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Arbeit wird zu verschiedenen Zeitströmen unterschiedlich definiert und veränderte sich im Laufe der Vergangenheit ständig. Sprachgeschichtlich betrachtet, gibt es sowohl positiv als auch negativ besetzte Bedeutungen des Begriffs. Ein Blick auf das deutsche Wort „Arbeit“ führt auf indogermanische Wurzeln zurück und ist sehr negativ behaftet – eine „schwere körperliche Anstrengung, Mühsal, Plage“ – aber auch das lateinische Wort „lavorare“ oder das englische Wort „labour“ definieren Arbeit in diesem Sinne.

Dem gegenübergestellt werden positiv besetzte Bedeutungen von Arbeit, mit dem Zweck von „etwas Schaffen, Produktivität etc.“, was bspw. im Englischen mit „work“

oder im Lateinischen mit „opus“ übersetzt wird. Zu den verschiedenen Auffassungen der Arbeitsbedeutung gibt es auch internationale Studien, die die Unterschiedlichkeit der Empfindungen über Arbeit unter den Arbeitenden selbst bestätigt. Manche verbinden das Arbeiten mit Anstrengung und bezeichnen es als Notwendigkeit, andere sehen in der Arbeit eine sinnvolle und produktive Tätigkeit. Arbeit wird also sehr zwiespältig definiert. Zum einen wird Arbeit als Bereicherung des menschlichen Lebens gesehen und zum anderen kann Arbeit aber auch sehr belastend sein (vgl.

Voß 2010, S. 25ff.).

Wenn man sich die geschichtliche Bedeutung der Arbeit ansieht, lässt sich erkennen, dass der Begriff lange Zeit sehr negativ behaftet war und wurde Großteils auch nur von jenen Personen verrichtet, die die Arbeit für die Existenzsicherung benötigten. Das Christentum versuchte laut vorhandenen Quellen die (handwerkliche) Arbeit, bereits in der Antike und vor allem im Mittelalter, in ein besseres Licht zu rücken. Demnach sollte jeder arbeiten, egal welchem Stand der Mensch angehörte. Dabei stand nicht nur der Verdienst im Vordergrund, Arbeit wurde vor allem als Wille Gottes gesehen.

Hier muss aber festgehalten werden, dass die christliche Kirche im Mittelalter zur Adels- und Priesterkirche gehörte und der Adelsstand selbst vor allem körperliche Arbeit ablehnte. Für jene Personen, die sich durch harte Arbeit das Überleben sichern mussten, blieb Arbeit verbunden mit Mühe und Last (vgl. Kocka 2003, S. 80).

Martin Luther zählt zu den Vertretern der Reformation im 16. Jahrhundert, der die Arbeit mit Lob übergoss und sich gegen den Müßiggang von Eliten und arbeitsscheuen Menschen aussprach. Auch hier spielte der religiöse Glaube bei der Anerkennung eine bedeutsame Rolle. Calvins Lehre besagte zu dieser Zeit, dass der wirtschaftliche Erfolg durch Gott im Jenseits beeinflusst werde. Max Weber kritisierte jedoch die

Ansichten von Luther und Calvin, da Arbeit für beide nie dem Selbstzweck diente, sondern immer als religiöses Mittel angesehen wurde (vgl. Kocka 2003, S. 81f.).

Im 17. und 18. Jahrhundert kam es zu einem weiteren Wandel des Arbeitsbegriffs, der fortan die verschiedensten körperlichen und geistigen Beschäftigungen umfasste und Großteils positiv assoziiert wurde: „Arbeit als bewußtes, intentionales Handeln zur Befriedigung von Bedürfnissen und gleichzeitig als Teil der Daseinserfüllung des Menschen“ (Kocka 2003, S. 82). Einfluss darauf hatten vor allem politische Vorgänge, darunter auch die soziale Disziplinierung und sozial-moralische Diskriminierung von Armut. Durch diese arbeitsbezogene Politik und staatliche Förderungen wurde Arbeit eine Ressource staatlicher Macht und somit in der Öffentlichkeit immer bedeutsamer (vgl. Kocka 2003, S. 82). Geistige Tätigkeiten als Arbeit zu sehen, hatte sich im Laufe der Geschichte mit der Frühen Neuzeit erst spät entwickelt, da solche Aufgaben zuvor nur von SklavInnen verrichtet und dementsprechend abgewertet wurden (vgl. Arendt 1960, S. 85).

Eine Fortsetzung der positiven Einstellung zur Arbeit vollzog sich in der Aufklärung.

