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Grundsätzliche Bedeutung der Luneplate als Gastvogellebensraum

Im Dokument Pflege- und Managementplan Luneplate (Seite 49-53)

Da die ökologischen Funktionen der einzelnen geografischen Haupteinheiten der Luneplate für Gast-vögel ineinander übergehen und voneinander abhängen, ist es sinnvoll, die Bedeutung der gesamten ehemaligen Weserinsel als Gastvogellebensraum vorab im Zusammenhang darzustellen.

Die Luneplate liegt unmittelbar vor der Mündung der Weser in das Wattenmeer, vor dem Übergang der Unterweser in die Außenweser, südlich von Bremerhaven. Aufgrund ihrer Lage zwischen dem inzwischen als Weltnaturerbe von der UNESCO ausgezeichneten Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, der Geeste-, Lune und Drepteniederung, der Wesermarschen an beiden Seiten der Un-terweser sowie der UnUn-terweser selbst mit ihren Sänden und Platen wie Harriersand und Strohauser Plate ist die Luneplate eine „Drehscheibe" für die Gastvögel der Region (s.a. ACHILLES 2010, ACHILLES & TESCH 1999). Ihre geografische Lage und Ausstattung mit weiten Schlickwatten, Röh-richten, Wasserflächen und Prielsystemen sowie Grünland- und Auenbereichen tragen zusammen mit

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Fläche in ha

Haupteinheit 7 - Weser Haupteinheit 6 - Wattflächen Haupteinheit 5 - Vorland Luneplate Haupteinheit 4 - Tegeler Plate

den in den letzten Jahren durchgeführten Kompensationsmaßnahmen im Rahmen von Hafenbaupro-jekten zur besonderen Bedeutung der Luneplate als Gastvogellebensraum bei. Im Rahmen dieser Maßnahmen wurden Tideeinfluss und natürliche Dynamik außendeichs auf der Tegeler Plate erhöht und binnendeichs im Tidepolder eingeführt. Es wurden weitläufige Grünlandbereiche mit Hilfe von Wassereinstau und Flachwasserbereichen in Form von Grabenaufweitungen für Wasser- und Watvö-gel aufgewertet und überwiegend einer extensiven Weidenutzung zugeführt. Der Uferbereich des ehemaligen Seitenarms der Alten Weser wurde mit der Anlage naturnaher prielähnlicher Wasserläufe und Tümpel in eine Auenlandschaft mit allmählichem Übergang ins offene Grünland umgewandelt.

Durch die Maßnahmen wurden auf der Luneplate wieder Verhältnisse hergestellt, wie sie zur Zeit der frühen landwirtschaftlichen Entwicklung vor mehr als 100 Jahren auf der Weserinsel herrschten (s.a.

Kap. 2.2). Diese Verhältnisse sind die Ursache für die traditionelle Bedeutung der Luneplate als Gast-vogellebensraum, wie sie u.a. bei PANZER & RAUHE (1978) beschrieben wird.

Die Luneplate beherbergt regelmäßig etwa 70 Wasser- und Watvogelarten, darunter bis zu 20 Enten-vogel- und 30 Watvogelarten, 6 Möwen- und 2 Seeschwalbenarten, 4 Rallenarten, 2 Lappentaucher-arten sowie Grau- und Silberreiher, Löffler, Rohrdommel, Weißstorch und Kranich. Hinzu kommen mehrere Greifvogel-, Falken- und Eulenarten, die von dem Nahrungsreichtum der Plate profitieren, wie z.B. Rohr- und Kornweihe, Seeadler, Wanderfalke, Merlin oder Sumpfohreule. Unter den Sper-lingsvögeln sind Star, Wacholder- und Rotdrossel sowie einige Finkenarten besonders auffällig. Im Winter wandern nordische Arten wie Ohrenlerche, Schneeammer und Berghänfling ein (Gesamtarten-liste s. Tab. A - 14 im Anh.).

Auf der Luneplate und in den angrenzenden Räumen (s.o.) wird den unterschiedlichen Gastvogelarten das für sie notwendige komplette Lebensraumspektrum mit den entsprechenden Funktionen geboten:

 Nahrungsflächen für mausernde, durchziehende und überwinternde Gänse-, Enten-, und Wat-vogelarten (vor allem Grau-, Bläss- und Weißwangengans, Pfeif-, Krick, und Löffelente, Säbel-schnäbler, Kiebitz, Goldregenpfeifer, Dunkler Wasserläufer und Pfuhlschnepfe),

 Schlafplatz für mausernde, durchziehende und überwinternde Enten- und Watvogelarten (vor allem Grau-, Bläss- und Weißwangengans, Krickente, Großer Brachvogel, Kiebitz und Goldre-genpfeifer),

 Hochwasserrastplatz für Gastvogelarten, die bei Tideniedrigwasser in den der Luneplate vorge-lagerten Schlickwattflächen der Unterweser nach Nahrung suchen (vor allem Alpenstrandläufer, Großer Brachvogel, Säbelschnäbler und Sandregenpfeifer, Brandgans und Krickente).

