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100 Jahre Röntgenstrahlen und die DGMP

Im Dokument Festschrift zum 40-jährigen Jubiläum (Seite 106-110)

J. Richter, Würzburg

Die Entdeckung der Röntgenstrahlen liegt 74 Jahre vor der Gründung der DGMP. Über diese 74 Jahre soll hier nicht berichtet werden, obwohl die Forschungen und Entwick-lungen auf dem Gebiet des Einsatzes ionisierender Strahlung in der Medizin schließlich zur Gründung der DGMP geführt haben. So haben zahlreiche Gründungsmitglieder bereits viele Jahre vor der Gründung der DGMP beim Einsatz ionisierender Strahlung in der Medizin geforscht und gearbeitet. Es sei auch erwähnt, dass alle Gründungsmit-glieder auf diesem Gebiet arbeiteten. In der DDR war bereits 8 Jahre vorher innerhalb der Gesellschaft für Medizinische Radiologie eine autonome Arbeitsgemeinschaft (spä-ter Sektion) der Strahlenphysiker gegründet worden.

In den Anfangsjahren der DGMP befassten sich die Mitglieder nicht mit allen Gebieten der Medizinischen Physik, sondern beschränkten sich auf die verschiedenen Bereiche des Einsatzes ionisierender Strahlung. Bei einer Erhebung 1975, also 6 Jahre nach der Gründung, zeigte sich, dass mehr als 80% der Mitglieder weiterhin im Ein-satzgebiet der ionisierenden Strahlung arbeiteten. In den folgenden Jahren kamen bei den Jahrestagungen weitere Arbeitsgebiete der medizinischen Physik hinzu, allerdings meist von Vortragenden außerhalb der DGMP. Bei der Erhebung 1979 waren lediglich 12 % der Mitglieder der DGMP Fachgebieten außerhalb der ionisierenden Strahlung zuzuordnen. Nahezu die Hälfte der Mitglieder arbeitete in der Strahlentherapie (siehe Beitrag ¹P ersonalstruktur“). Auf der Mitgliederversammlung 1982 erfolgte die Grün-dung des Arbeitskreises Kernspinresonanztomographie, d.h. hier wurde ein Gebiet außerhalb der Anwendung ionisierender Strahlung von einer größeren Anzahl von DGMP-Mitgliedern angesprochen. In den folgenden Jahren kamen weitere Arbeits-kreise (z.B. Hyperthermie) hinzu.

Die feierliche Gestaltung des 100. Geburtstages der Entdeckung Röntgens wur-de schon bei wur-der Beiratssitzung wur-der DGMP anlässlich wur-der gemeinsamen Jahrestagung in Bern 1985 diskutiert. Dabei wurde eine Beteiligung der DGMP am International Radiation Research Congress vorgeschlagen, zu dessen Durchführung 1995 nach Deutschland eingeladen werden sollte. Tatsächlich fand dieser Kongress auch 1995 in Würzburg allerdings ohne Beteiligung der DGMP statt, wobei die Würdigung Rönt-gens und die Auswirkungen seiner Entdeckung nur marginale Beachtung erlangte.

Bereits 1990 regte die EFOMP an, 1995 in Würzburg einen Röntgen-Gedächt-nis-Kongress abzuhalten. Ähnliche Wünsche gingen auch von der IOMP und der In-ternational Union of Physical and Engineering Sciences in Medicine IUPESM aus. Die-se verschiedenen Initiativen griff die DGMP gerne auf und legte frühzeitig fest, den Internationalen Röntgen-Gedächtnis- Kongress, der gleichzeitig die 26. Jahrestagung der DGMP sein sollte, 1995 in Würzburg zu veranstalten und wählte Jürgen Richter aus Würzburg als Kongresspräsidenten. Wegen der längeren Vorbereitungszeit wurde von dem in der DGMP üblichen Vorgehen, Tagungspräsident und Tagungsort 2 Jahre

