• Keine Ergebnisse gefunden

Die Hochtal-Hütte: Eine einfache Beschreibung

4. Die Praxis – Menschen und Hütten / Hütten und Menschen

4.2. Hütten und Menschen

4.2.1 Zwei „Einfache“ Beschreibungen der Hütten

4.2.1.1. Die Hochtal-Hütte: Eine einfache Beschreibung

Bei der Hochtal-Hütte handelt es sich um eine Hütte in den österreichischen Alpen.

Sie wurde Ende des 19.Jahrhunderts gebaut und bis in die heutige Zeit mehrmals renoviert und erweitert. Die letzte Erweiterung der Hütte fand in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts statt. Genauere Angaben können und sollen hier aufgrund der zu wahrenden Anonymität nicht gemacht werden.

Die Hochtal-Hütte liegt in einem Hochtal auf der linken, sprich östlichen Hangseite auf einer Höhe von ca. 2400m. Sie ist über mehrere Zugänge, die sehr verschiedene Schwierigkeitsgrade aufweisen, erreichbar. Der Normalweg, also der am häufigsten begangene Weg, ist ein Schotterweg, der von einem auf ca. 2000 Höhenmeter liegenden Parkplatz bis zur Hütte führt. Der Weg liegt in einer Talsenke, führt zunächst an einem See entlang und steigt erst gegen Ende etwas steiler am Osthang an. Dieser Weg wird auch als Belieferungsweg für Nahrungsmittel genutzt.

Er ist allerdings nur mit einem geländegängigen Wagen zu befahren.

zu geben und die Aussagen jedes Mal mit einer diesbezüglichen Fußnote zu versehen. Man möge dem Autor dieses Verfahren nicht dergestalt auslegen, dass die Nachprüfbarkeit dadurch nicht gewährleistet ist. Aber jeder, der in einem Feld eine gewisse Zeit verbracht hat und dem das Feld auch vor dem Beginn der Studie nicht fremd war, mag verstehen, dass es sehr viele Aussagen und Zitate gibt, die man im Laufe der Zeit hört, die aber nicht sogleich festgehalten werden können und die sich auch im Kontextwissen des Autors wieder finden. Der Autor kann dem Leser hier also nur versichern, dass keines der Zitate frei erfunden und in diesem Fall Vertrauen vor Kontrolle zu stellen ist. Falls jedoch eine direkte Einsicht in die Daten gewünscht ist, so ist hier auf den Anhang dieser Arbeit zu verweisen, der die Interviews mit den Hüttenwirten und auch verschiedenste Beobachtungsprotokolle enthält. (Anhang A = Grundlegende Daten zur Etablierung des Typs „Hüttenwirt“; Anhang B = Daten zur Etablierung der anderen Typen von Hüttenbesuchern; Anhang C = Daten zu den Hütten im allgemeinen und zu den in ihnen auftretenden Strukturen und Regeln; Anhang D = „Arbeitszettel“ aus dem Analyseprozess zur besseren Nachvollziehbarkeit des Vorgehens.)

Auf drei Werbetafeln entlang des Weges werden die Hütte, ihre Terrasse, dass Essen, vor allem aber die Aussicht auf die gletscherbedeckten Hänge beworben. Auf jeder dieser Tafeln findet sich des Weiteren ein Vermerk auf die verbleibende Dauer des Aufstiegs (2-2½ Stunden vom Parkplatz)

Es scheint vielleicht nicht von entscheidender Bedeutung zu sein, welche Tourenmöglichkeiten von und zu der Hütte bestehen, aber eben diese Möglichkeiten sind entscheidend dafür, welches Publikum auf einer Hütte anzutreffen ist. Die Hochtal-Hütte ist Ziel und Ausgangspunkt zugleich. Für manche ist sie das Ziel einer Rundwanderung, die am Parkplatz beginnt und dann auch dort wieder endet und kaum die Wanderwege und Pfade verlässt. Für mache ist sie der Startpunkt für hochalpine Touren, für Gletscherquerungen, Gipfelbesteigungen und alpine Überschreitungen.133 Auch ein Klettergarten befindet sich unweit der Hütte, der, laut Aussage des Wirtes, alle möglichen Schwierigkeitsgrade abdeckt.134 Die Hütte ist vor allem Startpunkt zur Besteigung eines ca. 3300m hohen Berges, der von der Hütte aus relativ bequem an einem Tag bestiegen werden kann. Er erfordert jedoch auch die nötige Hochtourenausrüstung. Dieser Berg gilt als Hauptanziehungspunkt des Tales. Nicht nur seiner Besteigung wegen, sondern auch der Aussicht wegen kommen viele Menschen dorthin.135

