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Aussenpolitik: Frieden und Sicherheit – Welthandelskrise und Brexit – Verhandlungen Schweiz-EU

Die aussenpolitischen Aktivitäten der Schweiz konzentrierten sich im Berichtszeitraum auf drei Schwerpunkte: Frieden und Sicherheit, Welthandel und Brexit sowie die Ver-handlungen zum institutionellen Abkommen zwischen der Schweiz und der Europä-ischen Union (EU). Im «AussenpolitEuropä-ischen Bericht 2018» legte der Bundesrat gleich zu Beginn des Jahres Rechenschaft über die wichtigsten aussenpolitischen Aktivitäten der Schweiz im Vorjahr ab (30.01.2019). Im Kontext einer verschärften geopolitischen Konkurrenz gewann die Rolle der Schweiz als Vermittlerin und Brückenbauerin wieder an Bedeutung, während in der Europapolitik die Verhandlungen über ein institutio-nelles Rahmenabkommen nur schleppend vorwärtskamen. In einem speziellen Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik des Vorjahres behandelte die Landesregierung zudem die internationale Handelskrise, die durch protektionistische Massnahmen zwischen Han-delsgrossmächten, die Schwächung internationaler Organisationen wie der Welthan-delsorganisation (WTO) und Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie den anstehenden Austritt Grossbritanniens aus der EU (Brexit) gekennzeichnet war (16.01.2019).

Da die «Aussenpolitische Strategie 2016 – 2019» zu einem Ende kommen würde, hatte Bundesrat Ignazio Cassis im Herbst 2018 die Arbeitsgruppe «Aussenpolitische Vision Schweiz 2028» (AVIS28) eingesetzt, welche die künftigen Herausforderungen der Aussen-politik der Schweiz analysieren sollte. Mitte 2019 präsentierte die aus Diplomat*innen des Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sowie Expert*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammengesetzte Arbeitsgruppe eine Sechs-Punkte-Vision, die Impulse für die Ausarbeitung der «Aussenpolitischen Strate-gie des Bundesrates 2020 – 2023» geben sollte (02.07.2019). Die Arbeitsgruppe schlug vor, alle nationalen Akteure verstärkt in die Aussenpolitik einzubinden, die Innen- und Aussenpolitik besser zu verschränken, beim Engagement für eine friedlichere und stabilere Welt vermehrt auf «Soft Power» zu setzen, die neuen Technologien als ein Themenfeld der Aussenpolitik zu etablieren und als Nichtmitglied partnerschaftliche Beziehungen zur EU zu pflegen.

Im Kontext der Konkurrenz zwischen den Grossmächten (USA, Russland, China) und anhaltenden regionalen Krisen in Europas Umfeld standen die Aktivitäten der Schweiz für Frieden und Sicherheit weiterhin im Fokus der Aufmerksamkeit. Bereits früh im Berichtsjahr bekräftigte die Schweiz ihr Engagement zugunsten des Genfer Friedenspro-zesses der Uno für eine politische Lösung des Syrienkonfliktes (14.03.2019). Angesichts der Eskalation der Kampfhandlungen in der Provinz Idlib appellierte das EDA an alle Konfliktparteien, das humanitäre Völkerrecht zu respektieren und auf eine Einstellung

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der Kampfhandlungen hinzuwirken (08.05.2019). Im Spätherbst verurteilte der Bundesrat die militärische Intervention der Türkei in Syrien als völkerrechtswidrig und forderte eine sofortige Deeskalation der Kampfhandlungen (16.10.2019). In diesem Zusammenhang empfing Bundesrat Ignazio Cassis den Uno-Sondergesandten für Syrien und besprach mögliche Wege einer politischen Lösung der Konflikte (21.10.2019).

