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Der Status der intermediären Gesellschaft „gGmbH“ des Sanierungsträgers WOHNFORUM hinsichtlich der Belegungsrechte im kommunalen AnwesenWOHNFORUM hinsichtlich der Belegungsrechte im kommunalen Anwesen

A) Soziale Gruppenarbeit und B) Gemeinwesenorientierte Beratung

VI. Ausgewählte Ergebnisse des Partizipationsprozesses

5. Der Status der intermediären Gesellschaft „gGmbH“ des Sanierungsträgers WOHNFORUM hinsichtlich der Belegungsrechte im kommunalen AnwesenWOHNFORUM hinsichtlich der Belegungsrechte im kommunalen Anwesen

Orleansstraße 65a und der Ausgestaltung des Tätigkeitsbereiches „Soziale Baubetreuung“

An der Organisation WOHNFORUM beteiligen sich gemeinnützige Vereine und Wohl-fahrtsverbände die durch Gesellschafter in der gGmbH vertreten sind. Die Gesellschaft ist selbstlos tätig und verfolgt gemeinnützige Zwecke. Die Geschäfte der Gesellschaft leitet ein Geschäftsführer, dessen Arbeit von der Gesellschafterversammlung direkt überwacht wird. Vier bzw. derzeit sechs Vertreter der Gesellschaft treffen sich dazu regelmäßig. We-sentliche Beschlüsse, so z.B. auch das Belegungskonzept für das Anwesen Orleansstraße 65a, müssen einstimmig von den Gesellschaftern gefasst werden. Von der in der Satzung vorgesehenen Möglichkeit, einen Aufsichtsrat zu bilden, wurde kein Gebrauch gemacht.

Es besteht ein Beirat, der die Ziele der Gesellschaft unterstützen soll und dem u.a. Vertre-terInnen aus Politik und Wissenschaft angehören. Die Trägerkonstruktion scheint sich für die Aufgabenbewältigung eines treuhänderischen Sanierungsträgers, wie z.B. bei Nut-zungsvereinbarungen von Objekten, zu bewähren, oder auch bei der Erschließung von Baufinanzierungen. Sie sicherte jedoch nach innen, der pädagogischen Mitarbeiterin keine fachliche Unabhängigkeit.

So existierte zwar unter den Gesellschaftern, den MitarbeiterInnen und den BeirätInnen eine politische Mehrheit, die das durchmischte Belegungskonzept der prozessverantwortli-chen Mitarbeiterin grundsätzlich befürwortete. Die Konzeptdiskussion spitzte sich zum existentiellen Konflikt zu, als klar wurde, dass den zukünftigen BewohnerInnen aus-nahmslos der Status der MieterInnen mit unbefristeten Mietverträgen zukommen wird.

Entgegen dieser Absicht setzte der Vertreter der Arbeiterwohlfahrt, unter der Androhung der Kündigung seines Gesellschaftervertrages die Berücksichtigung seiner

Belegungsinter-essen durch. Er forderte, Wohnungen pauschal zu mieten, so dass seine Mitgliederorga-nisationen betreute Wohneinrichtungen im Anwesen Orleansstraße 65a eröffnen konnten.

Die fachlichen Begründungen der prozessverantwortlichen Mitarbeiterin, die auf eine An-näherung beider Interessen zielten, wurden ausgeschlagen.

Zusammenfassend:

Nicht nur die angemahnte pädagogisch-fachliche Unabhängigkeit, sondern insgesamt die der Organisation WOHNFORUM ist durch die Prinzipien der gGmbH nicht gewährleistet.

Die Handlungsfreiheit des Sanierungsträgers ist durch die potentielle Willkür seiner Ge-sellschafter wesentlich beeinflussbar. Es ist offensichtlich, dass politische Veränderungen die Existenz bzw. die Handlungsspielräume der gGmbH sehr schnell gefährden können.

Selbst wenn im Hinblick auf die Auswirkungen der Organisationsform des Sanierungsträ-gers als gGmbH und der Finanzierung von Baumaßnahmen bzw. Voruntersuchungen dazu, sich die meisten Aspekte der Übereinstimmung zwischen Gesellschafter und Geschäftsfüh-rung ergeben, so muss die Frage geklärt werden, in wessen Hände die Bestimmung der Zielgruppe liegen soll und wie mit fachlichen Begründungen und Konzepten in diesem Zusammenhang umzugehen ist. Erfahrungsgemäß lässt die hohe Arbeitsbelastung wenig Raum für Grundsatzdiskussionen. Die Reflexion der eigenen Arbeitsstrategien wird aber gerade auch wegen der weitreichenden Veränderungen im Bereich der Stadtentwicklung mit Aufwertungsdruck auf Trabantenstädte und Altbaubestand sowie neuer NutzerInnen-gruppen wichtige Bedingung für eine erfolgreiche Tätigkeit der alternativen Sanierungs-trägerin WOHNFORUM München gGmbH sein.

