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Die Darstellung der Daten und ihre „Logik“

4. Die Praxis – Menschen und Hütten / Hütten und Menschen

4.1. Die Darstellung der Daten und ihre „Logik“

Es wurden zwei Hütten besucht und die dort angetroffenen Menschen wurden beobachtet. Es wird hier als sinnvoll erachtet, dass dieser Teil der Arbeit in zwei Hauptteile aufgespaltet wird. Im ersten Teil werden die zwei Hütten beschrieben. Aus diesen „einfachen“ Beschreibungen wird versucht werden das Typische dieses sozialen Raumes zu extrahieren. Das heißt, es wird der Versuch unternommen die sozialen Regeln, Strukturen oder Prozesse kenntlich zu machen, die auf einer Berghütte vorzufinden sind. Im zweiten Teil wird dann eine Typologie zu erstellen sein, die verschiedene Typen von Hüttenbesuchern, sowie die jeweiligen Hüttenwirte umfasst.126

Diese Vorgehensweise bewegt sich somit in gewisser Weise zwischen der ethnographischen Herangehensweise der Beschreibung eines Ausschnitts einer bestimmten Kultur und der Beschreibung und Analyse eines bestimmten Falls.

kleine exemplarische Analyse vorgenommen werden, oder wenigstens gezeigt werden, welche Codes und Ausprägungen annäherungsweise zu einem bestimmten Typus führten.

Anfänglich wurde davon ausgegangen, dass es zunächst einfach Hüttenbesucher gibt. Dann wurde die Frage gestellt, ob diese alle einem Typ angehören oder ob sie sich vielleicht aufspalten in verschiedene Typen. Es wurden nach und nach verschiedene Kategorien und deren Ausprägungen oder Dimensionen entdeckt, die bald zu dem Schluss führten, dass es sich nicht nur um einen Typ Hüttenbesucher handelt. Als Kategorien wurden zum Beispiel aufgestellt: Tourenschwierigkeit (alpin >

ausdauernd > Spaziergang), Hüttenvorliebe (neu/alt, traditionell/modern, Hütten als Ziel/Hütte als Muss), Ausrüstungsgegenstände (neu/alt, hochwertig/primitiv, viel/wenig), Vorbereitung (akribisch/

unachtsam, plangemäß/planlos) Motivation (Naturerlebnis, Hüttenerlebnis, Wochenenderlebnis, Genuss, Grenzerfahrung), Komfort (notwendig/nicht notwendig, lobenswert/bedauernswert, sinnvoll/widersinnig), Fremd- /Eigeneinschätzung (Abgrenzung von dem anderen/ Sein wollen wie der andere).

Bald wurde ersichtlich, dass diese Kategorien und deren Ausprägungen nicht auf einen Typ passen würden, sondern dass es sich um verschiedene Typen von Hüttenbesuchern handelte. Da dann erkannt wurde, dass zum Beispiel ein Typus Die Hütten selbst als Ziel hatte und seine Touren meist als „ausdauernd“ und gut geplant bezeichnet werden konnten, und auch der Trend zur „Genusssucht“

erkennbar war, wurde der Typus des Genusswanderers eingeführt. Aus der großen Komfortliebe eines Teils dieses Typus entwickelte sich der „Hotel“wanderer.

Dies ist zwar eine sehr verkürzte Darstellung des Analyseprozesses, soll aber dennoch aufzeigen, wie die Analysen in dieser Studie entwickelt wurden. Hinzuzufügen ist hier noch, dass ein Teil der Analysen auch auf dem Kontextwissen des Autors beruht, welches in der Zeit der Studie sehr stark wuchs, aber teilweise auch schon vorher vorhanden war. (siehe bezüglich der Analysearbeit und der Daten auch Fußnote 132)

Die „einfache“ Beschreibung soll verstanden werden als Bestimmung der einzelnen Fallstruktur, wenn man wie der Autor davon ausgeht, dass eine Hütte als Fall aufgefasst werden kann. Wenn auch die einzelnen Hütten als solche nicht unbedingt im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen, sondern die in ihnen lebenden und verkehrenden Menschen, dann lässt sich an den Beschreibungen der Hütten dennoch das „besondere Allgemeine“ erfassen „von dem hier allein methodisch, methodologisch und theoretisch eine Typenbildung mit realistischen Erkenntnisabsichten sich einführen lässt.“127 Hier steht die Auffassung Pate, dass das, was im Einzelfall stattfindet auch immer in gewissem Maße allgemeiner Natur ist. Das heißt, dass der Einzelfall im Prinzip genauso viel aussagt wie ein Kollektiv, denn ein Kollektiv besteht, soll es fassbar werden, aus mehreren unterschiedlichen Einzelfällen. Gegen Fallstudien gleich welcher Art kann nun natürlich stets der Vorwurf angebracht werden, dass, in unserem Fall, aus der Beschreibung zweier Hütten keinerlei aussagekräftige „Typologie“ erstellt werden kann. Dieser Vorwurf scheint auf den ersten Blick zwar berechtigt, denn „einmal ist keinmal“, aber er kann doch dahingehend entkräftet werden, dass auch bei zwei Hütten bestimmte Merkmale als typisch festgehalten werden können und sich daraus ein Typus bilden lässt, der zwar in keiner Weise Gültigkeit für, sagen wir, den Alpenraum beansprucht, aber mindestens für diese zwei Hütten. Es kann durchaus davon ausgegangen werden, dass sie Merkmale, Regeln und auch die Typisierungen, die sich auf zwei unterschiedlichen Hütten finden, auch noch auf anderen Hütten finden lassen oder dass man davon ausgehen kann, dass sich etwas Typisches auf einer Hütte auch als etwas Typisches auf einer anderen Hütte erweisen wird.

