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Dan Flavins Kunstsystem: Versuch einer Kategorisierung

2 DIE INSTALLATIONS IN FLUORESCENT LIGHT VON DAN FLAVIN

2.4 Die künstlerischen Prinzipien der realisierten proposals

2.4.1 Dan Flavins Kunstsystem: Versuch einer Kategorisierung

I prefer the term "proposal" and endeavor to use it accurately. I know no "work" as my art.

Dan Flavin 1967238

Dan Flavin selbst sah eine einzelne Arbeit in seiner Kunst nicht als Werk im traditio-nellen Sinne an, das einem bestimmten Entwicklungsstil unterliegt, sondern als einen möglichen Vorschlag, proposal. Jeder Installationsvorschlag, egal ob als Zeichnung oder Realisation, war für ihn gleichwertig und konnte vom Künstler zu einem späteren Zeitpunkt erneut aufgegriffen, geringfügig verändert oder variiert werden. Die einzel-nen Vorschläge ergaben für ihn kein Œuvre, in dem eine strukturelle oder stilistische Entwicklung zu erkennen ist, sondern ein system, das kontinuierlich angewendet wurde.

Dan Flavins Kunstsystem kann nach drei kategorischen Fragen unterteilt werden (Abb. 15). 1: Setzt sich eine Arbeit aus einer einzigen oder aus mehreren Einheiten zusammen? 2: Sind die Dimensionen der Arbeit variabel oder invariabel? 3: Wurde die Arbeit für einen vorhandenen bzw. temporären Raum konzipiert und in ihm installiert oder ordnet sich ein konstruierter Raum den Lampendimensionen unter?

Die Installation the diagonal of May 25, 1963 (to Constantin Brancusi), die Flavin in der Skizze the diagonal of personal ecstasy vom 25. Mai 1963 vorbereitet hatte, im Frühjahr 1963239 an der Atelierwand seiner Loftwohnung in Williamsburg, Brooklyn, New York, realisierte und im Januar 1964 in der Cool White-Version in der Gruppenausstellung Black, White and Grey der Öffentlichkeit vorstellte240, besitzt eine besondere Stellung in Flavins Kunstsystem, da Flavin das erste Mal die Konzeption einer Arbeit erwog, die lediglich aus dem Material der Leuchtstofflampe bestand.

Zudem kommt ihr Bedeutung zu, da er mit dieser Arbeit jene Kategorie von Konzepten einleitete, die aus einer einzelnen Objekteinheit bestehen. Lediglich während des Jahres 1963 schlug Flavin Objekteinheiten mit einer einzelnen Leuchtstofflampe vor,

238 Flavin, some other comments, 1967, S. 21.

239 Vielleicht hatte er die Arbeit auch erst im Herbst realisiert, was ein Notizbucheintrag vermuten lassen könnte: "The diagonal declared itself – a delight. Sonja is convinced of it … I am so pleased – at last. My confidence is restored after such a difficult week. (Icon IV is bogged down again with marred surfaces. It is so disheartening to have to fail again and again.) But right now I am happy!" Notizbucheintrag Dan Flavins vom Freitag, 4. Oktober 1963, zitiert in: Art in Process: The Visual Development of a Structure, Ausstellungskatalog, Finch College Museum of Art / Contemporary Study Wing, New York, 1966, o. S.

240 Die Gruppenausstellung fand im Wadsworth Athenaeum in Hartford statt. Vgl. Frederik Leen: ...

Notes for An Electric Light Art (Dan Flavin), in: Forum International, Vol. 3, No. 15, November/Dezember 1992, (S. 71–87), S. 71.

die späteren Arbeiten setzen sich immer aus mindestens zwei Leuchtstofflampen zusammen. Allerdings konnte der Künstler die Vorschläge teilweise erst 1964 realisieren, darunter pink out of a corner (to Jasper Johns) von 1963/1964241 (Abb. 23).242

Die aus einer Objekteinheit bestehenden Installationen, die in the diagonal of May 25, 1963 ihren Ausgang nahmen, sind in der Zusammensetzung der Leucht-stofflampen eindeutig determiniert und an ein vorgeschriebenes Architekturelement anzubringen.243 Die Installationsträger der Arbeiten aus einer Objekteinheit sind in den meisten Fällen die Wand oder die konvexe Ecke, sehr selten eine konkave244 Ecke oder der Boden245, kein einziges Mal die Decke. Die Architekturelemente sind nicht an einen bestimmten Ausstellungsort gebunden, sodass die Arbeiten in Räumen diverser Ausstellungsgebäude gezeigt werden können – unabhängig ob in einem vorhandenen oder in einem durch eine Stellwand gewonnenen Raum.246 Die Vorgaben für die Zusammensetzung der Konstruktion, die Lampengröße und -farbe finden sich seit den siebziger Jahren im dazugehörigen Diagramm.247

