Expertisen in einem Maßnahmenpaket ausgearbeitet. Die Transitionsarena bildet die Plattform für die Diskussion der Maßnahmen, Leitlinien und Visionen zur Ressourceneffizienz.

Im Gegensatz zum Transitions-Management werden bei der Akteurs-Netzwerk-Theorie nach Venturini (2009) die staatlichen Institutionen bzw. die europäischen Eliten als Akteur_innen angesehen.

Mit dieser Arbeit werden zwei Netzwerke untersucht bzw. aufgebaut:

Das Netzwerk um die europäischen Initiativen mit der Strategie „Europa 2020“ als zentralem Baustein.

Das Netzwerk mit den Akteur_innen in der Region um Attnang-Puchheim1 und wissenschaftlichen Akteur_innen aus Oberösterreich.

2.1 Die transdisziplinäre Forschung – Nachhaltigkeitsforschung

Folgt man den Publikationen von Schneidewind, sind die Forschungen zur Nachhaltigkeit transdisziplinär. Die Forschungen zur Ressourceneffizienz haben daher auch einen transdisziplinären Charakter. Der Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz wird noch später in diesem Kapitel genauer erläutert.

1 Die Region Attnang-Puchheim umfasst die Gemeinden Attnang-Puchheim, Lenzing und Timelkam. Das sind jene Gemeinden, die die befragten Akteur_innen für die Umsetzung ressourceneffizienter Maßnahmen genannt haben. Die Begrifflichkeit der „Region Attnang-Puchheim“ soll verdeutlichen, dass die Visionen, Ziele und Maßnahmen zur Ressourceneffizienz nur im regionalen Kontext gelöst werden können.

(12)

Methodische Vorgehensweise

Zu Beginn dieses Kapitels stellt sich nun die Frage, warum die Anstrengungen zur Nachhaltigkeitsforschung – im weiteren Sinne zur Ressourceneffizienz – verstärkt werden sollten und in welche Richtung die Forschung gehen sollte. Die Beantwortung der Fragen verdeutlicht, dass das Konzept der Nachhaltigkeit den richtigen Weg in eine nachhaltige Gesellschaft darstellt. Die Ressourceneffizienz ist eine Teilstrategie, um die geforderte Nachhaltigkeit zu erreichen. Nun wird aber auch deutlich, dass für die Umsetzung der Nachhaltigkeit und dementsprechend auch der Ressourceneffizienz, verschiedene Disziplinen und Akteur_innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik mitunter Berücksichtigung finden müssen. Mit der transdisziplinären Forschung wird eine Methode vorgestellt, mit der die Vielfältigkeit der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden kann.

2.1.1 Die Umweltbeanspruchung und ihre Konsequenzen

Der_die Leser_in soll sich mit der nicht-nachhaltigen Beanspruchung der natürlichen Umwelt und ihren Konsequenzen auseinandersetzen, die in der wissenschaftlichen Literatur diskutiert werden. Das bestehende Ungleichgewicht in der Interaktion zwischen dem Menschen und der natürlichen Umwelt wird sich durch die stetig ansteigenden Ansprüche der Gesellschaft intensivieren. Neben den ökologischen Ansprüchen eröffnet sich ein soziales Spannungsfeld in der Gesellschaft.2 Die Konfrontation mit dieser Problemsituation vermittelt die Notwendigkeit, in das bestehende gesellschaftliche System einzugreifen und Maßnahmen zu ergreifen, um im Sinne des Generationenvertrages auch künftigen Generationen einen sozialen und wirtschaftlichen Wohlstand zu ermöglichen.

2.1.1.1 Einflussgrößen der Umweltbeanspruchung

Das menschliche Handeln und Denken ist in mehrfacher Hinsicht von den Umweltveränderungen betroffen:

Das menschliche Handeln ist Ursache für die Umweltveränderungen.

Das menschliche Handeln ist von den Umweltveränderungen betroffen.

Der Mensch kann durch sein Handeln auf eingetretene Umweltveränderungen reagieren.3

2 Mit den steigenden gesellschaftlichen Ansprüchen steigt die Nachfrage nach Ressourcen, die nur begrenzt zur Verfügung stehen. Der Wettbewerb um diese Ressourcen verschärft das Ungleichgewicht zwischen Entwicklungsländern und den Industriestaaten (Ausbeutung von Rohstoffen) und entspricht nicht der Vorstellung von Gerechtigkeit.

3 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 12.

(13)

Die anthropogene Bedürfnisbefriedigung impliziert Austauschprozesse zwischen Mensch und natürlicher Umwelt. Die Tätigkeiten zur Bedürfnisbefriedigung greifen auf den Ge- und Verbrauch natürlicher Ressourcen und natürlicher Regelkreisläufe zurück.4

Das Ungleichgewicht zwischen den gesellschaftlichen Anspruchsentwicklungen und der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes ist seit Längerem bekannt. Diese Unausgewogenheit äußert sich in unterschiedlichen Problemlagen.5

Abbildung 1: Die Darstellung der Einflussgrößen der Umweltbeanspruchung

Quelle: Priewasser 2007, S. 11

Der (numerische) Bevölkerungsanstieg führt zu einer Mehrbeanspruchung der natürlichen Potenziale, damit die existentiellen Grundbedürfnisse der Bevölkerung befriedigt werden können.6 Die Bevölkerungsentwicklung führt in manchen Gebieten zu einem Anstieg der Bevölkerungsdichte, die höhere Infrastrukturmaßnahmen erfordert.7

Die natürlichen Ressourcen bilden die Basis allen Wirtschaftens und decken den täglichen Lebensbedarf.8

Die Lebensqualität ist von der Inanspruchnahme der natürlichen Ressourcen abhängig.9

Die Wirtschaftsentwicklung mit der immanenten beständigen Zunahme des Produktions- und Konsumvolumens gilt als Grundbedingung für materiellen Wohlstand und soziale Sicherheit.10

Mit der Verbesserung im materiellen Lebensstandard verstärken sich die ökologischen Ansprüche der Gesellschaft.11

4 Vgl. Littig/Grießler 2004, S. 72.

5 Vgl. Priewasser 2007, S. 1.

6 Vgl. Priewasser 2007, S. 7.

7 Vgl. Milota 2012, o. S.

8 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S. 6 f.

