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Welche Freizeitaktivitäten wahrgenommen werden, ist nicht immer von persönlichen Interessen abhängig. Faktoren wie soziales Milieu, Geschlecht und Alter spielen ebenso eine Rolle.

Grundlegend für den Zugang zu bestimmten freizeitlichen Aktivitäten ist das vorhandene Kapital, das jede Person besitzt. Pierre Bourdieus Theorie zur sozialen Ungleichheit lässt sich gut auf die Erklärung der unterschiedlichen Nutzung der Freizeit anwenden. Je nach Zugehörigkeit zu gewissen sozialen Klassen, wird der Zugang zu bestimmten Freizeitaktivitäten erleichtert. Dieser Zugang ist abhängig vom vorhandenen Kapitalbestand.

Bourdieu unterscheidet dabei zwischen dem ökonomischen, kulturellen, sozialen und symbolischen Kapital.

 Das ökonomische Kapital beschreibt das zur Verfügung stehende Einkommen bzw. Vermögen, das darüber bestimmt, was man sich leisten kann (vgl. Bourdieu 1997, S. 50). Auch wenn ein Interesse für eine bestimmte Freizeitaktivität vorhanden ist, bspw. das Segeln, ist der Zugang nicht für alle Schichten (z. B. Arbeiterschicht) möglich, da sich nicht jeder ein Segelboot leisten kann.

 Das kulturelle Kapital teilt Bourdieu in drei Formen ein:

o inkorporierte Form: Bedeutsam ist hierbei die Verinnerlichung kultureller Gegebenheiten. Zeit spielt dabei eine wichtige Rolle, die bspw. für das Üben eines Musikinstrumentes investiert werden muss. Charakteristisch für diese Form ist zudem, dass dieses Kapital nicht einfach an andere weitergegeben werden kann.

o institutionalisierte Form: Diese umfasst erworbene (akademische) Titel, die das Ansehen erhöhen können.

o objektivierte Form: Zu dieser Form zählen bspw. Gemälde, die an andere Personen weitergegeben werden können. Ohne das inkorporierte Kapital auf der Seite des Empfängers geht jedoch der ideelle Wert dabei verloren (vgl. Bourdieu 1997, S.57-63).

 Unter dem sozialen Kapital versteht Bourdieu soziale Kontakte mit Freunden, Verwandten etc., also die soziale Zugehörigkeit zu einer Gruppe (vgl. Bourdieu 1997, S. 63).

 Das symbolische Kapital umfasst das Ansehen bzw. das Prestige, das jemand erhält (vgl. Bourdieu 1997, S. 65).

Je nach Kapitalbestand zeigen sich Auswirkungen auf das Freizeitverhalten. Die Oberschicht, bei der genügend Kapital vorhanden ist, hat keine Einschränkungen bei freizeitlichen Aktivitäten und zeigt dies vor allem durch außergewöhnliche und teure Tätigkeiten. Die mittlere Klasse ist in ihrem Kapitalbesitz schon begrenzter, versucht jedoch, vor allem in Freizeitaktivitäten, sich von der Arbeiterklasse abzuheben und an die Oberschicht anzuknüpfen. Die Arbeiterklasse muss sich, aufgrund des begrenzten Kapitalvermögens, den Gegebenheiten anpassen. Bestimmte Freizeitaktivitäten sind somit häufig ein Merkmal für bestimmte Klassen (vgl. Immerfall/Wasner 2011, S. 27).

4.3.1 Soziale Milieus als Determinanten des Freizeitverhaltens

Soziale Zugehörigkeiten alleine bestimmen jedoch nicht das gesamte Freizeitverhalten. Einflussreich sind auch soziale Milieus – also Personengruppen mit ähnlichen Werthaltungen, Mentalitäten und Prinzipien der Lebensführung. Eine Studie des Sinus-Institutes hat bspw. herausgefunden, dass Menschen, die traditionsbewusst sind, einen hohen Fernsehkonsum haben, ihre Freizeit gerne Zuhause verbringen oder Spazieren gehen. Im Gegensatz dazu halten sich Etablierte gerne in Museen, Theater oder in der Oper auf und sind sehr an Tennis, Fotografien und Weiterbildungen interessiert. Ebenso spielt die Art der Erwerbsarbeit eine bedeutsame Rolle bei der Freizeitgestaltung. Bei typischen Arbeitszeiten von 9 Stunden 5 Tage pro Woche wird die Freizeit anders verbracht, als in Berufen, in denen flexible Arbeitszeiten bzw. –orte möglich sind (vgl. Immerfall/Wasner 2011, S. 28; 30f.).

4.3.2 Geschlecht als Determinante des Freizeitverhaltens

Auch das Geschlecht nimmt Einfluss darauf, wie die Gestaltung der Freizeit aussieht.

