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extremismus mit ausgeprägten Bezügen zu ländlichen Räumen

Im Dokument in den ländlichen Räumen (Seite 53-61)

Mit Blick auf aktuelle und künftige Fragestellungen werden in diesem Kapitel in knap-per Form ältere exemplarische Analysen zur Entwicklung des Rechtsextremismus in ausgesuchten Sozialräumen sowie zur Initiation von Gegenmaßnahmen dargestellt. Es handelt sich dabei um eine Zusammenfassung jener Studien, die in der ersten Arbeits-hilfe ausführlicher dargestellt wurden (Bund der Deutschen Landjugend 2009).

Diese älteren Studien sind trotz ihrer zum Teil überholten Darstellungen für die Fachdebatte wichtig, da sie einen umfassenden Einblick in die heterogene Erschei-nungswelt des Rechtsextremismus gaben und einen Überblick über dessen Ursachen-vielfalt vermittelten. In unterschiedlicher Intensität wurden auch Möglichkeiten der pädagogischen und zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Phänomen betrachtet.

4.1 „Rechte Jugendcliquen. Zwischen Unauffälligkeit und Provokation“.

Eine empirische Untersuchung für das Land Hessen

Die 2007 unter der Federführung des Marburger Sozialwissenschaftlers B. Hafeneger veröffentlichte Studie (Hafeneger / Becker 2007) versteht sich als Nachfolgestudie zu einer bereits 2002 vorgenommenen Erhebung (Hafeneger u.a. 2002). Beide zeigen, dass in Hessen gerade die ländlichen Regionen einen besonderen Aktionsschwerpunkt für rechtsextreme Aktivitäten und die Herausbildung rechter Jugendcliquen im Beson-deren darstellen.

Bei den Antworten auf die Frage nach pädagogischen Kontakten und Umgangs-formen konnten unterschiedliche Reaktionsmuster ausgemacht werden. An lediglich zwei Orten gab es Beratungsangebote, mit denen Eltern von rechten Jugendlichen,

Eh-renamtliche in der Jugendarbeit, aber auch Jugendliche, die von Rechten unter Druck gesetzt worden waren, erreicht und unterstützt werden konnten.

4.2 Zur Studie „Grenzen lokaler Demokratie – Zivilgesellschaftliche Strukturen gegen Nazis in ländlichen Räumen“

Die von Doris Liebscher und Christian Schmidt unter Projektleitung von Rebecca Pates und Daniel Schmidt 2007 am Institut für Politikwissenschaften der Universi-tät Leipzig erstellte Studie beschäftigt sich mit den Bedingungen, unter denen sich in ländlichen Gebieten eine Zivilgesellschaft entwickeln kann, die den lokalen Strukturen des Rechtsextremismus effektiv zu begegnen vermag. Anhand von zwei Fallstudien im ländlichen Raum – eine im alten und eine im neuen Bundesgebiet – werden die Ver-hältnisse des ländlichen Raums mit Blick auf Herausbildung und „Nichtwahrnehmung“

der lokalen Nazistrukturen durch weite Teile der ansässigen Bevölkerung beschrieben.

Ferner wird ein Überblick über damalige Gegenprogramme und -maßnahmen gege-ben.

Anhand der Fallstudien in Bayern (Fallstudie A) und Sachsen (Fallstudie B) be-legen die Autoren: „Innerhalb ländlicher Regionen, in denen ein Klima hoher Akzep-tanz für nazistische Einstellungen und Handlungen herrscht, zählen beide ausgewählte Kommunen zu den positiven Ausnahmen“, in denen „seit einiger Zeit gesellschaftliche Bündnisse gegen (Rechts)Extremismus bzw. für Demokratie [existieren], die mittler-weile als beispielhaft für bürgerschaftliches Engagement gegen Nazis gelten“ (Lieb-scher / Schmidt 2007, S. 20).

