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8 Das Fachtierarztwesen in Deutschland nach 1945

8.3 Die Entwicklung des Fachtierarztwesens im wiedervereinigten Deutschland Deutschland

8.3.1 Die Anhebung des Niveaus

8.3.1.1 Das Kurssystem

Am 8. Dezember 1992 trafen sich in Berlin der damalige DT-Präsident Prof. Dr.

Günter Pschorn und der DT-Geschäftsführer Eberhardt Rösener mit Vertretern der Tierärztekammern der neuen Bundesländer. Ein wesentliches Thema der Gespräche war die Einführung von obligatorischen Kursen oder Lehrgängen, möglichst an den tierärztlichen Bildungsstätten, zur Anhebung des Niveaus der tierärztlichen Weiterbil-dung. Den beiden Vertretern der DT ging es bei diesem Treffen darum, die diesbe-züglichen Vorstellungen und Erfahrungen mit dem ähnlichen System der DDR ken-nenzulernen.451

Durch die Ergänzung der Weiterbildung am Arbeitsplatz durch ein System von Kur-sen und Lehrgängen an den tierärztlichen Bildungsstätten könne, laut Prof. Pschorn, auch dem Problem begegnet werden, dass in vielen Gebieten ein Wechsel der Weiterbildungsstätte praktisch nicht möglich sei. In diesen Fällen könne das Kurs-system dazu dienen, dass der fehlende Teil eines Fachgebietes an einer Weiterbil-dungsstätte durch theoretische Unterweisung ersetzt würde.452

Außerdem führte der Präsident aus, dass gemäß Hochschulrahmengesetz die beruf-liche Weiterbildung auch eine Aufgabe der Hochschulen sei. Damit werde den Bil-dungsstätten nicht nur die Mitwirkung in der Weiterbildung ermöglicht, sondern diese Beteiligung könne sich eventuell auch kapazitätsmindernd auf die Studentenzahlen auswirken, was ein durchaus erwünschter Nebeneffekt sei.453 Standespolitisches Ziel war nämlich die „Steigerung der Qualität auf Kosten der Quantität“.454

Geschäftsführer Rösener merkte an, dass beispielsweise das brandenburgische Heilberufegesetz in § 38 Abs. 1 verfüge, dass die Weiterbildung „in praktischer Be-rufstätigkeit und theoretischer Unterweisung“ erfolge.455

Aus dem Ergebnisprotokoll der Sitzung des Ausschusses für Aus-, Fort- und Weiter-bildung am 2.2.1993 in Bonn wird ersichtlich, dass das Kurssystem thematisch nun auch Einzug in diesen Ausschuss genommen hatte.456

450 Pschorn, Mrozek u. Tietjen 1995, 778-780.

451 Rösener 1993, 81.

452 DT 1992b, 1.

453 DT 1992b, 1.

454 Pschorn 1993e, 1016.

455 DT 1992b, 1.

456 DT 1993a, 2.

Dr. Peter Schwerg, Präsident der Tierärztekammer des Freistaates Sachsen, war der Meinung, dass die Anforderungen an einen Weiterbildungsgang wie Chirurgie nur mit theoretischer Unterweisung zu erfüllen seien. Die Weiterbildung solle daher durch Seminare ergänzt werden, was unter Umständen zu Lasten der praktischen Ausbil-dung gehen könne.

Eberhardt Rösener hielt das Kurssystem lediglich für einzelne Fächer für relevant und machte auf den großen personellen und finanziellen Aufwand aufmerksam.

Während Dr. Schwerg einen Bedarf insbesondere bei den klinischen Fächern sah, konnte Prof. Scheunemann diesen auch bei den theoretischen Fächern sehen.

Schließlich schlug Prof. Scheunemann vor, die Hochschullehrer zu befragen, ob sie Willens und in der Lage wären, Seminare von beispielsweise 6 bis 8 Wochen jährlich durchzuführen. Prof. Dr. Otto Christian Straub hielt dies bei einer Extravergütung an die Hochschullehrer für realisierbar.

