4 Ergebnisse
4.2 Charakterisierung des G1/S‐Checkpoints mittels Durchflusszytometrie und
4.2.2 G1/S‐Checkpoint‐Messung mittels PCNA in der Immunfluoreszenz‐Mikroskopie
Seite 101 den Reparaturdefekt von 2BNhTert zurückzuführen sein. Die Zellen reparierten DSBs nicht so effizi‐
ent wie 82‐6hTert‐Zellen, es zeigte sich ein höheres Schadenslevel, wodurch die Zellen vermutlich länger am G1/S‐Checkpoint arretierten bzw. langsamer durch die S‐Phase prolifierierten.
Diese Experimente zeigten nach Bestrahlung zunächst nur eine dosisabhängige Verlangsamung des S‐Phase‐Eintritts der Zellen und ein Einsetzen des G1/S‐Checkpoints nach 6 h, unabhängig von der Höhe der Bestrahlung. Zudem gab es erste Hinweise, dass die Dauer der Aufrechterhaltung von der Dosis abhängt. Über den Reparaturdefekt der XLF‐defizienten Zellen konnte gezeigt werden, dass die zeitliche Regulation des Einsetzens des G1/S‐Checkpoints anscheinend unabhängig vom Scha‐
denslevel der Zellen stattfand.
Abb. 35: Kolokalisation von BrdU und PCNA
Zur Überprüfung des S‐Phase‐Markers PCNA (Proliferating Cell Nuclear Anti‐
gen) wurde eine Immunfluoreszenz‐Doppelfärbung mit BrdU vorgenommen.
Exponentiell wachsende 82‐6hTert‐Zellen wurden für 15 min mit BrdU puls‐
markiert. Die Zellen wurden anschließend fixiert und es erfolgte eine Immun‐
fluoreszenz‐Färbung von PCNA (rot) und BrdU (grün). Zudem wurde eine unspezifische Kernfärbung mit DAPI (blau) vorgenommen. Die Aufnahme erfolgte bei 630‐facher Vergrößerung. Eine Kolokalisation zwischen PCNA und BrdU war erkennbar, zudem wiesen nur S‐Phase‐Zellen ein BrdU‐Muster auf, welches dem PCNA‐Muster der S‐Phase entsprach (Maßstab = 10 µm).
Anschließend wurde der prozentuale Anteil der PCNA‐positiven Zellen an der Gesamtzellzahl gegen die Zeit nach Bestrahlung quantifiziert (Abb. 36). Der Ausgangswert bei bestrahlten und unbestrahlten Proben lag zwischen 14 % und 16 % PCNA‐positive Zellen. Hierin zeigt sich ein Unter‐
schied zur Durchflusszytometrie zum Zeitpunkt 0 h, denn bei der Quantifizierung der PCNA‐
positiven Zellen wurden alle S‐Phase‐Zellen zu den entsprechenden Zeitpunkten berücksichtigt und es wurde keine Population durch vorherige Markierung wie bei der Durchflusszytometrie ausge‐
schlossen. Dieser Ausgangswert blieb bei der unbestrahlten Kontrolle über 16 h konstant, da ein gleichmäßiges Ein‐ und Austreten von G1‐Phase‐Zellen in die S‐Phase bzw. von der S‐Phase in die G2‐Phase stattfand. Die bestrahlten Proben zeigten ab einer Reparaturzeit von 6 h eine Abnahme der S‐Phase‐Zellen, was auf das Einsetzen des G1/S‐Checkpoints hindeutete. 10 h nach Bestrahlung lag der S‐Phase‐Anteil der mit 2 Gy und 5 Gy bestrahlten Zellen bei etwa 2 %, der Anteil der mit 0,5 Gy und 1 Gy bestrahlten Zellen bei etwa 5 %. Nach 12 h bei 0,5 Gy, 1 Gy und 2 Gy bzw. nach 14 h bei Bestrahlung mit 5 Gy nahm die Population der S‐Phase‐Zellen wieder zu, wobei der Anteil der in die S‐Phase eintretenden Zellen mit steigender Dosis abnahm.