Neben den zivilgesellschaftlichen Akteuren werden zum Erhebungszeitraum nur für den Geltungsbereich der Fallstudie B drei professionelle Angebote ausgemacht (ebenda, S. 139):

• ein Projekt aufsuchender Jugendarbeit,

• ein Beratungsangebot für Opfer von Naziübergriffen und

• ein Mobiles Beratungsteam

Mittels aufsuchender Arbeit wurde versucht, unmittelbar mit „rechten Jugendlichen“

zu arbeiten. Sowohl aus der Studie als auch aus Praxisberichten geht nicht hervor, dass es während der Erhebungsphase zu einer erwähnenswerten Eltern- und Angehörigen-arbeit kam. Innerhalb des Beratungsangebots für Opfer von Naziübergriffen war ein Ziel des Mobilen Beratungsteams die „Sensibilisierung“ für das Thema (ebenda, S. 147).

Diese „Sensibilisierungsbemühungen“ setzen allerdings „die Bereitschaft [voraus], sich sensibilisieren zu lassen" (ebenda, S. 148). Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt lag in „der Moderation von Konflikten innerhalb der Initiativlandschaft" (ebenda, S. 151).

4.3 Regionalanalyse Altmark

Das von der Hochschule Magdeburg-Stendal und „Miteinander – Netzwerk für De-mokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e.V." getragene Kooperationsprojekt

„Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ wurde in einem bereits dauerhaft durch rechtsextreme (Jugend)Kulturen geprägten ländlichen Raum implementiert, um bei der Entwicklung lokaler Handlungsstrategien zu helfen. Die Gespräche mit ExpertInnen in der Altmark dienten einer ersten regionalen Bestands-aufnahme entlang eines mehrdimensionalen Erhebungskatalogs. Die 2003 vorgelegte Regionalstudie konzentriert sich auf zwei Fragestellungen:

• Welche regionalen oder sozialräumlichen Besonderheiten weist die Untersu-chungsregion auf?

• Wie sehen die lokalen Bedingungen für zivilgesellschaftliches Engagement aus?

Welche Bedingungen unterstützen eher demokratiefeindliche Aktivitäten und un-ter welchen Bedingungen entwickeln sich demokratische Gegenkulturen?

Die Entwicklung der Organisations-strukturen rechtsorientierter Zusam-menschlüsse in der Altmark stellte sich während des Entstehungszeitraums der Altmarkanalyse wie folgt dar:

• Die Grenzen zwischen Zusammenschlüssen und der „freien Szene“ waren fließend.

• Niemand wusste genau, wie groß das Potenzial an mobilisierbaren Jugendlichen oder Mitläufern war.

• Bei Gewalttaten und Propagandadelikten konnte regelmäßig beobachtet werden, dass Personen aus anderen Regionen und anderen Bundesländern beteiligt waren.

• Die Mitgliederzahlen rechter Parteien oder unterschiedlicher Kameradschaften waren zum damaligen Zeitpunkt im Steigen begriffen.

• Ab Mitte der 1990er Jahre waren Radikalisierungen, vermehrte lokale Aktivitäten und eine Modernisierung der ideologische Diskurse und der Kommunikations-wege zu beobachten.

• Treffpunkte rechtsorientierter Jugend (Räume und ein Unterstützungsnetzwerk) waren eingerichtet worden.

• Die rechte Szene in der Altmark ist hoch mobil (Handys, Autos).

• Das Internet wurde damals nach Einschätzung der Autorengruppe von keiner an-deren Jugendszene so intensiv für Zwecke der Vernetzung genutzt.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Herausgeber bezogen sich zum damaligen Zeitpunkt vor allem auf Maßnahmen örtlicher Gegenmachtbildung sowie auf solche mit Potenzialen zur Stärkung der Zivilgesellschaft.