Insgesamt war der Ausschuss der Ansicht, dass eine Vertiefung der Weiterbildung durch entsprechende Seminare an Instituten der tierärztlichen Bildungsstätten durchaus zu begrüßen sei. Dabei solle es sich jedoch um eine Ergänzung handeln, denn eine Hochspezialisierung erachtete der Ausschuss im Hinblick auf eine mögli-che spätere Änderung der Berufsrichtung eher als hinderlich. Es wurde betont, dass eine Kapazitätsminderung bei den Hochschulen wünschenswert sei.

Auf der Herbst-Delegiertenversammlung 1993 in Berlin stand an achter Stelle auf der Tagesordnung die „Reform der Weiterbildung“. Der Delegiertenversammlung lag ein Vermerk über ein Gespräch mit Vertretern des Veterinärmedizinischen Fakultätenta-ges am 17. August desselben Jahres in Bonn vor, in dem es um die Frage einer Ver-besserung der tierärztlichen Weiterbildung, auch durch Ergänzung der bisherigen Weiterbildungsgänge durch mehrwöchige Kurse an den tierärztlichen Bildungsstät-ten, ging.

Außerdem hatte die Delegiertenversammlung ein „Konzept zur Einführung von Kursen in die tierärztliche Weiterbildung“ vom 6. Oktober 1993 für die weiteren Beratungen im Nachgang zur Einladung erhalten, das dem Veterinärmedizinischen Fakultätentag vorgelegt werden sollte. Dieses Konzept war vom Präsidenten der DT, von Dr. Ute Tietjen und von Geschäftsführer Rösener entwickelt worden.457

Darin wurde zunächst der Zweck der Maßnahme beschrieben, der dem oben be-schriebenen entsprach. In der Startphase sollten die Kurse in der Regel an den tier-ärztlichen Bildungsstätten stattfinden, da diese personell und sachlich sowie durch die Patientenversorgung geeignet seien. Über die Aufteilung der Gebiete sollten die Bildungsstätten unter sich entscheiden. Für den Fall, dass jede Bildungsstätte mit ei-nem Gebiet beginnen wolle, wurden folgende Gebiete vorgeschlagen:

457 Pschorn u. Schlegel 1994, 88.

 Lebensmittel,

 Kleintiere,

 Rinder,

 Pferde,

 Mikrobiologie.

Es bestünde jedoch auch die Möglichkeit, dass jede Bildungsstätte bereits in der Startphase Kurse auf zwei Gebieten anbiete, dann könne die Liste der vorgeschla-genen Gebiete um folgende ergänzt werden:

 Fleischhygiene,

 Schweine,

 Pharmakologie/Toxikologie,

 Zuchthygiene und Besamung,

 Geflügel.

Die vorgeschlagenen Gebiete wurden nach der Anzahl der zu erwartenden Bewer-ber, nach ihrer berufspolitischen Bedeutung, der Konkurrenzsituation und den Zu-kunftsaussichten ausgewählt. Darüber hinaus wurden vor allem praxisnahe Gebiete empfohlen, deren Weiterbildungsgänge nicht überwiegend an den Bildungsstätten etabliert waren.

Die Kursinhalte sollten gemeinsam von der DT und den DT-Ausschüssen sowie dem Veterinärmedizinischen Fakultätentag erarbeitet werden.

Die Dauer der Kurse sollte sich auf eine Gesamtstundenzahl von ca. 180 Stunden belaufen, verteilt auf jährlich zwei Wochen à 30 Stunden an drei aufeinanderfolgen-den Jahren. In überwiegend theoretischen Fächern erachtete man eine geringere Stundenzahl als ausreichend. Die vorgeschlagene Gesamtstundenzahl wurde unter Abwägung verschiedener Kriterien ermittelt. Neben der für den Wissensstoff erfor-derlichen Gesamtstundenzahl war zu berücksichtigen, dass viele Bewerber den Kurs in ihrem Urlaub würden besuchen müssen und dass die zu erwartenden Kosten in Grenzen gehalten werden mussten.

