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Schon seit vielen Jahren wird die Darstellung älterer Menschen in verschiedenen Medien von der sozial- und kulturwissenschaftlichen Forschung untersucht. Beispiele sind Arbeiten über Altersbilder in Kinder- und Jugend-büchern (Nauland-Bundus 2004), in SchulJugend-büchern (Friedrich 2004), in Zeitungen und Zeitschriften (Nolden-Temke 2006; Featherstone und Hepworth 1995), im Fern-sehen (Kessler u. a. 2004) sowie in der Werbung (Bing Zhang u. a. 2006). Es liegen auch Studien über die Prä-senz älterer Menschen im Internet vor (Blödorn und Gerhards 2005).

Empirische Befunde zur Repräsentation von Alter(n) in den Medien basieren für den deutschsprachigen Raum al-lerdings meistens auf Studien, die jeweils nur einen klei-nen Ausschnitt der Medienlandschaft betrachten. Die Schwerpunkte liegen auf inhaltsanalytischen Untersu-chungen von Fernsehsendungen, insbesondere Daily Soaps und Werbespots. Bei diesen Untersuchungen zeigt sich, dass die Dominanz eines negativen Altenbildes in den Medien, wie es noch in den 1990er Jahren attestiert wurde (Bosch 1990; Ueltzhöffer 1992) Modifikationen erfahren hat. Es nimmt die Tendenz zu, das Alter positiv, fast schon übermäßig positiv darzustellen und es für Anti-Aging- und Verjüngungsstrategien der Werbewirtschaft zu instrumentalisieren (Staudinger 2003; McHugh 2003).

Zugleich wird durch die meisten Studien der frühe Be-fund bestätigt, dass ältere Menschen nicht differenziert und der Heterogenität realer Altersformen entsprechend, sondern in stereotyper und schematischer Weise darge-stellt werden. Zudem zeigen sich deutliche quantitative und qualitative Unterschiede zwischen der Darstellung äl-terer Männer und der Darstellung äläl-terer Frauen. Insge-samt kann festgehalten werden, dass die in Massenme-dien vermittelten Altersbilder nicht als naturgetreue

„Abbilder“ der Wirklichkeit zu verstehen sind, sondern vielmehr als an die Modalitäten medialer Perspektivität gebundene Wirklichkeitsentwürfe.

Für eine genauere Analyse medialer Altersbilder ist es an-gebracht, nach Mediengenres zu differenzieren, da bei-spielweise visuelle Medien anders bewertet werden müs-sen als textbasierte Medien. Im Folgenden werden Altersbilder im Fernsehen, in der Werbung und in Print-medien behandelt.

8.2.1 Altersbilder im Fernsehen

Ein Vergleich der bisher veröffentlichten Studien zu Fern-sehsendungen, zumeist aus dem Bereich der Unterhal-tung, zeigt eine relativ einfache Forschungsmethodik. So besteht der erste Schritt zumeist darin zu erfassen, wie häufig ältere Menschen überhaupt im Fernsehen vorkom-men. Seit Beginn der Untersuchungen gilt dabei in etwa folgender Befund: Gemessen an ihrem Anteil an der Ge-samtbevölkerung sind ältere Menschen im Fernsehen deutlich unterrepräsentiert (Hagen 1985; Jürgens 1994).

Diese Beobachtung lässt sich in zweierlei Hinsicht diffe-renzieren, denn auch innerhalb der Gruppe der älteren Darsteller und Darstellerinnen treten deutliche Ungleich-gewichte zutage. Zum einen werden offenbar sehr viel

mehr Männer als Frauen gezeigt, ältere Frauen sind pro-zentual stärker unterrepräsentiert als ältere Männer (Coltrane und Messineo 2000); zum anderen ist ein weit-gehender Verzicht auf die Darstellung des hohen Alters zugunsten des „jüngerer Alters“ zu beobachten.

