• Keine Ergebnisse gefunden

Geistliches Leben und Arbeiten in Hohenbusch

Im Dokument Wissensraum am Niederrhein (Seite 48-52)

2. Zur Geschichte des Kreuzherrenklosters Hohenbusch

2.2 Geschichte des Klosters Hohenbusch bis zur Säkularisation

2.2.3 Geistliches Leben und Arbeiten in Hohenbusch

Wie über die Bauten, so ist auch über das geistliche Leben oder die klösterliche Disziplin in Hohenbusch in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens nichts bekannt. Die Reform des Kreuzherrenordens von 1410 scheint aber recht zügig umgesetzt worden zu sein, sofern man von dem Wirken der Hohenbuscher Prioren im Gesamtorden oder im Mutterkloster auf ihre Treue zur Reform schließen kann: Bereits der erste namentlich bekannte Prior von Hohen-busch Gerardus194 wird auf dem Generalkapitel von 1425 und 1436 als Definitor genannt.

sammlung, Format 1) 650. Dessen Verbleib ist derzeit unklar, doch wurden die Blätter noch vor dem Einsturz digi-talisiert und sind im Lesesaal einsehbar (freundliche Auskunft von Archivarin Christine Feld M.A. vom 8.4.2015).

192 Vgl. PLETTSCHER/ROSEN 2012, S. 275 Nr. 4.2.2.-4.2.5. Weitere Hinweise zum Inventar des Klosters und seinem Verbleib in HOHENBUSCH 2002, S. 83-102; CZAPLA/HORST 2013, S. 194f. Einzelne Gegenstände: Silberbecher:

SCHMITZ 1997, Orgel: HILBERATH 1989, Monstranzen: KÖRFER 2012.

193 VAN ALPEN 1802 Bd. 1, S. 91.

194 Vgl. REPERTORIUM OSC Bd. 5, S. 690: Professkloster Hohenbusch, 1425 dort Prior, 1436 Prokurator, 1425 und 1436 Definitor, 1445 in Aachen, † nach 1445. – SCHMITZ 2004, S. 62 bezweifelt diesen Lebenslauf und führt den Prior Gerardus nicht mit dem von ihm bereits in SCHMITZ 2001, S. 64f. erwähnten Prokurator gleichen Namens zu-sammen. Vielmehr vermutet er nun eine Namensgleichheit mit Gerardus de Goch – eine These, die bereits auf VAN DEN BOSCH 1968, S. 70f., 83 zurückgeht und im REPERTORIUM OSC Bd. 5, S. 721f. wiederholt wird. Der Wortlaut der Erwähnungen dieser Personen in den Generalkapitelsakten lässt aber eine solche Gleichsetzung nicht wirklich zu, vgl. DEFINITIONES OSC, S. 49 und 68.

1433 wird der ehemalige Subprior von Huy Gisbertus195 zum Prior von Hohenbusch ernannt;

auch er ist im selben Jahr Definitor. Eine noch wichtigere Rolle spielte Georg de Brugis196: Er war mehrere Jahre Prokurator im Mutterkloster Huy, bevor er 1445 zum Prior von Hohen-busch ernannt wurde. Als Definitor visitierte er das in schwere Geldnöte geratene Kloster Bentlage und blieb dort offensichtlich längere Zeit, um die finanziellen Verhältnisse zu ord-nen.197 1452 wurde er schließlich als erster Hohenbuscher Prior zum Generalprior gewählt. Er soll sich durch „Sittenstrenge, Umsicht im Handeln und Eifer in der Fortführung der Ordens-reform“198 ausgezeichnet haben, was sicher ebenso für seine Zeit als Prior von Hohenbusch galt.