9 Vgl. Europäische Kommission 2011, S. 2.

10 Vgl. Priewasser 2007, S. 7.

(14)

Methodische Vorgehensweise

Die zunehmende Industrialisierung von Schwellen- und Entwicklungsländern sowie die damit einhergehenden steigenden Wohlstandsgewinne werden die Nachfrage und den Wettbewerb nach Rohstoffen, Nahrung und Energie zusätzlich verschärfen12.

Die Bevölkerungsentwicklung und die Entwicklung der Wirtschaft sind in der globalen Dimension nur schwer zu steuern.13

Nach Gege und Oldeland (2013) kann der massive Ressourcenbedarf durch die folgenden Faktoren zusammengefasst werden:

Stetig steigender Konsum mit kurzlebigen Produkten (Konsum- und Wegwerfgesellschaft)

Sorgloser Umgang mit Rohstoffen und Ökosystemen Einsatz fossiler und nicht erneuerbarer Energien Immense Abfallströme und Emissionen14

Die klimatischen Bedingungen und die Spezialisierung der Wirtschaft beeinflussen die Art des Ressourcenverbrauchs. In Österreich findet man eine sehr ressourcenintensive Industrie vor.15

2.1.1.2 Entnahme von Ressourcen aus der natürlichen Umwelt

Das Ausmaß der Ressourcenbeanspruchung übersteigt die natürliche Regenerations- und Reproduktionskapazität. Die Übernutzung des Naturhaushaltes resultiert in verschiedenen Erscheinungsformen:

Geringer werdende Rohstoff- und Energievorräte Verknappung in der Wasserversorgung

Verlust fruchtbarer Böden Artenschwund

Verlust ganzer Ökosysteme16

Die gegenwärtige Nutzung der natürlichen Ressourcen entspricht nicht den sozialethisch motivierten Vorstellungen von Nachhaltigkeit. Für eine nachhaltige Ressourcennutzung

11 Vgl. Priewasser 2007, S. 6 f.

12 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S. 6 f.

13 Vgl. Priewasser 2007, S. 6 f.

14 Vgl. Gege/Oldeland 2013, S. 11.

15 Vgl. Milota 2012, o. S.

16 Vgl. Priewasser 2007, S. 2.

(15)

müssen künftige Generationen dieselben Nutzungsmöglichkeiten wie die gegenwärtige Generation vorfinden.17 Die natürlichen Ressourcen dürfen nicht auf Kosten des sozialen und wirtschaftlichen Wohlstandes kommender Generationen überbeansprucht werden.18 Der Ressourcenverbrauch wird in der bisherigen Art und Weise und im bisherigen Umfang nicht mehr dauerhaft fortsetzbar sein.19

2.1.1.3 Eintrag in die natürliche Umwelt

Die Ressourcenbeanspruchung führt während oder nach der Transformation in Konsum- und Produktionsprozessen zu einer Abgabe von anthropogenen Stoffen an die Umweltmedien20. Die mengenmäßige oder qualitative Ausgleichskapazität bzw. Aufnahmefähigkeit von Ökosystemen, Lebewesen und natürlichen Regelkreisen gegenüber diesen Stoffen wird überstiegen.21 Die Konsequenzen der Überbeanspruchung sind weitreichend und umfassen beispielsweise:

Belastung der menschlichen und tierischen Gesundheit Versauerung von Böden und Gewässern

Klimaveränderung CO2-Emissionen

Stoffliche Freisetzung in die Umwelt22

Die Menschheit ist mit dem derzeitigen Ausmaß der menschlichen Bevölkerung und der zunehmenden technischen Entwicklung in der Lage, auf die globalen Ökosysteme Einfluss zu nehmen und die weltweiten Stoffkreisläufe zu verändern. Die Natur wird zunehmend als Senke23 verwendet. Der Aufnahme- und Abbaukapazität von Abfällen sind Grenzen gesetzt.

Weitere Probleme im Spannungsfeld zwischen Natur und Mensch sind unter anderem folgende:

Süßwasserkrise

Ausbreitung der Wüstenflächen

Verlust an fruchtbaren Böden für die Landwirtschaft

17 Vgl. Priewasser 2007, S. 3.

18 Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S. 7.

19 Vgl. Europäische Kommission 2011, S. 2.

20 Umweltmedien sind Luft, Wasser oder Boden.

21 Vgl. Priewasser 2007, S. 3 f.

22 Vgl. Priewasser 2007, S. 4.

23 Der Wald kann beispielsweise eine Senke sein, wenn dieser mehr Kohlendioxid aufnimmt, als er in die Atmosphäre abgibt.

(16)

Methodische Vorgehensweise

Umweltflüchtlinge24

2.1.2 Die Bedingungen für eine nachhaltige Entwicklung

Die diskutierten Problemlagen werden aufgegriffen und es wird ein Ansatz präsentiert, der die Richtung für eine nachhaltige Entwicklung vorgibt. Der Autor konzentriert sich bei den Vorhaben, die Idee der Nachhaltigkeit zu vermitteln, auf die Ausführungen von Prammer und Priewasser, die am Institut für betriebliche und regionale Umweltwirtschaft an der Johannes Kepler Universität lehren.

Für Prammer (2010) und Priewasser (2007/2010/2011) gilt der Ansatz der kritischen ökologischen Nachhaltigkeit als gegenwärtiges Paradigma. Dieser Ansatz bejaht die Beeinflussung der Umwelt unter Beachtung der natürlichen Kapazitätsgrenzen. Die Grenzen sind entnahmeseitig und emissionsseitig zu berücksichtigen.

Emissionsseitig dürfen die nicht-vermeidbaren Stoffabgaben die Aufnahme- und Assimilationskapazitäten der Ökosphäre nicht übersteigen. Die Einträge in die Umweltmedien sind zu minimieren. Sie müssen an der Belastbarkeit der Umweltmedien und der Ökosysteme, sowie deren Lebewesen orientiert werden und müssen vermindert werden.25

Rohstoffseitig dürfen die natürlichen Regenerationsgrenzen bzw. die Reproduktionskapazitäten der erneuerbaren Energien und Rohstoffe nicht überschritten werden. Die Nutzung der erneuerbaren Ressourcen darf keine anderen wesentlichen Ressourcenfunktionen wie Ernährung, Artenvielfalt, Boden- und Grundwasser beeinträchtigen. Für nicht-erneuerbare Rohstoffe ist das kritische Bestandsniveau bzw. die Reichweite festzulegen. Nicht-erneuerbare Energieträger und Rohstoffe dürfen nur in dem Umfang der Natur entnommen und genutzt werden, in dem ein physisch und funktionell gleichwertiger, wirtschaftlich nutzbarer Ersatz zur Verfügung steht, wie beispielsweise:

Neue Vorräte

Gleichwertige erneuerbare Ressourcen

Verringerung des Ressourcenbedarfes durch technische Verbesserungen oder Innovationen26

24 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 10 f.