Pöbeleien

4.4 Rechtsextremismus und sein Umfeld. Eine Regionalstudie und die Folgen für die Praxis – Ergebnisse von Untersuchungen im Rems-Murr-Kreis Die in den Jahren 2006 und 2007 erstellte Studie wurde vor dem Hintergrund länger anhaltender, intensiver rechtsextremer Aktivitäten im Untersuchungsgebiet erstellt, die sowohl in den Kleinstädten als auch in den ländlichen Gebieten des wirtschaftlich starken Flächenlandkreises sichtbar wurden und unverändert anhalten. Arbeitsbe-ziehungen bestanden zum Verein für Arbeits- und KulturbeArbeitsbe-ziehungen, der IG Metall Rems-Murr sowie zur Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Sie geht vorrangig der Frage nach, welchen Beitrag das soziale Umfeld für die Entstehung und Verbreitung von Rechtsextremismus leistet. Dabei wird von der Hypothese ausge-gangen, dass rechtsextreme Milieus mit soziokulturellen Feldern korrespondieren, die den Rechtsextremismus potenziell begünstigen (Held u.a. 2008, S.10).

Bestätigung findet die von Held u.a. an anderer Stelle (z.B. 1991, 2007) vertretene These, wonach es sich bei Jugendlichen in rechten Szenen keineswegs immer vorrangig

um so genannte „Modernisierungsverlierer“ handelt.

Bei der Analyse der an verschiedenen Orten mit Jugendlichen geführten Grup-pendiskussionen wurden von der Forschungsgruppe vier unterschiedliche, besonders charakteristische Einstellungen identifiziert, die hier als Typen für Einstellungen und Argumentationsmuster dargestellt werden (ebenda, S. 135 ff):

• Die Kritischen waren vor allem unter Gymnasiasten zu finden, der Anteil von Mäd-chen lag über dem der Jungen. Sie lehnen Rechtsextremismus ab, sind zum Teil dagegen aktiv und treten für Multikulturalismus ein.

• Die Individualisierten repräsentiert eine Gruppe Realschüler, die sich bislang nicht intensiv mit dem Phänomen Rechtsextremismus auseinandergesetzt hat und deren Protagonisten die Haltung „Leben und leben lassen“ vertreten. Rechtsextreme wer-den im Umfeld als Normalität und nur dann als Problem erlebt, wenn sie aufgrund von Pöbeleien oder Gewalt ein Problem für die Jugendlichen selbst oder ihr Um-feld darstellen. Auf der anderen Seite fühlen sich Angehörige dieser Gruppe auch gelegentlich selbst gegenüber Jugendlichen anderer Nationalitäten in der Defensive.

• Die lokal Orientierten bestanden aus einer Gruppe männlicher Jugendlicher und junger Erwachsener, deren Mitglieder sich allesamt in Berufsausbildungen befan-den. Die Jugendlichen waren überdurchschnittlich stark in örtliche Strukturen und Organisationen integriert und reagierten in den Befragungen eher defensiv auf das Thema Rechtsextremismus, in dem sie ein eher von außen an ihre Herkunftsorte

herangetragenes Phänomen sahen.

• Die Sympathisanten wurden vor allem in zwei der befragten Fokusgruppen identi-fiziert. Sie sind selbst noch nicht dezidiert rechtsextrem und haben bis zum Befra-gungszeitpunkt noch keine einschlägigen Straftaten begangen. Dabei handelte es sich in einem Fall um neun Auszubildende, die in ihrem Betrieb befragt wurden.

Die Mehrzahl hatte einen Realschulabschluss. Zwei weitere Jungen, die dem

Ty-pus der Sympathisanten zugerechnet werden konnten, waren Gymnasiasten. Beide Gruppen zeichneten sich durch eine ausgeprägte Offenheit gegenüber moderat for-mulierten rechtsextremen Positionen aus. In den Diskussionen werden insbeson-dere beim Thema MigrantInnen fließende Übergänge zu rechtsextremen Einstel-lungen sichtbar. Stark vertreten wird die Sicht, wonach sich Deutschland in einem Kulturkampf befinde.