Einen weiteren Beleg für einen zeitnahen Übertritt des Konvents zur Ordensreform sieht Petrus

VAN DEN BOSCH in einer Auflistung des Generalkapitels von 1422, nach der die schon refor-mierten Klöster einen finanziellen Beitrag zu ihrer Visitation zu leisten hatten – und in wel-cher Hohenbusch bereits aufgeführt wird.199 Auffällig ist schließlich, dass besonders in den 1420er Jahren observante Konventualen anderer Häuser nach Hohenbusch geschickt wurden, um dort die Reform zu festigen.200 In der Folgezeit – letztlich bis hin zu seiner Aufhebung – wurde der Konvent immer wieder für seine vorbildliche Disziplin gerühmt, die im Wesent-lichen mit den Führungsqualitäten seiner Prioren begründet wurde.201

Schon mehrfach ist darauf hingewiesen worden, dass mit der Reform eines Kreuzherrenklos-ters auch eine gesteigerte Schreibtätigkeit seiner Konventualen festzustellen war, welche wie-derum in der Spiritualität der Devotio moderna begründet lag, in deren Hang zur Verbindung von Meditation und Arbeit (s. oben Kap. 2.1.4). Die Handschrift mit dem vermutlich frühes-ten Nachweis eines Schreibers aus oder in Hohenbusch (Köln, EDDB, Cod. †1052) ist seit dem 2. Weltkrieg vermisst. Wenn die nun nicht mehr überprüfbare Beschreibung zutrifft,

195 Vgl. REPERTORIUM OSC Bd. 5, S. 713 unter „Gisbertus (Gysbertus)“: Professkloster Huy, 1425 bis 1431 dort Subprior, 1431 auch Generalvikar als Stellvertreter des in England weilenden Generalpriors, 1433-1438 Prior in Hohenbusch, 1433 auch Definitor, † 1438. Vgl. auch JANSSEN 2005, S. 109; VAN DEN BOSCH 1968, S. 71, 80, 83.

196 Vgl. REPERTORIUM OSC Bd. 4, S. 406f.: Professkloster Huy, 1436, 1438, 1440 dort Prokurator (hierzu vgl. DEFINI

-TIONES OSC, S. 95 Anm. 2), 1445-1452 Prior in Hohenbusch, 1445, 1449 und 1451 Definitor, 1452-1458 General-prior, † 29.11.1458 in Lüttich. Vgl. auch HAAß 1932, S. 62f.; SCHMITZ 2001, S. 65.

197 Vgl. WEIß 1962/63, S. 128.

198 HAAß 1932, S. 63.

199 Vgl. VAN DEN BOSCH 1968, S. 102; Beleg bei DEFINITIONES OSC, S. 44.

200 Z. B. DEFINITIONES OSC, S. 54 (zu 1427): „Item fr Helyas domus Leodiensis stabit in Altinemore pro reformatione eiusdem per annum.“ Vgl. auch die entsprechenden Erwähnungen in der Namensliste von JANSSEN 2005, S. 109-117, bes. 109-111.

201 Vgl. HAAß 1932, S. 68f. Er nennt konkret Leonardus Campius († 1636), den ersten Provinzial der rheinischen Pro-vinz (zu ihm s. Anm. 186), sodann Goswinus Juden († 1644; vgl. REPERTORIUM OSC Bd. 5, S. 950), „gerühmt we-gen seiner Frömmigkeit und seines Eifers in der Hebung der Klosterzucht“ (HAAß 1932, S. 69), und weitere Prio-ren. Kurz vor der Säkularisation schließlich wurden „1784 2 Konventualen zur Wiederherstellung der gesunkenen Klosterzucht […] nach Beyenburg geschickt“, weshalb HAAß „in Hohenbusch eine verhältnismäßig gute Disziplin“

(Zitate ebda.) vermutet.

könnte mit Hermann Kraen de Dulken bereits im Jahr 1423 eine eigenständige Buchprodukti-on in Hohenbusch eingesetzt haben.202 Wie umfangreich diese war und ob sich die Schreiber tatsächlich am Kanon der Schriften aus dem Umfeld der Devotio moderna orientierten, muss im Laufe dieser Untersuchung festgestellt werden (s. Kap. 6.4, bes. 6.4.10). Nicht nachzuwei-sen ist vorerst, dass die Konventualen mit dem Verkauf von selbst hergestellten Büchern ihre Einkünfte aufgebessert hätten – dank ihres reichen Grundbesitzes und etlicher Renten hatten sie dies wohl ohnehin nicht nötig.