Auf die Beschreibung quantitativer Merkmale folgen in der Regel inhaltliche Auswertungen des Untersuchungs-materials. Besonders systematisch arbeiten etwa Kessler u. a. (2004) heraus, inwiefern die Darstellung des Alters in Fernsehsendungen von den Erkenntnissen gerontologi-scher Forschung abweicht. Bemerkenswerterweise gibt es Abweichungen vor allem in positiver Hinsicht. So sei ein unangemessen hoher Anteil der älteren Fernsehcharaktere berufstätig, und ältere Fernsehfiguren seien vergleichs-weise selten von Erkrankungen geplagt. Hinsichtlich der finanziellen Ausstattung und des Bildungsniveaus sei zu-dem eine geschlechtsstereotype Bevorzugung älterer Männer gegenüber älteren Frauen zu verzeichnen. Ältere Frauen werden meist in klassischen „weiblichen“ Berufs-und Verhaltensrollen gezeigt, etwa in der Rolle der Groß-mutter, ältere Männer tauchen jedoch häufig als erfolgrei-che Unternehmer oder als „elder statesmen“ auf (Coltrane und Messineo 2000). Allerdings hängen die Untersu-chungsergebnisse ganz entscheidend davon ab, welches Fernsehformat untersucht wird. Wenn etwa bei Heithfeld (1979) allein zielgruppenspezifische Sendungen im Fo-kus stehen, Hagen (1985) nach Sendungen mit explizitem oder implizitem Altersbezug sowie Bosch (1990) nach der Besetzung von Haupt- und Nebenrollen differenzie-ren, werden jeweils unterschiedliche Schwerpunkte ge-setzt.

Man kann also festhalten, dass ältere Menschen im Fern-sehen zum einen quantitativ unterrepräsentiert und zum zweiten überzogen positiv dargestellt werden. Diese bei-den Hauptbefunde machen deutlich, dass es sich bei bei-den medial präsentierten Altersbildern eben nicht um wirk-lichkeitsgetreue „Abbilder“, sondern vielmehr um Dar-stellungsweisen mit einer deutlich ausgeprägten Eigen-ständigkeit handelt.

8.2.2 Altersbilder in der Werbung

Der Frage nach Altersbildern in der Werbung wurde in den letzten Jahren zunehmend Aufmerksamkeit ge-schenkt. Der Grund dafür wurde schon vor Jahrzehnten formuliert: „Seit dem letzten Jahrzehnt wurden ältere Menschen durch ihre wachsende Zahl, die bei ihnen ver-muteten Kaufreserven und durch ihre zunehmende Le-bensaktivität für den Anbieter interessant“ (Horn und Naegele 1976: 463). Die Gruppe der älteren Menschen gehört inzwischen zu den am stärksten wachsenden Ziel-gruppen der Werbung (siehe Kapitel 7 in diesem Bericht).

Ältere Menschen tauchen in der Regel dann als Werbeträ-ger auf, wenn Produkte beworben werden, die an die Ziel-gruppe der älteren Menschen gerichtet sind. Häufig han-delt es sich um Finanzprodukte, Versicherungen oder Reisen. Der größte Teil der Werbung, in der ältere Perso-nen auftauchen, ist jedoch Werbung für medizinische Pro-dukte. In der Werbung für medizinische Präparate werden vor allem visuell als alt kodierte Frauen (Rollstuhl,

Krückstock, graues Haar) eingesetzt. Wenn es in Wer-bespots oder in Werbeanzeigen um Produkte für die Ziel-gruppe der älteren Menschen geht, wird eine abwertende Darstellung der älteren Menschen vermieden. Der präfe-rierte Typus ist dann die freundliche, warmherzige ältere Frau oder der aktive ältere Mann. Beispielsweise beinhal-tet eine Werbung für Einsteighilfen für die Badewanne keinen direkten Hinweis auf altersbedingte geringere kör-perliche Beweglichkeit oder nachlassende körkör-perliche Kräfte. Ein Zusammenhang zwischen der Einsteighilfe und dem höheren Lebensalter wird alleine über das Bild einer älteren Frau hergestellt, die auf dem „Aqualift“

sitzt.

Deutlich abwertend hingegen ist alterskontrastive Wer-bung. Sie richtet sich an jüngere Altersgruppen und ver-wendet ältere Menschen als Kontrastmittel, um die Ju-gendlichkeit eines Produktes zu betonen. Die Figuren sind dabei keine Funktionsträger zur Symbolisierung von altersbezogenen Qualitäten, sondern fungieren als Kon-trastierung zu den jungen Hauptfiguren der Darstellung oder dem jungen Produkt. Typisch hierfür ist etwa der Ty-pus des „verrückten Alten“, der für Tabak oder Genuss-mittel wirbt.

Bei diesen beiden Werbetypen (an die Zielgruppe der äl-teren Menschen gerichtete Werbung einerseits und alters-kontrastive Werbung andererseits) lässt sich ein eklatan-ter Geschlecheklatan-teruneklatan-terschied nachweisen. Für den Typus der „verrückten“ und kontrastiv zur Jugend gebrauchten älteren Person kommen fast immer Frauen zum Einsatz, dagegen ist das Alter, wenn es als genussvolle und aktive Lebensphase dargestellt wird, männlich geprägt. „Fitte“

ältere Männer finden sich in der Werbung inzwischen zu-hauf: Ein großväterlich aussehender älterer Mann flankt für ein Mineralwasser über einen Wiesenzaun oder zwei ältere Herren zeigen Turnübungen auf der Straße. Im Hin-blick auf die positive oder negative Darstellung des Alters lässt die Gleichberechtigung der Geschlechter zu wün-schen übrig.

