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Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters

Besonders hervorheben möchten wir an dieser Stelle zwei Forschungsschwerpunkte, die als Ergebnis bereits einen wesentlichen Baustein für Therapie und Therapieevaluation darstellen:

Autismus-Spektrum-Störungen

Die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters partizipiert an der International Molecular Genetic Study of Autism Consortium and Milder Phenotypes (IMGSAC;

www.well.ox.ac.uk/~maestrin/iat.html), einen internationalen Konsortium zur Erforschung der genetischen Grundlagen autistischer Störungen, mit Kliniken und Laboren aus Großbritannien, Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Dänemark, Griechenland und den Vereinigten Staaten.

Auf nationaler Ebene bestehen Kollaborationen weiteren Institutionen und Autismuszentren. In unserer Klinik wurden in den letzten Jahren über 400 Familien mit mindestens einem autistischen Kind rekrutiert. Seit mehreren Jahren untersuchen wir detailliert auch Verwandte ersten Grades, u.a.

neuropsychologisch, mit dem Ziel, durch solche Studien Endophänotypen des Autismus zu identifizieren. Diese Untersuchungen werden bis 2006 mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt.

Im Rahmen dieses besonderen Schwerpunktes erfolgt auch die Pilotevaluation des Frankfurter Gruppentrainings sozialer Fertigkeiten. Ziel der Pilotevaluation ist die Überprüfung der Wirksamkeit des manualisierten Gruppentrainings KONTAKT für Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen zur Verbesserung sozialer Interaktions- und Kommunikationsfertigkeiten. Die Evaluation umfasst einen Zeitraum von 11 Monaten mit 5 Messzeitpunkten. Die Erfassung der Trainingseffekte erfolgt durch unterschiedliche Beurteilergruppen und bezieht sich auch auf Effekte in Alltagssituationen.

Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsdefizitstörung (ADHS): Neurobiologische und molekulargenetische Ursachen und Evaluation neuerer Behandlungsansätze.

In Kooperation mit dem Deutschen Krebs Forschungszentrum Heidelberg untersucht die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie genetische Variationen des monoaminergen und serotonergen Systems im Zusammenhang mit der ADHS. Untersucht werden betroffene Kinder sowie deren leibliche Eltern.

Wesentlicher Bestandteil dieses Projekts ist eine umfassende Diagnostik grundlegender Aspekte der Aufmerksamkeit und Impulskontrolle. Die angestrebte Präzisierung unterschiedlicher Phänotypen sowie deren Verknüpfung unter Einschluss molekulargenetischer Indikatoren (Susceptibilitätsgene) ist bisher nicht geleistet worden. Neben der Aufklärung molekulargenetischer Faktoren widmet sich ein weiteres Teilprojekt, das in Kooperation mit dem Institut für Psychologie der Universität Frankfurt durchgeführt wird, der Untersuchung neuropsychologischer Funktionen (Executive Funktionen) bei Patienten mit ADHS. Ein weiterer Punkt ist die Entwicklung und Evaluation von Behandlungsmethoden zur Behandlung von ADHS. Nach einer ersten Studie, die Hinweise auf spezifische Effekte von EEG-Biofeedback im Vergleich zu einem kognitiven PC-Training ergab, findet derzeit ein Vergleich mit einem Konzentrations-Gruppentraining statt.

3.1 Forschungsschwerpunkte

Neurobiologische Grundlagen von Störungen des Sozialverhaltens und Evaluation verhaltenstherapeutischer Behandlungsansätzen

In zwei Studien wurden neurobiologische Faktoren aggressiven Verhaltens bei Kindern mit einer Störung des Sozialverhaltens (SSV) untersucht. 1) In einer fMRI Studie wird untersucht, inwieweit bei der Verarbeitung emotionaler Stimuli eine abweichende zentralnervöse Reaktivität gegeben ist. 2) wird untersucht, inwieweit Störungen des Serotoninstoffwechsels an der Entstehung aggressiver Verhaltensstörungen mitwirken. Des Weiteren wird die Häufigkeit aggressiven und dissozialen Verhaltens bei Jugendlichen sowie der Einfluss von Risiko- und Schutzfaktoren in einer repräsentativen Stichprobe in Frankfurt untersucht. In einem anwendungsorientierten Forschungsprojekt wird ein verhaltenstherapeutisches Intensivprogramms für Kinder mit disruptiven Störungen (KIDS) evaluiert. Es umfasst neben einem Eltern- und Lehrertraining eine teilstationäre Behandlung für eine Gruppe von 6 bis 7 Kinder, die über zwei Wochen gemeinsam ein Feriencamp besuchen, und ist darauf ausgerichtet, effektive Problemlösestrategien und eine angemessene Emotionsbewältigung in alltagsähnlichen Situationen einzuüben.

