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Die Inventarliste der Klosterbibliothek Hohenbusch

Im Dokument Wissensraum am Niederrhein (Seite 64-67)

3. Hohenbusch und seine Bibliothek in der Säkularisation

3.2 Die Bibliothek von Hohenbusch – Neue Erkenntnisse über ihren Verbleib

3.2.3 Die Inventarliste der Klosterbibliothek Hohenbusch

In dem genannten Brief an Landrat Scheven erwähnt Schönebeck, dass er die Klöster und Stifte des Roerdepartements von Juni bis Oktober 1801 besucht habe; in Hohenbusch sei er erst Ende September 1801 angekommen. In allen Häusern wählte er die ihm brauchbar er-scheinenden Archivalien und Bücher aus und erstellte ein listenartiges Inventar der

294 Vgl. PABST 1988, S. 24f.

295 In der Literatur finden sich unterschiedliche Angaben zu den Vornamen: „Claude M. Marchand“ nach QUARG 2002, S. 86 (wohl fehlerhaft „Claude Antoine“ ebda., S. 84); das Quellenwerk HANSEN,RHEINLAND Bd. 4, S. 947 Anm.

2, S. 1087 Anm. 2 u.ö. bringt dagegen lediglich „Cl. M. Marchand“; ihm folgt PABST 1988, S. 22 mit Anm. 100 u.ö. Eine Einsicht in die von Hansen herangezogenen Archivalien im LHA Koblenz, Best. 241 Nr. 701 (neu:

241,017 Nr. 790?), fol. 64 und 74 könnte Klärung bringen, war aber im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich.

296 Vgl. PABST 1988, S. 22f.

297 Abgedruckt bei CLASSEN 1937, S. 284f.

298 CLASSEN 1937, S. 285.

299 Zum gesamten Prozess der Ablösung von Zentralschulen vgl. PABST 1988, S. 43-52. Eine erste städtische Sekun-därschule war schon Anfang 1804 im Gebäude des ehemaligen Gymnasium Laurentianum errichtet worden; vgl.

ebda., S. 48.

nahmten Schriften in mehrfacher Ausfertigung. Mangels anderer erhaltener Verzeichnisse oder Kataloge stellt das Schönebeck’sche Inventar für Hohenbusch das wichtigste Dokumente seiner Bibliotheksgeschichte dar. Aus diesem Grund wird es im folgenden Kapitel eingehend ausgewertet und dient dieser Arbeit als Grundlage für die Rekonstruktion des Bibliotheks-bestandes.

Das vollständige Inventar ist heute entsprechend seinen Empfängern in zwei Exemplaren er-halten. Eine erste, ausführliche Fassung für die Zwecke Schönebecks und der Zentralschul-verwaltung findet sich im Bestand ‚Französische Verwaltung‘ des Stadtarchivs Köln.300 Die zweite Fassung ist in den Titelbeschreibungen etwas gekürzt. Sie wird in der ersten Fassung als Kopie für die Kanoniker von Hohenbusch bezeichnet301 und liegt heute im Landesarchiv NRW.302 Ein drittes Exemplar, vielleicht als Kopie für die Präfektur vorgesehen, ist im LAV NRW nur unvollständig vorhanden303 und bleibt bei der weiteren Beschreibung außer Acht.

Das Inventar für Hohenbusch zerfällt in drei jeweils gesondert unterzeichnete Teile. Der erste, umfangreichste Teil listet in 260 Nummern die Handschriften und Drucke auf, die Schöne-beck aus der Klosterbibliothek auswählte und einpacken ließ304; er ist datiert auf den 7. Ven-démiaire X (29. September 1801). Am gleichen Tag entnahm Schönebeck dem Klosterarchiv einige Urkunden, die in einem zweiten Teil seines Inventars aufgeführt sind.305 Ein dritter Teil schließlich nennt auf einem besonderen Blatt noch fünf ‚vergessene‘ Bücher, die Schönebeck erst nach dem Einpacken der ersten Auswahl der Bibliothek entnahm.306 Die Liste datiert vom 9. Vendémiarie (1. Oktober 1801); einen Tag später wurden diese fünf Bücher zu jenen der Erkelenzer Rekollekten gepackt, wo Schönebeck zu der Zeit seine Mission fortsetzte.

300 HASt Köln, Best. 350 (Französische Verwaltung) A 5900e. Die Akte konnte nach dem Archiveinsturz geborgen werden. Sie weist keine größeren Schäden auf, eine Restaurierung und Digitalisierung steht jedoch noch aus (freundliche Auskunft von Archivarin Christine Feld M.A. vom 11.7.2016). Sie kann daher derzeit nur auf Mikro-film, nicht im Original eingesehen werden. Eine Fotokopie des Exemplars befindet sich im StA Erkelenz, Nr. 18.1/84. – Die Kriterien der Titelauswahl durch Schönebeck und Besonderheiten seiner Beschreibungen wer-den erläutert in Kap. 6.3.3. und 6.6.

301 HASt Köln, Best. 350, A 5900e, S. 342: „Je Soussigné certifie que les Livres désignés dans le présent Inventaire, dont j’ai laissé Copie au Citoyen Ohoven, Prieur de Hohenbusch, ont été encaissés […]“ (Hervorhebung von mir).