25 Vgl. Prammer 2012, o. S.

26 Vgl. Prammer 2012, o. S.

(17)

Die Nutzung muss in steigendem Maße und sukzessive durch erneuerbare Rohstoffe und Energieträger ersetzt werden. Die Grenzen dürfen nicht überschritten werden, so dass die Nutzung der Ressourcen auch künftigen Generationen möglich ist.27

Zugunsten einer nachhaltigen Wirtschaftsweise innerhalb der natürlichen Verarbeitungs- und Reproduktionsgrenzen verringern geschlossene Nutzungskreisläufe stoffliche und energetische Emissionen.28

Die menschlichen Eingriffe bzw. Einträge in die Umwelt müssen in einem Zeitverhältnis zu den natürlichen Prozessen stehen, die eine Regeneration benötigt.29

2.1.3 Das Konzept der Nachhaltigkeit

Das gesellschaftliche Handeln muss sich innerhalb der entnahme- und emissionsseitigen Bestands- und Kapazitätsgrenzen der natürlichen Umwelt bewegen, um den Ansprüchen der gegenwärtigen und der kommenden Generationen zu entsprechen. Dieser Idee kann nachgekommen werden, indem ein Wandel in Richtung zunehmender ressourcenextensiver und emissionsarmer Produktions- und Konsumvorgänge stattfindet. Für den angestrebten Veränderungsprozess werden in den theoretischen Überlegungen drei Strategien angedacht, die miteinander kombiniert eine dauerhafte und umweltverträgliche Wirtschaftsweise ermöglichen sollen. Dabei müssen bei den nachhaltigen Prozessen ökologische Herausforderungen mit sozialen und ökonomischen Ansprüchen vereint werden.

Das Konzept der Nachhaltigkeit trachtet danach, ökologische Herausforderungen30 mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten und sozialen Ausgleichsansprüchen in Einklang zu bringen31, wofür die geeigneten institutionell-politischen Voraussetzungen zu suchen sind.

Die ökologischen, ökonomischen und sozialen Zielsetzungen sind integriert und gleichrangig zu behandeln.32 Die ökologische Verhaltensorientierung in den Alltagshandlungen der zentralen Akteur_innen des Wirtschaftslebens bestimmt die Umsetzung der nachhaltigen Wirtschaftsweise.33

27 Vgl. Prammer 2012, o. S.

28 Vgl. Priewasser 2010, S. 5.

29 Vgl. Priewasser 2010, S. 5.

30 Langfristige Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen.

31 Vgl. Priewasser 2010, S. 2.

32 Vgl. Jörissen/Kopfmüller/Brandl/Paetau 1999, S. 4 bzw. Littig/Grießler 2004, S. 71.

33 Vgl. Priewasser 2010, S. 2.

(18)

Methodische Vorgehensweise

Abbildung 2: Die drei Säulen der Nachhaltigkeit

Quelle: Priewasser 2010, S. 155

Der Schwerpunkt der Nachhaltigkeit liegt weiterhin auf ökologischen Themen. Die soziale Nachhaltigkeit stellt eine Querschnittsmaterie dar.34 Die soziale Nachhaltigkeit muss die institutionellen Voraussetzungen schaffen und sichern, welche die Gesellschaft in die Lage versetzt, die Bedürfnisse auf individueller und kollektiver Ebene zu befriedigen.35 Die wichtigsten Komponenten der sozialen Dimension der Nachhaltigkeit sind:

Integration: Anerkennung kultureller Unterschiede statt Ausgrenzung, Vernetzung Dauerhaftigkeit: Sicherung des sozialen Friedens, Bildung, Sicherheit, Risikovermeidung

Verteilungsgerechtigkeit: zwischen den Generationen und innerhalb der Generationen Partizipation: Mitsprache, Mitentscheidung von Betroffenen36

Die Nachhaltigkeit ist ein Wandel in Richtung zunehmender ressourcenextensiver und emissionsarmer Produktions- und Konsumvorgänge. Die Effizienz-, Suffizienz- und Konsistenzstrategie sind die drei grundlegenden strategischen Verhaltensansätze in der Nachhaltigkeitsdebatte.37 Diese werden nachfolgend erläutert.

2.1.3.1 Suffizienzstrategie

Die Suffizienzstrategie setzt an den vorherrschenden Konsummustern der Gesellschaft an.38 Mit dieser Strategie sollen die Senkung der materiellen Bedürfnisse und/oder die Transformation materieller in immaterielle Bedürfnisse unmittelbar zu einer absoluten

34 Vgl. http://sciencev1.orf.at/torgersen/14641.html

35 Vgl. Littig/Grießler 2004, S. 73.

36 http://sciencev1.orf.at/torgersen/14641.html

37 Vgl. Priewasser 2010, S. 6.

38 Vgl. Prammer 2009, S. 60.

(19)

Verringerung des Ressourcenverbrauchs und in Konsequenz zur Reduktion der Umweltbelastung auf der Emissionsseite führen.39

Die Veränderungen in den Konsummustern oder im Konsumverhalten basieren auf einer mehr oder weniger unfreiwilligen teilweisen bis gänzlichen Verzichtsleistung, die von außen beeinflusst werden kann. Andererseits kann durch freiwillige Genügsamkeit bzw. ein freiwilliges Maßverhalten beim Kauf und/oder bei der Nutzung von Gütern und Dienstleistungen eine nachhaltige Wirtschaftsweise erreicht werden.40

Die Konsumaktivitäten können durch die Nutzung langlebiger/hochwertiger, reparaturfähiger Produkte oder durch die gemeinschaftliche Nutzung von Gebrauchsgütern in Grenzen gehalten werden.41

Die Suffizienzstrategie zur Senkung der materiellen Bedürfnisse ist in Demokratien nur schwer umsetzbar.42

Die Thematisierung der Ziele und der Strategien der Suffizienzstrategie ist Gegenstand der Gesellschafts- und Sozialwissenschaften.43

Durch den materiellen Wohlstand verändert sich das Konsumverhalten hin zu gestiegenen Ansprüchen zur Bedürfnisbefriedigung. Ein suffizientes Konsumverhalten führt nicht zwingend zu einer Verringerung der Lebensqualität.44

Suffizienzstrategie kann durch Genügsamkeit und durch eine Änderung des Lebensstils umgesetzt werden.45