Temperament, Charakter und psychische Störungen

Basierend auf dem biopsychosozialen Persönlichkeitsmodell von Cloninger, das sich in zahlreichen internationalen klinischen Studien an Erwachsenen als diagnostisch valide gezeigt hat, wurden kultur- und altersspezifische Inventare für Kinder- und Jugendliche entwickelt, validiert und normiert. So stehen nun der JTCI/ 3-6 für das Vorschulalter, der JTCI/ 7-11 für das Grundschulalter, der JTCI/ 12-18 R für das Jugendalter und der TCI-R-Kurz für Erwachsene zur Verfügung. Im Rahmen der Längsschnittstudie Persönlichkeit und Lebensweg , an der initial 696 Familien aus Offenbach und Frankfurt teilnahmen, wurden zusätzlich die Psychopathologie und psychosoziale Risiken erfasst, um die Bedeutung von Persönlichkeit und die Interaktion mit Umweltvariablen für einen positiven Lebensweg und psychisches Wohlbefinden prospektiv untersuchen zu können. Die Ergebnisse zeigen konsistent, dass spezifische Temperaments- und Charakterkonstellationen für bestimmte psychische Störungen typisch sind, wobei die Charakterentwicklung ( Reife ) die wesentliche Größe ist und die Beziehung zwischen Temperament und Pathologie zu moderieren scheint. Desweiteren helfen Variablen zur Passung zwischen dem kindlichen Temperament und den Erwartungen der Eltern, Pathologieentwicklung aufzuklären.

Essstörungen

Geschmackspapillendichte und Geschmackswahrnehmung bei Patientien mit Essstörungen. Die Ausbildung von Geschmackspräferenzen und Geschmacksaversionen unterliegt genetischen, biochemischen und morphologischen Faktoren und Lernprozessen. Ziel ist es, zu untersuchen, inwieweit die Dichte der Geschmackspapillen und die Geschmackswahrnehmung Einfluss auf die Ausbildung und Aufrechterhaltung von Essstörungen hat. In einer vergleichenden fMRT-Querschnittsstudie untersuchen wir, ob sich Patientinnen mit remittierter Anorexia Nervosa (AN) oder Bulimia nervosa (BN) von Probanden unterscheiden hinsichtlich der zentralen Geschmacksverarbeitung oral applizierter fetthaltiger Stimuli. Im Zentrum des Interesses stehen die als primäres bzw. sekundäres Geschmackszentrum postulierte Regionen Insel, Cingulum und orbitofrontaler Kortex. Ziel ist die Objektivierung der Geschmacksverarbeitung als Traitvariable bei Essstörungen. In einer Verlaufsstudie zur Anwendung von Topiramat bei Essstörungen und affektiven Störungen mit Kontrollverlust werden die Impulsivität, das kognitive Leistungsvermögen und das Essverhalten sowie das Gewicht unter medikamentöser Behandlung mit Topiramat bei Essstörungen (Bulimie, Binge Eating) und affektiven Störungen (Borderline-Persönlichkeitsstörung, schizoaffektive Psychosen) untersucht.

3.2. Forschungsprojekte

Geschlechtsidentitätsstörungen (VIS) des Kindes- und Jugendalters

Dieses andauernde Vorhaben dient der Entwicklung deutschsprachiger diagnostischer Instrumente sowie der Evaluation von therapeutischen Maßnahmen. Bislang wurden 50 Patienten untersucht, die die Kriterien für eine VIS nach ICD-10 erfüllten. Die Therapien führten in allen Kindern und mehreren Jugendlichen zur Aufgabe des Wunsches nach Geschlechtsumwandlung. Eingehender untersucht werden Kriterien, die eine Vorhersage des Verlaufs erlauben, insbesondere die Notwendigkeit früher Hormonbehandlung.