Im Bereich der Luneplate werden die o.g. Funktionen von unterschiedlichen Teilräumen bzw. Haupt-einheiten erfüllt:

 die Nahrungsfunktion vom Grünland-Graben-Areal (HE 1), vom Tidepolder (HE 2), und von den Schlickwattflächen des Weserwatts (HE 6 und UE 5.4),

 die Schlafplatzfunktion vom Grünland-Graben-Areal, von den Wasserflächen der Alten Weser (UE 3.4) und den Tidetümpeln der Tegeler Plate (UE 4.2), vom Tidepolder und vom Weserwatt,

 die Hochwasserrastfunktion vom Grünland-Graben-Areal, von den Seitenräumen des Tidepol-ders sowie von den Grünlandflächen der Tegeler Plate (UE 4.1 und 4.4) und des Neuen Pfands (UE 5.3 und 5.4).

Die angrenzenden Räume um die Luneplate weisen ebenfalls in unterschiedlicher Verteilung die ge-nannten Funktionen auf, und so ist die ehemalige Weserinsel ein elementarer Bestandteil im Funkti-onsnetz für Gastvögel im Übergangsbereich der Unter- zur Außenweser, was sich durch vielfältige tages- und tiderhythmisch angepasste Wanderungen der einzelnen Gastvogelarten zwischen den unterschiedlichen Funktionsräumen äußert (s. Abb. 12).

Phänologisch decken die Luneplate und angrenzende Räume das Gastvogelgeschehen im gesamten Jahreslauf ab. Es beginnt nach der Brutzeit im Sommer mit der Mauserzeit und dem damit verbunde-nen Mauserzug und setzt sich in direkter Folge mit dem Wegzug der im Süden überwinternden Arten im Herbst fort. Während des Winters verbringen unterschiedliche Gastvogelarten aus nordischen bzw.

arktischen Regionen ihre Zeit als Wintergäste in unseren Breiten unter der Voraussetzung der Eisfrei-heit. Anderenfalls weichen diese sogenannten Kaltfrontzieher der kalten Witterung in Richtung Süd-west (Benelux-Länder, Frankreich/Spanien) aus. Während des Heimzuges im Frühjahr kehren die Zugvogelarten aus ihren Überwinterungsgebieten in die Brutgebiete zurück und nutzen dabei wie auf dem Wegzug die Luneplate und angrenzende Gebiete als Rast- und Auftankstation (s. Abb. 11).

JAN FEB MÄR APR MAI JUN JUL AUG SEP OKT NOV DEZ Limikolen

heimische Brutvögel nordische Brutvögel

Entenvögel heimische Brutvögel

nordische

Brutvögel

Überwinterung Heimzug Mauserzug Wegzug

Abb. 11: Phänologie der Gastvögel auf der Luneplate (ACHILLES & TESCH 1999, verändert).

Die Lebensraum- und Funktionsvielfalt der Luneplate sowie ihre Vernetzung mit benachbarten wichti-gen Funktionsräumen sind die Ursache für die hier anzutreffende sehr große Artenvielfalt und hohen Individuenzahlen von Gastvögeln. So hat die Luneplate für mehrere Gastvogelarten nach den Krite-rien von KRÜGER et al. (2010) internationale oder nationale Bedeutung als Gastvogellebensraum.

Dazu gehören mit internationaler Bedeutung der Säbelschnäbler im Weserwatt als Mausergast mit regelmäßigen Zahlen von über 2.000 Tieren und die Weißwangengans im Graben-Grünland-Areal als Wintergast mit über 10.000 Tieren. Von nationaler Bedeutung ist die Luneplate für die Krickente (über 1.000 Tieren) im Weserwatt, Pfeifente (über 5.000 Tiere), Kiebitz und Goldregenpfeifer (über 5.000 bzw. 3.000 Tiere) im Graben-Grünland-Areal und für die Löffelente (etwa 300 Tiere) auf der Alten Weser.

Abb. 12: Hauptwanderbewegungen wertbestimmender Gastvogelarten in der Weser-mündung mit besonderem Bezug zur Luneplate.

(vereinfachte schematische Darstellung; einige Arten nutzen auch 2 Wanderlinien in Kombination, wie hier: Au-ßenweser-Weserwatt – rote Zuglinien - und Weserwatt-Luneplate – orangefarbene Zuglinien, z.B. Brandgans, Großer Brachvogel)

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