2.1.3.2 Effizienzstrategie

Größte Bedeutung zur Erreichung einer nachhaltigen Wirtschaft wird der ökologischen Effizienz von Produktions- und Konsumprozessen beigemessen.46

Die Effizienzstrategie setzt am Wirtschaftlichkeitsprinzip der Ökonomie an, mit dem Ziel, eine gewünschte bzw. angestrebte Wirtschaftsleistung mit dem geringstmöglichen Einsatz

39 Vgl. Prammer 2009, S. 60 f.

40 Vgl. Priewasser 2007, S. 10.

41 Vgl. Priewasser 2007, S. 10.

42 Vgl. Prammer 2012, o. S.

43 Vgl. Prammer 2009, S. 60.

44 Vgl. Priewasser 2007, S. 11.

45 Vgl. Priewasser 2011, o. S.

46 Vgl. Priewasser 2007, S. 12.

(20)

Methodische Vorgehensweise

von Stoffen und Energie zu erbringen. Mit einem gegebenen Stoff und Energie soll ein Maximum an Wirtschaftsleistung hergestellt werden.47

Mit einem sinkenden Naturverbrauch für eine wirtschaftliche Leistungseinheit kann der Mehrbedarf an Materialien und Energie abgefedert werden, der durch das Wirtschaftswachstum hervorgerufen wird. Eine gleichzeitige Erhöhung des materiellen Wohlstands wird ermöglicht.48

Die Effizienzstrategie befasst sich mit der mengenmäßigen Anpassung der Input- und Output- Ströme hinsichtlich des Natursystems.49

Die Effizienzstrategie kann grob in Umlauf- und Verbrauchseffizienz gegliedert werden:

Eine Umlaufeffizienz kann beispielsweise durch eine optimale Nutzung der eingesetzten Ressourcen durch Recycling oder Kaskadennutzung erreicht werden.

Die Verbrauchseffizienz kann beispielsweise durch einen geringeren spezifischen Ressourcenbedarf erzielt werden.50

Die Effizienzstrategie ist erfolgversprechend, weil nicht der effiziente Umgang mit dem Faktor Arbeit im Vordergrund steht, sondern der sparsame Einsatz von Material und Energie.

Die Umsetzung der Effizienzstrategie führt zu einer Steigerung der Ressourcenproduktivität.

So kann unter der Annahme eines konstanten Verbrauches die Erschöpfung bestimmter natürlicher Ressourcen erheblich verzögert werden. Die Effizienzstrategie kann kurz- und mittelfristig als entlastungseffektiv beschrieben werden.51

2.1.3.3 Kompatibilitätsstrategie

Die Kompatibilitätsstrategie behandelt die anthropogen verursachten Stoff- und Energieströme, die umweltverträglich gestaltet werden sollen. Eine geschlossene Kreislaufführung ermöglicht eine konsistente Wirtschaftsweise.52

Die Konsistenzstrategie kann durch umweltkompatible Stoffe und die Kreislaufführung realisiert werden.53

47 Vgl. Prammer 2012, o. S.

48 Vgl. Priewasser 2007, S. 13.

49 Vgl. Priewasser 2007, S. 13.

50 Vgl. Priewasser 2011, o. S.

51 Vgl. Prammer 2012, o. S.

52 Vgl. Priewasser 2007, S. 13 f.

53 Vgl. Priewasser 2011, o. S.

(21)

Die Kompatibilitätsstrategie wird auch oft als Konsistenzstrategie bezeichnet. Sie stellt den Gegenpol zu der Auffassung dar, dass von Menschen ausgelöste Stoff- und Energieströme unter Nachhaltigkeitsaspekten lediglich zu minimieren sind. Die Entnahme aus der und die Eintragung in die Ökosphäre sind ökologisch kompatibel zu gestalten. Somit können auch hohe Stoffumsätze zwischen Technosphäre und Ökosphäre getätigt werden. Die durch Sonnenenergie angetriebenen Stoffwechselprozesse dienen als Vorlage für eine ökologisch nachhaltige Produktionsweise.54

Der isolierte Einsatz der Strategien kann das Kernproblem einer nicht nachhaltigen Beanspruchung der natürlichen Bestände und Kapazitäten nicht lösen. Für eine dauerhafte und umweltverträgliche Wirtschaftsweise müssen die Strategien miteinander kombiniert werden. Die Strategien erfordern räumlich und zeitlich ökologische Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft. Diese Innovationen sind mit einem Strukturwandel verbunden.

Werden Effizienz- und Kompatibilitätsstrategien gekoppelt, so lässt sich der Übergangszeitraum für den erwähnten Strukturwandel zumindest strecken. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen mit den wirtschaftlichen und sozialen Instabilitäten lassen sich bis zum Erreichen einer ökologisch motivierten Wirtschaft und Gesellschaft abfedern.55

Das Potenzial von gesellschaftlichen und/oder technischen Innovationen muss untersucht und es muss abgeschätzt werden, ob mit diesen die Nachhaltigkeitsziele erreicht werden können.56 Die nachhaltige Entwicklung stellt eine Kompromisslösung zwischen der Nachhaltigkeit im Sinne einer Bestandssicherung und einer dauerhaft verträglichen Entwicklung im Sinne einer Verbesserung der Lebensbedingungen durch die Ausweitung der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen dar.57

2.1.4 Die Notwendigkeit der Transdisziplinarität für die Nachhaltigkeitsforschung58 Die bisherigen Erkenntnisse zeigen den disziplinenübergreifenden Charakter der Nachhaltigkeit und der Ressourceneffizienz. Die integrierte Betrachtung der diversen Disziplinen erfordert die Berücksichtigung vielschichtiger Problemlagen.

54 Vgl. Prammer 2012, o. S.

55 Vgl. Prammer 2012, o. S.

56 Vgl. Jörissen/Kopfmüller/Brandl/Paetau 1999, S. 5.

57 Vgl. Jörissen/Kopfmüller/Brandl/Paetau 1999, S. 40 f.

58 Hier wird die Frage nach der Notwendigkeit der transdisziplinären Forschung beantwortet.

(22)

Methodische Vorgehensweise

Die Unsicherheit über die Wirkungszusammenhänge59 und die nicht beeinflussbare Dynamik zwischen den Einflussgrößen60 erschweren die Formulierung konkreter Lösungsansätze. Die Unberechenbarkeit eröffnet einen Spielraum für alternative Vorschläge und für kontroverse Stellungnahmen. Die Beeinflussung einzelner Einflussgrößen kann zu einem unerwarteten Effekt auf das gesellschaftliche System führen.