In jedem Jahr sollte in jedem Gebiet ein zweiwöchiger Kurs angeboten werden. Da-bei sollten die Kurse nicht aufeinander aufbauen, damit jeder Bewerber die Möglich-keit hätte, jederzeit mit dem Weiterbildungsgang zu beginnen. Ansonsten sei eine zu geringe Teilnehmerzahl zu befürchten.

Als Teilnehmer sah das Positionspapier Tierärzte in Weiterbildung vor. Ferner sollten die Kurse offen sein für fortbildungswillige Tierärzte, allerdings ging man aufgrund des zeitlichen und finanziellen Aufwandes davon aus, dass in der Regel nur Bewer-ber für die Weiterbildung teilnehmen würden. Sollte dennoch eine Konkurrenzsitua-tion zwischen beiden potentiellen Teilnehmergruppen entstehen, wurde eine nach-trägliche Beschränkung auf die Kandidaten der Weiterbildung ins Auge gefasst.

Die dem Veranstalter entstehenden Kosten sollten über Teilnehmergebühren ge-deckt werden. Bei 10 Teilnehmern an einem zweiwöchigen Kurs wurde mit Kursge-bühren von mindestens 500,- DM gerechnet. Grundlage dieses Betrages war eine Gemischtkalkulation, so dass die Kursgebühren für alle Teilnehmer gleich sein wür-den, unabhängig von der endgültigen Teilnehmerzahl. Kost und Logis waren von den Bewerbern privat zu tragen.

Bezüglich der Organisation waren folgende Maßnahmen erforderlich, für deren Ab-wicklung die ATF vorgesehen war:

 Terminplanung und Veröffentlichung im Deutschen Tierärzteblatt;

 Anmeldung der Teilnahme, Teilnahmebestätigung, Versendung organisatori-scher Hinweise;

 finanzielle Abrechnung mit Teilnehmern und Lehrpersonal;

 Kalkulation, Buchhaltung, Rechnungslegung.

Die Erarbeitung der Stundenpläne und die Benennung der Referenten sollten durch die Bildungsstätten erfolgen.

Der Delegierte Prof. Dr. Bernd Hoffmann aus Gießen erklärte, dass für die tierärztli-chen Bildungsstätten eine Übernahme von Verpflichtungen im Rahmen der Weiter-bildung nur akzeptabel sei, wenn dadurch eine Kapazitätsminderung für Studierende sichergestellt sei. Geschäftsführer Rösener erwartete langfristig Änderungen der Weiterbildungsordnungen der Kammern im Sinne dieses „Konzeptes“.

Obwohl mehrere Kammerpräsidenten betonten, dass bisher keine Möglichkeit be-standen hätte, das „Konzept“ in den Kammergremien zu erörtern, empfahl Prof. Dr.

Pschorn der Delegiertenversammlung dessen Annahme als Diskussionsgrundlage für die im Frühjahr 1994 anberaumte Sitzung des Veterinärmedizinischen Fakultä-tentages. Schließlich stimmte die Delegiertenversammlung diesem Papier zu.458 Im Juni 1994 wurde den Teilnehmern der Sitzung des BTK-Ausschusses für Aus-, Fort- und Weiterbildung ein Protokollauszug dieser Sitzung des Veterinärmedizini-schen Fakultätentages, in der über die Einführung jener, dem „Konzept“ entspre-chenden Kurse in die tierärztliche Weiterbildung abgestimmt worden war, als Tisch-vorlage zur Verfügung gestellt.459 Daraus ging hervor, dass dem von der DT vorge-schlagenen Kurssystem zugestimmt worden war, allerdings unter der Maßgabe, dass sich die Durchführung der Kurse an den Hochschulen auf die Kapazitäten auswirkt.