Das äußere Erscheinungsbild der Hütte kann am besten beschrieben werden durch den Vergleich mit einem Gehöft, bei dem mehrere Bauwerke aneinandergebaut worden sind, und man den Grundriss auch nach längerem Hinsehen nicht wahrnehmen kann. Bei eingehender Betrachtung kann jedoch erkannt werden, dass zu den Gründerzeiten nur ein kleineres Haus gestanden ist. Im Laufe der Jahre wurde die Hütte dann erweitert und aufgestockt, so dass es sich heute um einen wahren Komplex von Häusern handelt. Die Terrasse, die sich vor der Hütte findet ist auf zwei Ebenen angelegt und fast komplett mit Tischen und Stühlen bestückt. Die untere Ebene ist groß und mit Steinplatten eingeebnet, die obere

133 Diese Begriffe sind Begriffe aus der „Sprache“ der Berge und deren Menschen. Als Wanderung wird gemeinhin das bezeichnet, was normale Wege und markierte Pfade nicht verlässt, und wo die zu Hilfenahme der Hände zur Fortbewegung nicht erforderlich ist. Als hochalpine Tour wird gemeinhin das bezeichnet, was Gletscherbegehungen einschließt, und wofür eine bestimmte Ausrüstung und auch ein bestimmtes Können benötigt werden; gleiches gilt für Gletscherquerungen und Überschreitungen. Der Zusatz „alpin“ verweist zumeist auf die Steilheit oder Ausgesetzheit einer Route. Also alpine Routen sollten z.B. nur von denjenigen begangen werden, die schwindelfrei und sehr trittsicher sind.

134 Als Klettergarten wird eine kleinere Felswand oder mehrere Wände bezeichnet, an denen Kletterrouten eingerichtet sind, d.h. es sind bereits Haken in der Wand angebracht, so dass es meist nicht notwendig ist zusätzliche Haken oder andere Sicherungsaccessoires mit- und anzubringen.

135 Dies war die Aussage des Hüttenwirtes bei einem kurzen, vor der Hütte geführten Gespräch.

Ebene ist überdacht, etwas kleiner, betoniert und direkt an die Hauswand angeschlossen. Geht man um die Hütte herum findet man weitere Eingänge, Garagen, überdachte Ecken, Bauschutthügel, gestapeltes Holz etc. Was man allerdings nicht findet ist ein Mülleimer. Der Müll der Küche wird zwar in einem großen Anhänger gesammelt, aber es findet dich um die Hütte kein Mülleimer für die Gäste.136

Der Innenraum ist geprägt von relativ hellem Holz. Die Einrichtung ist schlicht.

An den Wänden hängen einige Photos der umliegenden Landschaft, darunter auch ältere Aufnahmen in Schwarz/Weiß. Beim ersten Besuch fiel sofort auf, dass, obwohl es Nachmittag war, alle Lichter im Innenraum brannten, es also eine normale Stromversorgung geben muss.

Beim Innenraum handelt es sich nicht nur um einen Raum, also eine Gaststube, sondern um mehrere Räume. Im Hauptraum befinden sich die Theke, die Rezeption und der Zugang zur Küche und zu den privaten Räumlichkeiten der Hüttenwirte137. Abgesehen vom Hauptraum gibt es einige Nebenräume, die alle durch Türen vom Rest getrennt werden und auch trotz offener Türen nicht von einem zentralen Punkt eingesehen werden können. Diese der Räume werden aber nur sehr selten, und dann hauptsächlich von Gruppen, Lehrgängen oder Schulungstreffen, benutzt. Der Vorraum, direkt beim Eingang der Hütte ist mit Regalen versehen, wo die Wanderschuhe abgestellt und bereitgestellte so genannte Hüttenschuhe angezogen werden können. In diesem Raum befindet sich eine topographische Karte der Umgebung und verschiedenes Werbematerial von Bergschulen (für organisierte Touren). In einem der hinteren Räume findet sich ein Schrank, der eine große an Anzahl Gesellschaftsspielen enthält. Musikinstrumente gibt es anscheinend nicht auf der Hütte, dafür ertönt Musik vom Band. Meist erklingen nicht volkstümliche Lieder, sondern neuere Popmusik.

Die Zimmer, in denen geschlafen wird, sind klein. sie verfügen über 5 Stockbetten (10 Schlafplätze pro Zimmer). Nach dem dritten Bett ist jeweils unten und oben eine hölzerne Trennwand eingezogen, sodass also maximal drei Gäste nebeneinander liegen. Der Raum für Rucksäcke, Kleidung und Ausrüstung vor den Betten ist sehr spärlich, sodass, wenn das Zimmer voll belegt ist, kaum Platz bleibt sich umzuziehen oder zu packen, ohne irgendwo anzustoßen. In jedem Bett liegen

136 Siehe hierzu Abschnitt 4.2.2.2.2. in dieser Studie.

137 Diese konnten leider nicht eingesehen werden und somit kann auch nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass sie sich direkt hinter dieser Tür befinden.

ein kleines Kopfkissen und zwei Wolldecken, die an einem Ende mit dem Wort

„Fußende“ beschriftet sind. Die Decken und Kissen haben keine Bezüge. Schränke gibt es nicht. Bergschuhe werden nicht mit in die Zimmer genommen, sondern draußen in gesonderten Regalen abgestellt. Die sanitären Anlagen in der Hütte gleichen denjenigen in einem Hotel oder Restaurant: Sie sind groß und geräumig.