Bei einem relativ neuen Werbetypus wird das Alter als positiver Imagefaktor eingesetzt. Hierbei werden aktive und kompetent dargestellte ältere Frauen und Männer ge-zeigt, die als positive Imagefiguren Werbung für einen Konzern oder eine ganze Branche machen. Generell scheint sich in der Werbewelt zum Teil ein Wandel, weg vom Leitbild der ewigen Jugend zu vollziehen. Wo Fal-tencremes früher bisweilen mit jungen Frauen beworben wurden, weisen nun immer häufiger ältere Models den Weg in die Werbewelt. Ein herausragendes Beispiel für die bejahende Visualisierung vom körperlichen Alter war die Kampagne „Jede Haut ist schön“ des Unilever-Kon-zerns. Der Konzern zielte mit der Kosmetikreihe „pro age“ und mit dem Slogan „Schönheit kennt kein Alter“

auf die Gruppe der Frauen ab 50 Jahren. Die Zahl der Un-ternehmen, die sich dieser Wende zu einem bejahenden oder moderneren Werbebild des Alters anschließen, wächst beständig. Ein Beispiel hierfür sind die genera-tionsübergreifenden Fernseh-Werbespots „drei, zwei, eins… meins“ des Internet-Auktionshauses Ebay. Bei diesen Spots ist das biologische Alter der älteren Models

im äußeren Erscheinungsbild erkennbar, während das so-ziale Alter hier durch eine „Beschäftigung bestimmt wird, die als typisch für junge Menschen“ (Malwitz-Schütte 2006) angesehen werden kann. Das surfende ältere Model wirkt dynamisch, lebhaft und jung geblieben.

Die Gleichzeitigkeit von stereotyper und differenzierter, von positiver und negativer Darstellung lässt sich mit dem Verhältnis zwischen Bild und Text besonders gut veranschaulichen. Welcher Eindruck entsteht beispiels-weise, wenn das Bild eines lachenden älteren Menschen im Textteil mit Hinweisen auf altersbedingte Erkrankun-gen konfrontiert wird? Oder was ist davon zu halten, wenn Bild und Text geradezu eine Art Verweigerung ge-genüber negativen Aspekten des Alters demonstrieren?

Handelt es sich dabei nicht ebenso um eine Form der Al-tersfeindlichkeit, des „Ageismus“ (McHugh 2003)? Wäh-rend die in der Werbung verwendeten bildlichen Darstel-lungen von älteren Menschen durchaus an Breite und Differenziertheit gewonnen haben, bleibt die sprachliche Bezugnahme auf das Alter eher negativ konnotiert. Röhr-Sendlmeier und Ueing (2004: 61) kommen in ihrer Unter-suchung von Altersbildern in der Anzeigenwerbung zu ei-nem ähnlichen Ergebnis: „Einerseits wird über den Text ein defizitäres Bild von alten Menschen gezeichnet, ande-rerseits wird ein positives Stereotyp von den „neuen“ Al-ten über die visuelle Gestaltung immer stärker aufge-baut“.

Werbekommunikation kann als Seismograph für wirt-schaftliche und kulturelle Befindlichkeiten oder Strömun-gen verstanden werden. Nur wenige mediale Textsorten orientieren sich so eindeutig und in ihren Verkaufsabsich-ten so offensichtlich an sozialen Trends, (veränderVerkaufsabsich-ten) Lebensweisen und ausdifferenzierten Zielgruppen. Der Umgang der Werbebranche mit der anwachsenden Ziel-gruppe der älteren Menschen dürfte deshalb die gesell-schaftliche Debatte um die Rolle der älteren Menschen in der Gesellschaft gut widerspiegeln. Die Werbebranche steht einer besonderen Problemlage gegenüber: Positive Attribute wie Kaufkraft und Konsumbereitschaft geraten mit einer verbreiteten negativen Bewertung des Alters in Konflikt. Interessant sind dabei die Widersprüche, die un-einheitliche Verwendung älterer Werbefiguren, die häufig positive und immer auch mal negative Darstellung des Alters.

