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3 Allgemeiner Teil

3.3 Zu den rekonstruierten Gletscherständen

3.3.4 Die Schneegrenzdepressionen zu den rekonstruierten Gletscherständen

Die Schneegrenzabsenkungen zu Gletscherstand 4 schwankten bei den untersuchten Gletschern von -15 bis 33 m. Im Mittel lag die Schneegrenzdepression bei 11 m. Zu Stadium 3 lag sie zwischen 24 und 78 m. Hier lag die mittlere Depression bei 42 m. Während Gletscherstand 2 war die Schneegrenze bei einer Schwankungsbreite von 30 bis 225 m durchschnittlich um 79 m abgesenkt. 89 m betrug die mittlere Depression zu Stadium 1. Die Absenkungen schwankten hier zwischen 38 und 237 m.11

Zu Gletscherstand -1 (Stadium `VII bei KUHLE [1982a u. 1982b]) variierte die Schneegrenzabsenkung zwischen 58 und 268 m. Im Mittel lag sie bei 154 m. Zu Stadium -2 (Stadium VI bei KUHLE [1982a u. 1982b]) betrug die Schneegrenzdepression im Mittel 196 m und sie schwankte bei den einzelnen Gletschern zwischen 68 und 346 m. Während in die Berechnungen der mittleren Schneegrenzdepressionen für die Stadien 4 bis -1 alle vier Expositionssektoren (N- bis einschließlich ENE-Auslage; E- bis einschließlich SSE-Auslage;

S- bis einschließlich WSW-Auslage; W- bis einschließlich NNW-Auslage) eingingen, standen für die klimatische Schneegrenzdepressionsbestimmung zu Gletscherstand -2 keine untersuchten Gletscher der N- bis einschließlich ENE-Auslage zur Verfügung.

Auch wenn die mittleren Absenkungsbeträge zu den bis hierher aufgrund morphologischer, insbesondere lagebezüglicher Kriterien differenzierten Gletscherstadien mit 11 m für Stadium 4, mit 42 m für Stadium 3, mit 79 m für Stadium 2, mit 89 m für Stadium 1, mit 154 m für Stadium -1 und mit 196 m für Stadium -2 sich einigermaßen unterscheiden, so ergeben sich

11 In den Tälern N-lich des Dhaulagiri- und Annapurna-Himalaja gibt KUHLE (1982a, S. 165) auf der Basis von 30 Gletschern für Stadium 1 (bei ihm Stadium VII) eine Schneegrenzabsenkung von 96 m gegenüber den Verhältnissen 1976/77 an.

teilweise deutliche Überlappungen der Schwankungsbreiten der Schneegrenzdepressionen zwischen den einzelnen Stadien (bspw. Stadium 3: 24 bis 78 m im Vergleich zu Stadium 2:

30 bis 225 m). Auch bei der Verwendung der Methode KUHLE (1986b) resultieren hohe Schwankungsbreiten der Schneegrenzdepressionen. Für Stadium 1 wurde das Verfahren exemplarisch durchgeführt. Die Schneegrenzabsenkungen variierten hiernach zu diesem Gletscherstand zwischen 15 und 265 m (Abb. 102)12. Als weitere stützende Testimplikation in Bezug auf die morphologische Differenzierung bzw. Parallelisierung der in der vorliegenden Arbeit rekonstruierten Gletscherstadien, zu denen nur einige Dekameter bis wenige 100 m Schneegrenzdepression eintraten, scheinen offenbar die in dieser Arbeit errechneten Absenkungsbeträge ungeeignet.

Auch wenn durch die Wahl des Arbeitsgebietes Einflüsse, wie Schneegrenzverläufe in hohen und steilen Gletscherrückwänden und extreme Schuttmächtigkeiten, die hinsichtlich der Kausa Klimasignal-Gletscherlängenveränderung als Störfaktoren anzusehen sind, minimiert werden konnten (an einigen untersuchten Gletschern treten sie dennoch auf) und anhand morphologischer Kriterien die Synchronisierung13 von Gletscherstadien gelingt, so fielen die für die Berechnungen der jeweiligen orographischen Schneegrenzabsenkungen maßgeblichen Eisrandlagenabsenkungsbeträge (gegenüber heute), zu zeitlich als parallel erkannten Stadien offenbar sehr unterschiedlich aus. Als hierfür ursächlich kommen neben den Neigungsverhältnissen von Nähr- und Zehrgebieten prinzipiell viele weitere gletschergeometrisch bedingte Einflüsse, wie die Breite des Gletschers im Schneegrenzniveau

12 Dass auch das Verfahren KUHLE (1986b) hier keine einheitlicheren Werte hervorbringt, ist wenig verwunderlich. KUHLE (1987b, S. 205) zieht als Beispiel, bei welchem seine Methode bessere Vergleichbarkeit liefert wegen ihrer morphologischen Ähnlichkeit zeitlich zu parallelisierende Gletscherstandsindikatoren im Animachin-Massiv (E-Kuen Lun [siehe 3.4.2.2]) und an der Everest S-Seite (siehe 3.4.1.1) heran. Im ersten Fall erhält er nach der VON HÖFERschen Methode (1879) für das rekonstruierte Nauri Stadium (Stadium V; 5500-4000 v. 1950 AD [KUHLE 2001, S. 125] [siehe Abb. 112]) eine Schneegrenzabsenkung von 240 m; im zweiten Fall sind es, ebenfalls für Stadium V, 560 m. KUHLE (1987b, S. 205) schreibt: „Es gab bisher keine Schneegrenzrekonstruktionsmethode, die den Reliefcharakteristika verschiedener Gletschertypen Rechnung trägt. Eine solche ist für den überregionalen Vergleich aber notwendig.“ Im Hinblick auf diese Unzulänglichkeit entwickelt KUHLE (1986b) seine Schneegrenzberechnung und kommt zu dem Schluss, dass es mit dieser Methode möglich ist „(…) die Schneegrenze von Gletschern unterschiedlicher und zeitlich variabler Reliefparameter überregional vergleichbar zu machen.“ (KUHLE 1987b, S. 208). Es wird deutlich, dass die Methode KUHLE (1986b) nicht für die Differenzierung bzw. Parallelisierung von sich bezüglich der Schneegrenzabsenkung im Mittel nur um wenige Dekameter unterscheidenden Gletscherständen eines hinsichtlich des Reliefs eher einheitlichen Gebietes gedacht ist, sondern für einen überregionalen Vergleich zwischen Gebieten mit gegensätzlichen Reliefmerkmalen und somit auch sehr unterschiedlichen morphologischen Gletschertypen, wie er mit dem Vergleichsbeispiel zwischen Animachin-Massiv und der Mount Everest S-Seite skizziert wurde.

