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2. Schrifttum

2.10 Analytische Verfahren zur Phytoestrogenbestimmung

2.10.2 Funktionelle Analytik

Mit Hilfe der funktionellen Analytik werden nicht Substanzen, sondern Wirkungen quantifiziert. Es findet also im Gegensatz zur chemisch-physikalischen Analyse keine Identifizierung der Substanzen statt. Die estrogene Potenz wird als Aktivität einer Substanz relativ zum 17-ß-Estradiol im gleichen Assay gemessen (KORNER et al. 1999). Die Ergebnisse zur estrogenen Wirksamkeit einer einzelnen Substanz, ermittelt durch verschiedene Bioassays, variieren durchaus stark aufgrund der unterschiedlichen Testmodelle bzw. Methoden.

Generell wird in der funktionellen Analytik zwischen in vivo und in vitro Untersuchungen unterschieden, wobei in vivo Messungen entsprechend ganzheitlich die Reaktionen im Organismus berücksichtigen. Für viele Komponenten besteht eine gute Korrelation zwischen den in vitro und in vivo gemessenen estrogenen Aktivitäten, jedoch trifft dies nicht in allen Fällen zu. Eine Substanz wie z. B. 8-Prenylarigenin zeigt in vitro eine relativ hohe estrogene Wirkung, während sie in vivo nur schwach estrogen wirksam ist (COLDHAM u. SAUER 2001). Umgekehrt ist Glycitein relativ schwach estrogen wirksam im in vitro Assay, zeigt aber im Tiermodell eine relativ starke estrogene Wirkung (SONG et al. 1999).

Schrifttum

2.10.2.1 In vivo Untersuchungen

Im Gegensatz zu den in vitro Untersuchungen fließen Aspekte wie Bioverfügbarkeit, Pharmakokinetik, Metabolisierungsabläufe sowie Interaktionen mit Bindungs- und Transportproteinen in die in vivo Analyse mit ein. In der Mehrzahl der Untersuchungen arbeitet man mit Nagetieren (RUDEL 1997). Als Nachteile der in vivo Analytik haben sich Effekte der Spezies, Einfluss des Entwicklungsstandes und des Alters sowie Verabreichungsart der Phytoestrogene und Zusammensetzung der normalen Mahlzeit herausgestellt (JOBLING 1998). In Tabelle 2.7 werden eine Reihe von unterschiedlichen Parametern in aktuell gebräuchlichen in vivo Untersuchungen, die als Indikator für estrogene Aktivität genutzt werden, dargestellt.

Tab. 2.7: Indikatoren für die Bestimmung der estrogenen Aktivität einer Substanz in vivo

Parameter Indikator der estrogenen Wirkung Quelle Entwicklung estrogen

sensitiver Organe Gewichtszunahme estrogen-sensitive Organe wie z. B. Uterus (Uterotrophie-Test)

ASHBY 2000 weiblicher Zyklus Änderungen in den Zyklusphasen (Einsetzen,

Dauer, Regelmäßigkeit)

WHITTEN et al. 1995 Zelldifferenzierung Stimulierung des Zellwachstums z. B.

frühzeitige Entwicklung des Brustgewebes wie z. B. Verhornung der Vaginalepithelzellen

GALEY et al. 1993 Zellproliferation Stimulierung der Zellproliferation in

estrogen-sensitiven Organen wie z. B. die Brustdrüse

WANG et al. 1995

2.10.2.2 In vitro Untersuchungen

In vitro Untersuchungen erlauben es, schnelle und kostengünstige Screenings durchzuführen. Es handelt sich um umschriebene Systeme, die Aussagen zu funktionellen Fragestellungen ermöglichen und als Ersatz bzw. Ergänzung zu den in vivo Methoden dienen. Bei den in vitro Verfahren ist zwischen Zell- und Gewebekulturen von Mensch und Tier, Systemen mit niederen Organismen (Bakterien), biochemischen und molekularen Analyseverfahren sowie Computer-simulationen zu unterscheiden (NAU et al. 2003).

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Einschränkend für die Anwendung von in vitro Verfahren ist die oben bereits genannte Problematik der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf in vivo Verhältnisse.