302 LAV NRW R, Hohenbusch Akten (AA 0318) 14.

303 LAV NRW R, Roerdepartement (AA 0633) 2740, Bl. 1-2 und 256-259 (nur Archivalienverzeichnis und „Livres omis“).

304 HASt Köln, Best. 350, A 5900e, S. 329-342; LAV NRW R, Hohenbusch Akten (AA 0318) 14, Bl. 17r-23r.

305 HASt Köln, Best. 350, A 5900e, S. 343f. (eine Dublette davon bildet S. 345f.); LAV NRW R, Hohenbusch Akten (AA 0318) 14, Bl. 16r-v: „Inventaire des Objets extraits des Archives de la maison religieuse de Hohenbusch auprès d’Erckelentz, conformément à l’arrêté du Préfet du Départemant de la Roër, en date du vingt-un Germinal an neuf [= 11.4.1801].“ Aufgelistet sind zehn Pergamenturkunden betreffend Landbesitz des Klosters aus den Jah-ren 1460 bis 1511, sowie zwei gedruckte Gesetzessammlungen (Amortisations-Gesetze von 1786 [1756?] und Amortisations-Edikt von 1755 des pfälzischen Kurfürsten und Herzogs von Jülich-Berg, Karl Philipp Theodor).

306 HASt Köln, Best. 350, A 5900e, S. 331f.; LAV NRW R, Hohenbusch Akten (AA 0318) 14, Bl. 24r.

Die gesamte Liste indes bezeugt, dass Schönebeck bemüht war, sein Vorgehen juristisch abzu-sichern. Mehrfach bezieht er sich auf den Erlass des Präfekten vom 11. April 1801 (21. Ger-minal IX), der ihm die Vollmacht für sein Handeln erteilte, nennt ihn konkret jeweils zu Be-ginn der Archivalien- und der Bücherliste. Die Bücherauswahl beglaubigt er nicht nur selbst, sondern lässt sie auch von Prior Conrad Ohoven sowie vom maire von Doveren, Martin Huppertz307, gegenzeichnen.308 Auf einem Nachtrag beschreibt er sein weiteres Vorgehen, wie es ihm gemäß dem Erlass vorgegeben war: Nachdem er selbst die Bücher (bzw. Urkunden) aus Hohenbusch eingesammelt habe, seien diese in drei Kisten verpackt worden, die mit dem Siegel der Zentralschule versiegelt und zunächst unter der Aufsicht des Bürgermeisters von Doveren in Hohenbusch zurückgelassen worden seien; sie sollten aber zur weiteren Verfü-gung der Zentralschulkommission stehen.309

Auf die gleiche Weise ging Schönebeck in allen Klosterbibliotheken des Roerdepartements vor, die er aufsuchte. In die Zentralschule wurden allerdings nur die wenigsten der ausge-wählten Bücher überführt, nämlich jene aus der Abtei St. Vitus in Mönchengladbach und die der dortigen Kapuziner, sowie die der Minoriten in Neersen.310 Außerdem wurden die Biblio-theken der meisten stadtkölnischen Konvente, die zum Teil schon 1798 inventarisiert und ver-siegelt worden waren, in das ehemalige Jesuitenkolleg verbracht.311 Die Kisten aller übrigen von Schönebeck inventarisierten Klosterbibliotheken blieben zunächst vor Ort – vielleicht weil der Plan einer Departementsbibliothek aufgegeben wurde, möglicherweise aber auch nur, weil die Kosten der Aktion „die Ressourcen der Kölner Zentralschule [überstiegen], so dass sie im Oktober 1801 eingestellt wurde.“312

307 Geboren 1748 in Weisweiler, 1798 maire von Doveren, † 13. März 1814 in Gritteren/Doveren; vgl.

http://gw.geneanet.org/weinsberg?lang=de;pz=andre+ulrich+friedhelm;nz=hagemann;ocz=0;p=martin+anton;n=hu ppertz (10.7.2015).

308 HASt Köln, Best. 350, A 5900e, S. 342; LAV NRW R, Hohenbusch Akten (AA 0318) 14, Bl. 22v: „Certifié véritable le présent Inventaire contenant ensemble Deux-Cent-Soixante numéros. Fait à Hohenbusch le Sept Vendémiaire dixième année Republicaine [= 29.9.1801]. [Unterschriften:] Schoenebeck, Comm[issai]re Spécial.

Fr. Conrad Ohoven Prior [folgt eine unleserliche Abkürzung]. Martin Huppertz maire [? unleserlich]“.

309 LAV NRW R, Hohenbusch Akten (AA 0318) 14, Bl. 23r: „Je Soussigné certifie que les Livres désignés dans le présent Inventaire ont été encaissés par moi en trois Caisses Scellées du Sceau de l’École Centrale, déposées, Sous la Surveillance du C[ityoe]n Huppertz, Maire de Doveren, au Couvent de Hohenbusch, et mises à la Disposition de la Commission de l’École Centrale du Département da la Roër. Fait à Hohenbusch le neuf Vendémiaire an dix [=

1.10.1801]. Schoenebeck, Comm[issaire] spécial.“ In LAV NRW R, Roerdepartement (AA 0633) 2740, Bl. 1r ist ein Dokument mit ähnlichem, doch erweitertem Text erhalten, in der sich Schönebeck seine Arbeit vom 25.9. bis 1.10.1801 und das Versiegeln der Kisten von Huppertz bescheinigen lässt.

310 Vgl. DEETERS 2002, S. 270, 284.

311 Zu diesem Vorgang vgl. DEETERS 2002, S. 266-269.

312 DEETERS 2002, S. 271.

3.3 Der Weg der ausgewählten Bücher – Zwischen Präfektur und Priesterseminar

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