Qualitätssicherung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Die Kommission Qualitätssicherung als gemeinsames Gremium der drei Berufsverbände (DGKJPP, BAG, BKJPP) entwickelte unter Vorsitz von Prof. Poustka eine bundeseinheitliche wissenschaftlich fundierte Basisdokumentation (BADO-KJP), die auch die gesetzlichen QM-Auflagen abdeckt (siehe:

http://www.kgu.de/zpsy/kinderpsychiatrie/Doku/index1.htm). Zur Verbreitung wurde eine Software entwickelt, die die Erfassung und das bundesweite anonymisierte Zusammenführen der Daten unterstützt (http://www.kjp-bado.de). Im Hinblick auf eine zukünftige Fallpauschalierung auch in der KJP soll dies die Erstellung von übergreifenden Statistiken ermöglichen, um mit fundierten Verlaufsdaten die politische Diskussion führen zu können.

Vergleich von sozialphobischen und klinisch unauffälligen in einer psychosozialen Anforderungssituation.

In Zusammenarbeit mit dem Institut für Psychologie der Universität Frankfurt untersuchen wir, wie sozial ängstliche Kinder eine soziale Anforderungssituation verarbeiten. Erfasst werden die kognitive, emotionale und physiologische Verarbeitung einer durch den Trierer Sozialen Stress Test für Kinder von Buske-Kirschbaum (1993) induzierten Belastung bei sozial-ängstlichen Kindern in einer klinischen und nicht-klinischen Kontrollgruppe.

Hirnstrukturelle Veränderungen bei schizophrenen jugendlichen Patienten gemessen mit der MRT

Wir untersuchen, ob und inwieweit hirnmorphologische Veränderungen schon bei früh an einer Schizophrenie erkrankten Jugendlichen (early-onset) auftreten. Es werden T1-gewichtete strukturelle MRT-Scans angefertigt und morphometrisch ausgewertet. Anschließend werden Region of Interest (Hyppocampus) Messungen durchgeführt und die Ergebnisse mit jugendlichen gesunden Kontrollen verglichen.

Evaluation der medikamentösen Therapie mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) bezüglich der Suizidalität

In einem längsschnittlichen Design (vier Meßzeitpunkte) wird die Entwicklung der Suizidalität (-Gedanken und -Verhalten) in Abhängigkeit von der vorliegenden Medikation (SSRI ja/nein) und in Abhängigkeit zu einer bereits bei Aufnahme vorliegenden Suizidalität an der gesamten anfallenden Patientenstichprobe mittels Fragebogenverfahren untersucht.

Entwicklung und Überprüfung eines kognitiv-verhaltenstherapeutischen Gruppenprogrammes für depressive Kinder und Jugendliche

Ziel ist es, eine manualisierte Therapie für Jugendliche mit Internalisierungsstörungen, vorwiegend depressiven Symptomen und Selbstwertproblemen, zu entwickeln und zu überprüfen. Zudem werden die teilnehmenden Jugendlichen auf Merkmale untersucht, welche ein größtmögliches Profitieren von der Therapie indizieren. Die Stichprobe besteht zunächst aus 23 jugendlichen Patienten, die zu drei Messzeitpunkten untersucht werden.

Derealisations- und Depersonalisationsphänomene im Zusammenhang mit dispositionaler Selbstaufmerk-samkeit und dem Selbstkonzept bei Jugendlichen

In dieser Studie wird die Häufigkeit und Verteilung dieser Symptome bei Jugendlichen ab 14 Jahren bei einer Inanspruchnahmepopulation u.a. mit dem Cambridge Depersonalisation Scale (CDS) und der Skala dissoziativen Erlebens bei Jugendlichen (SDE-J) untersucht.