Der Fakultätentag hatte angekündigt, eine entsprechende Anfrage an die zuständi-gen Landesministerien zu richten. Der BTK-Ausschuss war mit dem „Konzept zur Einführung von Kursen in die tierärztliche Weiterbildung“ unter derselben Maßgabe wie die Fakultäten einverstanden.

458 Pschorn u. Schlegel 1994, 89-90.

459 BTK 1994a, 1.

Im Mai 1995 widmete sich der Ausschuss für Aus-, Fort- und Weiterbildung der BTK in Vorbereitung des Arbeitskreises Weiterbildung/Qualitätssicherung des Deutschen Tierärztetages 1995 erneut dem Kurssystem. Diesbezüglich beschloss der Aus-schuss folgenden Diskussionsbeitrag für den Arbeitskreis:

„Die Weiterbildung soll auf einer breiteren Basis als bisher durchgeführt werden, auch im Hinblick auf die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Fachtierärzte in Eu-ropa. Nicht alle Weiterbildungsstätten können das gesamte Wissensspektrum ei-nes Gebietes voll abdecken. Der Wechsel der Weiterbildungsstätte zur Erweite-rung des Wissens ist jedoch nicht immer möglich. Daher empfahl die Bundestier-ärztekammer den veterinärmedizinischen Bildungsstätten, Weiterbildung im Rah-men von Fortbildungsveranstaltungen zu übernehRah-men. Der veterinärmedizinische Fakultätentag unterstrich diese Forderung unter der Voraussetzung, daß diese Veranstaltungen unter Beibehaltung des derzeitigen Curricularrichtwertes kapazi-tätswirksam werden. Diese Kurse sollen dazu dienen, den neuesten Stand des tierärztlichen Wissens zu vermitteln und Lücken in den Bereichen zu füllen, die an der Weiterbildungsstätte nicht angeboten werden.

Die Kultusministerkonferenz wird, wie bereits vom veterinärmedizinischen Fakul-tätentag geschehen, erneut gebeten, Veranstaltungen im Rahmen des Weiterbil-dungsstudiums als kapazitätswirksam anzuerkennen. Eine dadurch bewirkte Re-duzierung der Studenten im Grundstudium zugunsten des Weiterbildungsstudiums würde zudem zu einer Verbesserung der tierärztlichen Ausbildung beitragen.

Die Tierärztekammern sollen sodann gebeten werden, in allen geeigneten Weiter-bildungsgängen entsprechende Kurse vorwiegend an den tierärztlichen Bildungs-stätten (...) vorzuschreiben.“ 460

Zur Erläuterung dieser Forderungen diente das oben vorgestellte Positionspapier der DT „Konzept zur Einführung von Kursen in die tierärztliche Weiterbildung“ vom 6.

Oktober 1993.461

Schließlich forderte auch der 20. Deutsche Tierärztetag die Einführung von Kursen in die Weiterbildung. Er forderte die Kultusministerkonferenz und die Wissenschaftsmi-nister der Länder mit tierärztlichen Bildungsstätten dazu auf, die diesbezüglichen Be-strebungen der BTK und des Veterinärmedizinischen Fakultätentages durch Berück-sichtigung der Lehrtätigkeit bei der Berechnung der Kapazitäten der tierärztlichen Bildungsstätten zu unterstützen. Die BTK wurde aufgefordert, in allen geeigneten Muster-Weiterbildungsgängen entsprechende Kurse vorzuschreiben. Die BTK-Fach-ausschüsse wurden aufgefordert, an der inhaltlichen Erarbeitung der Kurse mitzuwir-ken.462

460 BTK 1995a, 4.

461 DT 1993b, 1-3.

462 Pschorn, Mrozek u. Tietjen 1995, 778.

Im Oktober 1995 musste Prof. Pschorn auf der Sitzung des BTK-Ausschusses für Aus-, Fort- und Weiterbildung mitteilen, dass die angestrebte Kapazitätswirksamkeit wenig Reaktionen und Verständnis seitens der Kultusminister hervorgerufen hätte.