241 Wenn das Datum eines Werkes Dan Flavins zwei verschiedene Jahresangaben aufweist, deutet die Schreibweise auf folgende Entstehungsumstände hin: ein Gedankenstrich zwischen den beiden Daten, z. B. 1963–1964, bedeutet, dass Flavin das Werk über diese Zeitspanne hinweg entwickelte; ein Schräg-strich, z. B. 1963/1964 dagegen, dass eine Zeichnung oder eine Variante der Arbeit im früheren Jahr be-reits vollendet, doch die Konstruktion dieser Arbeit erst im späteren Jahr realisiert wurde. Diese Unter-scheidung wurde aus dem Katalog der Einzelausstellung in Ottawa übernommen.

242 Das erste proposal für eine Eckarbeit mit einer einzelnen, vertikalen 8-ft-Lampe ist die Skizze one pulls out of the corner vom 19. Dezember 1963; 1 (Siehe Flavin, St. Louis 1973, Vol. I, No. 21), die Flavin Mitte Dezember 1963 anfertigte und für die er eine rote Lampe vorsah. Die Zeichnung gilt als Flavins erstes Konzept einer Eckarbeit und befand sich an der großen Pinwand seines Ateliers. Mit einer pinkfarbenen anstelle einer roten Lampe wurde die Idee 1964 in der Ausstellung fluorescent light der Green Gallery das erste Mal realisiert.

243 Anhand der Serie the alternate diagonals of March 2, 1964 kann beobachtet werden, wie Flavin mit verschiedenen Installationsmöglichkeiten an der Wand experimentierte und sich letztlich für die vom Boden aus entschied. Vgl. Smith 1969, No. 87.

244 Flavin hat im Laufe der Jahre wenige Installationen für konkave Ecken vorgeschlagen. Noch weniger hat er verwirklicht. Vgl. Rauh/Flavin, St. Louis 1973, Vol. I, No. 70. Ein Beispiel ist die Eckarbeit auf der Skizze a corner installation for exhibition in the Galerie Rudolf Zwirner, September–October 1966 vom 16. September 1966.

245 Die einzigen beiden Beispiele von Bodenarbeiten aus einer Objekteinheit sind gold, pink, and red red von 1964 (Siehe Flavin, Ottawa 1969, No. 98) und untitled von 1964 (Siehe Flavin, Berlin 1999, S. 51).

246 Flavin ließ in einen vorhandenen Raum auch Stellwände einfügen, an denen er Installationen mit einer Objekteinheit anbrachte. Bei der Ausstellung in Ottawa 1969 wurde die Arbeit untitled (to Jean Boggs) z. B. in der Ecke eines dreieckigen Raums angebracht, der durch die diagonale Teilung des ei-gentlich viereckigen Museumsraums erzielt worden war.

Flavin entwarf auch die Art der Stellwände für eine Ausstellung, wie die Skizzen für die große Tatlin-Aus-stellung belegen. Vgl. "monuments" for V. Tatlin from Dan Flavin, 1964–1982, AusTatlin-Aus-stellungskatalog, The Museum of Contemporary Art, Los Angeles 1989, No. 83, 84. Ein permanents Beispiel ist das Dan Flavin Art Institue in Bridgehampton auf Long Island.

247 Von Installationen mit einem festen Lampenverband stellte Dan Flavin in den ersten Jahren je drei Ausführungen her (vgl. Smith 1969, S. 41), später abhängig von der Größe in der Regel drei oder fünf Auflagen. Freundliche Mitteilung von Herrn Heinrich Ehrhardt, Frankfurt a. M., 07.11.1994. Vgl. Jörg

Für the diagonal of May 25, 1963 (to Constantin Brancusi) zum Beispiel gilt, dass eine 8-ft-lange gelbe Leuchtstofflampe an einer Wand im Winkel von 45 Grad zur Ho-rizontalen zu befestigen ist, wobei das linke Ende der Lampe entweder auf dem Boden oder, falls vorhanden, oberhalb eines Raumsockels beginnt. Die fluoreszierende Linie verläuft von links unten nach rechts oben. Unter Einhaltung dieser Gegebenheiten, kann das Werk an Wänden unterschiedlicher Räume gezeigt werden248, wie erstmals 1963 an Flavins Atelierwand oder 1995/1996 an einer Wand des Dia Center for the Arts (Abb. 19 a). Arbeiten, deren Träger eine Ecke ist, wie untitled (to Donna) 5a von 1971 (Abb. 51 a)249 oder untitled (for Jörg Schellmann) von 1994 (Abb. 84) sind parallel zur Ecke anzubringen.