Die Problemlösung verlangt nach Systeminnovationen. Systeminnovationen verknüpfen Elemente von sozialen und technischen Innovationen. Die Innovationen müssen erforscht werden und für den Weiterentwicklungsprozess müssen Fortschritte präsentiert und diskutiert werden. Die voneinander losgelösten, aber zusammenspielenden Innovationen und die gesellschaftlichen Veränderungen greifen ineinander und verstärken sich gegenseitig. Sie stellen den Auslöser für einen gesellschaftlichen Transformationsprozess dar. Wissen muss generiert werden.61

Die Nachhaltigkeitsprobleme sind vielschichtige, komplexe und lebensweltliche Probleme, welche durch folgende Eigenschaften charakterisiert sind:

Nachhaltigkeitsprobleme haben einen wertgeladenen Charakter.

Sie sind zudem durch einen langfristigen Charakter gekennzeichnet.

Nachhaltigkeitsprobleme haben soziale Relevanz und Dringlichkeit, die einen zeitgerechten Handlungsbedarf auslösen.

Sie haben eine soziale, ökologische und ökonomische Zieldimension, wodurch die Komplexität gesteigert wird.

Nachhaltigkeitsprobleme weisen fundamentale Unsicherheiten auf, welche sowohl die Ausgangsdefinition der Probleme als auch den gewünschten Zielzustand und den Transformationsprozess betreffen.62

Die Probleme sind komplex und werden von verschiedensten Faktoren beeinflusst. Die Einflussfaktoren sind intensiv miteinander verschränkt, wodurch die Beeinflussung einzelner Größen zu unerwarteten Effekten auf das Gesamtsystem führen kann. Die Unsicherheit und

59 Ein Beispiel sind die Forschungen zum Klimawandel. Das Verhalten der Menschen beeinflusst das Klima. Die Entwicklung der Menschheit kann aber nur bedingt vorhersagt werden. So arbeiten unterschiedliche

Wissenschaftler_innen mit unterschiedlichen Annahmen. Die „unterschiedlichen Annahmen“ schüren die Unsicherheit bei den Prognosen.

60 Die Ölverschmutzung der Meere hat Auswirkungen auf den Fischbestand in einer Region. Für die

Fischer_innen dieser Region reduziert sich durch die Ölverschmutzung die Ausbeute beim Fischfang. Sie werden mit wirtschaftlichen Problemen konfrontiert.

61 Vgl. Kapitel „Die Wechselbeziehung zwischen Innovationen und systemischen Veränderungen“

62 Vgl. http://www.nachdenkstatt.de/transdisziplinaritaet/

(23)

das Unwissen über Wirkungszusammenhänge erschwert die Voraussagbarkeit von nachhaltigen Entwicklungen63 und führt zu Problemen bei der Identifikation der anzustrebenden Zielsetzungen und bei der Konkretisierung der nachhaltigen Entwicklung. Die Bewertung von Problemen lässt einen subjektiven Spielraum zu, der die Entwicklung von Ansätzen und Strategien zur Umsetzung von Zielen hemmt.64

Die nachhaltige Entwicklung stellt ein normatives Leitbild dar, welches die Integration und die Respektierung der sozialen, ökonomischen und ökologischen Ziele fordert. Die Berücksichtigung der drei Dimensionen der Nachhaltigkeit mit den verschiedensten lebensweltlichen Problemen zeigt den problemorientierten und disziplinenübergreifenden Charakter der Nachhaltigkeit und ihrer Erforschung.65

Der wissenschaftstheoretische Ansatz der Transdisziplinarität bzw. die transdisziplinäre Forschung bildet die Grundlage für die Umsetzung des normativen Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung und ist eine Methode zur Lösung von Problemen. Die Transdisziplinarität ist aufgrund der sozialen Relevanz und Dringlichkeit von Nachhaltigkeitsproblemen notwendigerweise lösungsorientiert. Der Handlungsbedarf wird sofort ausgelöst.66

2.1.5 Fragestellungen sowie Wissensformen für die transdisziplinäre Forschung

Ausgehend von konkreten gesellschaftlichen Veränderungsanforderungen löst die transdisziplinäre Forschung gesellschaftlich relevante Probleme mit Hilfe der Vernetzung unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen und bezieht nicht-wissenschaftliche Akteur_innen eines Handlungsfeldes in ihre Forschung mit ein. Für die transdisziplinäre Forschung sind unterschiedliche Wissensformen für die Wissensproduktion relevant:

Systemwissen

Zielwissen (Visionen und Leitbilder) Transformationswissen67

63 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 11.

64 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 14.

65 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 5 f, Schneidewind 2010, S. 122 f. bzw.

http://www.nachdenkstatt.de/transdisziplinaritaet/

66 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 5 f, Schneidewind 2010, S. 122 f. bzw.

http://www.nachdenkstatt.de/transdisziplinaritaet/

67 Vgl. http://wupperinst.org/unsere-forschung/forschung-fuer-den-wandel/transdisziplinaere-forschung/, Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 6 ff. bzw. http://www.nachdenkstatt.de/transdisziplinaritaet/.

(24)

Methodische Vorgehensweise

Mit dem Systemwissen werden der gegenwärtige Zustand der Mensch-Natur-Beziehungen und die Zusammenhänge und Mechanismen in ökologischen und sozio-technischen Systemen beschrieben.68 Probleme mit gesellschaftlicher und zugleich wissenschaftlicher Relevanz sind Ausgangspunkte des transdisziplinären Prozesses. Die Probleme sind gemeinsam69 zu finden, abzugrenzen und zu definieren.70 Das Systemwissen erfordert Wissen über die komplexen Zusammenhänge lebensweltlicher Probleme auf der sozialen, ökonomischen und ökologischen Ebene71 und zwischen den einzelnen Dimensionen:

Was wird gerade diskutiert?

Was wird gerade verhandelt?

Wer spricht über welche Themen?

Das Zielwissen ist Wissen über wünschenswerte Ziele. Neues Wissen muss generiert werden, um die Lösung der Problemstellungen zu ermöglichen. Mit dem Zielwissen werden die gesellschaftlichen Zielvorstellungen einer nachhaltigen Entwicklung erarbeitet.72 Das Zielwissen bedingt Wissen darüber, wie sich die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit verbinden lassen:

Was sind die Ziele, Handlungsprogramme oder Visionen?