Es sollten zunächst weitere Stellungnahmen der Kultusminister abgewartet werden, bevor etwaige Gespräche mit einzelnen Fachvertretern im Hinblick auf Nebentätig-keiten in Betracht gezogen werden könnten.463

Außerdem lag dem Ausschuss ein Diskussionspapier der Landestierärztekammern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt vom 14.6.1995 vor, in dem die genannten Kammern im Zusammenhang mit der Einführung von Kursen verschiedene Varianten für die Durchführung der Weiterbildung vorschlugen.464

Ein Schriftwechsel zwischen dem bayerischen Staatsminister für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst sowie den Herren Prof. Pschorn und Rösener konnte den Teilnehmern der Sitzung des BTK-Ausschusses für Aus-, Fort- und Weiterbildung am 14.3.1996 in Kopie vorgelegt werden. Daraus ging hervor, dass die kapazitätsrechtli-che Berücksichtigung der Kurse nach der geltenden Rechtslage voraussetzen würde, dass diese an den Hochschulen als Studiengänge eingerichtet würden. Ein Studien-gang sei per Definitionem ein durch eine Prüfungsordnung oder Studienordnung ge-regeltes, auf einen bestimmten berufsqualifizierenden Abschluss oder ein bestimm-tes Ausbildungsziel ausgerichtebestimm-tes Studium eines Studienfaches. Als Beispiele wur-den zwei Studienordnungen beigefügt.465

Herr Rösener berichtete, dass auch der Veterinärmedizinische Fakultätentag kurze Zeit zuvor festgestellt habe, dass eine kapazitätswirksame Anrechnung von Kursen in der Weiterbildung nicht möglich sei. Die bayerische Definition eines Studiengan-ges könne jedoch eine neue Möglichkeit eröffnen, die Kurse an den Hochschulen zu etablieren. Einer der exemplarisch übersandten Studiengänge umfasste insgesamt 150 akademische Stunden. Die DT hatte in ihrem Positionspapier 1993 eine Ge-samtstundenzahl von ca. 180 Stunden vorgesehen. Diesen Tagesordnungspunkt ab-schließend bat der Ausschuss die BTK, das Gespräch mit den tierärztlichen Bil-dungsstätten bezüglich einer Prüfung der Möglichkeiten für eine kapazitätswirksame Realisierung des Projektes zu suchen.466

Bei der nächsten Sitzung des BTK-Ausschusses für Aus-, Fort- und Weiterbildung im Sommer 1996 stand nun nicht mehr das „Kurssystem“ auf der Tagesordnung, son-dern der Punkt „Weiterbildungsstudiengänge“. Prof. Dr. Pschorn berichtete über den Stand der Diskussion und informierte, dass es zuletzt am 18. Juni des Jahres in der Besprechung mit den fünf tierärztlichen Bildungsstätten eine grundsätzliche Zustim-mung gegeben hätte und dass eine Arbeitsgruppe der Bildungsstätten und der BTK

463 BTK 1995b, 1.

464 BTK 1995b, 1.

465 BTK 1996a, 1.

466 BTK 1996a, 1.

einen Muster-Weiterbildungsstudiengang erarbeiten und mit den Bildungsstätten über die Auswahl und Verteilung der Fächer sprechen solle.467

Während der Sitzung wurde außerdem erörtert, ob die Teilnahme an den Weiterbil-dungsstudiengängen ermöglichen solle, die Weiterbildungszeit zu verkürzen, oder ob sie den vorgeschriebenen Wechsel der Weiterbildungsstätte ersetzen könne. Ge-schäftsführer Rösener erklärte, dass solche „Vergünstigungen“ nur gewährt werden könnten, wenn die Teilnahme nicht obligatorisch sei, was aber zwecks Anhebung des Niveaus der Weiterbildung vorgesehen gewesen sei. Schließlich wurde be-schlossen, dass die Teilnahme an den Weiterbildungsstudiengängen für alle Kandi-daten verpflichtend sein und damit zwingender Bestandteil des Weiterbildungsgan-ges werden solle.468

