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2.3 Q UANTITATIVE REAL - TIME P OLYMERASEKETTENREAKTION (QRT-PCR)

2.3.10 Einsatz der konventionellen RT-PCR und real-time PCR in der Virusdiagnostik

Seit der Erstbeschreibung der PCR im Jahre 1987 wurden zahlreiche Anwendungen für die PCR entwickelt (ERLICH et al. 1989; PERSING 1991). Dabei wird diese Technologie sowohl im Bereich der Erforschung des menschlichen Genoms und des Verständnisses der molekularen Mechanismen von Krankheiten, als auch in der Diagnostik von Infektionskrankheiten (WRIGHT u. WYNNFORD-THOMAS 1990) genutzt. Nicht nur in der Humanmedizin, sondern auch in der Tiermedizin werden viele klassische Techniken wie ELISA oder Neutralisationstests verstärkt durch die PCR ersetzt (REMOND 2002; BELAK u.

BALLAGI-PORDANY 1993a, b). Grundsätzlich weist die PCR-Technik gegenüber klassischen Techniken, wie zellkultureller Virusisolierung und Neutralisationstests, Vorteile bezüglich Geschwindigkeit und Automatisierbarkeit auf, gegenüber der Immunofluoreszenz Vorteile bezüglich der Nachweisgrenze (HOFFMANN et al. 1995). Zudem lassen sich fast alle biologischen Materialien als Ausgangsmaterial nutzen, wobei nur kleinste Mengen benötigt werden. Durch den Wegfall der Virusanzucht wird die Arbeit mit infektiösem Material auf ein Minimum beschränkt.

Eine Reihe von PCR-Protokollen ist in den letzten Jahren für die Detektion verschiedener veterinär- und humanmedizinisch relevanter Infektionserreger veröffentlicht worden (BELAK u. BALLAGI-PORDANI 1993a, b; BELAK u. THOREN 2001; BLUM 1994; VAN BELKUM u. NIESTER 1995) und wird seitdem in der Diagnostik verwendet. Obwohl die PCR eine hochsensitive Methode zum Nachweis vieler Krankheitserreger ist, setzt sie sich in der Routinediagnostik nur langsam durch. Dies beruht auf der Tatsache, dass insbesondere die Probenvorbereitung und die Auswertung sehr arbeitsintensiv und für Fehler anfällig sind.

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Automatisierte Systeme für die Probenvorbereitung werden zunehmend entwickelt, stehen aber noch vor technischen Problemen (GREISER-WILKE 2001). Auch die Gefahr eines falsch-positiven Ergebnisses durch Kontaminationen ist bei der PCR hoch, so dass eine Reihe von aufwendigen kontaminationsprophylaktischen Maßnahmen getroffen werden müssen (REMOND 2002). Ein breiter Einsatz in der Routinediagnostik findet aus diesen Gründen, bis auf Blutbanken, bis dato nicht statt.

Zum Nachweis von Viren mittels Nukeinsäureamplifikation wählt man spezifische Genomabschnitte aus. Die Sequenzen der Bindungsstellen der Primer sollten dabei immer hochkonserviert sein, d.h. in der Nukleotidabfolge dürfen nur wenige, bzw. keine Veränderungen zwischen den einzelnen Vertretern einer Erregerspezies auftreten, damit es stets zur einer Bindung der spezifischen Primer und damit zur Amplifikation des richtigen Genomabschnittes kommt. Geeignete Genomabschnitte müssen daher Informationen enthalten, die keinem großen Evolutionsdruck unterliegen. Für Viren kommen Bereiche aus nicht kodierenden Genomregionen oder auch Gene für Nichtstrukturproteine in Frage (BELAK u. THOREN 2001).

Für den Nachweis von Viren, die sich nicht in Zellkultur anzüchten lassen, oder bei zytotoxischem Probenmaterial (z.B. Samen, mumifiziertes Fetusmaterial), ist die PCR die wichtigste Nachweismethode geworden (HYNDMAN et al. 1999). Auch für die Diagnostik in der Frühphase einer Infektion, ist die PCR die Methode der Wahl. Zum Nachweis phylogenetischer Zusammenhänge und bei der Anwendung molekularer Epidemiologie erbrachte die PCR eine erhebliche Vereinfachung; da die grundlegende DNA-Sequenzierung nun mit weniger Aufwand durchgeführt werden kann.

Genau genommen weist die PCR nur das Vorhandensein von Nukleinsäuren nach. Die Methode macht keine Aussage über die Infektiosität des Agens oder ob das nachgewiesene Agens kausale Ursache einer Erkrankung ist. Die Ergebnisse müssen daher immer mit anamnestischen und klinischen Befunden verglichen werden.

Bevor die PCR in der Virusdiagnostik eine der klassischen Methoden ersetzen kann, muss sichergestellt sein, dass sie die bereits existierenden Methoden hinsichtlich Arbeitsaufwand, Kosten, Durchführbarkeit sowie Verlässlichkeit übertrifft oder gleichwertig ist (BELAK u.

THOREN 2001). Dies kann nur durch eine intensive Validierung der PCR gegenüber etablierten diagnostischen Methoden geprüft werden (BELAK u. THOREN 2001).