Die zweite Kategorie der Objektkomponente beinhaltet Werke, die sich aus mehreren Einheiten zusammensetzen und mit the nominal three (to William of Ockham) von 1963/1964 beginnen. Die Installationsträger von Arbeiten mit mehreren Objektein-heiten sind die Wand, die Ecke oder der Boden eines konstruierten250 oder vor-handenen Raums. In sehr wenigen Arbeiten bestückte Flavin die Decke.251

Mit Ausnahme der Arbeit the nominal three (to William of Ockham) sind die Werke aus mehreren Objekteinheiten grundsätzlich für die spezifischen Gegebenheiten eines ganz bestimmten Ausstellungsraums konzipiert und darin erstmals realisiert worden,

Schellmann: Entwerfen und Ausführen, in: Wall Works. Wall Installations in Editions 1992–1993, Aus-stellungskatalog, Edition Schellmann Köln / New York, Zürich 1993, (S. 8–10), S. 10.

248 Flavin betont selbst, dass die Arbeit an jedermanns Wand erneut angebracht werden kann. Vgl. Fla-vin 1964/1965, S. 19.

249 Unter den near-square cornered installations ist untitled (to Barnett Newman to commemorate his simple problem red, yellow and blue) von 1970 (Abb. 47) eine Ausnahme; die inneren vertikalen Lampen sind abhängig von der Deckenhöhe zu installieren. "The predicted relationship of the near square to the verticals was to be adjustable so that the red lamps reached the ceiling and the bottom of the square touched the baseboard or floor whichever came first." Rauh/Flavin, St. Louis 1973, Vol. I, No. 92. Vgl.

Flavin, Köln 1973/1974, S. 42–43. Vgl. Die Sammlung Paul Maenz. Neues Museum Weimar, Vol. 1, Ob-jekte, Bilder, Installationen, Ostfildern-Ruit 1998, S. 54–55. Die Arbeit entstand mit zwei weiteren Eckar-beiten für eine Ausstellung in der New Yorker Leo Castelli Galerie, November–Dezember 1970, die Flavin Barnett Newman widmete, der kurz zuvor am 4. Juli gestorben war.

250 Neben den so genannten Raumbehältern, die Flavin für eine Arbeit konstruieren ließ, entstanden auch Räume für Arbeiten aus mehreren Einheiten durch eine Stellwand, wie zum Beispiel für untitled (to Heiner Friedrich) von 1969 in der National Gallery of Canada, Ottawa. Als Abbildung siehe Dan Flavin / Brydon Smith: fluorescent light, etc. from Dan Flavin: a supplement, Ottawa 1969, S. 5.

251 Neben untitled (for Ksenija) sind der Autorin weitere vier Arbeiten mit mehreren Objekteinheiten be-kannt, bei denen Flavin die Decke als Installationsort wählte; wobei es bei untitled (for Ksenija) weniger die Decke als die Beleuchtungsschienen sind. Die Korridorarbeit untitled (to Elisabeth and Richard Koshalek) von 1971 trägt an der Decke zwei Rasterkonstruktionen. Bei der Installation untitled von 1989 (Abb. 77), die Flavin 1989 in Baden-Baden zeigte, hingen ultraviolette Lampen an Schienen von der Decke herab und verbanden drei Räume miteinander. Die durch Oberlichte durchbrochene Decke der New Yorker Galerie 65 Thompson Street veranlasste Flavin, die Leuchtstofflampen für untitled (to Sabine) summer von 1989 (Abb. 79) daran zu befestigen und frei in den Raum ragen zu lassen. Eine Objekteinheit von untitled (for Tracy Harris) von 1992 ist an der Decke der Eingangslobby des Brooklyner Metrotech Centers der Chase Manhattan Bank befestigt.