8.2.3 Altersbilder in den Printmedien

Während Fernsehen und insbesondere Werbung einen er-heblichen Teil ihrer Wirkung dem Einsatz visueller Mittel verdanken, steht bei den Printmedien originär Sprachli-ches im Vordergrund. Für den Versuch, Bilder des Alters im öffentlichen Sprachgebrauch offenzulegen, stellen Printmedien daher einen besonders geeigneten Untersu-chungsgegenstand dar. Als Analysematerial dienten in einschlägigen, häufig aus dem angloamerikanischen Raum stammenden Studien bisher vor allem Zeitungen und Zeitschriften, seltener Bücher.

Anhand von Printmedien kann gut die Verwendung gän-giger Formulierungen untersucht werden, die aus mehre-ren Wörtern zusammen gesetzt sind und die die

Bestand-teile „alt“ oder „älter“ enthalten. Dabei fällt auf, dass häufiger von „älteren“ als von „alten“ Menschen gespro-chen wird. Für Wortverbindungen wie „ältere (Mit-)Bür-ger(innen)“, „ältere Generation“ oder „ältere Frau/älterer Mann“ lassen sich kaum ähnlich positive Äquivalente mit der Form „alt“ finden. Die Bevorzugung des absoluten Komparativs („älter“) drückt sich auch in qualitativer Hinsicht aus, insofern nämlich beispielsweise „alte Men-schen“ sehr viel stärker als der Interessenvertretung, Be-ratung und Hilfe bedürftig dargestellt werden als „ältere Menschen“. Mit der unmarkierten Form „alt“ wird offen-bar bereits eine Verschlechterung gegenüber dem „nor-malen“ Altsein impliziert. So entsteht der Eindruck, als habe der absolute Komparativ „älter“ inzwischen die Rolle der unmarkierten Form „alt“ übernommen.

Abwertende Ausdrücke werden selten eingesetzt. Die Be-zeichnung „Oma/Opa“ wird fast ausschließlich für das entsprechende verwandtschaftliche Verhältnis innerhalb der Familie gebraucht, kaum mehr als allgemeine Be-zeichnung für eine ältere Person. Häufig kommen hinge-gen solche Bezeichnunhinge-gen zum Einsatz, für die sich mit-tels Wörterbuchrecherche eine eher positive Färbung ermitteln lässt, wie „Senioren/Seniorinnen“, „Pensionär/

Pensionärin“ oder „ältere Herren/Damen“. Ein positives Bild vom Alter vermittelt auch die Einführung von Neo-logismen wie „junge Alte“.

Diese Ergebnisse deuten auf eine tendenziell positive Darstellung des Alters in deutschsprachigen Tageszeitun-gen hin. Dort, wo sich Zeitungsautoren und -autorinnen die Möglichkeit bieten würde, auch mittels des Ge-brauchs entsprechender Benennungen die negativen Sei-ten des Alters darzustellen, zeigen sie Zurückhaltung.

Dort hingegen, wo positiv gefärbte Ausdrücke zur Verfü-gung stehen, werden diese auch ausgiebig verwendet. Die verbreitete Vermutung, in den Medien würde vor allem von den negativen Seiten des Alters berichtet, steht vor diesem Hintergrund infrage.

In inhaltsanalytischen Untersuchungen von Texten aus Printmedien werden die Kontexte bestimmt, in denen Zeitungen über ältere Menschen berichten. Eine Sum-menbildung aus den Ergebnissen einer Analyse von Ta-geszeitungen aus dem Jahr 2008 zeigt: Über ein Drittel al-ler Belegstellen beschäftigt sich mit Themen aus dem Kultur- und Freizeitbereich, mit einer durchaus breiten Fächerung in verschiedene Themenbereiche – vom tradi-tionellen Nachmittagskaffee bis hin zum Computerkurs.

Dies soll jedoch nicht den Eindruck erwecken, als würden negative Aspekte des Alters völlig ausgeblendet. Viel-mehr rangieren die hier besonders einschlägigen Rubri-ken „Straftaten“, „Unfälle“ und „Probleme“ ebenfalls auf den vorderen Plätzen der Themengebiete. Während von Kultur und Freizeit jedoch im Umfeld nahezu jeder Be-zeichnung gesprochen wird, zeichnen sich bei der Dar-stellung problembehafteter Zusammenhänge bestimmte Schwerpunkte ab. Diese liegen in erster Linie bei den Singularformen und hier vor allem bei den weiblichen:

„Seniorin“, „Rentnerin“, „ältere Frau“. Über einzelne äl-tere Menschen und ihre Erlebnisse wird offensichtlich eher im Kontext negativ konnotierter Themen berichtet.

8.3 Wandel der Altersbilder: Vom