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4. Bildungsbiographien: Erwartungen, Entfremdung und Erfolg

4.3. Bildungserfolge: Selbstverwirklichung, Aufstieg und Prestige

Im Zuge der Unabhängigkeitswelle der 1960er Jahre entstanden die ersten systematischen Stu-dien zu Bildungseliten in Afrika, wozu die klassischen Arbeiten von Lloyd (1966), Foster (1968) Clignet & Foster (1966) über Sekundarschüler_Innen und Schulabsolventen in Ghana und der Elfenbeinküste zählen. Orientiert an aktuellen Fragestellungen von Nationalstaatlich-keit und wirtschaftlicher Entwicklung in den neuen Staaten, betonten diese Studien die Bedeutung westlicher Bildung für soziale Mobilität und fragten nach deren statistischer Korre-lation. Grundlegend ist hier die Dichotomisierung gebildeter Städter gegenüber deren Herkunftsfamilien, die in traditionellen dörflichen Strukturen verharren: Schulbildung und da-mit verbundene Abwanderung in die Städte galten als Auslöser für eine Abkehr von traditionellen Werten und Rollenvorstellungen und eine Übernahme westlich-moderner Le-bensentwürfe, welche im Rahmen von Karrieren als Angestellte und damit verbundenem sozio-ökonomischen Wohlstand verwirklicht wurden. Bis in die 1980er Jahre dominierte die Frage, inwiefern diese neuen Bildungseliten als Träger und Vermittler von Modernisierung fungieren und damit zum gesamtgesellschaftlichen sozio-ökonomischen Aufstieg beitragen (Behrends &

Pauli 2013: 5f).

Das Paradigma von Modernisierung und sozialer Mobilität in Bildungsstudien ist als Kontinuität des kolonialen Diskurses über Bildung zu sehen. Ein französischer Beobachter des Schulsystems im kolonialen Dahomey schreibt 1932, dass der „Schwarze das Wissen nicht um seiner selbst anstrebe. Es ist für ihn kein Zweck, sondern ein Mittel um Zugang zu Positionen zu bekommen, die von ‚Weißen’ geschaffen wurden. Nur dann verfolgt er die Schule mit gro-ßem Eifer, andernfalls bricht er sie ab“ (Vassery, zitiert n. Asiwaju 1975: 345, Über. d. Verf.).41 Ebenso folgert Fortes in Ghana über das steigende Interesse an schulischer Ausbildung unter den Kolonisierten kurz vor Unabhängigkeit des Landes, dass ein „hohes und steigendes Ein-kommen, Sicherheit, Macht und Prestige die Attribute sind, die der Afrikaner dem europäischen Beamten zuschreibt, so dass der europäische Geschäftsmann das Vorbild jeden Schuljungen ist“ (Fortes, zit. n. Foster 1968: 132, Übers. d. Verf.). Auch wenn man die Kolonisierten der Angleichungspolitik des französischen Bildungsapparates und damit absoluter epistemischer

41 „Je ne crois pas que le Noir aime le „savoir“ pour le „savoir“ lui-même. Ce n’est pas pour lui un fin, mais un moyen, et quand ce moyen lui permet l’accès des fonctions créées par les Blancs, c’est avec ferveur qu’il s’ins-truit, sinon il abandonne l’école“ (Vassery, zitiert n. Asiwaju 1975: 345).

Gewalt unterwarf, sprach man ihnen zugleich im rassistischen Dispositiv das Vermögen ab, Bildung als Selbstwert im Sinne des humboldtschen Ideals zu begreifen. Für die ‚Schwarzen’