im Voraus zu wählen, abgewichen. Da die Entscheidung für diesen Kongress frühzeitig getroffen worden war, ergab sich die Möglichkeit, den Kongress in Analogie zu den sonstigen Jahrestagungen der DGMP im September ohne Kollision zu den zahlreichen anderen Veranstaltungen in Würzburg abzuhalten. Bei der Mitgliederversammlung der DGMP während der Jahrestagung 1992 weist J. Richter darauf hin, dass die DGMP-Tagung 1995 zum 100-jährigen Gedenken an die Entdeckung Röntgens gemeinsam mit der EFOMP und gleichzeitig als regionale Konferenz der IOMP durchgeführt wer-den soll. Bis 1994 wurwer-den die Festlegungen präzisiert: Die Tagung wird gemeinsam von der DGMP, der EFOMP, der IOMP der IUPESM veranstaltet. Die IOMP betrach-tet den Kongress als Regionaltagung und die IUPESM wirkt als Sponsor mit. Auf dem internationalen Kongress für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik in Rio de Janeiro erhielt J. Richter die Gelegenheit, den Röntgen-Gedächtnis-Kongress 1995 umfassend vorzustellen und nach Würzburg einzuladen.

Zwischenzeitlich wurden auch Überlegungen für ein Zusammenlegen mit der Gesellschaft für Biomedizinische Technik angestellt. Verschiedene Gründe, wie z.B.

der gewünschte geringere historische Aspekt und die Forderung nach der Stellung des Kongresspräsidenten durch die DGBMT sprachen schließlich gegen eine gemeinsame Veranstaltung.

Die besondere Bedeutung des Kongresses wurde auch dadurch unterstrichen, dass der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, Dr.

Jürgen Rüttgers, ein Grußwort verfasste und der stellvertretende Ministerpräsident des Freistaates Bayern und Minister für Bildung, Kultur, Wissenschaft und Kunst, Hans Zehetmair, persönlich an der Eröffnungsveranstaltung teilnahm und die Teilnehmer in einer längeren Ansprache begrüßte. Das gleiche gilt für die Präsidenten der DGMP, EFOMP und IOMP.

In Zusammenarbeit, vor allem zwischen der DGMP und der EFOMP wurden Rahmen und Thematik des Kongresses bestimmt. Die Einladungsvorträge internatio-nal hervorragender Fachvertreter nahmen einen breiten Raum ein und deckten ohne Beschränkung auf die Medizinische Physik wesentliche Bereiche der Auswirkung der Röntgenstrahlung ab:

Röntgens Leben und Werk als Festvortrag

die Situation der physikalischen Wissenschaft am Ende des 19. Jahrhunderts

der Einfluss von Röntgens Entdeckung auf die Entwicklung der Physik und des physikalischen Weltbildes

Röntgenstrahlen im Universum

die Entwicklung der Strahlendosimetrie

die Geschichte der Ionisationskammerdosimetrie

die Entwicklung von Strahlenforschung und Strahlenschutz

die Entwicklung der Röntgendiagnostik

die Entwicklung der Strahlentherapie

moderne Trends in der diagnostischen Bildgebung

moderne Trends in der Strahlentherapie

Die Beziehung zwischen Archäologie und Röntgenstrahlung behandelte der Archäolo-ge und Ötzi-Forscher Prof. Spindler aus Innsbruck mit dem öffentlichen Einladungs-vortrag ¹De r Mann im Eis“. Dieser Vortrag zu Beginn des Kongresses wurde

gemein-sam mit der traditionsreichen Würzburger Gesellschaft ¹Phy sico Medica“ veranstaltet.

Den Einfluss der Röntgenstrahlung auf die Kunst wurde von Dr. van de Wetering vom Rijksmuseum in Amsterdam am Beispiel der Forschung an Rembrandts Bildern dar-gelegt.

In einer besonders hervorzuhebenden Nationen-Posterausstellung stellten 23 nationale Gesellschaften für Medizinische Physik jeweils ein Poster aus, auf dem die Entwicklung der ersten Dekaden der Anwendung der Röntgenstrahlung, besondere Ereignisse oder Arbeiten berühmter Wissenschaftler dargestellt wurde. Dies ergab ei-nen einzigartigen Überblick, sogar über Europa hinaus und war im Röntgenjahr 1995 sicher einmalig.