Abb. 36: Quantifizierung von S‐Phase‐Zellen anhand des PCNA‐Musters
Exponentiell wachsende 82‐6hTert‐Zellen wurden mit 0,5 Gy, 1 Gy, 2 Gy oder 5 Gy bestrahlt, anschließend wurde Nocodazol zugegeben. Nach 0 h bis 16 h Repa‐
raturzeit wurden die Zellen fixiert und eine Immunflu‐
oreszenz‐Färbung gegen PCNA als S‐Phase‐Marker durchgeführt. Anschließend wurde der Anteil der PCNA‐positiven S‐Phase‐Zellen an der gesamten Zell‐
population bestimmt und im Diagramm aufgetragen.
Die Fehlerbalken entsprechen dem Standardfehler der Messungen aus drei unabhängigen Experimenten.
Die bestrahlten Proben zeigten einen Rückgang des Eintritts von G1‐Phase‐Zellen in die S‐Phase ab dem Zeitpunkt 6 h nach Bestrahlung, was auf das Einsetzen des G1/S‐Checkpoints zurückzuführen war. Das Aufheben des G1‐Arrests fand 12‐14 h nach Bestrahlung statt. Diese Ergebnisse sind kon‐
sistent mit den Daten, die mittels Durchflusszytometrie gewonnen wurden (Kapitel 4.2.1).
0 2 4 6 8 10 12 14 16
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
% S-Phase-Zellen
Zeit nach Bestrahlung [h]
0 Gy 0,5 Gy 1 Gy 2 Gy 5 Gy
Seite 103 Eine Stärke der Immunfluoreszenz‐Färbung gegen PCNA besteht in der Möglichkeit, aufgrund des sich im Laufe der S‐Phase ändernden PCNA‐Musters zwischen frühen, mittleren und späten S‐
Phase‐Zellen zu unterscheiden (Abb. 37). Da zunächst Chromosomen mit weniger stark kondensier‐
tem Euchromatin, welches sich in der Mitte des Zellkerns befindet, repliziert werden, ist die frühe S‐
Phase durch kleine, über den gesamten Zellkern verteilte Replikationsfoci gekennzeichnet. Das stär‐
ker kondensierte Heterochromatin wird während der mittleren S‐Phase repliziert. Es ist vorwiegend am Rand des Zellkerns und um die Nucleoli zu finden. Auch in der späten S‐Phase wird Heterochro‐
matin repliziert. Die klare Verteilung von randständigen und Nucleoli‐assoziierten Foci löst sich al‐
lerdings auf, und große Replikationsfoci sind über den gesamten Zellkern verteilt zu finden (Rottach et al., 2008).
Abb. 37: Darstellung des PCNA‐Musters nach Immunfluoreszenz‐Färbung in ver‐
schiedenen Abschnitten der S‐Phase Die Unterscheidung von früher, mittlerer und später S‐Phase war durch Färbung mit einem Antikörper gegen das Protein PCNA möglich.
Exponentiell wachsende 82‐6hTert‐Zellen wurden fixiert und es erfolgte eine Immun‐
fluoreszenz‐Färbung gegen PCNA (rot) und eine unspezifische Kernfärbung mit DAPI (blau). In Zellen außerhalb der S‐Phase lag das Protein im gesamten Zellkern verteilt vor. Während der frühen S‐Phase akkumu‐
lierte PCNA an Orten der DNA‐Replikation.
Durch Replikation des gesamten Genoms im Verlauf der S‐Phase änderte sich das Muster der PCNA‐Verteilung. Die mittlere S‐Phase war gekennzeichnet durch Verlagerung der Replikationsfoci an den Rand des Zellkerns und um die Nucleoli. Während der späten S‐
Phase fanden sich große PCNA‐Foci, die über den gesamten Zellkern verteilt waren (Maß‐
stab = 10 µm).