Es gibt eine Reihe verschiedener in vitro Methoden für die Analyse von Phytoestrogenen, die zusammenfassend in Tabelle 2.8 dargestellt werden. Entscheidend für die Wahl einer Methode ist grundsätzlich, welcher Fragestellung nachgegangen wird. So ist z. B. der Rezeptorbindungsassay eine einfache Methode zur Bestimmung der estrogenen Aktivität einer Substanz, die in der Bindung an den ER bzw. als Verdrängung des Estradiols von dem Rezeptor ausgedrückt wird. Dabei kann jedoch nicht geklärt werden, ob die Substanz ein Agonist oder Antagonist ist.

KLUCZKA führte 2003 Untersuchungen mit dem Ziel durch, estrogenartig wirkende Substanzen in einer Reihe unterschiedlicher Matrizes (Tränkwasser, Futtermittel sowie Stallstaub) mittels eines Reportergenassays zu detektieren. Für die Auswahl dieser Methode war die hohe Spezifität und Selektivität des Reportergenassays entscheidend. Im Vergleich von transient mit stabil transfizierten Zelllinien stellten sich günstigere Kultivierungsbedingungen für die stabil transfizierten Zelllinien heraus. Unter diesen zeigten die „human embryonal kidney“ Zellen (HEK Zellen) eine sehr hohe Sensitivität gegenüber estrogen aktiven Substanzen bis in den picomolaren Konzentrationsbereich.

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- einfache Durchführung - keine Unterscheidung zwischen agonistischer und antagonistischer Bindung Zelllinien (z. B. E-Screen mit MCF-7 Brustkrebszellen)

menteller Aufwand aufgrund Verwendung primärer

dALAM u. COOK 1990, BALAGUER et al. 1999

*Estrogen receptor-mediated Chemical-Activated Luciferase Gene Expression

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2.10.2.3 Luciferase - Assay

Der Luciferase Assay, als ein Beispiel für einen Reportergenassay, wurde in der vorliegenden Arbeit verwendet. Reportergene kodieren für Proteine, die leicht quantifizierbar und von endogenen Proteinen gut unterscheidbar sind (ALAM u. COOK 1990). Als Reportergene können Enzyme wie z. B. die beta-Galactosidase oder Luciferase eingesetzt werden. Die Zelllinie wird dabei entweder stabil (d. h. mit dauerhaftem Einbau des Reportergens in das Wirtszellgenom) oder transient (d. h.

für jede Untersuchung erneutes Einbringen der Reporter-DNA in die Wirtszellen) mit dem Reportergen sowie zusätzlich einem Plasmid mit dem estrogene response element (ERE) der DNA als Enhancersequenz transfiziert. Das Reportergen wird bei Aktivierung des Promotors mitexprimiert (HAFNER et al. 1996). Folgende Kaskade kann durch eine Testsubstanz in Gang gesetzt werden (siehe Abbildung 2.10): Der Ligand bindet an den Estrogen Rezeptor, der seine Konformation ändert, dimerisiert und im Zellkern an das ERE der DNA bindet. Als Folge wird die Transkription des vom response-element kontrollierten Reportergens angeregt und die Bildung der Luciferase kann letztlich anhand einer Chemolumineszenz-Reaktion gemessen werden (DE WET et al. 1987; LEGLER et al. 1999; MURK et al. 2002). Die Luciferase wandelt nach Lyse der Zellen Luciferin in Gegenwart von molekularem Sauerstoff, ATP und Mg2+ in Oxyluciferin und CO2 um.

Bei dieser Reaktion wird Licht emittiert, welches mittels Luminometer gemessen werden kann. Die Lichtemission ist dabei proportional zur exprimierten Menge an Luciferase.

Abb. 2.10: Schematische Darstellung des Luciferase – Assays, der in der vorliegenden Arbeit zur Bestimmung von Phytoestrogenen verwendet wurde

Testsubstanz

Dimerisierung

Transkription

Luciferin Lichtsignal Estrogenrezeptor

ERE

Reportergen

Luciferase

Luminometer

Messung oxidiert

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