sodass sie theoretisch nur dort präsentiert werden können. Flavin gelangte jedoch zu der geschickten Möglichkeit, einer Arbeit variable Dimensionen zu verleihen und so das Werk den Gegebenheiten verschiedener Ausstellungsorte anzupassen. Variable Dimensionen erzielte er entweder durch die Änderung der Anzahl der Einheiten oder durch die Änderung der Abstände zwischen den Einheiten.252

Das erste Konzept für eine Arbeit aus mehreren Einheiten entstand bereits etwa einen Monat nach der Ideenskizze von the diagonal of personal ecstasy vom 25. Mai 1963 in den Zeichnungen three from meditation (for William of Ockham) am 28. Juni 1963 und three (to William of Ockham) am 3. Juli 1963. Über ein Jahr nach Fertigstel-lung der Zeichnung realisierte Flavin das erste Mal the nominal three (to William of Ockham) in einer Einzelausstellung der New Yorker Green Gallery (Abb. 24 a).

Für die Ausstellung in der Green Gallery entstanden 1964 zwei Skizzen zur Raum-situation, darunter untitled (Green Gallery) vom 31. August 1964 und 1. September 1964 (Abb. 22)253, auf denen the nominal three (to William of Ockham) noch eine vierte Einheit aus vier Leuchtstofflampen besaß, die Flavin allerdings nicht umsetzte.254 In einer anderen Zeichnung erwog Flavin die Platzierung der vier Einheiten an vier Wänden eines Raums.255 Letztlich wurden in der Realisation, entsprechend der ersten beiden Entwurfszeichnungen von 1963, drei Einheiten an einer Wand präsentiert, die aus einer, zwei und drei vertikal platzierten Lampen zusammengesetzt sind. Entgegen der Zeichnung vom 28. Juni 1963 verwandte Flavin nicht die notierte Farbe Daylight, sondern Cool White.256 Als Lampenlänge wählte er Standardlampen von 8 ft257 und platzierte die drei Einheiten als eine Gruppe mittig an der Wand.258 Der Abstand zwischen den Einheiten ist identisch und betrug ungefähr ein bis zwei Feet. Die Arbeit war nicht nur mittig zu den beiden angrenzenden Wänden, sondern auch zur oberen und unteren Raumkante angebracht, wie es Flavin in den Situationszeichnungen vorgegeben hatte.

252 Arbeiten mit variablen Dimensionen stellte Flavin, abhängig von der Größe, in zwei oder drei Editio-nen her; die Wandinstallation the nominal three (to William of Ockham) existiert in drei Auflagen. Leider wird die Auflagenhöhe in der Literatur selten angegeben.

253 Die stereometrische Zeichnung untitled (Green Gallery) vom 31. August 1964 und 1. September 1964; 9 zeigt die Installationen an den für sie bestimmten Architekturelementen im Raum der Galerie, die andere verdeutlicht die Farben der Installation. Vgl. Flavin, St. Louis 1973, Vol. I, No. 48–49.

254 Die vierte Einheit wurde nicht ausgeführt, da es zuviel Licht gegeben hätte. Vgl. Smith 1969, No. 94.

255 Siehe Flavin, Ottawa 1969, Fig. 9.

256 Flavin entschied sich vor Ort für eine andere Lampenfarbe. Vgl. Smith 1969, No. 79.

257 Die erste Realisation des Konzepts nahm Flavin mit 8-ft-langen Lampen in Cool White vor. Das Kon-zept wurde von ihm auch noch in der Variante mit 6-ft-langen Lampen in Cool White, mit 8-ft-langen Lampen in Daylight und mit 6-ft-langen Lampen in Daylight verwirklicht. Vgl. Löbke 1999, No. 15–18.

258 Auf der Situationszeichnung, bei der Flavin noch eine vierte Einheit erwog, sind die Einheiten mittig an der Wand angebracht und besitzen gleich breite Zwischenabstände. Dieser Zwischenabstand entspricht aber nicht dem zu den angrenzenden Wänden, er ist größer, was auch in der Aufnahme der Installation in der Green Gallery bestätigt wird.

Bei der Präsentation in der Retrospektive von Ottawa im Herbst 1969 installierte Flavin die drei Einheiten von the nominal three (to William of Ockham) so an einem Raumteiler, dass die gesamte Wandbreite durch die Installation eingenommen wurde (Abb. 24 b). Flavins Vorgehen und die Platzierung der Einheiten an dem 24-ft- bzw.