13 Mit synchron oder zeitlich parallel ist immer gemeint, dass die einem selben Stadium zugeordneten Randmoränen der verschiedenen Gletscher als Folge eines selben Klimasignals zu verstehen sind und daher ungefähr synchron abgelagert wurden. Die genauen Zeitspannen der jeweils an den Gletschern eingetreten Vorstoß/-frontstagnationsphasen werden in Abhängigkeit von den jeweiligen „terminus respone times“ um

oder der Kanalisierungsgrad des Gletscherzungenendes in Frage. Ein die Schneegrenzabsenkungen modifizierender topografischer Umstand ist jedoch seines regelhaften Auftretens wegen herauszugreifen. Es zeigt sich, dass an Gletschern, deren Vorfelder gering geneigt sind, auch nur geringe Schneegrenzdepressionen (berechnet nach

VON HÖFER [1879] [abgewandelt]) zu Stadium 1 zu verzeichnen sind. Beispielsweise lag die Schneegrenzabsenkung zu Stadium 1 beim Hongde Himal III-Gletscher, dessen Vorfeldbereich mit 4,9° abfällt, bei 50 m. Die Schneegrenze des Tach Garbo Lungpa II-Gletschers war während II-Gletscherstand 1 um 40 m abgesenkt; Neigung des Vorfeldbereichs:

5,8°. SGD St. 1 Tach Garbo Lungpa I-Gletscher: 38 m; Neigung d. V.: 4,4°. SGD St. 1 Khangsar Khang-Gletscher: 60 m; Neigung d. V.: 6,5°. Demgegenüber stehen z. B.

Depressionsbeträge zu Stadium 1 von 132 m beim Grande Barriere NE-Gletscher; Neigung d.

V.: 16,2°, von 237 m beim Shya Gang S-Gletscher; Neigung d. V.: 21,7°, 181 m beim Khardung Khang E-Gletscher; Neigung d. V.: 16° und 119 m beim Cha Lungpa Peak-Gletscher; Neigung d. V.: 13,4°.14

Verständlich wird der Umstand geringer rechnerischer15 Schneegrenzdepressionen im Fall flacher Gletschervorfelder sowie hoher rechnerischer Schneegrenzabsenkungen bei steilen Vorfeldern, betrachtet man jenes Zusammenfallen vor dem Hintergrund der Zeit und unter der Annahme, dass Stadium 1 im Arbeitsgebiet auf klimainduzierte Vorstöße zurückgeht. Die Höhe der rechnerischen Schneegrenzabsenkung hängt in erster Linie ab vom vertikalen Vorstoßbetrag des Gletscherzungenendes. Gletscherzungen, die in Folge eines Klimasignals ins Steilrelief vorstoßen, können hier in kurzer Zeit viele Höhenmeter überwinden. An Eisströmen hingegen, die in flache Talbodenbereiche vordringen treten zwar ebenfalls Längenänderungen auf, aufgrund des flachen Geländes jedoch ist die Überwindung vieler Höhenmeter in so kurzer Zeit, wie es bei Gletschern passiert, die ins Steilrelief vordringen, nicht möglich. Damit an ihnen ähnliche Vertikalbeträge von den Zungenenden überwunden werden können, ist mehr Zeit nötig (hierbei spielt die Selbstaufhöhung der Gletscheroberfläche eine wesentliche Rolle). Die Tatsache, dass sich die Schneegrenzabsenkungen im Arbeitsgebiet bspw. für Stadium 1 im aufgezeigten Sinne

14 In Einzelfällen leistet die Berechnung mittels der Methode KUHLE (1986b) eine Annäherung an die mittlere Schneegrenzdepression des jeweiligen Stadiums (siehe Abb. 102; Khardung Khang E-Gletscher u. Cha Lungpa Peak-Gletscher), an einigen Gletschern jedoch wird die Abweichung hiervon noch größer (vgl. Abb. 101; Spalte SGD zu Stadium 1 mit Abb. 102; Spalte SGD zu Stadium 1 im Fall des Tach Garbo Lungpa I- und Tach Garbo Lungpa II-Gletscher). Die Streuung der Schneegrenzdepressionsbeträge zu den einzelnen Stadien wird nicht minimiert.

15 Der Zusatz „rechnerisch“ weist darauf hin, dass nur die rechnerische nicht aber die tatsächliche Schneegrenzabsenkung von den angesprochenen Reliefverhältnissen modifiziert wird. Die tatsächliche Schneegrenzdepression ist vom Relief völlig unabhängig.

unterscheiden, liegt daher wahrscheinlich begründet in der zeitlichen Limitierung der für die Vorstöße verantwortlichen Klimasignale.

3.3.5 Schneegrenzdepressionen der Stadien 2, 3 und 4 in Relation zum jeweiligen