Internationale Studien zeigen, dass Frauen weniger Freizeit als Männer haben. Das liegt oft daran, dass das traditionelle Ernährer-Hausfrauen-Modell nach wie vor in vielen Gesellschaften vorhanden ist. Zwar steigt die Anzahl der berufstätigen Frauen, trotzdem übernimmt der Großteil der Frauen zusätzlich die Betreuungsarbeiten der Kinder. Beeinflusst wird dies unter anderem auch durch die strukturellen Einkommensbenachteiligungen, wodurch sich eher Frauen für eine berufliche Reduzierung entscheiden, um den Betreuungspflichten nachkommen zu können.

Studien zeigen zudem, dass Männer bei einer Arbeitszeitverkürzung die gewonnene Zeit eher für Erholung und Freizeit nutzen als Frauen. Frauen kümmern sich neben der Kinderbetreuung auch Großteils um den Haushalt. Laut einigen Untersuchungen hat sich die Zeit, die Frauen für den Haushalt aufwenden, kaum reduziert, obwohl durch viele Haushaltsgeräte, wie z. B. den Geschirrspüler, viele Arbeiten erleichtert werden. Gleichzeitig steigen jedoch Sauberkeits- und Hygieneansprüche, die die benötigte Zeit wieder nach oben treiben. Diese geschlechterspezifischen Merkmale freizeitlichen Verhaltens entstehen bereits im Jugendalter und sind somit geprägt von der geschlechterspezifischen Sozialisation, wie nachfolgendes Unterkapitel zeigt (vgl.

Immerfall/Wasner 2011, S. 32f.; 35).

4.3.3 Alter als Determinante des Freizeitverhaltens

Wie Kinder ihre Freizeit verbringen, wird zum einen durch die Schule bzw. Ausbildung und zum anderen durch die Eltern bestimmt. Auch in schulfreien Zeiten müssen noch

Hausübungen gemacht oder auch Nachhilfeinstitute besucht werden. Kinder weisen nicht selten eine stressige Freizeit auf. Neben schulischen Aktivitäten versuchen Eltern ihre Kinder durch musikalische und sportliche Aktivitäten sowie ihre sozialen Fähigkeiten durch regelmäßige Freundesbesuche zu fördern. Kinder haben noch sehr wenig Einfluss darauf, wie ihre Freizeit genutzt wird. Trotzdem verbringen Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren die meisten Freizeitaktivitäten ohne Eltern (vgl.

Immerfall/Wasner 2011, S. 35f.).

Jugendliche gestalten ihre Freizeit schon selbstbestimmter. Medien übernehmen in dieser Zeit eine große Rolle in der Tagesgestaltung. Sowohl auf Schul- und Ausbildungswegen als auch während der Essenszeiten, dem Lernen und beim Aufstehen und Schlafengehen sind Medien tägliche Begleiter. Im Jugendalter sind bereits geschlechterspezifische Unterschiede zu erkennen. Laut Studien werden Mädchen häufiger zur Unterstützung familiärer Arbeiten herangezogen als Jungen.

Zudem verbringen Mädchen mehr Zeit mit Körperpflege, Kosmetik etc., wodurch Mädchen im Schnitt weniger Freizeit übrig bleibt als Jungen. Zwischen 14 und 18 Jahren geht das Freizeitverhalten von Jungen und Mädchen noch weiter auseinander.

Jungen entscheiden sich in dieser Zeit häufiger für eine Erwerbstätigkeit, was die Freizeit zunehmend einschränkt. Durchschnittlich haben erwerbstätige Jugendliche täglich eine halbe Stunde weniger Freizeit als jene, die eine weiterführende Schule besuchen. Den größten Teil der Freizeit verbringen sowohl Mädchen als auch Jungen vor dem Fernseher. Zudem spielen soziale Kontakte (online oder persönlich) sowie Hobbys eine große Rolle in diesem Lebensabschnitt (vgl. Immerfall/Wasner 2011, S.

36f.).

Der Zeitabschnitt des mittleren Alters lässt kein Freizeitverhalten erkennen, welches selbst auf das Alter zurückgeführt werden kann. In dieser Zeit beeinflussen die unterschiedlichen Lebenslagen sowie das Geschlecht bestimmte Verhaltensweisen (vgl. Immerfall/Wasner 2011, S. 38).

Erst mit der Beendigung der Erwerbsarbeit im höheren Alter sind wieder typische Muster vorhanden. Durch die wegfallende Arbeitszeit nutzen ältere Personen ihre erhöhte Freizeit für längere Regenerationszeiten sowie für unbezahlte Arbeiten.

Geschlechtsspezifisch kann festgehalten werden, dass sich Frauen in diesem Lebensabschnitt nach wie vor häufiger um den eigenen Haushalt und Unterstützungsarbeiten für andere Haushalte (der Kinder und Enkel) kümmern als

Männer. Männliche Personen höheren Alters verbringen die gewonnene Zeit eher mit Freizeitaktivitäten. Ebenso lässt sich ein Rückgang der sozialen Kontakte feststellen, da ältere Personen weniger oft das Haus verlassen, was einerseits auf die Gesundheit zurückzuführen und andererseits der Infrastruktur des Wohnumfelds geschuldet ist (vgl. Immerfall/Wasner 2011, S. 38).