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Darstellung des Regelvollzugs in der offenen Jugendanstalt

Im Dokument Sozialtherapie im offenen Jugendvollzug (Seite 141-144)

Bedarf Kontakt zur Bewährungshilfe, zu Schuldnerberatungsstellen, Anlaufstellen für Straffällige, pädagogisch betreuten Jugendfreizeiteinrichtungen, zur

Beratungsstelle für Suchtgefährdete und zu anderen Behörden auf.596 Eine

wichtige Entlassungsvorbereitung ist selbstverständlich auch die bereits erwähnte Lockerungsmaßnahme entsprechend § 124 StVollzG.

11.2 Darstellung des Regelvollzugs in der offenen Jugendanstalt Göttingen-Leineberg

Neben den Plätzen der Abteilung „Sozialtherapie“ existieren weitere 115 Plätze in der Jugendanstalt Göttingen-Leineberg.

Zunächst gibt es fünf Plätze in der Aufnahmeabteilung, die jedoch bis zu zehn Jugendliche aufnimmt, indem in jedes der fünf Zimmer noch ein weiteres Bett gestellt wurde.597 Die Aufnahmeabteilung gehört organisatorisch zur Abteilung I.

Da die Jugendlichen sich nur kurze Zeit in der Aufnahmeabteilung befinden, sind sie – zumindest zu diesem Zeitpunkt – für einen Vergleich mit der Experimental-gruppe nicht geeignet. Daher ist eine weitere Beschreibung dieser Abteilung nicht vonnöten.

Nach dem Durchlaufen der Aufnahme werden die Inhaftierten von dem Leiter der Aufnahmeabteilung in die Wohngruppen der Abteilung I oder II verlegt.

Abteilung I hat – neben den Aufnahmeplätzen – 55 Plätze, die auf Haus 1, Haus 2 und die Selbstversorgergruppe aufgeteilt sind. Haus 1 enthält drei Wohngruppen.

Auch Haus 2 ist in drei Wohngruppen gegliedert, wovon eine die Selbstversorger-gruppe darstellt. Abteilung II besitzt 55 Plätze und ist in zwei Behandlungsein-heiten gegliedert. Jede Behandlungseinheit besteht aus drei Gruppen, wobei eine Gruppe jeder Behandlungseinheit als Verselbständigungsgruppe konzipiert ist.598 Jede Gruppe der beiden Abteilungen enthält zehn Plätze, wobei in der Abteilung II zwei Plätze abzuziehen sind, da diese der Abteilung „Sozialtherapie“ zugehörig

596 Konzept der sozialtherapeutischen Abteilung in der offenen Jugendanstalt Göttingen-Leineberg 1993, S.17.

597 Göttingen ist für die Aufnahme aller Jugendlichen in den Jugendvollzug in Niedersachsen zuständig. Nach einer Woche wird entschieden, ob der einzelne Jugendliche für den offenen Vollzug geeignet erscheint oder in den geschlossenen Jugendvollzug verlegt wird.

598 Die Verselbständigungsgruppe stellt eine besondere Gruppe mit erweitertem Verantwortungsbereich dar.

sind.599 Da beide Abteilungen als „normaler“ offener Jugendvollzug für einen Vergleich mit der Abteilung „Sozialtherapie“ geeignet sind, wurden Jugendliche aus beiden Abteilungen in die Kontrollgruppe aufgenommen.

Da die Wohngebäude zum Teil aus der Zeit stammen, als das Gelände noch ein Landesjugendheim beherbergte, sind viele von ihnen für einen Wohngruppen-vollzug gut geeignet und auch sehr wohnlich. Die Mehrzahl der Wohngruppen haben einen großen Aufenthaltsraum mit einem nicht mehr genutzten Kamin und sind zweigeschossig gebaut.

Pro Behandlungseinheit bzw. Haus ist ein Beamte des AVD im Dienst.600

Damit ist das zahlenmäßige Verhältnis der Mitarbeiter zu den Strafgefangenen im Regelvollzug deutlich größer als in der Abteilung „Sozialtherapie“. Im Regelvoll-zug ist ein Beamter des AVD für ungefähr 20 bis 25 Jugendliche zuständig, in der Abteilung „Sozialtherapie“ für 10 Inhaftierte.