Im ‚langen 15. Jahrhundert‘ der Ordensreform, d.h. zwischen 1410 und 1530, lebten gemäß einer summarischen Auflistung von Roger JANSSEN insgesamt 77 Konventualen in Hohen-busch: 55 von ihnen waren dort eingetreten, während 22 aus anderen Klöstern dorthin versetzt worden waren. 11 Hohenbuscher Professen wiederum wurden in andere Häuser geschickt, so dass immerhin 44 Religiosen ihr ganzes Klosterleben nur in Hohenbusch verbrachten.203 In der Reformationszeit erlebte das Kloster jedoch einen starken personellen Einbruch: Waren 1533 noch 30 Professen gezählt worden, ging die Zahl bis 1560 um fast die Hälfte auf acht Priester und acht Laienbrüder (also Konversen und/oder Donaten) zurück.204 Das geistliche Leben des Klosters hatte demnach in dieser Zeit einen Rückschlag erlitten, was auch der Fall eines entflohenen Konventualen bestätigt: Im Jahr 1550 hatte der Kreuzherr Heinrich von Heinsberg205 ohne Genehmigung seines Priors Hohenbusch verlassen und verdingte sich als Mietpriester (mercenarius) in der Pfarrei Dilkrath bei Brüggen. Er lebte dort in offenem Kon-kubinat, was jedoch seiner Beliebtheit bei den Pfarrangehörigen anscheinend keinen Abbruch tat.206

202 S. unten Kap. 4.1, Nr. 127 / EDDB, Cod. †1052 sowie Kap. 5.2.2. Die weiteren mit Namen und Datum genannten Schreiber können dem Konvent allerdings nicht oder nicht eindeutig zugeordnet werden, so dass man erst mit Fra-ter Rabanus als „conventualis huius domus altinemoris“ (Nr. 109 / EDDB, Cod. 1008; s. Anm. 424) im Jahr 1470 sicheren Boden betritt.

203 Vgl. JANSSEN 2005, S. 117. Der Verbleib von 44 der 55 Hohenbuscher Professen entspricht damit einer Rate von 80%. 20% von ihnen wurden versetzt, während 28,5% aller Insassen von außen kamen. Zum Vergleich das etwas mobilere Kreuzherrenkloster Köln: Von 123 Professen blieben 75 (61%) im Haus, 48 (39%) wurden in andere Klöster versetzt, nur 14 Religiosen (10% des gesamten Konvents von 137) kamen zusätzlich von außen (vgl. ebda., S. 134). Im Mutterkloster Huy herrschte naturgemäß die größte Fluktuation: Nur 87 waren dort ursprünglich einge-treten, 46 (53%) davon blieben beständig, 41 (47%) wurden versetzt, während 43 (33% von insgesamt 130) aus anderen Häusern hinzukamen (vgl. ebda,S. 47).

204 Visitationsprotokolle des Herzogtums Jülich, vgl. REDLICH 1907 Bd. 2,1, S. 731f. zu 1533: „Es sin da 30 professen, prister und leien […]“; ebda. zu 1560: „Sein in irem closter 8 priester und 8 leien […].“

205 Vgl. REPERTORIUM OSC Bd. 5, S. 854 unter „Heynsbergh Heynrich“: Professkloster Hohenbusch, dort bis 1550, dann Austritt, † nach 1550.

206 REDLICH 1907 Bd. 2,1, S. 161: „Heynrich van Heynsbergh, willicher cruitzbroders ordens ist van Hombusch, hait sin habit usgedain und ist absque consensu superioris us dem cloister gegangen. Die nachbarn wern wol mit ime zufridden siner leher halben, aber hait eine concubin et proles.“Mercenarii waren pfründenlose, eher schlecht „be-zahlte Stellvertreter der eigentlichen Pastoren oder Kapläne“ (REDLICH 1907 Bd. 2,2, S. 29*) und im 16. Jh. weit verbreitet. (Ich danke Dr. Joachim Oepen vom Archiv des Erzbistums Köln für diesen Hinweis!)