war Bildung nur das Mittel, um den ‚Weißen‘ „fast, aber nie vollkommen gleich“ (Bhabha 2000: 126) zu werden, d.h. im praktischen Sinne die Ausbeutung und Unterwerfung des Eige-nen als französisierte ‚Schwarze’ zu realisieren. Dies zeigt nicht nur die Schizophrenie, auf dem der Kolonialismus basierte. Es verweist auch auf die zentralen Erwartungen an Schulbildung, deren Zweck und damit verbundenen Vorstellungen von Lebensidealen, mit denen sich die Fulbe-Studierenden konfrontiert sehen. Die Elterngeneration verbindet mit dem Schulbesuch ihrer Kinder die Hoffnung auf einen deutlichen sozio-ökonomischen Aufstieg, welcher an pres-tigehaften Berufen, dem Leben in der Stadt und materiellem Wohlstand erkenn- und messbar ist. In diesem Zusammenhang fiel oftmals der Ausspruch „die Eltern haben es eilig Ergebnisse zu sehen“. Elcana spricht von dem Erwartungsdruck, der an ihn und gleichaltrige Studierende aus seinem Dorf gestellt wird, „jemand Großes werden [zu müssen], mit einem schicken Auto nach Hause zu kommen, damit [unsere Brüder und Cousins] zu ihren Kindern sagen: Schau dir deinen Onkel an – da will ich, dass du auch mal stehst!“ (17.9.2014). Sie stehen „unter Be-obachtung und müssen beispielhaft sein“ (ebd.), denn nur wenn die Ausbildung die gewünschten Früchte im Form von sichtbarem Prestige und Wohlstand trage, würden die Nächsten geschickt werden. Kamandous Familie übt mit denselben Erwartungen großen Druck auf sie aus. Ihren Onkel habe sie gebeten, dessen Tochter einzuschulen, woraufhin dieser sie fragte:

„‚Seit du zur Schule gegangen bist, was hast du für Zuhause mitgebracht? Und jetzt willst du wirklich eine Zweite schicken?’ Alle meine Schwestern sind verheiratet und haben Kinder, auch die, die jünger sind als ich. Wenn ich nach Hause komme, fragt man mich: ‚Tu n'as pas honte si tu vois tes secondes?‘ Nein, ich schäme mich nicht. Ich selbst – ich weiß was ich tue. Weil ich noch nicht verheiratet bin, denken sie, dass ich nicht mehr heiraten werde, dass ich für sie schon ver-loren bin.42 Ils me regardent comme une arrière. Unsere Eltern haben nicht verstanden, dass die Schule nicht dazu da ist, jetzt im Moment etwas zu gewinnen, sondern für die Zukunft. Sie fragen dann: Wenn die Kinder zur Schule gehen, dann sind das Ausgaben und was bringen die Kinder wieder? Nichts“ (Kamanadou B., 30.8.2014).

42 ‚Verloren’ ist Kamanadou in einem wirtschaftlichen Sinne für die Familie, da sie ihrer Familie keinen Braut-preis einbringen wird.

Erfolg oder Misserfolg wird von den Familien der Studierenden nicht, wie es die meriokratische Ideologie des Schulsystems43 vorsieht, auf deren individuelle Leistungen zurückgeführt, son-dern auf die Institution der Schule als solche. Die Studierenden sollen beispielhaft mit ihren Bildungsbiographien und -erfolgen beweisen, dass Schule eine ernstzunehmende Alternative gegenüber der Subsistenzwirtschaft darstellt. Die Elterngeneration möchte das koloniale Ver-sprechen eingelöst sehen: Schule ist ein Mittel Prestige und Aufstieg nach europäischem Vorbild zu generieren. Wenn dies nicht geschieht, ist das nicht auf das Unvermögen des Ein-zelnen zurückzuführen. Sondern dann haben formelle Bildungsinstitutionen ihren Zweck nicht erfüllt. Damit überschreitet der Erwartungsdruck die individuelle Ebene der Bildungslebens-läufe der Studierenden: Sie sehen sich in der Position, durch ihre Leistungen und Entscheidungen die Zukunft der folgenden Generation zu bestimmen.

Doch wie stellen die Studierenden ihre Berufswünsche und Zukunftsvorstellungen selbst dar? Während die Elterngeneration mit dem Studium die Aussicht auf einen angesehenen Beruf und sozio-ökonomischen Aufstieg verbindet, haben die meisten Studierenden ihre Ent-scheidung zum Studium und ihre Fächerwahl in den Interviews mit einem tieferen persönlichen Interesse begründet: Manassé stieß während seiner Abiturvorbereitungen auf einen wirtschafts-soziologischen Text und entschied dann, sich ganz der Soziologie zu widmen. Farouk wusste seit der elften Klasse, dass er im Bereich Recht, Diplomatie oder internationalen Beziehungen arbeiten möchte und begann ein Jurastudium. Moussa war fasziniert von Sartre und genervt vom Ethnozentrismus in der Philosophie, die ihm in der Schulzeit begegnete, so dass er sich tiefer damit beschäftigen wollte. Bana möchte sich nach ihrem Anthropologiestudium für die Förderung der Schulbildung unter der Fulbe-Bevölkerung engagieren. Elcana hat nach dem ersten Jahr seines Wirtschaftsstudiums nicht mehr die finanziellen Mittel, dieses fortzusetzen.