Die Verbindung zwischen dem Systemwissen und dem Zielwissen stellt das Transformationswissen dar. Im Transformationswissen sind beispielsweise die Strategien der Konsistenz, Suffizienz und Effizienz enthalten, die in dieser Arbeit nachfolgend noch diskutiert werden.73

Das Transformationswissen beschreibt das Wissen zur Auslösung konkreter Veränderungsprozesse. Das Wissen muss in Praxis und Wissenschaft zurückwirken.74 Mit dem Transformationswissen soll der Übergang vom IST- zum SOLL-Zustand gestaltet und umgesetzt werden:

Wie lassen sich die Ziele erreichen? Wie gelangt man vom IST- zum SOLL-Zustand?

68 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 8 bzw. Schneidewind 2010, S. 122 f.

69 Die transdisziplinäre Forschung umfasst wissenschaftliches und zugleich praktisches Wissen. Unter der Begrifflichkeit „gemeinsam“ sind die wissenschaftlichen und nicht- wissenschaftlichen Akteur_innen zu verstehen.

70 Vgl. http://www.nachdenkstatt.de/transdisziplinaritaet/ bzw. Schneidewind 2010, S. 122 f.

71 Die drei Säulen der Nachhaltigkeit werden in dieser Arbeit im Kapitel „Das Konzept der Nachhaltigkeit“

diskutiert.

72 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 8.

73 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 8.

74 Vgl. http://www.nachdenkstatt.de/transdisziplinaritaet/ bzw. Schneidewind 2010, S. 122 f.

(25)

Welche Skills benötigen die Akteur_innen?

Welche Akteur_innen müssen zusammenarbeiten und sind alle relevanten Akteur_innen repräsentiert (Demokratie)?75

2.2 Der Transitions-Ansatz

Das Transitions-Management ist ein Planungs- und Steuerungsinstrument für einen gesellschaftlichen Wandlungsprozess. Diese Perspektive macht es notwendig, dass zunächst die Veränderungsprozesse definiert werden, die bei einer gesellschaftlichen Transition geschehen. In diesem Kapitel werden demnach die Einflussfaktoren einer strukturellen Veränderung eines gesellschaftlichen Systems aufgearbeitet:

Das Zusammenspiel bzw. die Wirkungsweise zwischen den Ebenen eines gesellschaftlichen Systems bei einer strukturellen Veränderung.

Der iterative Ablauf einer strukturellen Veränderung.

Die Wechselbeziehung zwischen (System-)Innovationen und den gesellschaftlichen Strukturen im Verlauf eines Wandlungsprozesses.

Barrieren, die Innovationen und strukturelle Veränderungen hemmen.

Das gesellschaftliche System befindet sich in einem ständigen Wandlungsprozess mit Veränderungen in der Kultur, den Strukturen76 und den Routinen77 des gesellschaftlichen Gesamtsystems oder eines Teilsystems.78 Bei einem gesellschaftlichen Transformationsprozess brechen Kultur, Struktur und Routinen einer Gesellschaft zusammen und neue etablieren sich. Das gesellschaftliche Gesamtsystem oder ein komplexes Teilsystem der Gesellschaft wird strukturell verändert. Durch diese strukturelle Veränderung wird Markt‐ und Systemfehlern entgegengewirkt.79

Die Veränderungen in den einzelnen Teilsystemen sind interdependent. Die Veränderungen in einem Teilsystem beeinflussen demnach andere Teilsysteme. Wenn sich verschiedene

75 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 8.

76 Die Struktur beschreibt die institutionellen Rahmenbedingungen.

77 Unter Routinen versteht man die Arbeitsweisen, Regeln und Praktiken einer Gesellschaft.

78 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f. und Weber et al. 2006, S. 21.

79 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 11.

(26)

Methodische Vorgehensweise

Veränderungen in Teilbereichen gegenseitig verstärken, wird der gesellschaftlichen Entwicklung eine Richtung geben.80

Der gesellschaftliche Wandel findet entsprechend von einem dynamischen Gleichgewichtszustand in einen anderen statt und kann zwei Quellen haben:

langsame Veränderungen der (externen) Umwelt interne Veränderungen innerhalb eines Systems81

Einerseits entwickelt sich das gesellschaftliche System gemeinsam mit der Außenwelt weiter, da das System von der sich verändernden Außenwelt beeinflusst wird. Der Anpassungsprozess des Systems findet durch die Veränderung der Systemstruktur statt.82 Auf der anderen Seite können einmalige Ereignisse, Unfälle oder Krisen in einem System die dominante Struktur untergraben und Veränderungen beschleunigen.83

Die systematische Veränderung ist eine zugrundeliegende Hypothese der Transitionsforschung.84

Der gesellschaftliche Transformationsprozess kann zusammenfassend durch folgende Charakteristika beschrieben werden:

technologische, ökonomische, ökologische, soziokulturelle und institutionelle Entwicklungen, die einander beeinflussen und verstärken (Produktions- und Konsummuster, rechtliche Konzepte, Organisationsformen oder kulturelle Vorstellungen).

Die Transformation ist ein langfristiger Prozess und erstreckt sich zumindest über eine Generation hinweg (25 Jahre).

Es gibt Interaktionen zwischen verschiedenen Ebenen. Die Kategorien Nische, Regime und Landschaft verdeutlichen, dass neue nachhaltigere Praktiken erst Träger und andersfunktionierende Strukturen über die Zeit verändern und neuausrichten.85 Die Transition definiert den Wandlungsprozess eines Systems. Der Wandel findet von einem relativ stabilen Systemzustand bzw. Gleichgewichtszustand in einen anderen statt.86 Bei einer

80 Vgl. http://www.polsoz.fu-

berlin.de/polwiss/forschung/systeme/ffu/forschung/steuerung/gesellschaftliche_transf/index.html

81 Vgl. Loorbach 2007, S. 17 f. bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f.

82 Vgl. Loorbach 2007, S. 17 f. bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f.

83 Vgl. Loorbach 2007, S. 17 f. bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f.

84 Vgl. Loorbach 2007, S. 17 f. bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f.

85 Vgl. Loorbach 2007, S. 17 f.

(27)

Transition wird das Denken und Handeln auf gesamtgesellschaftlichem Niveau fundamental verändert.87 Das Denken und Handeln findet folgendermaßen statt:

multi‐domain: in vielen Domänen wie Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft, Zivilgesellschaft. Eine gesellschaftliche Transition resultiert aus sich gegenseitig beeinflussenden Veränderungen auf allen gesellschaftlichen Gebieten.