Geschäftsführer Rösener wies noch darauf hin, dass aufgrund des Hochschulrechts Weiterbildungsstudiengänge vermutlich mit einer Prüfung abschließen müssten, um eine Anrechnung auf die Kapazitäten zu erwirken. Diese Frage sei noch abschlie-ßend zu klären.469

Ein Gespräch der BTK, vertreten durch Prof. Dr. Pschorn und Geschäftsführer Röse-ner, mit den tierärztlichen Bildungsstätten über die geplanten Weiterbildungsstudien-gänge oder -kurse fand am 22. Mai 1997 in Bonn statt.470 Die Beteiligten diskutierten den Beschluss des Veterinärmedizinischen Fakultätentages vom 4. März, der noch offen ließ, inwieweit sich die Fakultäten institutionell an der Etablierung von Weiter-bildungskursen beteiligen würden.

Prof. Dr. Gerald-F. Gerlach berichtete von der Entscheidung des niedersächsischen Wissenschaftsministers, die Weiterbildungsstudiengänge aufgrund der zu erheben-den Kursgebühren nicht in die Kapazitätsberechnung mit aufzunehmen.

Die Weiterbildung von Tierärzten, die nicht der Fakultät angehören, wurde laut Prof.

Dr. Rudolf Stolla in München nicht als Aufgabe der Fakultät angesehen. Diese Auf-fassung entspreche auch der Auskunft des zuständigen Ministeriums.

Prof. Volker Bergmann (Berlin) teilte mit, dass der Fachbereich die Mitwirkung an der Weiterbildung unter kapazitätswirksamen Bedingungen bevorzuge, und bat daher die BTK darum, sich in diesem Sinne einzusetzen. Geschäftsführer Rösener sah diesbe-züglich keine Möglichkeit, da die Ermittlung der Aufnahmekapazität und damit auch die diesbezügliche Berücksichtigung einer Lehrveranstaltung im Rahmen des Nume-rus clausus nach der (ländereinheitlichen Muster-) Kapazitätsverordnung vorgegeben sei. Das bedeute, dass die Hochschule die betreffende Veranstaltung in ihren Bericht an die zuständige Landesbehörde aufnehmen müsse. Die Versuche der BTK, dafür

467 BTK 1996b, 2.

468 BTK 1996b, 2-3.

469 BTK 1996b, 3.

470 BTK 1997b, 1-3.

grundsätzlich bei den Wissenschaftsministern der betroffenen Länder den Weg zu bereiten, seien jedoch erfolglos gewesen.

Prof. Dr. Regine Ribbeck aus Sachsen gab bekannt, dass die Tierärztekammern ih-res Heimatlandes sowie Thüringens und Sachsen-Anhalts gemeinsam mit einem Weiterbildungskurs im Lebensmittelbereich begonnen hätten. Außerdem würde dort, voraussichtlich im März 1998, mit Weiterbildungskursen „Pferd“ und „Kleintiere“ unter der Trägerschaft der Kammern begonnen werden.

Prof. Dr. Ernst Petzinger (Gießen) berichtete, dass das Hessische Hochschulgesetz es nicht ermögliche, Weiterbildungsgänge kapazitätswirksam anzubieten. Langfristig wolle man jedoch derartige Veranstaltungen ohne Kapazitätswirksamkeit in einem gemeinsamen „Transferzentrum“ des Landes anbieten, dessen Träger Universität und Wirtschaft sein würden.

Letztlich kamen die Beteiligten der Diskussion überein, dass eine institutionelle Mit-arbeit der Fakultäten bei der Einrichtung von Weiterbildungsstudiengängen nicht zu erwarten sei. Die Mitwirkung der Hochschullehrer an der Weiterbildung, dann wohl auf nebenberuflicher privatrechtlicher Ebene, sei jedoch nach wie vor ausgesprochen erwünscht. Man konstatierte, dass sofort mit den Weiterbildungskursen begonnen werden müsse, um möglichst bald eine wirksame Anhebung des Niveaus der tier-ärztlichen Weiterbildung zu erreichen.

