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Ausmaß und Formen des bürgerschaftlichen Engagements

Zivil-gesellschaft

Ehrenamt, freiwilliges Engagement, Bürger- und Zivilen-gagement – die Vielfalt außerberuflicher gesellschaftli-cher Aktivitäten zeigt sich schon in der Fülle der Be-griffe, die es dafür gibt. Im Ganzen werden diese Tätigkeiten heute häufig unter dem Begriff des „bürger-schaftlichen Engagements“ gefasst. Die neue begriffliche Vielfalt deutet darauf hin, dass ein Wandel im Bereich des freiwilligen Engagements stattgefunden hat: Stark verste-tigte Formen und die oft lebenslangen Organisationsbin-dungen des „alten Ehrenamts“ sind abgelöst worden von eher situations- und projektbezogenen Beteiligungsfor-men („neues Ehrenamt“). In den unterschiedlichen For-men des EngageFor-ments, von den traditionellen bis zu neu-eren, experimentellen, spiegeln sich gleichsam die ebenso vielfältigen Altersbilder und Rollenangebote, die die Zi-vilgesellschaft für ältere Menschen bereithält. Bevor die Rolle von bürgerschaftlichem Engagement für die

Gestal-tung von Altersbildern in den Blick genommen wird, wird in diesem Abschnitt zunächst geklärt, wie das bür-gerschaftliche Engagement heute aussieht. Hat es sich in den letzten Jahren verändert? Welche Aufgaben in wel-chen Bereiwel-chen zählen zum bürgerschaftliwel-chen Engage-ment? Wie und auf welchen Gebieten engagieren sich Äl-tere in Deutschland und international?

Formen bürgerschaftlichen Engagements

Der Begriff des bürgerschaftlichen Engagements ist ein Sammelbegriff, unter ihn werden alle traditionellen und modernen Formen des Engagements von Bürgerinnen und Bürgern mit Gemeinwohlbezug subsumiert (Deut-scher Bundestag 2002). Er wird genutzt, um Brücken zu schlagen zwischen alten und neuen Formen, zwischen klassischer Gemeinderatstätigkeit und moderner Protest-politik in Bürgerinitiativen, von religiös motiviertem lebenslangen Engagement in Kirchengemeinden bis hin zu projektorientierten Formen neuer Ehrenamtlichkeit (Embacher und Lang 2008: 23). Dabei lassen sich For-men und Bereiche bürgerschaftlichen EngageFor-ments wie folgt typisieren:

Politisches Engagement: Zu dieser klassischen Form zählt das Engagement von Gemeinderäten und Stadt-verordneten in der Kommunalpolitik, das Engagement in Mitarbeiterverbänden und Gewerkschaften, in der Themenanwaltschaft in Bürgerinitiativen und sozialen Bewegungen sowie das Engagement in Seniorenbeirä-ten oder die Mitarbeit in lokalen Agenda-21-Gruppen.

– Zum sozialen Engagement lassen sich die vielfältigen Tätigkeiten in Jugend- und Wohlfahrtsverbänden, in Kirchengemeinden, in der Hospizbewegung, in Pflege-und Betreuungskontexten oder in der Arbeit für Kin-der und Jugendliche zählen.

Engagement in Vereinen, Verbänden und Kirchen: Ak-tivitäten in diesem Bereich beinhalten Vorstandstätig-keiten, Geschäftsführungs- und Leitungsaufgaben in allen verfassten Bereichen bürgerschaftlichen Engage-ments.

– In den Bereich des klassischen Ehrenamts fällt das En-gagement in öffentlichen Funktionen wie etwa Schöf-fen-, ehrenamtliche Richter- und Wahlhilfetätigkeit (zum Teil können diese Tätigkeiten verpflichtend sein). Die Übernahme von Aufgaben im Rahmen des Betreuungsrechts gehört ebenso dazu wie Aufgaben in der Freiwilligen Feuerwehr und Funktionen, die zur Aufrechterhaltung von öffentlichen Einrichtungen wie Museen und Bibliotheken unerlässlich sind.

– Zu Formen der Gegenseitigkeit zählen Genossen-schaften und Tauschringe: Hier stützt das Engagement Vorstellungen einer Ökonomie, die auf gegenseitiger Hilfe und auf geteilten gemeinsamen Werthaltungen beruht.