Im Februar hatte Bundesrat Ignazio Cassis anlässlich eines Treffens mit dem US-ame-rikanischen Aussenminister Michael Pompeo in Washington ein mögliches Schutzmacht-mandat der Schweiz zugunsten der USA zur Sprache gebracht. In der Folge fragte die US-amerikanische Regierung das EDA offiziell an, das Schutzmachtmandat in Venezuela zu übernehmen. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen der Schweiz und den USA wurde kurze Zeit später in Bern unterzeichnet (05.04.2019). Zur Jahresmitte ernannte der Uno-Generalsekretär António Guterres den Schweizer Botschafter in Maputo, Mirko Manzoni, zu seinem persönlichen Gesandten für Mosambik (08.07.2019). Nur wenig später nahm Bundesrat Ignazio Cassis an der Zeremonie zur Unterzeichnung des Frie-densabkommens in Mosambik teil, zu dem die Schweiz massgeblich beigetragen hatte (08.08.2019). Im Dezember trafen sich im Rahmen der «Guten Dienste der Schweiz»

der amerikanische und der russische Generalstabschef zu einem bilateralen Treffen in Bern (18.12.2019).

Auch ihr Engagement im humanitären Bereich führte die Schweiz fort. Für die Bewältigung der Rohingya-Flüchtlingskrise in Bangladesch stellte sie Anfang des Jahres weitere CHF 10 Mio. zur Verfügung und entsandte Expert*innen des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe (SKH) zur Unterstützung der Hilfsbemühungen vor Ort (15.02.2019). An der dritten Syrienkonferenz der EU und der Uno in Brüssel bekräftigte die Schweiz ihr humanitäres Engagement im Rahmen des Syrienkonfliktes, in dem sie für 2019 CHF 61 Mio. für die Unterstützung der notleidenden Bevölkerung in Syrien und den Nachbarländern zur Verfügung stellte (14.03.2019). Angesichts der Flüchtlingskrise in Griechenland transportierte die Humanitäre Hilfe der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) gegen Jahresende wintertaugliche Familienzelte und weiteres Material auf die Insel Lesbos (29.10.2019). Noch etwas später stellte sie in der Ostukra-ine zwei Grossanlagen für Trinkwasserproduktion zur Versorgung der Bevölkerung zur Verfügung (07.12.2019).

Für viele innenpolitische Diskussionen sorgten wie bereits im Vorjahr die Themen der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten und die Rüstungsexporte. Zur Jahresmitte entschied der Bundesrat, die Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegs-materialproduzenten» zur Ablehnung zu empfehlen (14.06.2019). Ein weltweites Verbot von Investitionen in die Rüstungsindustrie sei kaum mit vernünftigen Mitteln umzu-setzen und darüber hinaus schädlich für den Schweizer Finanzplatz und den Schweizer Industriestandort. Im selben Monat verbot das EDA der Pilatus AG Dienstleistungen in

Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (26.06.2019), was in gewissen politischen und wirtschaftlichen Kreisen auf Widerstand stiess. Angesichts der Kritik betonte das EDA, dass der Entscheid das Ergebnis eines rechtlichen Verfahrens auf der Basis des Bundesgesetzes über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleis-tungen sei. Am Jahresende kommunizierte der Bundesrat seinen Entscheid, auch die Volksinitiative «Gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer» zur Ablehnung zu emp-fehlen (20.12.2019). Zwar könne er das Kernanliegen der Initiant*innen nachvollziehen, aber die Initiative gehe im Hinblick auf die Bewilligungspraxis vergleichbarer Staaten zu weit; daher beauftrage er das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) einen indirekten Gegenvorschlag auszuarbeiten.

Mit Blick auf die Umsetzung der Nordkorea-Sanktionen folgte der Bundesrat einem Entscheid der Uno, der gewisse Ausnahmen zum Exportverbot ermöglichen sollte (06.11.2019). Im Kontext der internationalen Handelskrise sah sich die Schweizer Wirt-schaft zunehmend mit sekundären Sanktionen der USA konfrontiert, die Verstösse gegen die Einhaltung der US-Exportkontrollen auch bei nichtamerikanischen Unternehmen ahnden.