Die bundesweite Koordinierung der Weiterbildungskurse könne die ATF überneh-men, deren Rolle hinsichtlich Organisation und Koordinierung im Präsidium erörtert werden sollte.

Die Diskussion ergab, dass das Kursangebot in Form eines Bausteinsystems ange-boten werden könne. Damit sei gewährleistet, dass ein Kurs für verschiedene Fach-gebiete anerkannt werden könne. Die ATF sollte durch Anfrage bei den Bildungs-stätten ermitteln, an welchem Hochschulstandort jeweils welches Fach angeboten werden könnte. Wünschenswert sei dabei das Angebot von Kursen aus den gleichen Gebieten abwechselnd an verschiedenen Orten.

Prof. Dr. Pschorn sprach sich dafür aus, zunächst die erforderliche Änderung der Muster-Weiterbildungsgänge im BTK-Ausschuss für Aus-, Fort- und Weiterbildung zu erarbeiten, dessen Aufgabe es auch sein sollte, einen Vorschlag über die Gesamt-dauer des Kurses als Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung als Fachtierarzt zu erstellen. Die Inhalte der Weiterbildung könnten wiederum von der ATF zusam-men mit der DVG entworfen werden.

Prof. Dr. Pschorn wies darauf hin, dass eine Umsetzung der geänderten Muster-Weiterbildungsgänge in allen Kammerbereichen, die von manchen Gesprächspart-nern angezweifelt wurde, aus Gründen der Freizügigkeit wünschenswert und über-zeugend zu begründen sei.

Schließlich signalisierte Prof. Bergmann Interesse des Fachbereichs Berlin, Kurse im Bereich Kleintiere, Kleintierchirurgie, Pferde, Rinder und Fortpflanzung anzubieten.

Die Fakultät Leipzig konnte sich vorstellen, Kurse auf den Gebieten Lebensmittel, Pferde und Kleintiere auszurichten.

Am 20. Januar 1998 wurde in Berlin erneut das Thema Kurssystem in der Weiterbil-dung im BTK-Ausschuss für Aus-, Fort- und WeiterbilWeiterbil-dung diskutiert.471 Zunächst nahm der Ausschuss mit Erstaunen zur Kenntnis, dass in Bayern jährlich ein bis zwei Fachtierärzte für Lebensmittel mittels Kurssystem weitergebildet würden. In Thürin-gen seien es in den vorangeganThürin-genen zwei bis drei Jahren etwa 20 gewesen. Ähnli-che Zahlen gab es für Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Es bestand Einigkeit darüber, dass mittelfristig Weiterbildung in den Fächern, in de-nen Kurse möglich sind und angeboten werden, nicht mehr ohne Teilnahme an die-sen Kurdie-sen möglich sein sollte. Als Gesprächsgrundlage diente ein von Geschäfts-führer Rösener entwickelter Entwurf eines Arbeitspapiers mit dem Titel „Kurssystem in der Weiterbildung – Grundsätze und Strukturen“. Dieses Papier sollte nach Vornahme der in der Sitzung beschlossenen Korrekturen der BTK-Delegiertenver-sammlung und anschließend dem Arbeitskreis 2 des 21. Deutschen Tierärztetages zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Sein Inhalt auf dem Stand vom 16. Februar 1998 sei im Folgenden wiedergegeben:472

In der Vorbemerkung wurde festgestellt, dass als Träger der Weiterbildungskurse die ATF vorgesehen sei. Diese sollte dabei mit tierärztlichen Organisationen

In der Vorbemerkung wurde festgestellt, dass als Träger der Weiterbildungskurse die ATF vorgesehen sei. Diese sollte dabei mit tierärztlichen Organisationen