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Kontaktaufnahme zu potentiellen AdressatInnen – erste Gruppenerfahrungen Mögliche Personengruppen, die an der Beteiligung des Wohnungsprojektes interessiert

A) Soziale Gruppenarbeit und B) Gemeinwesenorientierte Beratung

2. A) Soziale Gruppenarbeit: Ausgangssituation und konzeptionelle Zielrichtung Die praktizierte Form der Gruppenarbeit entstand aus einer Sammlung von

2.1. Kontaktaufnahme zu potentiellen AdressatInnen – erste Gruppenerfahrungen Mögliche Personengruppen, die an der Beteiligung des Wohnungsprojektes interessiert

sein konnten, wurden während der Vorbereitungsphase der Baumaßnahme durch aktivie-rende Präsentationen des Vorhabens anzusprechen versucht. Die WOHNFORUM gGmbH lud zu diesem Zweck Mitgliedsorganisationen der großen Wohlfahrtsverbände ein, die lokal als gemeinnützige Initiativvereine in unterschiedlicher Weise sozial tätig sind und sich mit ihren Angeboten an benachteiligte Personengruppen wenden. Während dieser Phase wurde die für den Partizipationsprozess verantwortliche Mitarbeiterin (und Autorin dieser Arbeit) bei der WOHNFORUM gGmbH angestellt4. Sie lernte gleichermaßen bei den ersten Treffen die Einschätzungen der eingeladenen VertreterInnen unterschiedlicher Initiativen kennen, die mit ihrem jeweiligen Erfahrungshintergrund Bedarfe ihrer Mit-glieder bzw. ihrer KlientInnen benannten. In diesen ersten Gesprächen wurde sondiert, welche Personengruppen sich möglicherweise an einem eindeutig partizipativ konzipierten Wohnprojekt beteiligen würden. Die InitiativvertreterInnen äußerten den konkreten Wunsch, das neue Projekt möge nicht allein der reinen Wohnraumversorgung Rechnung tragen, sondern die Verbesserung der Gesamtsituation seiner AdressatInnen in den Blick

4 Die konzeptionell-inhaltliche Projektvorbereitung und die ersten Kooperationsverhandlungen mit den städtischen Verwaltungen wurden von den Projekt-InitiatorInnen wahrgenommen. Auch sprachen sie Wohlfahrtsverbände an, die ihrerseits Gesellschafter entsandten, so dass WOHNFORUM den Status der gemeinnützigen GmbH und den des Bauträgers erwerben konnte. Bei den ProjektinitiatorInnen handelte es sich um zwei SozialwissenschaftlerInnen, die zu verschiedenen Aspekten neuer Armut geforscht hatten und mit der Müncher politischen Szene vertraut waren.

nehmen5. Letztlich kristallisierten sich von mehr als dreißig interessierten Vereinen und Gruppen vier Initiativen heraus, mit denen die WOHNFORUM gGmbH hinsichtlich ihres ersten Sanierungsprojektes Orleansstraße 65a, in Münchens Stadtteil Haidhausen koope-rierte. Im Einzelnen waren dies:

• der in H aidhausen ans äs s ige A r beitskr eis A us länder f ragen e.V . ( A K A ) , der s eit über zw ei J ahr zehnten auf A us länder ar beit s pezialis iert is t und u.a. ein Aus bildungs-pr ojekt f ür ausländis che M ädchen und junge F rauen in Träger s chaf t begleitete;

• die Haidhauser Stadtteilinitiative für allein erziehende Frauen e.V., die sich insbe-sondere für die Sicherung von Wohnraum für ihre Zielgruppe in diesem, infra-strukturell gut ausgestatteten Quartier engagiert;

• der Verein ERGO – Neue Frauenwege ins Alter e.V., der zur Prävention isolierten Wohnens im Alter Wohngemeinschaften zu verwirklichen anstrebt;

• das Beschäftigungsprojekt INBUS gGmbH (Innovation in Bildung und Sozialar-beit), das nach Möglichkeiten der Wohnraumversorgung für junge Menschen in Ausbildung und Arbeitsförderungsprojekten suchte.

