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Instrumente zur Erfassung von Resilienz .1 Bestehende Instrumente und Ansätze

einer ergebnisorientierten Resilienzerfassung und Ansatzpunkte für die schulische und

2.3 Instrumente zur Erfassung von Resilienz .1 Bestehende Instrumente und Ansätze

Vorliegende Erhebungsinstrumente zur Erfassung von Resilienz unterscheiden sich im Wesentlichen danach, ob das genannte Konstrukt als eine spezifische Persönlich-keitseigenschaft (Block & Block, 1980; Werner & Smith, 1982), ein Konglomerat verschie-dener Faktoren bestehend aus Persönlichkeitseigenschaften und Selbststeuerungsme-chanismen (Wagnild & Young, 1993; Schumacher et al., 2005; Leppert et al., 2008), eine Abbildung von Risikofaktoren bzw. protektiver Faktoren (Fribourg et al., 2003) oder ein Maß für die globale Stressbewältigungsfähigkeit (Connor & Davidson, 2003) angese-hen wird (siehe hierzu auch das vergleicangese-hende Review von Ahern et al., 2006). In ei-nem neueren Ansatz gehen Kunzler et al. (2018, S. 750) in einer ergebnisorientierten Erfassung von Resilienz von der Annahme aus, dass eine Person zu einem Zeitpunkt T2 „umso resilienter ist, je weniger psychische Dysfunktionen sie zwischen den Zeitpunkten T1 und T2 entwickelt, und dies im Verhältnis zur individuellen Stresso-rexposition zwischen T1 und T2“. Dieser sog. „transdiagnostische“ Ansatz fokussiert nicht auf die Erkrankungen, sondern auf die dysfunktionsspezifischen Mechanis-men, welche zu diesen führen. Danach sollen dysfunktionsspezifische Mechanismen identifiziert werden, die vor spezifischen Funktionsbeeinträchtigungen schützen sol-len. Es gibt weiterhin Forschungsansätze, die mögliche biologische bzw. somatische Aspekte von Resilienz diskutieren (Holtmann & Laucht, 2007; Kunzler et al., 2018;

Luthar, Ciccettit & Becker, 2000), da Resilienz beispielsweise mit einer Modifikation der Katecholaminproduktion und einer geringen Kortisolreaktion der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-(HHN-)Achse verbunden zu sein scheint (Dienst-bier, 1991). Von anderen Autoren wird ein Zusammenhang zwischen Resilienz und zentralen serotonergen Funktionen diskutiert, welche vor stressbedingten Dysfunk-tionen schützen sollen (Andrews, Parker & Barrett, 1998).

Hinsichtlich existierender Selbsteinschätzungsinstrumente ist bspw. im deutsch-sprachigen Raum die aus 25 Items bestehende zweidimensionale Resilienzskala (RS-25) von Schumacher, Leppert, Gunzelmann, Strauß und Brähler (2005) weit ver-breitet, bei welcher es sich um die deutsche Übersetzung der Resilience Scale von Wagnild und Young (1993) handelt. Sie erfasst die psychische Widerstandsfähigkeit als Persönlichkeitsmerkmal und setzt sich aus den beiden Skalen „Persönliche Kompetenz“ und „Akzeptanz des Selbst und des Lebens“ zusammen. Ein ebenfalls weitverbreitetes englischsprachiges Erhebungsinstrument ist die Connor-Davidson Resilience Scale (CD-RISC) von Connor und Davidson (2003), welche aus 25 Items besteht. Resilienz wird hierbei als ein Maß der globalen Stressbewältigungsfähigkeit betrachtet. Es hat sich gezeigt, dass die mittels der o. g. Instrumente erfassten Merk-male im Einzelnen häufig nur einen geringen Teil der Varianz der Anpassung an Stressoren erklären können und die Aussagekraft bzgl. der Resilienz auch über ver-schiedene Gruppierungen hinweg nicht eindeutig ist (zusammenfassend Kunzler et al., 2018), sodass sich die verschiedenen empirischen Befunde nur schwer mitei-nander vergleichen lassen. Wo bestehende Instrumente primär auf die Erfassung resilienzbezogener Persönlichkeitsmerkmale abzielen, schlagen wir im Folgenden einen funktionsbezogenen Ansatz vor.

2.3.2 Flexibilität, Dynamik und Resistenz als Resilienzfacetten: Grundlagen einer funktionsbezogenen Operationalisierung

Gruhl (2014) beschreibt die drei Resilienzfacetten Flexibilität, Dynamik und Resistenz auf der Basis unterschiedlich angenommener neurobiologischer Mechanismen.