Die Untersuchungsergebnisse weisen darauf hin, dass nicht die Existenz rechtsextremer Gruppen das eigentliche Problem darstellt, sondern die po-litische Kultur, die eine Akzeptanz gegenüber dem Rechts extremismus entwickelt (ebenda, S. 171).

Relativ knapp fallen die von der Autorengruppe formulierten Folgerungen für die Praxis aus. Hier wird auf das bereits entwickelte Spektrum an unmittelbar pädagogi-schen und präventiven Maßnahmen und Programmen verwiesen. Insgesamt plädiert die Autorengruppe für einen Mix aus fachlich qualifizierter, unmittelbar auf rechte Jugendliche gerichteter Praxis, präventiven Maßnahmen und Kulturarbeit, die auf eine Veränderung des Klimas gerichtet ist.

4.5 Die Studie der Fachstelle für Rassismusbekämpfung des Eidgenössischen Departements des Innern: Rechtsextremismus bekämpfen: Wirksame Maßnahmen und griffige

Arbeitsinstrumente für Gemeinden in der Schweiz

Diese Studie fand in der ersten Arbeitshilfe (Bund der Deutschen Landjugend 2009) aus zwei Gründen Berücksichtigung. Zum einen war sie explizit auf die Entwicklung von Handlungskonzepten in kleineren Gemeinden ausgerichtet. Zum anderen gab und gibt es eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit rechtsextremer Kräfte im Boden-seeraum. Diese lässt sich vorrangig im Bereich der Aktivitäten freier Kameradschaften sowie bei der Durchführung von rechtsextremen Musikveranstaltungen nachweisen.

Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms NFP 40+ „Rechtsextremismus:

Ursachen und Gegenmaßnahmen“ wurde eine frühere Publikation der Fachstelle für Rassismusbekämpfung (FRB) in der Schweiz aktualisiert (Eidgenössisches Departe-ment des Innern – Fachstelle für Rassismusbekämpfung 2007).

Eingangs wurden Akteure aus neun Gemeinden der Deutsch- und Westschweiz über ihren Umgang mit rechtsextremistischen Vorfällen befragt. Die Auswahl der Ge-meinden basierte auf einer Analyse von Artikeln, die in den Jahren 2000 und 2003 in den Tageszeitungen „Tagesanzeiger“ und „Neue Zürcher Zeitung“ erschienen sind,

so-moderat

wie der Sichtung der „Chronik rassistischer Vorfälle in der Schweiz“. Das Forschungs-interesse richtete sich auf folgende Themenkreise:

• Medienecho,

• Verständnis, Wahrnehmung und Einschätzung von Rechtsextremismus in der Ge-meinde,

• Strategieentwicklung und Auswahl von Maßnahmen, Zusammenarbeit mit Nach-bargemeinden,

• Aussagen über Wirkungen der durchgeführten Interventionen

Handlungskonzepte für belastete ländliche Gemeinden der Deutsch- und Westschweiz:

Auf der Basis lokaler Analysen und nach einer Reihe aktivierender Veranstaltungen wurden in den ausgesuchten Gemeinden lokale Handlungskonzepte entwickelt. In drei Gemeinden wandten einzelne Bereiche, z.B. Polizei oder Schule, Maßnahmen gegen Rechtsextremismus an, ohne dass sie sich dafür speziell vernetzten. Die Maß-nahmen blieben deshalb bereichsspezifisch und konnten keinen größeren Aktionsra-dius erreichen. In sechs Gemeinden schlossen sich die Akteure nach einer Vorberei-tungsphase zusammen, setzten sich gemeinsam an einen Tisch und diskutierten die Probleme und Handlungsoptionen. Daraus entstand eine Vielzahl unterschiedlicher Aktivitäten:

• repressive Maßnahmen wie häufige Kontrollen, Deliktaufklärungen, Verhinderung von Versammlungen, Kleidervorschriften in der Schule,

• präventive Maßnahmen wie von Jugendlichen gestaltete Wanderausstellungen zum Thema Gewalt, eine Notruf-Telefonkette für Gewaltopfer, Solidaritätsfeste, Schulwochen zum Thema Toleranz

Am erfolgreichsten erwies sich eine Kombination repressiver, intervenierender und präventiver Methoden. Überrascht hat, dass es trotz neuer Bedarfslagen bislang zu kei-ner Aktualisierung für die Deutsch- und Westschweiz gekommen ist.