John Locke, ein Vordenker der Aufklärung, machte den Arbeitsbegriff bereits Mitte des 17. Jahrhunderts zu einem gesellschaftlichen Grundbegriff. Er verbindet die Arbeit mit dem Recht auf Eigentum und betont dabei die Individualität der Tätigkeiten. Arbeit verschafft demnach den Dingen erst ihre Wertigkeit. Dass Arbeit immer weniger mit Mühe und Last in Verbindung gebracht wurde, hatte auch etwas mit der Unterstützung der Tätigkeiten durch den Ausbau von Technologien zu tun. Mitte des 18. Jahrhunderts betont Immanuel Kant, ein Vertreter der Aufklärung, die Arbeit als ‚Sinn des Lebens‘

und wertet die Muße als vergeudete Zeit ab: „Je mehr wir beschäftigt sind, je mehr fühlen wir, daß wir leben, und desto mehr sind wir uns unseres Lebens bewußt. In der Muße fühlen wir nicht allein, daß uns das Leben so vorbeistreicht, sondern wir fühlen auch sogar eine Leblosigkeit“ (Kant zit. n. Kocka 2003, S. 83). Diese Arbeitseinstellung der Aufklärung wirkt bis in die Gegenwart nach. Die Erwerbsarbeit ist in der heutigen Arbeitsgesellschaft ein wichtiges Hauptaugenmerk für Lebenssinn und –zweck. Die gesellschaftlichen Werte und Normen sind stark an der Arbeit orientiert. Arbeit dient nicht mehr der (Über-)Lebensnotwendigkeit, Arbeit wird immer mehr zum Selbstzweck (vgl. Ribolits 1997, S. 191f.; 206).

Der reinvernunftbestimmten Weltsicht der Aufklärer, deren Lebensziel die Entwicklung der Menschen zu eigenständigen Persönlichkeiten war, stand die

Frömmigkeitsbewegung der Pietisten gegenüber, die auf die Bekehrung Gottes hinarbeiteten, wobei Unterwerfung als Vorbereitung dazu dienen sollte (vgl. Fischer 2013, S. 170f.). Johann Heinrich Pestalozzi, ein Schweizer Pädagoge und Befürworter des Pietismus, kritisierte die vorherrschende Arbeitssituation im 18. und frühen 19.

Jahrhundert – unter anderem die Kinderarbeit – da diese dem damaligen Arbeitsbild nicht gerecht wurde. „Arbeit ist ohne menschenbildenden Zweck nicht Menschenbestimmung“ (Pestalozzi 1781, S. 173 zit. n. Kocka 2003, S. 84). Neben der zunehmenden Verbindung von Arbeit, Bildung und Menschenwürde, die unter anderem als Vorreiter der europäischen Arbeiterbewegung gesehen wird, begann zur gleichen Zeit auch die Ökonomisierung der Arbeit. Adam Smith, ein bedeutsamer schottischer Moralphilosoph des 18. Jahrhunderts, sieht in der Arbeit den Zugang zu Vermögen und der Wertschöpfung sowie den einzigen Produktionsfaktor im wirtschaftlichen Bereich. Damit entstand die Hoffnung und Überzeugung, dass die Arbeit dem allgemeinen Wohl des Staates dienen würde, wodurch auch die Verbindung von Arbeit mit Mühsal und Plage immer kleiner wurde (vgl. Kocka 2003, S. 84).

Marx verwendet in dieser Zeit erstmals den Begriff der „Arbeitskraft“, dessen Produktivität er sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich bedeutungsvoll hervorhob. Zuvor wurden Arbeiten, die kein langlebiges Endprodukt erzeugten, als unproduktiv angesehen. Diese Produktivität lässt sich lt. Marx jedoch nicht anhand der Ergebnisse ablesen, sondern in der Kraft des menschlichen Körpers, der imstande ist, auch Überschuss, also mehr als notwendig ist, zu produzieren. „…es ist der Kraftüberschuß des menschlichen Körpers, und nicht die Arbeit selbst, worin das eigentliche ‚Produktive‘ des Arbeitens besteht“ (Arendt 1960, S. 81f.). Die Arbeitskraft kann also neben der Sicherstellung der eigenen Reproduktion auch dafür genutzt werden, weitere Leben zu unterstützen, was in der Geschichte der Arbeit oft ausgenutzt wurde, bspw. in einer Sklavengesellschaft (vgl. Arendt 1960, S. 81f.).

Als „Arbeit“ wurde lange Zeit nur jene Tätigkeit gesehen, die Großteils von Männern verrichtet wurde – nämlich die Erwerbsarbeit. Kritisiert wurde diese Sichtweise jedoch vor allem von Frauenbewegungen und der Frauenforschung, da dieser reduzierte Arbeitsbegriff unbezahlte Arbeiten, wie Erziehung und Betreuung von Kindern oder Familienangehörigen sowie die Hausarbeit und Beziehungsarbeit, nicht mit einschließt. Diese unbezahlten Tätigkeiten, die meist von Frauen verrichtet werden, gelten jedoch als Fundament der Erwerbsarbeit, denn mit der unbezahlten Arbeit

werden Erwerbstätige physisch und psychisch wiederhergestellt und für die Erwerbsarbeit gestärkt (vgl. Raehlmann 2004, S. 29f.).