Das Dilemma mit dem Soziale Baubetreuung konfrontiert ist, scheint im Doppelmodell ihres Auftrags begründet. Offiziell ist der Aufgabenbereich als Vermittlungsinstanz struk-tureller Widersprüche und Problemkonstellationen eingesetzt worden, inoffiziell und nach-geordnet wird subjektorientierte Soziale Arbeit betrieben und diese auf die institutionellen Handlungsbedingungen rückbezogen. In dieser Vermittlungsproblematik muss sich Soziale Baubetreuung als spezifisch professio nelle Aufgabe bewähren. Als eine Art Doppelmodell ist dieser Auftrag allgemein für die Soziale Arbeit konstitutiv. Er wird in der Professionali-sierungsdebatte seit den 80er Jahren mit der Diskussion um die Verwissenschaftlichung der Methoden Sozialer Arbeit problematisiert. So beschreibt Thomas Olk mit Begriffen wie „Entmethodisierung des Methodengebrauchs“, „reflexive Steuerung professioneller

Interventionen“ und „alltagsorientierte Handlungskompetenz“14 die Fähigkeiten der dop-pelten Vermittlung als originäre Aufgabe Sozialer Arbeit. Im Wohnprojekt Orleansstraße 65a zeichnete sich die Vermittlungsleistung im Idealfall aus durch, (1.) persönlich enga-gierte und gleichberechtigte Kommunikation mit distanzierter professioneller Problembe-arbeitung und (2.) Hilfen zur Autonomie. Nach Olk hängt aber die Frage, ob das „doppelte Vermittlungsproblem“ praktisch lösbar ist, nicht nur von professionellen Fähigkeiten ab, sondern auch davon, ob sich der administrative Rahmen dieser Aufgabe gleichsam „si-tuativ“ anschmiegt oder eher einem anderen Professionstyp – z.B. dem kurativen – ent-gegenkommt.

Unter der Perspektive des Professionalisierungsdrucks tritt eine, für die Soziale Arbeit ty-pische Unterscheidung zutage zwischen objektorientierter Handlungskompetenz einerseits und eine auf das Subjekt der AdressatInnen bezogene Orientierung andererseits. Im Hin-blick auf die Betroffenenbeteiligung müsste die Auffächerung der Baubetreuung in ihren Teilbereichen Architektur, Finanzen, Soziale Arbeit zu konsensuell vereinbarten Zustän-digkeiten führen. Es muss geklärt werden, ob die Bereitschaft besteht, ein interorga-nisatorisches Informationssystem zu entwickeln. Dieses sollte die Fachkräfte eines Bau-betreuungsteams dazu anhalten, aus ihrer je spezifischen Perspektive den AdressatInnen nicht nur Expertenwissen bereitzustellen, sondern mit ihnen entsprechende Handlungs-schritte vollständig durchzuführen. Bleibt Soziale Baubetreuung mit ihrem Part der Ziel-gruppen- und Vermittlungsarbeit, doch eher in der Position der Zuarbeit verhaftet, indem sie das Produkt Wohnraumsanierung flankierend unterstützt? Oder spricht nicht vieles da-für, Soziale Baubetreuung als Dienstleistung mit den Schwerpunktaufgaben einer prozess-moderierenden Instanz flexibel anzubieten? Die wenigen Fragen an dieser Stelle und auch die im Kapitel „Deskription“ auf gezeigten Erwartungen des Baubetreuungsteams lassen unschwer erahnen, dass der partizipativen Zielgruppenarbeit im Verhältnis zu den Berei-chen Architektur und Finanzen zunächst die untergeordnete Position, ohne eigenes Mandat zugewiesen war. Mangelnde Kompetenzbeschreibung verfestigt diesen Status eines vor-professionell ausgewiesenen Wir kungsbereiches, der ohne die autonome Gestaltung der Berufsvollzüge bestehen soll und sich im Bereich des Marginalen vollzieht. Dieser Degra-dierungseffekt hat eine stetige moralische Auflösungstendenz des Partizipationsprozesses gefördert.

14 Vgl. Olk, Thomas: Abschied vom Experten. Weinheim und München. 1986. S. 206 ff. und S. 221

Um die Aufgaben professionell weiterzuführen, die sich während der prozessorientierten Beteiligungsarbeit herausgebildet haben, ist die Anwendung systematischen und theore-tisch überprüfbaren Wissens notwendig. Spezifische berufliche Kenntnisse und Verfahren-stechniken müssen durchgängig zur Anwendung kommen. Die professionelle Spezifität prozessorientierter Partizipationsarbeit, im Sinne einer umgrenzten Funktion dieser Tätig-keit als Dienstleistung muss zumindest innerhalb der Organisation einhellig anerkannt sein.