Zu den weiterhin für die VertreterInnen dieser Initiativen anberaumten Informations-veranstaltungen erschienen bereits potentielle BewohnerInnen des geplanten Wohnprojek-tes. Einige von ihnen waren zugleich NutzerInnen der o.g. Initiativen und hatten dort vom Sanierungsvorhaben gehört oder aus der Tagespresse erste Mitteilungen entnommen. Die Veranstaltungen die in den Räumen der WOHNFORUM gGmbH stattfanden, dienten zu-nächst der Information über allgemeine Standards des EU-geförderten Armutsbekämp-fungsprogramms, aus dessen Mittel das Wohnhaus saniert und partizipative Verfahren projektiert werden konnten. Auch wurden die wohnungsbehördlichen Zugangsvorausset-zungen vorgestellt; sie sind im Merkblatt für Wohnungssuchende der Landeshauptstadt München6 bekannt gegeben und von zukünftigen MieterInnen kommunalen Wohnraums

5 Vgl. Breckner, Ingrid: Wohnen zwischen Macht und Ohnmacht. Lernen durch Erfahrung. Broschü-re; Hrsg.: Forschungsgesellschaft ANSTIFTUNG gGmbH, München. 1993. S. 70-75

6 Vgl. Sozialreferat, Amt für Wohnungswesen der Landeshauptstadt München (Hrsg.): Die Stadt in-formiert – Merkblatt für Wohnungssuchende. Stand: Januar 1988. Die Definition der Zugangsberechtigung zu öffentlich gefördertem Wohnraum ist in der folgenden Auflage des Merkblattes von 1995 unverändert gültig und gehört mit zu den Grundlagen behördlichen Handelns der Fachstelle zur Vermeidung von Ob-dachlosigkeit (FAST).

zu erfüllen. Diese gesetzlichen Voraussetzungen werden im anschließenden Abschnitt

„Belegungsverhandlungen“ dieses Kapitels ausführlich dargelegt. Die konzeptionellen Grundsätze der WOHNFORUM gGmbH, im Ergebnis eine durchmischte und tragfähige Hausgemeinschaft zu erstellen, mussten ebenfalls mit diesen administrativen Zugangsvor-aussetzungen vereinbar sein. Zunächst werden weitere Projektstandards und Arbeitsweisen reüssiert, die WOHNFORUM gegenüber den InteressentInnen, während der ersten Grup-pentreffen, offen legte.

Bereits in der Anfangsphase des Wohnprojektes, erfuhren die AdressatInnen Zuschnitt und mögliche Nutzungsvarianten der verschiedenen Wohnungstypen des Anwesens. Mitgeteilt wurden auch die zeitliche Einschätzung des geplanten Bauverlaufs samt der Möglichkeiten baulicher Selbsthilfeleistungen sowie der Hausverwaltung, die teilweise selbstverwaltet arrangiert werden sollte, und letztlich die erwartbaren Mietkosten. Unumgänglich förderten diese Informationen eine, wie auch immer ausgeprägte, Identifikationsbereitschaft der Ad-ressatInnen mit dem Wohnprojekt bereits zu einem frühen Zeitpunkt, nämlich schon dann, als die Belegungsverhandlungen zwischen der WOHNFORUM gGmbH und der kommu-nalen Wohnungsbehörde noch nicht begonnen hatten. Gleichzeitig wurden die WOHNFORUM-Akteure von lokalpolitischer Seite aufgefordert, Bedarf und Beteiligungs-bereitschaft zukünftiger MieterInnen an einem Armutsbekämpfungsprojekt begründet nachzuweisen.

Die verschiedenen Informationsdetails stimulierten die AdressatInnen dazu, persönliche unbefriedigende Erfahrungen des Alltags in der Gruppe zu thematisieren und nach gün-stigeren Lösungen zu suchen. Auf diese Weise brachten sie sich selbst mit ihren Ideen der Bewältigung ein. Motivation wurde nicht von außen an die AdressatInnen herangetragen, sondern sie formulierten Themen, die mit Betroffenheit und Neugierde besetzt sind. Nahe liegende und mit unterschiedlichen Wohnerfahrungen verknüpfte Fragestellungen waren solche, die persönliche Entscheidungen erforderten und somit Teil der alltäglichen Wirk-lichkeit und deshalb anschaulich und greifbar sind. Strategien, die es in einem solchen Gruppensetting zu erarbeiten gilt, müssen erfolgversprechend sein und zwar mindestens in dem Sinne einer nützlichen Erfahrung, die von den betreffenden Einzelpersonen auch als Wirksamkeit des eigenen Tuns verbucht werden können. Kennzeichnend für den Verlauf der Gruppenarbeit während des Partizipationsprozesses ist das anfängliche Bearbeiten häu-fig auftretender Mängelsituationen, das sich im Laufe der Zeit zu einer Kompetenzmo-tivation entwickelte. Beispielsweise trug ein Gruppenmitglied eine aktuell erfahrene