4.6 Studie „Futur Exakt“: Jugendkultur in Oranienburg zwischen rechtsextremer Gewalt und demokratischem Engagement

Der Studie „Futur Exakt“ ging eine zweijährige Feldforschung in Oranienburg voraus.

Unter der Leitung von Ralph Gabriel beobachtete eine Studiengruppe 2002 und 2003 die Alltagsaktivitäten von Jugendlichen im Spannungsfeld zwischen rechtsextremer Gewalt und demokratischem Engagement. Ziele waren die präzisere Erfassung örtli-cher rechtsextremer Erscheinungsformen, die Benennung des demokratiegefährden-den Potenzials sowie der Auswirkungen auf das gesellschaftliche Klima (Gabriel u.a.

2004, S. 14).

Die Beobachtungen und Untersuchungen zeigten, dass sich die rechtsextreme Szene gewandelt hat. Konnte man Neonazis vor Jahren noch an Bomberjacken und Glatzen er-kennen, so hat sich deren Erscheinungsbild nach 2002 so verändert, dass sie sich optisch kaum von nicht rechtsextremistischen Gruppen abheben. Sie treffen sich nicht nur bei offiziellen Feiern und in ihren Szenezusammenhängen, sondern auch ganz unscheinbar in Freizeitzentren und Bars, um sich ihrer Klientel zu vergewissern. Bei der Betrachtung der Feindbilder der rechtsextremistischen Gruppierungen lässt sich feststellen, dass ne-ben Punks, „linken Zecken“ und AusländerInnen neuerdings auch die „Kiffer“ zu den Personenkreisen gehören, die es zu verfolgen gilt (ebenda, S. 11).

Obwohl die in Oranienburg lebenden Jugendlichen, Heranwachsenden und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 14 und 23 Jahren im Mittelpunkt der Forschungsarbeit standen, legen die AutorInnen Wert auf die Feststellung, dass es sich beim Rechts-extremismus um kein ausschließliches Jugendphänomen handelt (ebenda, S. 14). Sie wollten keinen Beitrag zur Delinquenzprävention leisten, sondern über die Ursachen des Rechtsextremismus aufklären, Veränderungstendenzen prognostizieren und Prä-ventionsstrategien empfehlen (siehe: ebenda, S. 16, S. 162 ff).

Auf Basis der Befunde werden sechs Anforderungen an ein lokales Handlungskon-zept formuliert (ebenda, S. 224 ff):

1. Um dem Rechtsextremismus wirkungsvoll zu begegnen, müssen neue Ansätze zum Erleben demokratischer Prozesse entwickelt werden, die zur Förderung und Stabi-lisierung einer pluralistisch-demokratischen Gesellschaft beitragen.

2. Rechtsextremismus und dessen Erscheinungsformen dürfen nicht einfach bana-lisiert oder naiv auf schwierige soziale Verhältnisse, Orientierungslosigkeit, feh-lende Anerkennung oder Perspektivlosigkeit zurückgeführt werden. Es darf nicht zu einer Täter-Opfer-Umkehr kommen. Vielmehr muss Rechtsextremismus mit seiner ganzen gesellschaftlichen Tragweite ins Bewusstsein treten. Für die Ausein-andersetzung mit Rechtsextremisten ist es nötig, Methoden zu entwickeln, die eine direkte Konfrontation ermöglichen.

3. Damit Projekte effektiv arbeiten, müssen interkulturelle Begegnungen um demo-kratische Werte wie z.B. Toleranz und Weltoffenheit ergänzt werden.