Er hat aber nun eine Ausbildung als Lehrer für das PAEFE-Projekt44 begonnen und kommt somit seinem Wunsch, Lehrer zu werden, ein Stück näher. Zudem kann er in diesem Projekt in ländlichen Regionen arbeiten, was er gegenüber einem Wohnort in der Stadt bevorzugt. Jo-séphine möchte die Hilfe, die ihr durch die evangelischen Schwestern für den Schulbesuch entgegengebracht wurde, anderen Menschen als angehende Ärztin zurückgeben. Dies soll nicht

43 Das schulische Prinzip basiert auf der Ideologie der Chancengleichheit im Bildungssystem. Indem soziale, kulturelle und wirtschaftliche Unterschiede scheinbar unbedeutend werden, erscheinen die Leistungen des Ein-zelnen objektiv bewertbar und universell vergleichbar (Solga 2009: 64).

44 PAEFFE (Programme d'appui à l'éducation des enfants exclus de l’école) ist ein Projekt der Schweizer Orga-nisation Helvetas. Kindern, die aus dem Beniner Bildungssystem ausgeschlossen sind, soll durch einen zweisprachigen Zugang der erste Schulabschluss sowie eine handwerkliche Ausbildung ermöglicht werden (http://www.benin.helvetas.org/fr/ activites/projects2/projet_paefe/, Zugriff am 11.3.2014).

bedeuten, dass ökonomische Unsicherheiten und strukturelle Zwänge hierbei keine Rolle spie-len. Kamanadou bekommt keine finanzielle Unterstützung durch ihre Familie und hat sich für das Studium der Geographie entschieden, um die Sicherheit zu haben, später zumindest als Lehrerin eine Anstellung zu finden. Soumanou K., dessen Familie auch mit großen wirtschaft-lichen Engpässen kämpft, hofft mit Jura bei Gericht oder in der lokalen Politik unterzukommen.

Bildungsbiographien und darin getroffene Entscheidungen der Studierenden sind verzahnt mit strukturellen Aspekten und pragmatischen Überlegungen. Die Aussicht auf Reichtum, Wohl-stand und Prestige ist aber kein ausschlaggebendes Kriterium für das Studium als solches oder die Wahl der Fächer. Weitaus bedeutender ist der Wunsch persönliche Interessen zu verfolgen und in Zukunft verwirklichen zu können.

Das Beispiel der Brüder Moussa und Saré zeigt, wie diese divergierenden Modelle von Bildung, Lebensidealen und Erfolg sich manifestieren und ausgehandelt werden. Sie stammen aus dem evangelisierten Dorf Tchatchou und haben mehrere Jahre an der Universität von Abomey-Calavi studiert. Saré hat das Diplom in Geographie abgeschlossen und dann seinen langjährigen Wunsch, Lehrer zu werden, verfolgt. Drei Jahre war er auf Honorarbasis angestellt und lebte mit sehr niedrigem und unsicherem Gehalt mit seiner Familie am Existenzminimum.