pro-blematische Begebenheit vor, während darauf folgend verschiedene Anwesende ihr Ver-ständnis der Situation reihum rückmeldeten. In einer zweiten Runde wurden eher modell-haft zukunftsorientierte Bewältigungsschritte mit möglichen Vor- und Nachteilen be-sprochen. Diese Form der Problembearbeitung fordert vernachlässigte Entschei-dungskompetenzen heraus. In der Gruppensituation können Kompetenzen dadurch kon-struktiv erlebbar sein, indem die AdressatInnen ihre aktive Mitarbeit selbst erleben und Innovationen somit auch auf ihre persönlichen Leistungen zurückführen können. Das Er-kennen kollektiver Aspekte in scheinbar individuellen Problemen lässt Gruppenaktivität entstehen, die auf subjektiv gültige und deshalb handlungsleitende Erfahrungen basieren.

Durch die von WOHNFORUM getroffene Auswahl der Initiativgruppen sollte unter-schiedlichen konzeptionellen Ideen des Projektes Rechnung getragen werden, so z.B. zu-künftigen BewohnerInnen aus dem Stadtteil Haidhausen eine Kontinuität des Wohnens in ihrer vertrauten Umgebung zu sichern. Ein weiterer Leitgedanke, den der durchmischten Hausgemeinschaft, findet in der Beteiligung von Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher ethnischer Angehörigkeit seine Verwirklichung. Die Hausgemeinschaft sollte auch alters-durchmischt sein und verschiedene familiale Lebensformen ermöglichen, weswegen u.a.

auch wohnungslose Jugendliche beteiligt wurden, die im Ausbildungsprojekt INBUS GmbH beschäftigt waren. Außerdem gewährte WOHNFORUM den vier o.g. Initiativen ein Vorschlagsrecht, das bei Fluktuation der MieterInnen, auch nach Sanierungsabschluss des Anwesens, geltend gemacht werden kann. Problembezogene und soziale Hilfeleistun-gen welche die verschiedenen Initiativgruppen anbieten, sollten selbstverständlich auch weiterhin von deren NutzerInnen beansprucht werden können. Darüber hinaus waren die InitiativsprecherInnen bestrebt, ihre Angebote im Sinne des Case Managements mit denen der WOHNFORUM gGmbH zu verknüpfen, um gegebenenfalls die bestmögliche Weiter-vermittlung an soziale Dienstleistungen zu fördern. Diese Form problembezogener Zusam-menarbeit wurde miteinander verabredet.

Eine weitere Möglichkeit WohnprojektadressatInnen zu eruieren, hätte darin bestehen kön-nen, in Kooperation mit dem Amt für Wohnungswesen interessierte Miethaushalte ausfin-dig zu machen, die sich bereits bei der Fachstelle des Amtes (zur Vermeidung von Ob-dachlosigkeit (FAST)) vormerken hatten lassen. Zu dieser Zeit konnte das Amt für eine solche Explorationsaufgabe, die gemeinsam mit der prozessverantwortlichen Mitarbeiterin der WOHNFORUM gGmbH bearbeitet hätte werden können, keine AnsprechpartnerIn zur Verfügung stellen. Man einigte sich darauf, dass die Wohnungsbehörde bei nicht zustande

kommen von Vorschlägen für die Belegung einzelner Wohnungen, in Absprache mit der prozessverantwortlichen Mitarbeiterin der WOHNFORUM gGmbH die Belegung vorneh-men würde. Auch diese zukünftigen MieterInnen würden mit dem Partizipationsangebot vertraut gemacht werden. Ansonsten stand für den Verhandlungspartner Wohnungsbehör-de außer Frage, das Belegungskonzept Wohnungsbehör-der WOHNFORUM gGmbH anhand jeWohnungsbehör-des Einzel-falls, d.h. jeden vorgeschlagenen potentiellen MieterInnenhaushalt amtlich, auf der Grundlage der oben schon erwähnten Zugangsvoraussetzungen zu prüfen.

Inhalte und Entwicklung der Belegungsverhandlungen zwischen der WOHNFORUM gGmbH und dem Amt für Wohnungswesen werden in den folgenden acht Abschnitten themenbezogen berichtet und kommentiert. Der darauf folgende Abschnitt beschließt die Belegungsproblematik, indem die mit den Verhandlungen erzielte Belegungsstruktur skiz-ziert wird. Danach werden die Themenfelder der Sozialen Gruppenarbeit weiter aufgefä-chert und interpretiert.

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