– Die Selbsthilfe als Form des Engagements findet sich vor allem in den Bereichen von Familie und Gesund-heit, etwa in Alzheimergesellschaften oder in den zahlreichen Gesundheitsselbsthilfegruppen. Typisch ist der fließende Übergang zwischen Selbsthilfe und

einem darüber hinausgehenden Engagement zur Un-terstützung anderer Menschen.

– Das bürgerschaftliche Engagement in und von Unter-nehmen kennt nicht nur die klassische Form der Inte-ressenvertretung in Kammern und Verbänden, sondern vor allem die Übernahme von bürgerschaftlichen Rol-len im Rahmen von „Corporate Citizenship“: Die Un-ternehmen agieren hier in ihrer Bürgerrolle im Ge-meinwesen und der Gesellschaft.

Bürgerschaftliches Engagement bedeutet nicht nur ko-produktive Mitwirkung an gesellschaftlichen Aufga-ben, wie es häufig in Modellprogrammen (etwa im Zusammenhang mit der Pflegesicherung) proklamiert wird, sondern kennt immer auch eine politisch einfor-dernde Gestalt – sei es bei der Thematisierung eigener, gegebenenfalls auch partikularer Interessen oder in ei-ner Art Themenanwaltschaft für politisch nicht artiku-lationsfähige gesellschaftliche Fragen und Anliegen von Bevölkerungsgruppen.

Die empirische Datenlage zum bürgerschaftlichen Engagement

Repräsentative Untersuchungen verdeutlichen, dass das bürgerschaftliche und ehrenamtliche Engagement eine tragende Rolle bei der sozialen, kulturellen und ökologi-schen Alltagsgestaltung und Daseinsvorsorge in nahezu allen gesellschaftlichen Lebensbereichen spielt. Bürger-schaftliches Engagement ist Bestandteil der Alltagskultur vieler Bürgerinnen und Bürger.

Zum Umfang, zur Verankerung und zu Erscheinungsfor-men freiwilligen EngageErscheinungsfor-ments liegen verschiedene Un-tersuchungen vor, die teilweise ein sehr unterschiedliches Bild zeichnen. Diese Unterschiede lassen sich auf ver-schiedene Definitionen von Engagement zurückführen.

Ü b e r s i c h t 4 . 1 Unterschiedliche Engagementquoten in

verschiedenen Studien

Es gibt eine ganze Reihe von Studien, in denen die Ver-breitung und die Formen des ehrenamtlichen Engage-ments untersucht werden. Die Befunde in diesen Stu-dien weichen in der Regel voneinander ab, zum Teil gibt es sogar erhebliche Unterschiede. Dies kann in erster Linie damit erklärt werden, dass bei den zugrunde-liegenden Befragungen unterschiedliche Erhebungsme-thoden, Messkonzepte und Operationalisierungen ver-wendet werden (ausführlich dazu Künemund und Schupp 2008). Unterschiedliche Formulierungen bei den jeweiligen Befragungen führen zum Beispiel dazu, dass der Freiwilligensurvey relativ hohe, der Deutsche Alterssurvey (DEAS) mittlere und der Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE) relativ nied-rige Engagementquoten ausweist (siehe Tabelle 4.1 und den folgenden Abschnitt „Bürgerschaftliches Engage-ment in internationaler Perspektive“).

Die Ergebnisse des Freiwilligensurveys zeigen, dass im Bundesdurchschnitt die Engagementquote im Zeitraum von 1999 bis 2004 von 34 Prozent auf 36 Prozent leicht angestiegen ist. Die im Freiwilligensurvey berichtete Ausbreitung des freiwilligen Engagements zwischen 1999 und 2004 wird entscheidend getragen durch die Al-tersgruppen ab 55 Jahren. Die älteren Jahrgänge erweisen sich nach dem Freiwilligensurvey damit als ein wichtiger Motor der Entwicklung des bürgerschaftlichen Engage-ments. So stieg etwa die Engagementquote der ab 55-Jäh-rigen in Baden-Württemberg von 1999 bis 2004 von 33 Prozent um 5 Prozentpunkte auf 38 Prozent. Ähnliche Zuwächse beim bürgerschaftlichen Engagement dieser Altersgruppe zeigen sich auch für die meisten anderen al-ten Bundesländer. In den neuen Bundesländern liegt die Engagementquote der Menschen ab 55 Jahren im Jahr 2004 zwischen 24 Prozent und 27 Prozent. Die Bereit-schaft, Verantwortung für die Gesellschaft zu überneh-men und das Bestreben, die Gesellschaft im Kleinen mit-zugestalten, sind offensichtlich auch und gerade bei den Menschen ab 55 Jahren stark ausgeprägt.