7,20-m-breiten Raumteiler wurde von Brydon Smith beschrieben:

When Flavin came to install this piece in the National Gallery of Canada on 6 March 1969, he selected an existing twenty-four foot partition. He positioned the two middle lamps on the central vertical axis of the wall with the outside edges of the first and third sections flush with the ends of the partition. This meant that the single fluorescent fixture on the left had open space to its left, while the right-hand section of three was butted into a corner.259

Aus dieser Aussage ergeben sich bestimmte Installationsvorgaben bezüglich der Platzierung der drei Einheiten. Die Einheit mit zwei Leuchtstofflampen ist mittig an der Wand anzubringen. Davon ausgehend werden die anderen beiden platziert, die Einheit mit einer Lampe links von der mittleren, die Einheit mit drei Lampen rechts davon. Der Abstand zwischen den drei Einheiten ist identisch. Daraus ergibt sich, dass die Einheit mit drei Lampen an der Ecke anschließt, während die mit einer Lampe einen Abstand von zwei Lampen zur Eckkante lässt.260 Wie in der Green Gallery ist die Objekt-komponente im Verhältnis zu der oberen und unteren Kante mittig angebracht.

Die Konstruktion der Objekteinheiten, mit einer, zwei und drei Lampen, ist konstant, doch der Abstand zwischen ihnen ist variabel und kann somit den Wandlängen diverser Ausstellungsorte angepasst werden. Die Breite der Installation ist derjenigen der Wand untergeordnet. War zuerst eine Gruppe von drei Einheiten für die Mitte einer Ausstellungswand bestimmt, so wurde daraus in der National Gallery ein Arrangement, das von den Grenzen der vorhandenen Wand determiniert war.261 Flavin erzielte variable Dimensionen durch die Veränderung der Abstände zwischen den Einheiten.

War die Arbeit in der Ausstellung von Ottawa an einer 7,20-m-langen Wand präsentiert, so ist deren dritte Edition in den Hallen für neue Kunst Schaffhausen262 an einer Wand von ca. fünf Metern installiert; der Abstand zwischen den Einheiten ist im Vergleich zu Ottawa etwas geringer.

259 Smith 1969, No. 96. Vgl. Jack Burnham: A Dan Flavin Retrospective in Ottawa, in: Artforum, Vol. 8, No. 4, Dezember 1969, S. 48–55.

260 Dieses Kriterium konnte bei der Installation von the nominal three (to William of Ockham) mit 6-ft-Lampen in Daylight während der Installation in der Berliner Einzelausstellung 1999/2000 nicht beobachtet werden, denn die beiden äußeren Objekteinheiten grenzten an der Eckkante an. (Siehe Flavin, Berlin 1999, S. 19–20). Vielleicht ist diese Installationsart eine weitere Option der Arbeit?

Eine andere Variante findet sich auf einer Abbildung bei Stemmrich, auf der sowohl die Zwischenab-stände der Einheiten als auch die zur Wand identisch sind. (Siehe Stemmrich 1995, S. 175).

261 Vgl. Smith 1969, No. 96.

262 Die Hallen für neue Kunst Schaffhausen besitzen die dritte Edition der insgesamt drei Auflagen der Konzeption mit 8-ft-Lampen in Cool White. Die erste Edition befindet sich im Besitz des Museums in Ottawa.

Eine andere Form der variablen Dimension einer Installation mit mehreren Objektein-heiten, bei der die Anzahl der Objekteinheiten der Raumdimension angepasst werden kann, hatte Flavin das erste Mal, allerdings rein konzeptuell, für die Arbeit greens crossing greens (to Piet Mondrian who lacked green) von 1966 erwogen. Im Jahr der Entstehung schrieb er in seiner Schriftensammlung "some remarks...":

About "greens crossing greens" (to Piet Mondrian, who lacked green) of May 17, 1966:

This room contains two simple segmented barrier channels of green fluorescent light which cut each other's course arbitrarily, each at different horizontal height over the floor.

The length of either channel is variable – restricted by bounds of walls.263

Flavin hatte für die Arbeit variable Dimensionen vorgesehen, die abhängig von den jeweiligen Raumgrenzen einzusetzen sind.264

Die erste realisierte Arbeit, bei der die Anzahl der Objekteinheiten der Raumdimen-sion angepasst wurde, ist an artificial barrier of blue, red and blue fluorescent light (to Flavin Starbuck Judd) von 1968. Ursprünglich war die Barriere für einen Raum der Ausstellung Minimal Art in The Gemeentemuseum von Den Haag mit einer Gesamt-länge von 16,76 m konzipiert und realisiert worden, doch da der Raum der zweiten Station in der Städtischen Kunsthalle Düsseldorf kleiner war, verringerte Flavin einfach die Anzahl der Module auf eine Gesamtlänge von 13,38 m. Flavin verlieh der Arbeit variable Dimensionen, indem er die Anzahl der Module reduzierte, um sie einer neuen Raumsituationen anzupassen.