multi‐aktoral: mit vielen Akteur_innen

multi‐level: auf sämtlichen Niveaus der Gesellschaft88

Die Transition erfordert ein Denken und Handeln in Systemzusammenhängen.89

2.2.1 Die Eigenschaften von Transitionen

Der (Wandlungs-)Prozess einer gesellschaftlichen Transformation verläuft graduell90 und der Prozess ist dynamisch.91

Die Transitionen sind durch große Unsicherheiten charakterisiert und daher nicht berechenbar. Eine Transition ermöglicht keine vorgefertigten, passenden Lösungen. Sie können nicht als Prozess vordefiniert werden und folgen keiner Gesetzmäßigkeit. Der Veränderungsprozess kann weder linear noch zentral gesteuert werden, da viele Akteur_innen beteiligt sind.92 Eine Transition ist durch eine große Komplexität gekennzeichnet.93

2.2.2 Das mehrphasige und mehrstufige Konzept der Transitionstheorie

Die Transitionstheorie baut auf zwei analytischen Konzepten auf, um diese komplexen Prozesse zu strukturieren: das mehrphasige und das mehrstufige Konzept.

Diese Konzepte sind eng miteinander verwandt und die Kombination beider Konzepte ermöglicht die Analyse der zeitlichen Dimension sowie der Dynamik einer Transition:

Analyse des Systemzustands

Analyse der Möglichkeit eines strukturellen Wandels94

86 Vgl. Loorbach 2007, S. 18. bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f.

87 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 10.

88 Vgl. Loorbach 2007, S. 17. bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 17 f.

89 Vgl. Weber et al. 2006, S. 17 f.

90 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 10 und Weber et al. 2006, S. 17 f.

91 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 11.

92 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 10.

93 Vgl. Loorbach 2007, S. 18 bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f.

94 Vgl. Loorbach 2007, S. 18.

(28)

Methodische Vorgehensweise

2.2.2.1 Die Mehrebenen-Perspektive der Transition

Die Mehrebenen-Perspektive eröffnet das Verständnis für die kulturellen Aspekte, Strukturen und Routinen eines gesellschaftlichen Systems. Die Mehrebenen-Perspektive zeigt die Wechselbeziehungen zwischen den individuellen und kollektiven Akteur_innen und deren Verhaltensweisen als auch zwischen den Strukturen auf und dient der Beschreibung und Analyse von Transitionen.95

Eine Transition ereignet sich durch das gleichzeitige Zusammenspiel auf den drei funktional differenzierten Ebenen des gesellschaftlichen Systems:

Makro‐Niveau (Landschaft): Die Landschaft umfasst kaum beeinflussbare, exogene Faktoren. Sie bildet die Rahmenbedingungen für die strukturellen Veränderungen der beiden anderen Ebenen (z. B.: Weltanschauung oder politische Kultur).

Meso‐Niveau (Regime): Kognitive (z. B.: Ziel- und Innovationsperspektiven), regulative und normative Regeln werden von den dominanten Akteur_innen eines Regimes vorgegeben. Die dominanten Strukturen, Kulturen und Routinen eines Systems werden abgebildet. Die Veränderungen auf der Meso-Ebene werden von der Makro-Ebene beeinflusst (z. B.: Institutionen sowie Organisationen bzw.

institutionelle Strukturen).

Mikro‐Niveau (Nischen): Individuelle (Einzelpersonen), Technologien und Routinen sind das Kennzeichen von Nischen. Diese sind die Treiber für sozio-technische Innovationen und Initiativen (z. B.: die Wiedergewinnung von Metallen aus Klärschlamm mittels hyperakkumulierenden Pflanzen96). Auf der Mikro-Ebene werden konkrete Strategien bzw. Handlungsansätze einzelner Akteur_innen formuliert, die in einem System wirken.97

2.2.2.2 Impulse für eine Transition

Nach Weber et al. (2006) sowie Schneidewind und Scheck (2012) bedarf eine Transition einer Änderung des vorherrschenden Regimes. Die Akteur_innen auf dem Meso-Niveau sind gegenüber Veränderungen und Innovationen ablehnend. Die Pfadabhängigkeit aufgrund der vorherrschenden Dominanz der Akteur_innen gilt es zu überwinden. Der Wandel entsteht durch das Aufkommen und die Entwicklung von Nischen. Diese Entwicklung ist ein

95 Vgl. Schneidewind/Scheck 2012, S. 48.

96 z. B.: Sonnenblumen

97 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 11., http://www.oecd.org/environment/cc/2487244.pdf bzw.

Schneidewind/Scheck 2012, S. 49.

(29)

wesentlicher Faktor für Veränderungen auf dem Meso Instabilitäten auf dem Meso-Niveau auslösen,

Bottom-up: Die Dominanz der Nische steigt und sie übernimmt das Regime.

Top-down: Das Regime gerät durch Veränderungen auf der Landschaftsebene unter Druck, wodurch der Wandel eingeleitet wird.

Hybrid aus Bottom-up und Top

Regime-Ebene führen zur Akzeptanz von Innovationen aus der Ebene Abbildung 3: Impulse für eine Transition

Die Transitionen laufen auf Gesellschaft gleichzeitig ab. Die

Die Konsequenz ist die Interaktion der den schnellen Strömen auf der Meso

2.2.2.3 Der mehrphasige Prozess Ein erfolgreicher Transitionsprozess Zusammenhängen und Koevolution individuell. Der Transitionsprozess Veränderungen in vier Phasen

1. Vorentwicklungsphase: Eine Veränderung des dynamischen Gleichgewichts ist nicht zu erkennen. Die Veränderungen

98 Vgl. Schneidewind/Scheck 2012, S. 50

99 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 11 bzw.

wesentlicher Faktor für Veränderungen auf dem Meso-Niveau. Innovationen können Niveau auslösen, welche folgende Muster aufweisen können:

Die Dominanz der Nische steigt und sie übernimmt das Regime.

Das Regime gerät durch Veränderungen auf der Landschaftsebene unter Druck, wodurch der Wandel eingeleitet wird.

up und Top-down: Lern- und Anpassungsprozesse auf der Ebene führen zur Akzeptanz von Innovationen aus der Ebene

Impulse für eine Transition am Beispiel Verkehr

Quelle: eigene Darstellung

auf den verschiedenen Niveaus und in mehreren Domänen der gleichzeitig ab. Die Teilprozesse beeinflussen und verstärken sich gegenseitig.