4. Es ist erforderlich, die Akzeptanz der Gedenkstätte Sachsenhausen zu erhöhen. Die Vermittlung von historischen Fakten allein reicht nicht für die Entwicklung von Geschichtsbewusstsein aus.

5. Im Fokus einer erfolgreichen Projektarbeit müssen die Partizipation von Jugendli-chen sowie die Möglichkeit der Mitgestaltung stehen. Im Bereich der Bildungsar-beit muss künftig vermehrt auf Genderaspekte geachtet werden.

6. Ein Problem stellt die fehlende Nachhaltigkeit vieler Projekte dar. Dem gilt es ent-gegenzuwirken. Oftmals fehlt es Projekten aufgrund ungenügender personeller Ressourcen an Vor- und Nachbereitung. Viele Projekte im Bildungsbereich finan-zieren sich aus zeitlich befristeten Programmen.

Diese Forderungen und Ausrichtungen können als erfolgversprechend und plausibel eingeschätzt werden.

4.7 Zur Relevanz der dargestellten älteren Forschungsberichte für die Anliegen dieser Arbeit

Die skizzierten älteren Rechtsextremismus-Studien bezogen sich auf ausgesuchte So-zialräume mit überdurchschnittlich hoher rechtsextremistischer Belastung. Sie haben wichtige Beiträge dazu geleistet, die häufig festzustellende Reduktion von Rechtsextre-mismus auf ein Jugendproblem überwinden zu helfen. Ferner verdeutlichen sie, dass bei der Schaffung entsprechender

Rahmenbe-dingungen zahlreiche Menschen bereit sind, sich gegen Rechtsextremismus zu wehren in Form von Initiativen, Bündnissen und Verbänden und manchmal erst im Handeln selbst nach den

rich-tigen Mitteln und Wegen suchen. Meist waren diese Studien erste fundierte Analysen von Verhältnissen in „schwierigem Terrain“. Es war sicherlich den Zeitpunkten ihres Entstehens geschuldet, dass Bemühungen um die Stärkung der Zivilgesellschaft sowie die Beschreibung der dabei auftretenden Schwierigkeiten und Hemmnisse stärker im Fokus der Betrachtungen standen als sozialpädagogische Praxis. Diese war vielerorts zu schwach entwickelt, oftmals zeitlich befristet und von ungenügend qualifiziertem Personal erbracht.

4.8 Titel der im vierten Kapitel skizzierten älteren Studien:

Eidgenössisches Departement des Innern – Fachstelle für Rassismusbekämpfung (Hrsg.): Rechtsextremismus bekämpfen: Wirksame Maßnahmen und griffige Arbeitsinstrumente für Gemeinden, überarbeitete Fassung. Bern 2007 R. Gabriel / I. Grastorf / T. Lakeit / L. Wandt

/ D. Weyand: Futur Exakt. Jugendkultur in Ora-nienburg zwischen rechtsextremer Gewalt und demokratischem Engagement, Berlin 2004 B. Hafeneger / R. Becker: Rechte Jugendcliquen.

Zwischen Unauffälligkeit und Provokation. Eine empirische Studie, Schwalbach 2007

J. Held / S. Bibouche / G. Dinger / G. Merkle / C. Schork / L. Wilms: Rechtsextremismus und sein Umfeld. Eine Regionalstudie und die Folgen für die Praxis, Hamburg 2008

J. Held / H.-W. Horn / R. Leiprecht / A. Mar-vakis: „Du musst so handeln, dass du Gewinn machst…“. Wohlstands-Chauvinismus jugend-licher Arbeitnehmer, in: „deutsche jugend“, Heft 11/1991

Hochschule Magdeburg-Stendal und Mitei-nander – Netzwerk für Demokratie und Toleranz in Sachsen-Anhalt e.V. (Hrsg.):

Regionalanalyse Altmark. Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, Magdeburg 2003

D. Liebscher / C. Schmidt: Grenzen lokaler Demo-kratie. Zivilgesellschaftliche Strukturen gegen Nazis im ländlichen Raum, Leipzig 2007

Glatzen

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