Die Klassifizierung der in Abb. 38 ausgewerteten S‐Phase‐Zellen in frühe, mittlere und späte S‐Phase zeigte keine wesentliche Veränderung an der Zusammensetzung der S‐Phase über einen Zeitraum von 16 h. Frühe S‐Phase‐Zellen hatten einen Anteil von knapp 9 %, mittlere von etwa 6 % und späte von 2 % an der gesamten S‐Phase‐Population. Während die Gesamtpopulation der S‐Phase‐Zellen 6 h nach Bestrahlung abnahm, war eine Verringerung der frühen S‐Phase‐Zellen interessanterweise bereits 4 h nach Bestrahlung zu erkennen. Eine signifikante Verringerung der mittleren S‐Phase ergab sich nach 8 h, der späten S‐Phase nach ca. 10 h. Dies spiegelt die Progression durch die S‐
Phase und die verzögerte Auswirkung des G1/S‐Checkpoints auf spätere Zellzyklus‐Phasen wider.
Danach erfolgte eine erneute Zunahme der Population, was sich vor allem in einer Zunahme der frühen S‐Phase‐Zellen zeigte, welche den G1/S‐Checkpoint überwunden hatten.
0 Gy
0 2 4 6 8 10 12 14 16
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
% PCNA-positive Zellen
Zeit nach Bestrahlung [h]
späte S-Phase mittlere S-Phase frühe S-Phase
0,5 Gy 1 Gy
0 2 4 6 8 10 12 14 16 0
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
% PCNA-positive Zellen
Zeit nach Bestrahlung [h]
0 2 4 6 8 10 12 14 16 0
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
% PCNA-positive Zellen
Zeit nach Bestrahlung [h]
2 Gy 5 Gy
0 2 4 6 8 10 12 14 16 0
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
% PCNA-positive Zellen
Zeit nach Bestrahlung [h]
0 2 4 6 8 10 12 14 16 0
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
% PCNA-positive Zellen
Zeit nach Bestrahlung [h]
Abb. 38: Quantitative Analyse des Anteils früher, mittlerer und später S‐Phase‐Zellen an der gesamten Zellpopulation mittels PCNA
Exponentiell wachsende 82‐6hTert‐Zellen wurden mit 0,5 Gy, 1 Gy, 2 Gy und 5 Gy bestrahlt oder unbestrahlt belassen und anschließend Nocodazol zugegeben. Nach 0 h, 2 h, 4 h, 6 h, 8 h, 10 h, 12 h, 14 h und 16 h Reparaturzeit wurden die Zellen fixiert und eine Immunfluoreszenz‐Färbung gegen PCNA durchgeführt. Der Anteil der frühen, mittleren und späten S‐
Phase‐Zellen an der gesamten Population der Zellen wurde anhand ihres spezifischen PCNA‐Musters bestimmt. Die ein‐
zelnen Fraktionen wurden jeweils als prozentualer Anteil der gesamten Zellen gegen die Zeit nach Bestrahlung aufgetra‐
gen. Die Fehlerbalken entsprechen dem Standardfehler aus drei unabhängigen Experimenten.
Durch die Unterteilung in frühe, mittlere und späte S‐Phase‐Zellen gelang es somit, die zeitliche Regulation des Einsetzens des G1/S‐Checkpoints genauer zu charakterisieren. Die alleinige Betrach‐
tung des Verhaltens der frühen S‐Phase‐Zellen ließ darauf schließen, dass der G1/S‐Checkpoint nicht
Seite 105 – wie mittels Durchflusszytometrie gemessen – erst nach 6 h, sondern bereits nach ca. 4 h einsetzte.
Desweiteren zeigte sich erneut, dass die Dauer der Aufrechterhaltung von der Dosis abhängig ist.