Jenseits solcher Einzelfälle waren die Hohenbuscher Kreuzherren in unterschiedlichen Funk-tionen auch in der Seelsorge tätig, in der Regel jedoch außerhalb von Pfarrstrukturen, denn das Kloster, das zum Kirchspiel der Pfarrei Doveren gehörte, hatte selbst keine inkorporierte Pfarrkirche. So berichten die Visitationsprotokolle des Herzogtums Jülich von 1533, dass die Kreuzherren jeden Sonntag predigten, jedoch nur in ihrem Kloster207; für 1560 wird Ähnli-ches bescheinigt.208 Während der Reformation sollen sie durch ihr Leben und Predigen „se-gensreich gewirkt und zur Bele[b]ung des religiösen Sinnes der Bevölkerung beigetragen“209 haben. In Doveren selbst hielten die Kreuzherren keine Gottesdienste, zumal das Verhältnis zur Pfarrei nicht immer spannungsfrei war: Neben den oben bereits erwähnten Streitigkeiten mit der Pfarrei um einen Beitrag des Klosters zu Reparaturen an der Pfarrkirche210 kam es zwischen 1752 und 1754 zu einem ausgedehnten Schriftwechsel über die Frage, ob die Gläu-bigen die sonntägliche Kommunion in der Klosterkirche empfangen dürften oder ob dies not-wendigerweise in der Pfarrkirche zu geschehen habe. Der Pfarrer konzedierte schließlich den Kommunionempfang in der Klosterkirche, die für viele Pfarrangehörige näher lag als die Pfarrkirche.211 Im 17. und 18. Jahrhundert wirkten einzelne Kanoniker aus Hohenbusch in weiter entfernten Pfarreien, doch wird nicht ganz klar, ob sie zu dieser Zeit noch Mitglieder des Konvents waren oder diesen zuvor verlassen hatten.212

Von weiteren pastoralen Tätigkeiten ist nichts bekannt. Es sei noch erwähnt, dass auch die Be-herbergung von Pilgern oder die Krankenpflege in diesem Teil des Niederrheins keine Rolle gespielt haben: „In der Nähe von Hohenbusch wird […] kein Spital erwähnt, und auch der heilige Laurentius, dem die Hohenbuscher Kapelle geweiht war, gehört nicht zu den Spital-heiligen.“213 Die Schwerpunkte des Klosters lagen anscheinend mehr in einem Wirken nach

207 REDLICH 1907 Bd. 2,1, S. 725: „Die van Hombusch predigen alleine in irem closter pro laicis.“ Vgl. ebda., S. 731:

„Alle sondachs wirt das wort Gotz gepredigt.“

208 REDLICH 1907 Bd. 2,1, S. 732: „Prediciren nit uswendig, allein in irem closter.“

209 SCHROIFF 1978, S. 156.

210 S. oben Kap. 2.2.1.

211 PfA Doveren, o. S. (Akten 1752-1754).

212 Vgl. HAAß 1932, S. 69: 1639 ging Paulus Sibenius, ehemaliger Konventuale von Hohenbusch und später Wickrath, nach Wegberg, um dort die Pfarrei zu betreuen und dem Orden zu inkorporieren; zu ihm vgl. REPERTORIUM OSC Bd. 6, S. 1442 (Lit.); JANSSEN 2012, S. 77. – Ob die Pfarrei Beeck von einem Hohenbuscher Kreuzherr verwaltet wurde, ist entgegen der Annahme von HAAß 1932, S. 69 u. 28, nicht belegt. – Johannes Heinrich Henrichs, um 1780 Professe von Hohenbusch, war Pfarrer in Groessen (NL) von 1786-1815, vgl. REPERTORIUM OSC Bd. 5, S. 817. Zur Zeit der Auflösung des Klosters befand er sich aber dort, s. unten Anm. 268. – Der Gottesdienst in der Waldkapelle zu Tenholt bei Erkelenz, einer im 17. Jh. errichteten Einsiedelei, wurde bis 1802 von den Hohenbu-scher Kreuzherren versehen. – Insgesamt stand „der Orden diesem Einsatz kritisch gegenüber. So wurde 1632 be-stimmt […], dass die Zeit der Ausübung eines Pfarramtes in einer nicht ordenseigenen Pfarrei nicht als

Professjahre mitgerechnet werden soll.“ (BRINGER 2006, S. 190) Vielleicht erklärt sich daraus auch die o.g. Unge-wissheit über den Status der Kreuzherren-Pastoren.

213 HOHENBUSCH 2002, S. 70.

innen: In Chorgebet und Kontemplation, in wissenschaftlicher Arbeit und theologischer Lehre im Dienste des Ordens.

Im Dokument Wissensraum am Niederrhein (Seite 48-52)