Auf jedem Stockwerk gibt es für Frauen und Männer getrennte Toiletten und Waschräume. Eine Warmwasser-Dusche kann gegen einen Aufpreis benutzt werden.

Wie bereits erwähnt gibt es eine Theke und eine Rezeption. Eine genaue Beschreibung dieser füllt jedoch Seiten, so sei ein kleiner Vergleich gestattet: Wenn ein Gast die Hütte betritt und nicht weiß, dass er sich in den Bergen befindet, so wird er wohl, abgesehen von den Gästen und deren Kleidung und Betragen denken, er befindet sich in einer großen „gutbürgerlichen“ Gaststube, welche vor einigen Jahren renoviert worden ist. Das einzig Auffällige für diesen Gast ist wahrscheinlich die vollautomatische Kasse, der Computer, der Drucker, das Telefon und das Faxgerät.

An dieser Theke liegt auch ein Hüttenbuch aus, in welches der Wanderer die letzte und die nächste Station seiner Tour, die Vereinszugehörigkeit, seinen Namen und das Datum einträgt. Ebenso können an dieser Theke verschiedene Dinge gekauft werden, wie zum Beispiel Postkarten, Hemden, T-Shirts, Mützen und Metallschilder für Wanderstöcke (alle bedruckt mit einem Bild oder zumindest dem Namen der Hütte). Auch das Mieten von Ausrüstungsgegenständen wie zum Beispiel Steigeisen ist hier möglich. Eine Tageszeitung liegt ebenfalls aus. Auch ein Blick hinter die Theke zu den Schankvorrichtungen und in die moderne Küche verstärkt dieses Bild.

Die Küche ist groß und mit Edelstahlblech verkleidet, vergleichbar mit der Küche eines großen Restaurants oder gar Hotels.

Die Hütte ist von Juni bis Ende September oder Mitte Oktober und auch im Frühjahr (März, April) bewirtschaftet. Der Bewirtschaftungszeitraum hängt aber primär von den Wetterverhältnissen ab. Laut Hüttenwirt ist die Hütte solange geöffnet, wie die Gäste kommen bzw. die Hütte ohne Gefahr beliefert werden kann.

Die Speisekarte der Hütte enthält von allem etwas: Fleisch- und vegetarische Gerichte, Deftig- Herzhaftes und Süßes. Bei den Getränken ist es ähnlich. Getränke und Essen werden nicht selbst an der Theke geholt, sondern serviert. Es hat mindestens zwei Bedienungen, die sich um das leibliche Wohl der Gäste kümmern.

Mitgebrachtes Essen und Getränke dürfen verzehrt werden, wobei aufgefallen ist,

dass von denjenigen, die ihr eigenes Essen verzehren, zumeist ein Getränk bestellt wurde.

Einige Worte sollen hier auch noch zu den Gästen festgehalten werden. Und zwar handelt es sich hierbei nicht um genauere Beobachtungen Einzelner, sondern lediglich um einen ersten Eindruck und einige im Lauf der Feldarbeit aufgenommenen Zahlen, die von Wirten, Bediensteten und Gästen „aufgeschnappt“

wurden. Die Hütte hat Schlafraum für bis zu 200 Gäste und an vielen Wochenenden sind diese Betten restlos ausgebucht. Die ruhigsten Tage sind, laut Hüttenwirtin, Montag bis Donnerstag.138 Aber auch während dieser Wochentage waren während der Feldphasen nie weniger als 40-60 Menschen pro Nacht in der Hütte. Laut einer Bediensteten sei das aber sehr wenig, denn an manchem Wochenende hätten sie in dieser Saison bis zu 220 Übernachtungsgäste pro Nacht gehabt. 20 davon haben dann anschienend in der Gaststube geschlafen. Viele Gäste bleiben nur eine Nacht, manche auch zwei. Es gibt sehr wenige, die länger bleiben.

Die Hütte hat, aufgrund ihrer Lage, auch ein florierendes „Tagesgeschäft“.139 An guten Tagen sollen es 400-500 Tagesgäste sein, die die Hütte besuchen und von dort entweder weiterwandern oder wieder umkehren. Diese Zahlen sind hier nicht nachzuprüfen, können aber als richtig eingeschätzt werden, wenn man bedenkt, dass man als Wanderer an einem wolkenverhangenen Nachmittag auf dem Normalweg innerhalb von 1½ Stunden 30 Menschen begegnet, die alle von der Hütte absteigen. Es lässt sich also gut vorstellen, dass, wenn man auf einem der Wege bereits 30 Menschen in relativ kurzer Zeit sieht, einige mehr auf den anderen Wegen und zu anderen Zeiten des Tages an der Hütte vorbeikommen.