Gruhl (2014, S. 77) definiert Resilienz als „die Summe dreier Mechanismen, die es Menschen ermöglichen, Lebenskrisen, widrige Umstände und einschneidende Ver-änderungen so zu meistern, dass sie ohne langfristige Beeinträchtigung damit fer-tigwerden, ja auf lange Sicht sogar an Reife gewinnen“. Bei den so definierten drei Facetten handelt es sich um einen Mix aus Anpassungskraft (Flexibilität), Verände-rungskraft (Dynamik) und Widerstandskraft (Resistenz). Gestützt wird das 3-Facetten-Modell von Gruhl (2014) durch die theoretischen Betrachtungen von Leipold und Greve (2009). Resilienz wird von ihnen als Brücke zwischen Coping und Entwick-lung angesehen. Copingprozesse führen angesichts widriger Umstände und unter Einfluss von persönlichen und situationalen Gegebenheiten zu individueller Stabilität.

Ausgelöst werden sie durch Bedrohungen oder Herausforderungen, die als Soll-Ist-Diskrepanzen verstanden werden können und das Individuum aus der Homöostase bringen (Leipold, 2015; Leipold & Greve, 2009). Bei der Entwicklung ihres Modells stützen sich Leipold und Greve (2009) insbesondere auf das Zwei-Prozess-Modell

nach Brandstädter und Kollegen (Brandstätter & Greve, 1994; Brandstätter & Rother-mund, 2002). Diese unterscheiden zwischen akkommodativen und assimilativen Prozessen als Grundprozesse der Entwicklungsregulation und Bewältigung. Wäh-rend akkomodative Prozesse es dem Individuum erleichtern, sich und seine Ziele an die bestehenden Handlungsmöglichkeiten anzupassen, verfolgen assimilative Pro-zesse das Ziel, gegebene Lebens- und Entwicklungsbedingungen zugunsten der eigenen Ziele zu verändern (Brandstätter, 2015). Neben diesen beiden Prozessen be-rücksichtigen Leipold und Greve (2009), in Anlehnung an Brandstätter und Greve (1994), außerdem die Möglichkeit eines dritten, defensiven (resistenten) Prozesses.

Das Individuum nimmt danach weder an der bestehenden Situation noch an sich selbst irgendwelche Veränderungen vor. Die von Gruhl (2014) postulierten Resilienz-facetten werden als Grundlage für diese drei Prozesse angesehen. Es wird angenom-men, dass sie es sind, welche es einem Individuum ermöglichen, akkommodativ, assimilativ oder defensiv (resistierend) zu handeln. Die drei von Gruhl (2014) postu-lierten Facetten lassen sich wie folgt inhaltlich beschreiben.

• Flexibilität: Dem Prozess der Akkommodation wird die nach Gruhl (2014) defi-nierte Anpassungskraft zugrunde gelegt, welche es dem Individuum ermög-licht, sich mit den bestehenden Verhältnissen zu arrangieren und das Beste da-raus zu machen. Ein flexibles Individuum zeichnet sich nach Gruhl (2014) insbesondere dadurch aus, dass es dazu bereit und auch imstande ist, flexibel auf verschiedene Situationen und deren Erfordernisse zu reagieren, andere Menschen und deren Eigenheiten zu akzeptieren und, wenn nötig, die eigenen Interessen und Ziele zurückzustellen.

• Dynamik: Die Operationalisierung der Veränderungskraft, welche hier als Dyna-mik bezeichnet werden soll, wird dem Prozess der Assimilation zugrunde ge-legt und ermöglicht es einem Individuum, Veränderungen zu initiieren, wo sie notwendig oder wünschenswert sind. Es fällt ihm leicht, sich von Altherge-brachtem zu trennen, und setzt viel in Bewegung, indem bspw. Ideen zur Opti-mierung und Verbesserung von Strukturen und Prozessen eingebracht und umgesetzt werden.

• Resistenz: Die Widerstandskraft bzw. -fähigkeit wird als Ergebnis defensiver Me-chanismen angesehen. Ein widerstandsfähiges bzw. resistentes Individuum kann sich demnach angemessen gegen die Erwartungen und Wünsche anderer abgrenzen oder sich bewusst dem Einfluss anderer entziehen. Darüber hinaus gerät es nicht so schnell aus dem Gleichgewicht und erholt sich schnell von Rückschlägen. Gleichzeitig fehlt ihnen oft das Gespür dafür, wie andere Perso-nen sie wahrnehmen, und sie zeigen auch wenig Bereitschaft, sich auf andere einzustellen.

3 Ansatzpunkte für die schulische und betriebliche