Laut Honer128 kommt man mit diesen Überlegungen zwar nicht soweit, dass man das Teil-Kollektiv, wie sie es nennt, irgendwie „erklären“ könnte, aber man kann

„begründete Vermutungen über diese kleine Welt“129 hervorbringen. Genau dies soll mit dieser Studie erreicht werden.

Zu Beginn der Studie war klar, dass nur zwei Hütten untersucht werden können. Aus diesem Grund wurde es als am sinnvollsten erachtet zwei gegensätzliche Hütten zu wählen, wobei die Wahl der zweiten Hütte, ganz im Sinne des theoretischen Samplings, davon abhing, wie die erste Hütte beschaffen ist, welche Daten erhoben werden konnten und vor allem, welche Daten nächstens zu

127 Becker u.a. (1987) zitiert in Honer (1993), S.117ff.

128 Honer (1993), S. 118.

129 Ebd. S.118.

erheben sind, damit die Kategorien eine größtmögliche Variation und Dichte erhalten.130 Die Wahl der zweiten Hütte wurde demnach erst im Verlauf der Datenerhebung und Analyse der ersten Hütte durchgeführt, als sich abzeichnete, welche Art von Hütte am besten geeignet wäre einen größtmöglichen Kontrast wiederzuspiegeln und dementsprechend auch die verschiedensten Hüttenbesucher und Wirte in die Analyse einzuschließen.

Wenn die Forschungsfragen dieser Arbeit sich hauptsächlich auf die in den Hütten lebenden und in den Hütten verkehrenden Menschen beziehen, warum sollen hier dann die Hütten selbst genauer und typisierend beschrieben werden? So oder Einstellungen und Vorstellungen der Gäste, ihre subjektive Perspektive, sowie auch die typischen Eigenschaften einer Berghütte selbst zum Ausdruck. Das Verhältnis der Gäste und der Wirte zu den Hütten und Bergen und ihre Vorstellungen über das Leben in und um die Hütten wird dann klarer erkennbar und darum auch interpretierbar.

Aus Gründen der Datensicherheit, und der zu gewährleistenden Anonymisierung der Daten, sind die Namen der Hütten (andere Namen werden nicht genannt) verändert.131 Der ersten Hütte wird der Name Hochtal-Hütte gegeben, aus dem einfachen Grund, dass sie in einem solchen Hochtal gelegen ist. Der zweiten Hütte wird der Name See-Hütte gegeben, da sie sich in der Nähe eines Sees befindet.132

130 Es muss hier darauf verwiesen werden, dass durch die zwei Hütten die Variation und die Dichte einer am ende stehenden Theorie stark von diesen Begrenzungen abhängen wird.

131 Der Grund für die Anonymisierung von Daten ist nicht nur der Schutz von Befragten, sondern ist auch damit verbunden, dass sich der Forscher selbst durch die Verwendung von nicht anonymisiertem Material strafbar machen kann. Laut den §201, §203 und §204 des deutschen Strafgesetzbuches (§201 „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“, §203 „Verletzung von Privatgeheimnissen“, §204

„Verwertung von Privatgeheimnissen“) muss ein dergestalt Angeklagter, und ein solcher Sachverhalt würde womöglich bei Verwendung der Originalnamen von Hütten und Menschen, verbunden mit ihren auf Tonband aufgenommenen Aussagen, erfüllt sein, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder einer Geldstrafe rechnen. (Schönfelder (Stand: April 2003)).

132 Diese einfachen Namen wurden aus zwei Gründen gewählt. Zum einen sollte nicht ein Name einer anderen Hütte verwendet werden. Mit diesen Namen ist diese Gefahr hier nicht gegeben, da Hütten meist Namen von Sektionen oder von ihren Erbauern tragen. Zum anderen sollte die Namen auch nicht so gewählt werden, dass sie irgendwelche Rückschlüsse auf ihre Lage und Position zulassen.

An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass alle Zitate auf den folgenden Seiten wörtliche Aussagen von Gesprächpartnern sind, mit denen auf Hütten oder Touren gesprochen wurde.

Aufgrund der Vielzahl der Personen wurde hier darauf verzichtet jedem einzelnen einen Namen