Die Jugendlichen nehmen entweder an den internen schulischen und beruflichen Aus- und Fortbildungsprogrammen teil oder nutzen – bei besonderer Eignung – extern die vielfältigen Möglichkeiten der Stadt Göttingen.601

Auch in den Abteilungen des Regelvollzugs existiert ein breites Spektrum unter-schiedlicher Freizeitangebote, da die Mitarbeiter des Regelvollzugs ebenfalls die Ansicht vertreten, daß eine unzureichende oder mangelnde Freizeitbewältigung auch im Zusammenhang mit jugendlicher Delinquenz zu sehen ist.602 Intern gibt es Gesprächsgruppen und Angebote zum Erlernen praktischer Fertigkeiten wie Arbeiten mit Holz, Herstellen von Spielen u.ä. sowie die Nutzung des bereits oben erwähnten Sport-Freizeitbereichs, des Fußballplatzes, des Schwimmbads und der Sporthalle.603 Hinzu kommen die externen Möglichkeiten, die vielen Inhaftierten

599 Die Differenz von fünf Plätzen ergibt sich daraus, daß in der Jugendanstalt tatsächlich mehr Räume als Plätze zur Verfügung stehen.

600 Von diesen beiden Beamten des AVD, die in der Abteilung II Dienst haben, ist häufig einer von beiden in organisatorischen Belangen unterwegs.

601 Viele der Jugendlichen, die extern Ausbildungs- und Arbeitsmaßnahmen aufnahmen, werden im Laufe der Zeit in die Selbstversorgergruppe in die Abteilung I verlegt.

602 Gesamtkonzept der Jugendanstalt Göttingen-Leineberg, S.13, aber auch hier Abschnitt B 11.1.8.

603 Gesamtkonzept der Jugendanstalt Göttingen-Leineberg, S.14f.

zur Verfügung stehen, da die Jugendanstalt Göttingen-Leineberg eine offene Anstalt ist.

Die Ausgangsstunden werden rigide nach einem Stufenplan vergeben. Dieser Plan besteht aus vier Stufen, wobei nach dem Leistungsprinzip entschieden wird, auf welcher Stufe der Insasse steht. Die Inhaftierten fangen auf Stufe eins mit den wenigsten Ausgangsstunden an und können sich im Laufe ihrer Inhaftierung

„hocharbeiten“. Entscheidend dafür, in eine höhere Stufe zu gelangen, ist ihr Verhalten im Bildungsbereich, in der Gruppe (Lockerung, Bewältigung von Haus-arbeiten und soziales Verhalten) und im Sport-Freizeitbereich. Diese Handhabe ist sehr streng. Die schlechteste Zensur bestimmt die Endnote. Schneidet der Jugend-liche z.B. in einem der Bereiche mit der Note „fünf“ ab, ist es für ihn zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, eine höhere Stufe zu erreichen.

Grundsätzlich bleibt hinsichtlich der Lockerungen der Abteilungen des Regel-vollzugs zu sagen, daß die Jugendlichen größeren Repressalien und Schemati-sierungen ausgesetzt sind als die Insassen der Abteilung „Sozialtherapie“. Die Jugendlichen dürfen z.B. – abgesehen von der Selbstversorgergruppe – nur bis 23.00 Uhr604 fernsehen. Außerdem unterliegen sie in unregelmäßigen Abständen Urinkontrollen. Wird in ihrem Urin festgestellt, daß sie Haschisch konsumierten, werden die Inhaftierten in die geschlossene getrennte Unterbringung gebracht.

Sobald die Jugendlichen bei einer sonstigen Straftat erwischt werden, werden sie in den meisten Fällen in den geschlossenen Jugendvollzug nach Hameln verlegt.

Bei anderen Regelverstößen wie z.B. Alkoholkonsum gelangt in der Regel jeder Insasse in die getrennte Unterbringung.

Eine Ausnahme stellt die Selbstversorgergruppe dar, die keiner besonderen Betreuung bedürfen. Sie müssen in allen drei Bereichen, die den Stufenplan bestimmen, die Note „zwei“ vorweisen. Diese Gruppe erhält mehr Freiheiten und ist auch sonst in vielen Bereichen selbständiger als die Strafgefangenen des Regelvollzugs.605

604 Freitags und Samstags bis 2.30 Uhr.

605 Sie können sechs Tage Zusatzurlaub erhalten, bekommen ebenso wie die Abteilung

„Sozialtherapie“ ihr Essen als Gruppe, haben einen eigenen Schlüssel zu ihrem Haus, dürfen solange fernsehen, wie sie möchten, stehen morgens alleine auf etc.

Als besondere Maßnahme zur Vorbereitung der Entlassung gibt es in diesen Abteilungen das soziale Training und die Schuldenberatung.606

Insgesamt bleibt also festzuhalten, daß den Inhaftierten des Regelvollzugs in der offenen Jugendanstalt Göttingen-Leineberg viele Vorteile des offenen Vollzugs zugute kommen, daß jedoch weniger individuelle Betreuung als in der Abteilung

„Sozialtherapie“ stattfindet.

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