Sie umfasst Instrumentarien, mit denen die Wirklichkeit der AdressatInnen und deren Le-benszusammenhang wahrgenommen und eingeschätzt sowie der Umgang mit Problemen strukturiert werden. Schließlich kommt ein professionelles Profil nicht aus, ohne persönli-che und fachlipersönli-che Entspersönli-cheidungs- und Gestalungsfreiheit der Tätigkeit, auch wenn sie in der Institution ausgeübt wird.

VII. Das ExpertInnengespräch mit VertreterInnen des Amtes für Wohnungswesen und VertreterInnen der WOHNFORUM gGmbH

Das ExpertInnengespräch wurde als Gruppendiskussion konzipiert und durchgeführt. Die-se Untersuchungsmethode wurde im Rahmen der „Methoden der Bewertung des Partizipa-tionsprozesses“ in Kapitel IV, Abschnitt 4 vorgestellt. Als ExpertInnengespräch legt das Verfahren den Schwerpunkt auf den inhaltlich pragmatischen Sachbezug der Fachleute, nicht auf die psychosoziale Beziehung der DiskutantInnen untereinander.

An der Diskussion nahmen VertreterInnen der WOHNFORUM gGmbH und drei Vertrete-rInnen des Amtes für Wohnungswesen, resp. der Fachstelle zur Vermeidung von Obdach-losigkeit teil. Ziel war es, in der Diskussion die Standpunkte darzulegen, anhand derer die Sinnhaftigkeit des Partizipationsprozesses zu erörtern ist. In diese Fragestellung spielt die Zusammenarbeit der VertreterInnen der Behörde und die der WOHNFORUM gGmbH unmittelbar hinein. Projektiv sollte erkundet werden, wie gegebenenfalls Betroffenenparti-zipation im Rahmen zukünftiger Wohnbauprojekte in der Zusammenarbeit der Institutio-nen zu organisieren sei und welchen Gewinn sich die Akteure davon versprächen. Um ei-nen inhaltlichen Bezug zur Thematik herzustellen, wurde – nach einer Vorstellungsrunde – die Gesprächsleiterin und zugleich Einladende gebeten, die erkenntnisleitenden Fragestel-lungen zu erörtern, die den TeilnehmerInnen beider Institutionen vorab brieflich (vgl. An-hang dieser Arbeit) zugingen. Es handelt sich dabei vorwiegend um jene synergetischen Effekte, die sich durch das intensive Befassen mit Wohn- und Alltagsproblematiken zeig-ten identitätsstifzeig-tend bewertet wurden. Sie sind auch in Abschnitt 2 des Kapitels IV als

„Erkenntnisleitende Fragestellungen“ dargelegt. Außerdem präsentierte die Gesprächsleite-rin in ihrem Eingangssatement begriffsbestimmende Inhalte partizipativer Verfahren, die die Ziele des Beteiligungsprozesses veranschaulichen. Mit dieser Einführung sollte den GesprächsteilnehmerInnen die Vergegenwärtigung des zurückliegendenBeteiligungsver-fahrens ermöglicht und die Frage der Praktikabilität eines solchen Konzeptes von den Standpunkten der beteiligten Akteure betrachtet werden. Als ExpertInnen wurden die An-wesenden insofern angesprochen, als ihr Tun Teil des Handlungsfeldes war, das den For-schungsgegenstand ausmacht. Es wurden keine ExpertInnen von außerhalb, im Sinne von GutachterInnen hinzugezogen. Nach Michael Meuser und Ulrike Nagel ist der ExpertIn-nenstatus ausgewiesen, insofern die TeilnehmerInnen Verantwortung für die Implementie-rung des Partizipationsverfahrens mittrugen und über einen privilegierten Zugang zu In-formationen sowohl über die beteiligten Personengruppen als auch der

Ent-scheidungsprozesse verfügten1.

In der Vorstellungsrunde skizzierten die VertreterInnen des Wohnungsamtes ihre Aufga-benbereiche als solche, in denen sie mit Bürgerbeteiligungsverfahren, der Konzeption be-treuter Wohnformen und Modellen der Verwaltungsreform befasst sind. Die VertreterIn nen der WOHNFORUM gGmbH befassen sich seit Ablauf der EU-Förderung des Mo-dellprojektes Orleansstraße 65a weiterhin mit der Einführung mieterInnenbeteiligter Haus-verwaltungen in den weiteren stadteigenen Anwesen, die WOHNFORUM inzwischen sa-niert hat.

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