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9.2 Die einzelnen sozialtherapeutischen Einrichtungen

9.2.14 Crailsheim

Einen großen Raum nimmt die Freizeitgestaltung ein, da – wie oben bereits erwähnt – den Jugendlichen Alternativen zu ihrem bisherigen Freizeitverhalten aufgezeigt werden sollen. Die Insassen können externe Freizeit- und

Sportgruppen besuchen. In der Anstalt werden folgende Sportarten angeboten:

Fußball, Hallensport, Kraftsport, Tischtennis, Waldlauf und Schwimmen. Im sonstigen Freizeitbereich hat der Inhaftierte die Möglichkeit Fotokurse und Gitarrenkurse zu besuchen und am kreativen Training teilzunehmen.463 Darüber hinaus veranstaltet der Hausrat Turniere und Hausfeste. Ein zusätzliches

bewährtes Behandlungsangebot ist das alljährlich durchgeführte

Sommerprogramm mit mehrtägigen Kanutouren, Radtouren, Überlebenstraining, Wanderungen und auch einer Höhenwanderung in den Alpen464.465

Das Außentraining ist in Ausgang in Begleitung, Ausgang und Urlaub gestaffelt.

Grundsätzlich wird hierbei Wert auf einen kontinuierlichen Kontakt zu Eltern und sonstigen Bezugspersonen gelegt. Diese Kontakte „nach draußen“ werden durch eine wenig restriktive Handhabung der Brief-, Telefon- und Besuchspraxis unter-stützt.466

9.2.14 Crailsheim

Im Mai 1982 wurde in der Außenanstalt der sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg mit Sitz auf dem Hohenasperg ein spezielles Vollzugsprogramm für 23 drogenabhängige Jugendliche eingerichtet. Seit dem 01.02.1988 ist die Außen-stelle Crailsheim dieser Anstalt angegliedert. Diese Einrichtung widmet sich einer Restgruppe rauschmittelabhängiger Jugendstrafgefangener, die zum einen für eine

„freie Therapie“ nicht geeignet erscheinen, zum anderen im herkömmlichen Jugendstrafvollzug nicht durch vorwiegend schulische oder berufliche Maßnahmen zu fördern sind.467

Vorrangiges Ziel des Crailsheimer Programms ist die Erhöhung der Lebenstüch-tigkeit und des Selbstwertgefühls durch Vermittlung nützlicher

Lebensbewäl-463 Genauer: Wattenberg, ZfStrVo 41 (1992), S.181ff.

464 Die Alpentour wird von Weiß in ZfStrVo 41 (1992), S.177f. geschildert.

465 Weiß, ZfStrVo 41 (1992), S.177; Weiß, ZfStrVo 40 (1991), S.280; Weiß, ZfStrVo 34 (1985), S.266.

466 Weiß, ZfStrVo 34 (1985), S.266; Weiß, ZfStrVo 40 (1991), S.280.

467 Behandlung von drogenabhängigen Jugendstrafgefangenen in der Außenstelle Crailsheim der Sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg 1996, S.3; Egg, ZfStrVo 45 (1996), S.277;

Grübl in Egg 1992, S.162 ff., 188; 4.Synopse der sozialtherapeutischen Einrichtungen in: Egg 1993, S.128, 134.

tigungstechniken.468 Im Rahmen der Behandlung steht zwar der Drogenmißbrauch im Mittelpunkt, er stellt jedoch nur ein Symptom unter vielen dar. Bei Drogen-abhängigen findet sich zumeist eine chronisch dissoziale Entwicklung mit tiefgreifenden Störungen in verschiedenen Lebensbereichen. Die

sozialtherapeutische Behandlung umfaßt die gesamte Persönlichkeit in ihren sozialen Bezügen und nicht nur die kriminellen Ausprägungen. Durch diese ganzheitliche Betreuung werden wegen des Alters der Inhaftierten erzieherische und therapeutische Gesichtspunkte berücksichtigt.469

In Crailsheim sind 15 Stellen für Beamte des AVD, zwei Stellen für Köchinnen und je eine Stelle für einen Lehrer, eine Psychologin und einen Sozialarbeiter eingerichtet. Außerdem sind nebenamtlich ein Arzt und zwei Geistliche in der Anstalt tätig. Außenstellenleiter und therapeutischer Leiter ist der

Sonderschullehrer.470 Alle Bediensteten, inbesondere auch die Mitarbeiter des AVD, wirken an der Behandlung und Betreuung der Jugendlichen mit.471 Dienstbesprechungen werden täglich, Teamsitzungen der Fachdienste wöchentlich abgehalten. Eine Interessenvertretung ist generell möglich, die Inhaftierten verzichten zur Zeit jedoch darauf.472

In Crailsheim wird ein verhaltenstherapeutisches Behandlungsprogramm ange-wandt. Der Jugendliche kann die Stufen seiner persönlichen Entwicklung und Probleme des Zusammenlebens einmal wöchentlich für eine Stunde in der Ein-zeltherapie besprechen und ergänzend einmal die Woche eineinhalb Stunden in der Gruppentherapie. Dabei werden zusätzlich kritische Phasen der

zurückliegenden Biographie und Suchtgeschichte, Erklärung von

Auslösesituationen für Suchtverhalten, Einübung neuer Verhaltensweisen und Konflikte mit Bezugspersonen einbezogen. Auch die Arbeitstherapie und die

468 Behandlung von drogenabhängigen Jugendstrafgefangenen in der Außenstelle Crailsheim der Sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg 1996, S.2; Grübl in Egg 1992, S.164.