Für den Nachweis und die Quantifizierung von Nukleinsäuren zu diagnostischen oder wissenschaftlichen Zwecken wird immer häufiger die real-time PCR-Methode eingesetzt (COSTA-MATTIOLI et al. 2002). Grundsätzlich lassen sich drei Anwendungsgebiete unterscheiden:

1. Die Detektion von Pathogenen (Viren, Bakterien, Pilze).

2. Die Messung der Genexpression (Cytokine, Wachstumsfaktoren, Transkriptionsfaktoren etc.).

3. Allele Diskriminierung (Detektion eines single nucleotide polymorphismus, SNP).

Die real-time PCR ist seit ca. 6 Jahren kommerziell verfügbar. Seitdem hält die Methode auch in der virologischen Diagnostik Einzug (MACKAY 2002). Vor allem in den letzten drei Jahren wurde ein vermehrter Gebrauch der Technik verzeichnet. Dies liegt vor allem an der stetig steigenden Zahl von real-time PCR Systemen und den damit verbundenen sinkenden Kosten (SCHMITTGEN 2001; GINZINGER 2002). Die virologische Diagnostik mittels real-time PCR hat gegenüber der konventionellen PCR eine Reihe von Vorteilen (siehe 2.3.9).

Besonders der hohe Probendurchsatz, sowie ein breiterer quantitativer Bereich, in dem die Detektion erfolgen kann, hat in der virologischen Diagnostik große Relevanz (GINZINGER 2002; SCHMITTGEN 2001).

Bei dem Einsatz der real-time PCR-Methode in der virologischen Diagnostik bieten sich grundsätzlich zwei Verwendungsgebiete an: Erstens die qualitative Virusdetektion für eine reine „ja/nein“-Aussage. Zweites die quantitative Virusbestimmung im Rahmen der Pathogeneseforschung. Für die rein qualitative Virusdetektion konnten bis dato in der veterinärmedizinischen Diagnostik eine Anzahl von Protokollen etabliert werden (Tab. 2.8).

Die meisten dieser Protokolle sind jedoch noch nicht validiert und werden daher noch nicht in der Routinediagnostik eingesetzt.

Aufgrund des hohen Probendurchsatzes und des verringerten Arbeits- und Zeitaufwands eignet sich die Methode vor allem zum Screening von großen Probenzahlen. Dies wird bislang vor allem in Blutbanken genutzt (DROSTEN et al. 2001). Grundlage dieses Screenings ist aber die Kombination der QRT-PCR mit einer zuverlässigen automatisierten RNA/DNA-Isolierung (BELAK u. THOREN 2001). Die Detektion mehrerer Viren in einer Probe mittels multiplex real-time PCR wurde bislang nur in der humanmedizinischen Diagnostik etabliert. Beispiele hierfür sind das gleichzeitige Screening von Blutproben auf Hepatitis-B-Virus und HCV (MERCIER et al. 1999; HENNIG et al. 2001; HITZLER u.

RUNKEL 2001) oder die gleichzeitige Bestimmung von vier Retroviren mittels Molecular Beacons in Blutproben (VET et al. 1999). Ein weiteres Beispiel für die Verwendung eines Multiplex Protokolls ist die schnelle Genotypisierung des Influenzavirus A mittels verschiedener TaqMan-Sonden in einer Reaktion (SCHWEIGER et al. 2000).

Das zweite Aufgabenfeld ist die quantitative Virusbestimmung im Rahmen der Pathogeneseforschung. Die QRT-PCR ermöglicht eine zuverlässige und schnelle Quantifizierung der Virusmenge ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand. Dadurch ist die Virusquantifizierung auch in der Routinediagnostik möglich (MACKAY 2002). Bestimmt man die Virusmenge (Viruslast) in Patienten über einen gewissen Zeitraum, so lässt sich eine Aussage über die virale Replikation und damit über den Verlauf der Krankheit, bzw. die Wirksamkeit der Therapie machen (NIESTERS 2001; SCHUTTEN 2001).

Anwendungsbeispiele hierfür sind das Feline und Humane Immunodefizienz Virus, sowie das HCV und das Cytomegalie Virus (GINZINGER 2002; SCHUTTEN 2001). Ein weiteres veterinärmedizinisches Beispiel ist das porzine Circovirus. Hier kann erst nach Bestimmung

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der Viruslast eine Aussage getroffen werden, ob das Virus Ursache der Erkrankung ist (BELAK u. THOREN 2001).

Tabelle 2-8: Übersicht über einige derzeit veröffentlichte QRT-PCR Protokolle in der veterinär-virologischen Diagnostik

Virusfamilie Virus Referenz

Arenaviridae Lymphozytäre Choriomeningitis Virus BESSELSEN et al. 2003 Porcines Respiratorisches und

Reproduktives Syndrom Virus EGLI et al. 2001 Arteriviridae

Equines Arteriitis Virus BALASURIYA et al. 2002 Bornaviridae Borna Disease Virus WATANABE et al. 2001

Infektiöse Bursitis Virus MOODY et al. 2000 Coronaviridae

Feline Corona Viren GUT et al. 1999 Dengue Virus HOUNG et al. 2001 West-Nile Virus HADFIELD et al. 2001 Bovines Virusdiarrhoe Virus BHUDEVI u. WEINSTOCK

2001 Flaviviridae

Klassische Schweinepest Virus MCGOLDRICK et al. 1998 Schildkröten Herpes Virus QUACKENBUSH et al.

2001 Herpesviridae

Felines Herpesvirus VOGTLIN et al. 2001

Paramyxoviridae Hendravirus SMITH et al. 2001

Parvoviridae Felines Parvovirus GRUBER et al. 2001 Picornaviridae Maul- und Klauenseuche Virus REID et al. 2001 Orthomyxoviridae Equines Influenza Virus OZAKI et al. 2001

Felines Leukämie Virus HOFMANN-LEHMANN et al. 2001

Felines Immundefizienz Virus LEUTENEGGER et al. 1999 Simian Immundefizienz Virus LEUTENEGGER et al.

2001b Retroviridae

Maedi/Visna Virus GUDMUNDSON et al. 2003