Die älteren Menschen sind in Organisationsstrukturen der Vereine, Kirchen und religiösen Einrichtungen und zu-nehmend auch in Seniorenselbstorganisationen eingebun-den, wie Untersuchungen für das Land Baden-Württem-berg belegen. Bei den „älteren Alten“ ist das Engagement wesentlich geringer ausgeprägt. Im Jahr 1999 engagierten sich 31 Prozent und im Jahr 2004 37 Prozent der 60- bis 70-Jährigen, bei den über 70-Jährigen waren es lediglich 20 Prozent beziehungsweise 22 Prozent. Der Anteil der Männer unter den älteren Menschen, die sich engagieren, ist laut dem Freiwilligensurvey 2007 deutlich höher als der der Frauen (39 Prozent zu 27 Prozent).

Die Hauptfelder der Aktivität und des Engagements lie-gen in den Bereichen Sport und Bewegung (40 Prozent), Freizeit und Geselligkeit (25 Prozent), Kultur und Musik (18 Prozent), gefolgt vom sozialen Bereich. Ältere Men-schen engagieren sich überwiegend wesentlich häufiger als andere Altersgruppen in kirchlichen Zusammenhän-gen. Die Quoten nehmen im Alter deutlich ab: Bei den über 70-Jährigen sind noch 8 Prozent der Frauen und 14 Prozent der Männer im Bereich Sport und Bewegung engagiert, 4,5 Prozent beziehungsweise 6,5 Prozent im Bereich Kultur und Musik, 4 Prozent beziehungsweise 6,5 Prozent im Bereich Freizeit und Geselligkeit und 6 Prozent der Frauen und 4,5 Prozent der Männer im so-zialen Bereich. Dabei gibt es wichtige Einflussgrößen für das Engagementniveau: Hohe Kirchenbindung hat einen positiven Einfluss auf das Engagement und die Engage-mentbereitschaft. Außerdem engagieren sich besonders die Statuseliten in der Bevölkerung. Ältere in den neuen Bundesländern sowie alleinlebende Bürgerinnen und Bürger mit einem geringen politischen Interesse und mit einem einfachen Schulabschluss gehören zu den beson-ders wenig engagierten Gruppen (Gensicke, Picot und Geiss 2006). Von hoher Bedeutung für das

Engagement-potenzial ist die Größe des Freundes- und Bekanntenkrei-ses.

Zusammenfassend lässt sich mit den Daten des Freiwilli-gensurveys sagen, dass die Engagementquoten in einigen Bundesländern angestiegen sind, während sie in anderen gesunken sind. Insgesamt stagnieren sie. Bei den Frauen unter den „jungen Alten“ und den Männern unter den „äl-teren Alten“ ist eine steigende Beteiligung an Formen bürgerschaftlichen Engagements festzustellen. Der je-weils eingebrachte Zeitaufwand ist mit knapp 20 Stunden pro Monat beträchtlich.

Diese Erkenntnisse werden durch andere Erhebungen wie dem Engagement-Atlas gestützt (Prognos AG und AMB Generali Holding AG 2009). Hier werden zusätz-lich regionalisierte Aussagen zum Engagementniveau getroffen, die allerdings mit einem erheblichen Unsi-cherheitsfaktor versehen sind. Auch hier werden die al-terstypischen Engagementbereiche aufgeschlüsselt: Das Engagement Älterer bezieht sich demnach stärker auf die Bereiche Kirche und Religion, Soziales und Pflege und das Engagement für ältere Bürgerinnen und Bürger (Abbildung 4.2).