Moussa, der „aus Leidenschaft“ die Philosophie gewählt hatte, wurde schließlich nicht zu der Abschlussprüfung zugelassen. Er sieht in seiner schulischen und universitären Ausbildung je-doch einen Mehrwert, der über das Diplom hinausgeht: „Wir hatten [dort] das Glück, andere zu treffen, eine andere Lebensform kennenzulernen, als die der Gegend aus der wir kommen.“

Vor allem die Universität habe ihnen ermöglicht, „zu entdecken und ihre Art [die der Kommi-litonen] zu leben kennenzulernen. Eine andere als die der Fulbe eben“ (Moussa A., 12.9). Die aktuelle Lebensform der Brüder ist ebenso eine andere als die der Fulbe, da sie nicht Rinder, sondern Schweine züchten. In Djougou lernten sie die Schweinezucht des dortigen Bürgermeis-ters kennen und waren beeindruckt, wie viel finanziellen Ertrag dies bei vergleichsweise geringer Investition erbringen könne. Mit dem Ziel, eine kleine Zucht aufzubauen, kehrten sie nach Tchatchou zurück und stießen dort auf massiven Widerstand:

„Es war nicht leicht, c’était mal vue. Weil der Traum aller Eltern hier ist, ihre Kinder zu sehen, wie sie in der Stadt leben, angestellt sind beim Staat! Nach Hause kommen mit einem großen Auto! Wenn die Eltern ihre Kinder sehen, wie sie zur Schule gehen, sagen sie sich, ah, wenn es groß ist, wird es in Cotonou oder in Parakou leben! Und wenn es aus der Stadt kommt, wird es mir viel Geld mitbringen – ca c’est leur vision.

Aber zurückkommen nach dem Diplom von der Uni? Zurückkommen? Im Dorf bleiben um Schweine zu züchten und Felder zu bestellen? Eine Schande! Für sie war das Versagen. Und dann

auch noch Schweine, das ist, ähm... Es gibt keine Fulbe, die Schweine züchten. Es sind die Rinder, die zu den Fulbe gehören. Ein Pullo muss Rinder züchten, keine Schweine“ (Saré A., 12.9.2014).

Die Dorfgemeinschaft habe sich geweigert, den Brüdern Land für ihr Vorhaben zur Verfügung zu stellen, „um [sie] zu zwingen, in der Stadt zu bleiben.“ Moussa und Saré erwiderten, sie hätten in der Stadt gelebt und dass die Dorfgemeinschaft eine verklärte Sicht auf das dortige Leben habe, es sei nicht besser, sondern von Unsicherheit und Problemen geprägt. Einige –

„die, die in der Schule waren“ – verstehen jedoch die Beweggründe der Brüder und Manassés Vater habe schließlich das benötigte Land bereitgestellt. Für die Familie der Brüder aber „ist es, als ob [sie] versagt hätten. Die Mutter sagt, sie hat ihr Geld verloren. Wenn sie das gewusst hätte, hätte sie niemals unsere Ausbildung mitfinanziert“ (Saré A., 12.9.2014).

Am Beispiel der Brüder wird deutlich, dass sich die Erwartungen der Eltern nicht auf potentielle monetäre Verdiensten der Studierenden richten, wie sie in anderen Kontexten durch intragene-rationale Reziprozitätsansprüchen an Schulabsolventen gestellt werden (Dienst 2011: 75).

Zweck der Ausbildung und Erfolg der Schulgänger muss für das Umfeld der Familie in Sym-bolen von Erfolg, Status und Prestige sichtbar und messbar werden. Moussa führt die Divergenz der Erwartungen auf die fehlende Bildung der Eltern zurück:

„Unsere Eltern waren nicht in der Schule, sie sehen die Dinge nicht – wir, wir sehen sie jetzt. Les mentalités ont changent. Les mentalités ont evolués. Sie, sie denken, wenn man studiert und dann fertig ist, muss man sich eine Anstellung, am besten beim Staat, suchen. Das sehe ich nicht so.

Sinon, moi je trouve que l’état est suffisamment rempli. Der Staat kann nichts für mich tun, ich möchte lieber frei entscheiden können. Freiheit, das bedeutet zu verhindern, dass der Staat mich einengt, Druck auf mich ausübt. Wenn überhaupt, dann bin ich es selbst, der Druck auf mich ausübt um etwas zu erreichen“ (Moussa A., 12.9.2014).

Moussa und Saré emanzipieren sich nicht nur von diesen Erfolgsmodellen, in denen white-collar jobs und Prestige als logische Ziele einer studentischen Ausbildung gelten. Indem sie sich bewusst für die Schweinezucht entschiedene haben, torpedieren sie normativ besetzte Ste-reotype der Fulbe und koloniale Dualismen.