Wie für untitled (for Ksenija) bereits festgestellt wurde, gibt es auch Arbeiten aus meh-reren Objekteinheiten ohne variable Dimensionen. Im Fall von untitled (for Ksenija) bezieht sich das Installationsobjekt auf eine vorhandene Architektur. Flavin schuf aber auch Installationen aus mehreren Einheiten, die in einem konstruierten Korridor oder Raum angebracht sind.

Das erste Beispiel einer Arbeit aus mehreren Objekteinheiten für einen existie-renden Raum realisierte265 Flavin Anfang 1967 mit untitled (Abb. 36) im

263 Flavin, some remarks, 1966, S. 29.

264 Der ursprüngliche Ideenplan der Arbeit, proposal for a barrier in the Kornblee Gallery vom 17. Mai 1966, für den viereckigen Raum der Kornblee Gallery wurde in die Zeichnungen for "greens crossing greens (to Piet Mondrian who lacked green)" vom 17.–18. September 1966 und overhead view of "greens crossing greens (to Piet Mondrian who lacked green)" Eindhoven vom 23. September 1966 (Abb. 32 rechts) für den achteckigen Raum des Eindhovener Stedelijk van Abbe Museum 1966 transferiert und modifiziert. Flavin wählte statt 8-ft- und 4-ft-Lampenlängen kleinere von 4-ft und 2-ft-Länge.

Flavin ging dieser Art von Raumbarriere nicht weiter nach, vielleicht da er zu der anderen Form, der ge-staffelten Barriere gefunden hatte, die er von 1968 bis 1975 mit verschiedenen Variationen in Ausstel-lungen präsentierte.

265 Die erste Zeichnung eines bestimmten Raums – nämlich für den der New Yorker Green Gallery – mit einer Installation für den gesamten Raum wurde in der Zeichnung untitled vom 17. Mai 1963 festgehalten, bereits eine Woche vor der Entwurfsskizze für the diagonal of May 25, 1963. Die Installation

raum der New Yorker Kornblee Gallery. Vorbereitet wurde die Installation in der Zeichnung final diagram for Kornblee Gallery installation 7 January – 2 February 1967 vom 3. Januar 1967 (Abb. 35), die eindeutige Determinanten für die Installation vorgibt.266 Es handelt sich um eine Rauminstallation aus sechs Einheiten, die aus zwei oder drei Lampen vertikal zusammengesetzt sind. Die Höhe einer Einheit beträgt ca.

8 ft. Bei der Lampen-"farbe" entschied sich Flavin für Cool White. Platziert wurden die Einheiten an einer Ecke, einer Wandmitte oder anderen horizontalen Kanten im Raum, wie dem darin befindlichen Kamin.267 Somit wurden die Gegebenheiten des gesamten Raums betont.

Installationen, die in einem konstruierten Korridor oder Raum präsentiert wurden, der nach Maß der Lampen erbaut wurde, entstanden erstmals 1969 für die Ausstellung in Ottawa. Ein Raum war extra für die sechs Bögen der Arbeit three sets of tangented arcs in daylight and cool white (to Jenny and Ira Licht) (Abb. 43) gebaut worden.268 Ein konstruierter Korridor in der Ausstellung von Ottawa war untitled (to S. M. with all the admiration and love which I can sense and summon) (Abb. 44), mit dem Flavin die Installationsart der corridors269 einleitete, die er dann Anfang der achtziger Jahre

Installationen, die in einem konstruierten Korridor oder Raum präsentiert wurden, der nach Maß der Lampen erbaut wurde, entstanden erstmals 1969 für die Ausstellung in Ottawa. Ein Raum war extra für die sechs Bögen der Arbeit three sets of tangented arcs in daylight and cool white (to Jenny and Ira Licht) (Abb. 43) gebaut worden.268 Ein konstruierter Korridor in der Ausstellung von Ottawa war untitled (to S. M. with all the admiration and love which I can sense and summon) (Abb. 44), mit dem Flavin die Installationsart der corridors269 einleitete, die er dann Anfang der achtziger Jahre