Der Deutsche Altensurvey (DEAS) weist insgesamt nied-rigere Beteiligungsquoten älterer Menschen an Formen des Engagements aus als der Freiwilligensurvey (Tabelle 4.1).3 Die Daten aus dem DEAS 2002 und 2008 zeigen, dass ehrenamtliches Engagement – wie auch Formen au-ßerhäuslicher Bildungsaktivitäten – bei Menschen in der zweiten Lebenshälfte weit verbreitet sind, aber in den hö-heren Altersgruppen abnehmen. So waren im Jahr 2008 gut 60 Prozent der 40- bis 54-Jährigen und nur noch 30 Prozent der 70- bis 85-Jährigen außerberuflich gesell-schaftlich engagiert. Auch dem DEAS zufolge ist die Par-tizipation der Männer stärker ausgeprägt als die der Frauen, insbesondere in den älteren Altersgruppen. For-men der gesellschaftlichen Partizipation sind in den alten Bundesländern um 10 Prozent bis 20 Prozent höher als in den neuen (Naumann u. a. 2009). Der DEAS 2008 belegt in aller Deutlichkeit, dass es einen Zusammenhang zwi-schen den Dimensionen ehrenamtlichen Engagements und außerhäuslichen Bildungsaktivitäten gibt: In allen Altersgruppen ist jeweils etwa ein Drittel der außerhäus-lich bildungsaktiven Personen zugleich ehrenamtaußerhäus-lich en-gagiert. Umgekehrt widmet sich in allen Altersgruppen nur eine kleine Minderheit von etwa 5 Prozent aus-schließlich ehrenamtlichen Engagements, ohne zugleich an Bildungsaktivitäten teilzunehmen.

3 Die niedrigen Beteiligungsquoten beim DEAS erklären sich im We-sentlichen durch eine unterschiedliche Definition von freiwilligem ehrenamtlichem Engagement: Während im Freiwilligensurvey die Übernahme von freiwilligen Aufgaben und Verantwortung außerhalb von Beruf und Familie in einem kooperativen Kontext, die nicht der Erzielung eines persönlichen materiellen Gewinns dienen, als frei-williges Engagement definiert wird, fasst der DEAS den Begriff des Engagements enger: Hier wird die Übernahme einer Funktion oder eines Ehrenamtes bei Zusammenkünften, Veranstaltungen oder Sit-zungen als ehrenamtliches Engagement bezeichnet.

A b b i l d u n g 4.2 Engagementbereiche nach Altersgruppen

Quelle: Prognos AG und AMB Generali Holding AG 2009.

Ta b e l l e 4.1 Engagementquoten aus verschiedenen Erhebungen

Quellen: Gensicke, Picot und Geiss 2006 sowie Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2010 (Freiwilligensurvey (FWS) 1999-2009); Prognos AG und AMB Generali Holding AG 2009 (Engagement-Atlas 2009); Naumann u. a. 2009 (Deutscher Alterssurvey (DEAS) 1996-2008).

Beteiligungs-quoten aus: Altersgruppen Gesamt

in Prozent Männer

in Prozent Frauen

in Prozent

FWS 1999 45-54 Jahre

55-64 Jahre 65-74 Jahre

40 3527

45 4131

36 2922

FWS 2004 45-54 Jahre

55-64 Jahre 65-74 Jahre

40 4032

44 4239

36 3727

FWS 2009 40-49 Jahre

50-59 Jahre 60-69 Jahre 70 Jahre und älter

43 3637 25

45 3941 31

40 3334 22 Engagementatlas

2009 45 bis 54 Jahre

55 bis 64 Jahre 65 Jahre und älter

40 3626

43 4032

39 3326 DEAS 1996 40-54 Jahre

55-69 Jahre 70-85 Jahre

17 115

22 158

11 74 DEAS 2002 40-54 Jahre

55-69 Jahre 70-85 Jahre

26 2610

31 3119

21 225 DEAS 2008 40-54 Jahre

55-69 Jahre 70-85 Jahre

21 2012

24 2414

17 1610

Die Daten über das bürgerschaftliche Engagement älterer Menschen können unterschiedlich interpretiert werden.