Angesichts des absehbaren und bevorstehenden Brexit kündigte der Bundesrat bereits am Jahresanfang an, dass die Schweiz die möglichst vollständige Weiterführung der gel-tenden gegenseitigen Rechte und Pflichten zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich anstrebe. In einem ersten Schritt unterzeichneten Bern und London ein bila-terales Handelsabkommen (11.02.2019). Schon bald darauf beschäftigte sich der Bundesrat mit den bilateralen Beziehungen im Migrationsbereich (22.03.2019) und verabschiedete ein befristetes Abkommen über die Zulassung zum Arbeitsmarkt (17.04.2019). Auch im Bereich der Zusammenarbeit in der Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung wollen die beiden Staaten ihre Beziehungen vertiefen (15.05.2019). Am Ende des Jahres schliess-lich verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zum Abkommen, das die bestehenden Rechte der Bürger*innen der Schweiz und des Vereinigten Königreiches auch nach dem Brexit sichert (06.12.2019).

Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU erwiesen sich auch in diesem Berichtsjahr als schwieriges politisches Pflaster. Im Dezember 2018 hatte sich der Bun-desrat zu keiner klaren Position mit Blick auf das vorliegende Verhandlungsergebnis zum institutionellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU durchringen können. Als vorläufiger Ausweg aus dem Dilemma zwischen «ja und nein» beschloss der Bundesrat im Januar 2019, innenpolitische Konsultationen zum vorliegenden Text durchzufüh-ren. An den Von-Wattenwyl-Gesprächen traf sich eine Delegation des Bundesrates mit den Partei- und Fraktionsspitzen der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP.Die Liberalen), der Sozialdemokratischen Partei (SP) und der Schweizerischen Volkspartei (SVP; 15.02.2019). Schrittweise kristallisierte

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sich heraus, dass die Kantone, die CVP, die FDP.Die Liberalen und die SP ein Rahmen-abkommen wollten und unterstützten, hingegen Vorbehalte gegen den vorliegenden Vertragsentwurf hegten. Sehr viel negativer sahen die SVP und die Sozialpartner*innen den vorliegenden Text.

Zur Jahresmitte genehmigte der Bundesrat den Bericht über die Konsultationen zum institutionellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU. Er bekräftigte seine grundsätzlich positive Einschätzung des Entwurfs des institutionellen Abkommens, verlangte aber Klärungen zu drei Punkten: Bestimmungen über den Lohn- und Arbeit-nehmerschutz, die staatlichen Beihilfen und die Unionsbürgerrichtlinie (07.06.2019).

Gleichzeitig verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft zur Volksinitiative der SVP

«Für eine massvolle Zuwanderung», in der er sein Nein gegen die sogenannte Begren-zungsinitiative deutlich machte (07.06.2019). Der Verzicht auf die Personenfreizügigkeit mit der EU würde Arbeitsplätze gefährden und mit dem Wegfall der «Bilateralen I» das Ende des bilateralen Wegs zwischen der Schweiz und der EU einläuten. Zwar begrüsste die EU das klare Bekenntnis des Bundesrates zur Personenfreizügigkeit (20.06.2019).

Gleichzeitig war die EU-Kommission nicht zufrieden mit der erneuten Vertagung eines Entscheides und liess die Anerkennung der Schweizer Börse Swiss Exchange (SIX) aus-laufen. Daraufhin verbot der Bundesrat den Handel von Schweizer Aktien an Börsen der EU-Mitgliedsstaaten. Einmal mehr verschob sich angesichts der Wahlen in der Schweiz und der ausstehenden Abstimmung zur Begrenzungsinitiative sowie des absehbaren Wechsels an der Spitze der EU-Kommission eine abschliessende Klärung der offenen Fragen auf das Folgejahr.

1.3 Verteidigungspolitik: Weiterentwicklung der Armee –