469 Behandlung von drogenabhängigen Jugendstrafgefangenen in der Außenstelle Crailsheim der Sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg 1996, S.6.

470 Grübl in Egg 1992, S.165f.; 4.Synopse der sozialtherapeutischen Einrichtungen in: Egg 1993, S.138, 142.

471 Behandlung von drogenabhängigen Jugendstrafgefangenen in der Außenstelle Crailsheim der Sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg 1996, S.4.

472 Grübl in Egg 1992, S.166; 4.Synopse der sozialtherapeutischen Einrichtungen in: Egg 1993, S.144, 170.

Familientherapie sind wichtige Bestandteile der therapeutischen Arbeit. Zudem ergänzen obligatorische sportpädagogische Maßnahmen die Sozialtherapie.473 In der Freizeit besteht die Möglichkeit zum Tennis, Tischtennis und Volleyball spielen, Kickern, Billard, Töpfern, Basteln, Spielen, Kraftsport u.ä. Ferner existie-ren zwei Gesprächsrunden.474

Die Jugendlichen in Crailsheim erhalten frühzeitig Lockerungen, die abhängig von der therapeutischen Entwicklung gewährt werden. Wanderungen,

Besichtigungen, und sportliche Unternehmungen finden zunächst in Begleitung von Bediensteten statt. Später wird dann die Teilnahme an örtlichen

Veranstaltungen, Mitarbeit in Vereinen, Besuchsausgänge und Urlaub gestattet.

Dies soll die Kommunikation mit dem Leben außerhalb der Anstalt erhalten bzw.

die Jugendlichen von Kontakten mit der Drogenszene abhalten. Besuch dürfen die Jugendlichen dreimal monatlich für höchstens drei Stunden erhalten, wobei eine Überwachung durch Beamte des AVD stattfindet. Nach dem Besuch wird der Inhaftierte bei einer Leibesvisitation auf Drogen untersucht.475

Eine Kontrolle auf Rauschmittelmißbrauch findet regelmäßig in Form von Urin-kontrollen statt, um sich über Fortschritte im Umgang mit der „Freiheit“ zu verge-wissern.476 Die Post und die Telefonate werden überwacht. Zudem werden die Hafträume durchsucht.477

Unterschiede zum Regelvollzug bestehen darin, daß die Inhaftierten ihre Wäsche selber waschen, zum Teil selbst kochen, kleinere Renovierungs- und Verschöne-rungsarbeiten leisten und in der Entlassungsphase Stadteinkäufe selbst tätigen können.478

Besonders attraktiv wird die Außenstelle durch ihre Drogensicherheit, durch eine frühzeitige Entlassung nach Beendigung des Behandlungsprogramms, durch die

473 Wobei geläufige verbalisierte Techniken zumindest bei Eröffnung der Abteilung nur an zweiter Stelle standen, vgl. Grübl in Egg 1992, S.164.

Behandlung von drogenabhängigen Jugendstrafgefangenen in der Außenstelle Crailsheim der Sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg 1996, S.6, 11; Grübl in Egg 1992, S.164f.;

4.Synopse der sozialtherapeutischen Einrichtungen in: Egg 1993, S.156, 160, 164, 189.

474 Behandlung von drogenabhängigen Jugendstrafgefangenen in der Außenstelle Crailsheim der Sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg 1996, S.15; Grübl in Egg 1992, S.164;

4.Synopse der sozialtherapeutischen Einrichtungen in: Egg 1993, S.168.

475 Behandlung von drogenabhängigen Jugendstrafgefangenen in der Außenstelle Crailsheim der Sozialtherapeutischen Anstalt Baden-Württemberg 1996, S.13; Grübl in Egg 1992, S.165;

4.Synopse der sozialtherapeutischen Einrichtungen in: Egg 1993, S.172.

476 So: Grübl in Egg 1992, S.165.

477 4.Synopse der sozialtherapeutischen Einrichtungen in: Egg 1993, S.178.

478 4.Synopse der sozialtherapeutischen Einrichtungen in: Egg 1993, S.186; Grübl in Egg 1992, S.164.

gründliche Vorbereitung für eine stationäre Langzeittherapie (§ 35 BtMG) und dadurch, daß sie eine kleine Institution ist.479

Im Dokument Sozialtherapie im offenen Jugendvollzug (Seite 102-105)