4. Wissenschaftliche Veröffentlichungen Journalbeitrag

Originalarbeit

1. Bölte S, Hubl D, Feineis-Matthews S, Prvulovic D, Dierks T, Poustka F (2006) Facial affect recognition training in autism: can we animate the fusiform gyrus? BEHAV NEUROSCI, 120(1):

211-6

2. Bölte S, Poustka F (2006) The broader cognitive phenotype of autism in parents: how specific is the tendency for local processing and executive dysfunction? J CHILD PSYCHOL PSYC, 47(6):

639-45

3. Frank GK, Wagner A, Achenbach S, McConaha C, Skovira K, Aizenstein H, Carter CS, Kaye WH (2006) Altered brain activity in women recovered from bulimic-type eating disorders after a glucose challenge: a pilot study. INT J EAT DISORDER, 39(1): 76-9

4. Holtmann M, Bölte S, Poustka F (2006) [Suicidality in depressive children and adolescents during treatment with selective serotonin reuptake inhibitors Review and meta-analysis of the available randomised, placebo controlled trials.]. NERVENARZT, 77(11): 1332-7

5. Holtmann M, Bölte S, Poustka F (2006) Genetik des Autismus. Z medizinische genetik, 18: 42-46

6. Holtmann M, Kaina B, Poustka F (2006) [Methylphenidate-induced cytogenetic alterations?]. Z KINDER JUG-PSYCH, 34(3): 215-20

7. Holtmann M, Matei A, Hellmann U, Becker K, Poustka F, Schmidt MH (2006) Rolandic spikes increase impulsivity in ADHD - a neuropsychological pilot study. BRAIN DEV-JPN, 28(10):

633-40

8. Stadler C, Holtmann M, Claus D, Büttner G, Berger N, Maier J, Poustka F, Schmeck K (2006) [Familial patterns in disorders of attention and impulse control]. PRAX KINDERPSYCHOL K, 55(5): 350-62

9. Stadler C, Steuber S, Rohrmann S, Poustka F (2006) Effects of provocation on emo-tions and aggression: An experimental study with aggressive and non-aggressive children. Swiss Journal of Psychology, 2: 117-124.

10. Tremmel L, Holtmann M, Schmidt MH, Brandl U (2006) [Do subclinical epileptiform discharges really affect short-term memory in children?]. Z KINDER JUG-PSYCH, 34(2): 139-48

11. Wagner A, Aizenstein H, Frank GK, Figurski J, May JC, Putnam K, Fischer L, Bailer UF, Henry SE, McConaha C, Vogel V, Kaye WH (2006) Neural correlates of habituation to taste stimuli in healthy women. PSYCHIAT RES, 147(1): 57-67

12. Wagner A, Barbarich-Marsteller NC, Frank GK, Bailer UF, Wonderlich SA, Crosby RD, Henry SE, Vogel V, Plotnicov K, McConaha C, Kaye WH (2006) Personality traits after recovery from eating disorders: do subtypes differ? INT J EAT DISORDER, 39(4): 276-84

13. Wagner A, Greer P, Bailer UF, Frank GK, Henry SE, Putnam K, Meltzer CC, Ziolko SK, Hoge J, McConaha C, Kaye WH (2006) Normal brain tissue volumes after long-term recovery in anorexia and bulimia nervosa. BIOL PSYCHIAT, 59(3): 291-3

Review

1. Becker K, Holtmann M (2006) Role of electroencephalography in attention-deficit hyperactivity disorder. Expert Rev Neurother, 6(5): 731-9

2. Holtmann M, Stadler C (2006) Electroencephalographic biofeedback for the treatment of attention-deficit hyperactivity disorder in childhood and adolescence. Expert Rev Neurother, 6(4):

533-40

3. Melfsen S, Schwieger J, Kühnemund M, Stangier U, Stadler C, Poustka F, Heidenreich T, Lauterbach W, Warnke A (2006) [Treatment of social phobia in childhood and adolescence]. Z KINDER JUG-PSYCH, 34(3): 203-12; quiz 213-4

Buchbeitrag

1. Meyenburg B (2006) Sexuelle Auffälligkeiten bei kinder- und jugendpsychiatrischen Patienten.

In: Resch F, Schulte-Markwort M (Hg.) Kursbuch für integrative Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Schwerpunkt: Sexualität.. Beltz Verlag, Weinheim, Basel, 79 - 88

2. Meyenburg B (2006) Geschlechtsidentitätsstörungen im Kindes- und Jugendalter. In: Sigusch V (Hg.) Sexuelle Störungen und ihre Behandlung.. Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 337 - 345 Habilitation

1. Holtmann M (2006) Jenseits der Kernsymptomatik hyperkinetischer Störungen: Prädiktoren, Komorbidität und neurophysiologische Korrelate.