Die Konsequenz ist die Interaktion der langsamen Entwicklungen auf der Makroebene mit auf der Meso‐ und Mikroebene.99

mehrphasige Prozess einer Transition

r Transitionsprozess wird durch eine Vielzahl an ursächlichen Zusammenhängen und Koevolutionen angetrieben. Jeder Transitionsprozess

Transitionsprozess kann je nach Geschwindigkeit und Ausmaß der vier Phasen unterteilt werden:

Vorentwicklungsphase: Eine Veränderung des dynamischen Gleichgewichts ist nicht Veränderungen betreffen das System und die Vernetzung der

2012, S. 50 bzw. Weber et al. 2006, S. 21 f.

Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 11 bzw. Weber et al. 2006, S. 22.

Niveau. Innovationen können folgende Muster aufweisen können:

Die Dominanz der Nische steigt und sie übernimmt das Regime.

Das Regime gerät durch Veränderungen auf der Landschaftsebene unter

und Anpassungsprozesse auf der Ebene führen zur Akzeptanz von Innovationen aus der Ebene der Nische.98

am Beispiel Verkehr

mehreren Domänen der und verstärken sich gegenseitig.

Entwicklungen auf der Makroebene mit

Vielzahl an ursächlichen Transitionsprozess verläuft je nach Geschwindigkeit und Ausmaß der

Vorentwicklungsphase: Eine Veränderung des dynamischen Gleichgewichts ist nicht System und die Vernetzung der

(30)

Methodische Vorgehensweise

Akteur_innen. Die Anfälligkeit des Systems steigt. Die Entwicklung geschieht in den Nischen.

2. Take‐Off‐Phase: Der Veränderungsprozess wird durch vereinzelte strukturelle Veränderungen im System sichtbar. Die Beziehungen zwischen den Akteur_innen verändern sich. Die zusammenwirkenden Entwicklungen haben Einfluss auf das Regime.

3. Beschleunigungsphase: Die strukturellen Veränderungen kumulieren sich und kollektive Lernprozesse setzen ein. Die soziokulturellen, ökonomischen, ökologischen und institutionellen Innovationen verstärken sich gegenseitig. Die strukturellen Veränderungen beginnen sich durchzusetzen.

4. Stabilisierungsphase: Die neuen Systemstrukturen konsolidieren sich, indem sich die neu entstandenen Netzwerke, Ideen, Methoden und Prozesse in alle gesellschaftlichen Bereiche integrieren. Ein neues Gleichgewicht wird lernend erreicht.100

2.2.3 Die Wechselbeziehung zwischen Innovationen und systemischen Veränderungen Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Innovationen und deren Wirkung auf die diversen Phasen eines Transitionsprozesses. Der Transitionsprozess kann mit einer Veränderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf dem Makro-Niveau beginnen bzw. eingeleitet werden. Die veränderten Rahmenbedingungen ermöglichen eine Reaktion der kollektiven und individuellen Akteur_innen. Andererseits können die Akteur_innen beginnen, anhand von Innovationen Initiativen zu setzen, mit denen schlussendlich ein sozialer Wandel bzw. eine Transition auf gesamtgesellschaftlichem Niveau eingeleitet werden kann. Innovation und Transition bedingen sich gegenseitig.

Die sozio-ökonomischen Bedingungen ändern sich während der Vorentwicklungsphase.

Hinsichtlich der nicht-nachhaltigen Beanspruchung der Umwelt bedeutet dies beispielsweise, dass der Klimawandel oder die Globalisierung auf der sozialen als auch auf der ökonomischen Ebene Auswirkungen haben, welche eine Reaktion der gesellschaftlichen Akteur_innen bewirken.101 Die Akteur_innen steigern die Effizienz und versuchen, Investitionen zu schützen.102

100 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 12.

101 Durch einen staatlichen Eingriff beispielsweise (z. B.: Mineralölsteuer) werden bestimmte Ressourcen verteuert. Der sorgsame und wirtschaftliche Umgang mit einem Gut orientiert sich fast ausschließlich am Preis. Mit dem staatlichen Eingriff wird ein Transformationsprozess eingeleitet und auch permanent in Schwung gehalten, der effizienter und kostenschonender Innovationen bedarf.

102 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 12 f.

(31)

Die Systeminnovationen finden in unterschiedlichen Domänen103 statt und greifen die zugrundeliegenden Ursachen von Problemen auf.104

In dieser Phase ist die Implementierung von Innovationen noch riskant. Eine Innovation muss überlegt sein und muss in das Gesamtsystem mit dessen Netzwerken eingebettet werden.105 In der Vorentwicklungsphase müssen die nachstehenden Anforderungen erfüllt werden:

1. Auswahl eines gemeinsamen Transitionszieles

2. Untersuchung der Endbilder zu diesen Transitionszielen 3. Formulieren von Zwischenzielen

4. Evaluieren von Chancen und Bedrohungen für eine bestimmte Transition 5. Untersuchen von akteursspezifischen und kollektiven Transitionsaktivitäten 6. Evaluieren von Experimenten als Unterstützung des gemeinsamen Lernens106

Ein wesentlicher Beitrag für einen erfolgreichen Prozess ist die Identifikation von Führungspersönlichkeiten. Diese Akteur_innen können zentrale Aufgaben und Funktionen erfüllen. Der Entwicklungsgrad der Innovationen ist am Ende der Vorentwicklungsphase hoch. Manche Innovationen sind im Einklang mit anderen bzw. greifen ineinander und verstärken sich gegenseitig.107 Aus zahlreich voneinander losgelösten, aber zusammenspielenden Systeminnovationen108 entsteht die Transition.109

In der Take-Off-Phase bewirken Innovationen eine Veränderung der Normalität, indem alternative Ideen, Konzepte, Theorien und Technologien diskutiert werden. Die Innovationen verstärken sich gegenseitig, wodurch zusätzliche Ressourcen, wie Geld, Wissen und Personal, gewonnen werden können. Durch die zusätzlichen Ressourcen wird dem Prozess eine Eigendynamik übertragen. Die vorherrschenden gesellschaftlichen Strukturen werden destabilisiert.110

103 Domänen umfassen die Technologie, die Ökonomie, die Institutionen, die Ökologie, die Kultur sowie das Verhalten, die Wertesysteme, die Weltbilder und Paradigmen.

104 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 10.

105 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 12 f.

106 Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 13.

107 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 13.

108 Systeminnovationen verknüpfen Elemente von sozialen und technischen Innovationen.

109 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 10.

110 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 13.

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