Fulbe werden zwar generell und auch in der wissenschaftlichen Literatur (vgl. Schreika 1994) mit Rindern assoziiert, halten aber neben diesen auch Hühner, Schafe oder Ziegen. Da die große Mehrheit der Fulbe muslimisch ist, sind Schweine hier keine Alternative. In Tchatchou fehlt dieses religiöse Verbot und dennoch versuchen Familie und Dorfgemeinschaft

die Pläne der Brüder durch sekundäre Mittel wie den Landentzug zu verhindern. Die Verbin-dung Rinder und Fulbe gilt als selbstverständlich, ist stark normativ aufgeladen und wird mit ethnischer Differenz und Hegemonie begründet. Ein Pullo dürfe keine Schweine züchten, da diese „für die anderen Ethnien da sind, für die, von denen die Fulbe denken, dass sie ihnen unterworfen seien.“ Die Brüder „urteilen nicht so und denken nicht, dass es eine Ethnie gibt, die über einer anderen steht“ (Moussa A., 12.9.2014). Indem sie ihre Entscheidung für die Schweinezucht pragmatisch und gewinnorientiert begründen, brechen sie mit Normvorstellun-gen ethnischer Zugehörigkeit und deren Manifestation im Idealbild des rinderzüchtenden Pullo.

Sie empfinden die strukturellen Zwänge einer white collar-Karriere nicht als erstrebenswert und suchen in der Selbstständigkeit und dem Leben auf dem Land nach Autonomie. Die Rück-kehr in die ländlichen Strukturen ist nicht mit der kolonial geschaffenen Vorstellung von Schulbildung zu vereinbaren. Seit der Einführung von Schulbildung waren Absolventen aus-schließlich für professionelle Karrieren in der Stadt prädestiniert (Goody 1993: 141), so dass eine Rückkehr zum „Lebensstil eines Nichtgebildeten“ (Dienst 2011: 64) als Unmöglichkeit, Rückschritt oder „Versagen“ (Saré A., 12.9.2014) gewertet wird. Im Fall der Fulbe verstärkt sich diese normative Konnotation einer prestigehaften Karriere: Durch den Rinderbesitz sind sie deutlich wohlhabender und finanziell abgesicherter als Bauern, die allein von Subsistenz-wirtschaft leben, so dass der unmittelbare monetäre Profit in den Hintergrund rückt.

Die Erwartungen der Elterngeneration ähneln den Strukturen der französischen Assimilati-onspolitik, die Schule zu einem Mittel machte, in der kolonialen Diskursordnung und Hierarchie den ‚Weißen’ in Norm- und Wertvorstellungen, Lebensstil und Symboliken nach-zueifern. Jene Perspektive auf Bildungsinstitutionen und Bildung an sich wurde im Rahmen von Modernisierungstheorien und Bildungsstudien der 1960er bis 1980er Jahre reproduziert.

Die Studierenden aber sind in pragmatischer Weise an finanziellem Gewinn, jedoch nicht an Zuwachs von Prestige und Status orientiert.45 Dörfliche Strukturen und Lebensformen setzen sie nicht mit Armut oder niederem Status gleich, sondern sehen darin die Möglichkeit zu Selbst-verwirklichung und Unabhängigkeit. In ihrem Handeln fordern die Studierenden koloniale Dualismen sowie dadurch entstandene Vorstellungen von Bildung und Erfolg heraus. Ebenso transzendieren sie stereotype Selbstverständlichkeiten über Fulbe und deren Möglichkeiten zur Gestaltung ihres Lebens.

45 Foster widersprach schon 1968 in seiner Studie über ghanaische Sekundarschüler_ Innen der populären An-nahme, dass diese generell höher gestellte Bürotätigkeiten im öffentlichen oder privaten Sektor anstreben würden (260ff). Er folgert aus der Breite der Berufswünsche der Schüler _Innen, die in keiner Korrelation zu deren sozioökonomischer Herkunft stehen, dass Angestelltenberufe dann angestrebt werden, wenn sie ein höhe-res Einkommen versprechen und erreichbar erscheinen (278).

4.4. Zusammenfassung: Subjektivität des Selbst und die Unmöglichkeit des