Einerseits wird deutlich, dass ältere Menschen im Ver-gleich zu jüngeren Menschen in erheblichem Umfang bürgerschaftlich engagiert sind. Andererseits gilt, dass nur eine Minderheit aller älteren Menschen bürgerschaft-liches Engagement zu einer Form ihrer Altersaktivität ge-wählt hat. Im Unterschied zu jüngeren Menschen kom-men ältere Menschen eher selten auf eigene Initiative hin zum bürgerschaftlichen Engagement; meistens werden sie für eine Tätigkeit geworben und entwickeln sich dann in zivilgesellschaftliche Aktivitäten hinein. Dies spricht dafür, ältere Menschen gezielt über Möglichkeiten des bürgerschaftlichen Engagements zu informieren und ent-sprechende Gelegenheitsstrukturen zu schaffen. Es be-steht bei älteren Bürgerinnen und Bürgern nach wie vor ein ausgeprägter Bedarf an Beratung über die vielen Möglichkeiten, sich zu engagieren – sowohl bei bereits Engagierten als auch bei denen, die prinzipiell zum Enga-gement bereit sind. Zahlreiche Bundes- und Landes-programme zielen auf die Einbeziehung und Gewinnung älterer Menschen für Formen bürgerschaftlichen Engage-ments. Auf der Bundesebene verfügt das Bundesministe-rium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) über eine lange Tradition von Förderprogram-men. Es hat seine Programme 2008 in dem Schwerpunkt

„Alter schafft Neues“ zusammengefasst. Dazu gehören aktuell sowohl das Programm „Aktiv im Alter“ als auch die „Freiwilligendienste aller Generationen“. Die Chan-cen der Modellprogramme liegen darin, dass durch die at-traktive Variation der Engagementangebote und -konstel-lationen Interesse bei potenziell Engagierten geweckt wird (Klie und Pindl 2008). Studien zur Evaluation dieser Programme zeigen, dass die Modellprogramme an indivi-duelle Bedarfslagen anschließen und folglich mit dem Gestaltungswillen älterer Bürgerinnen und Bürger korres-pondieren.

Bürgerschaftliches Engagement in internationaler Perspektive

Hank und Stuck (2008) zeigen, dass sich das Ausmaß in-formeller produktiver Tätigkeiten – unter Älteren wie in der Bevölkerung insgesamt – zwischen verschiedenen Ländern deutlich unterscheidet. In einem Vergleich von elf Ländern liegt Deutschland mit einer Beteiligung von 10 Prozent der älteren Menschen am ehrenamtlichen Engagement im Mittelfeld, zusammen mit Österreich, Frankreich und der Schweiz. Die höchste Engagementbe-teiligung Älterer findet sich in den Niederlanden (21 Pro-zent) und – mit Engagementbeteiligungen jeweils zwi-schen 16 und 17 Prozent – in Schweden, Dänemark und Belgien. Deutlich niedrigere Werte sind für Italien (7 Pro-zent), Griechenland (3 Prozent) und Spanien (2 Prozent) zu verzeichnen. Es zeigt sich, dass soziale Produktivität mit höherem Bildungsniveau und höherem Einkommen einhergeht und dass ein Nord-Süd-Gefälle erkennbar ist

„mit relativ hohen Werten an sozialer Produktivität in den untersuchten skandinavischen Ländern und den Nieder-landen und relativ niedrigen Werten in den südlichen Ländern“ (Wahrendorf und Siegrist 2008: 60f.). Die

Er-gebnisse zeigen „ein Bild produktiven Alterns in Europa“

im Widerspruch zur „verbreiteten Vorstellung“ einer „rein konsumtiven Lebensphase“ (Hank und Stuck 2008: 45).

Keinesfalls lassen sich aus der Art des wohlfahrtsstaatli-chen Arrangements („Wohlfahrtsregime“) vereinfa-chende Wirkungen auf die Ausprägung bürgerschaftli-chen Engagements aus wohlfahrtsstaatlibürgerschaftli-chen Regimes ableiten: Weder untergräbt generell wohlfahrtstaatliches Engagement privates Engagement, noch fördert die Zu-rückhaltung des Staates privates Engagement. Es lässt sich (zumindest für europäische Staaten) gerade nicht nachzeichnen, dass in liberalen Regimes fehlende Leis-tungen des Sozialstaates durch freiwilliges Engagement substituiert würden. Europäische Vergleichsstudien geben eher Anlass zu der Annahme, dass ein höherer Anteil öf-fentlicher Sozialausgaben positiv mit der Ausübung in-formeller produktiver Tätigkeiten im Alter korreliert (Hank und Stuck 2008).

4.5 Altersrollen und Altersbilder in Staat,