Entsprechend der großen Zahl von die Plenarsitzungen bestimmenden Einla-dungsvorträgen musste natürlich bei der für DGMP-Jahrestagungen üblichen Gesamt-dauer die Zahl der Vorträge auf etwa 100 beschränkt werden. Dafür war die Zahl der Poster umso größer. Bei der Auswahl aller Beiträge legte das internationale Scientific Committee strenge Maßstäbe an, so dass etwa ein Drittel der Beiträge nicht angenom-men werden konnte. Erfreulich war die große Anzahl angenomangenom-mener Beiträge aus dem Ausland.

Dem Charakter des Kongresses entsprechend, standen natürlich Beiträge zu Forschungen mit Bezug zur ionisierenden Strahlung im Vordergrund. Aber auch zahl-reiche Beiträge außerhalb dieses Themenbereichs fanden Aufnahme in das Programm.

Auf einzelne Vorträge und Poster soll hier nicht eingegangen, sondern lediglich die Thematik aufgeführt werden: Neue Techniken in der diagnostischen Radiologie, Qua-litätssicherung in der diagnostischen Radiologie, Strahlenschutz, konformale Strahlen-therapie, Qualitätssicherung in der StrahlenStrahlen-therapie, Strahlentherapie mit hochenerge-tischen Teilchen, Techniken der Strahlentherapie, Brachytherapie, physikalische und biologische Bestrahlungsplanung, Dosimetrie, Methoden und Techniken der Nuklear-medizin, NMR und Verschiedenes. Der Kongress belegte, dass die Medizinische Physik zu den neuen Entwicklungen auf allen Gebieten wesentliche Beiträge leisten kann.

Im Rahmen des Kongresses fanden eine ganztägige multidisziplinäre Diskussi-onssitzung ¹Hör feldskalierung – aktuelle Aspekte und Anwendungen“, geleitet von Dr. Döring und Prof. Kollmeier sowie drei Tutorials statt. Dr. von Klitzing moderierte das unter dem Thema ¹Ne benwirkungen nichtionisierender Strahlung“ stehende Tu-torial I. TuTu-torial II mit dem Titel ¹Dos isberechnung in der Röntgendiagnostik“ leitete Dr. Stargardt. Das Thema ¹Dos iswirkungsbeziehungen in der Strahlentherapie“ wur-de im Tutorial III von Prof. Beck-Bornholt diskutiert.

Aufgrund der 100-Jahrfeier war die Zahl der aktiven Tagungsteilnehmer be-sonders groß; erfreulich auch die große Zahl von Studenten. Von der überwiegenden Mehrheit der Teilnehmer wurde das Format des Kongresses, d.h. die Kombination von historischen und aktuellen neuen Forschungsergebnissen begrüßt.

Es war natürlich erfreulich, dass die Teilnahmegebühr für diesen internationa-len Kongress bei dem damals üblichen niedrigen Betrag für Jahrestagungen von nur 120 DM belassen werden konnte.

Hervorzuheben ist auch die starke Beteiligung aus den osteuropäischen Län-dern, die infolge der finanziellen Unterstützung der DFG mit jeweils mehreren Teil-nehmern vertreten waren. Für diese Teilnehmer war der Kongress ein ganz besonderes Erlebnis, wobei sich neben der Wissenschaft auch Würzburg und seine Umgebung

und damit natürlich Deutschland insgesamt so präsentierte, dass die Teilnehmer tief beeindruckt waren.

In Würzburg gab es im Röntgenjahr 1995 zahlreiche Veranstaltungen. Die DGMP darf für sich in Anspruch nehmen, dabei eine herausragende Position ein-genommen zu haben. Die große Ausstellung der Universität Würzburg zu Röntgen stellte sicher insgesamt einen beachtlichen Erfolg dar. Leider fand die medizinische Anwendung der Entdeckung Röntgens, besonders hinsichtlich der Strahlentherapie, nicht den erforderlichen Raum. So kann tatsächlich gesagt werden, der internationale Röntgen-Gedächtnis-Kongress in Würzburg war unter weitgehender Beibehaltung des für DGMP-Jahrestagungen üblichen Formats einmalig.

In Heft 3 des Jahres 1995 wurden in einem Editorial der Entdeckung Röntgens gedacht und in mehreren Arbeiten historische Aspekte der Frühzeit der Anwendung ionisierender Strahlung in der Medizin behandelt.

40 Jahrestagungen der Deutschen Gesellschaft

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