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Altersbilder, Generationenbeziehungen und Zivilgesellschaft

Altersbilder können in einem zivilgesellschaftlichen Zu-sammenhang nicht ohne die Berücksichtigung von Gene-rationenbeziehungen diskutiert werden. Allein aus dem Nebeneinander der familialen und gesellschaftlichen Ge-nerationen konstituiert sich keine Gesellschaft; vielmehr ist jede Generation auf die andere verwiesen. Mit der heute längeren Lebenszeit der Menschen geht die Aus-dehnung auch der gemeinsamen Lebenszeit der Genera-tionen einher; dies erfordert es stärker als jemals zuvor, zwischen den Generationen Vertrauen und Bindungen aufzubauen. Die Bereitschaft der Generationen, füreinan-der und für die Gesellschaft Verantwortung zu tragen, rückt stärker als in den Jahrzehnten zuvor in den Mittel-punkt der Überlegungen, womit das Generationenverhält-nis an zivilgesellschaftlicher Bedeutung gewinnt. In par-tieller Revision des Paradigmas der Autonomie und späten Freiheit (Rosenmayr 1976) wird seit einigen Jah-ren das Alter neu interpretiert. Es findet eine „Scholari-sierung des Alters“ (Kolland und Kahri 2004) statt, älter werdende Menschen werden zu nützlichen und funktions-tüchtigen Mitgliedern der Gesellschaft. Eine solche „Ver-schulung“ und institutionelle Normierung, die sich nun in Bezug auf das Alter vollzieht, stand für die Lebensphase der Kindheit und Jugend historisch schon viel früher auf dem Programm: Es ging darum, die Freiheit der Kindheit und Jugend und ihr „Vagabundieren“ seit dem Beginn der Neuzeit zu beenden und Institutionen „geregelter, nor-mierter Kindheit“, das heißt neue Arrangements alltägli-chen Kinderlebens zu schaffen (Bühler-Niederberger 2005). Diese Prozesse erfolgten nicht nur zur Etablierung von Kindheit als eigenständiger Lebensphase. Es ging um mehr: um eine neue Ordnung in der Gesellschaft. Die neue Institutionalisierung des Alters vollzieht sich aller-dings unter anderen Umständen als es bei der Institutiona-lisierung von „geregelter“ Kindheit der Fall war (Hoch 2010). Die Institutionalisierung vor allem des dritten Le-bensalters – zum Beispiel durch die Erwartung, dass sich ältere Menschen bürgerschaftlich engagieren – erfolgt vor dem Hintergrund großer Potenziale und Ressourcen älte-rer Menschen. Das entstandene freie soziale, kulturelle und ökonomische Kapital eines grundsätzlich leistungsfä-higen dritten Lebensalters soll gesellschaftlich rückge-bunden werden durch eine adäquate lebensphasenspezifi-sche Alterssozialisation, die die genannten Kapitalien mit gesellschaftsrelevanten Prozessen zum Vorteil aller sinn-voll verknüpft.

Auch in der postmodernen, individualisierten Gesell-schaft finden traditionelle Werte wie die „Fähigkeit, Nachbar zu sein“, das Führen von „Gespräch und Freund-schaft“ (Hentig 1975: 10), die Einbindung in soziale Netzwerke und die damit einhergehende Neujustierung und Redimensionierung der Privatsphäre wieder stärker Beachtung (Dörner 2007). Solche Aspekte müssen be-rücksichtigt werden, denn ältere, im „Reich der Freiheit“

angelangte Menschen, lassen sich nicht so einfach – auch nicht über neue Formen institutionalisierten Bürger-Ler-nens – in zivilgesellschaftliche Kontexte integrieren, wenn dies nicht mit weitergehenden Emanzipationspro-zessen und freien Entscheidungen einhergeht (Aner 2008a). Vereinfacht gesagt: Der Impuls und die Entschei-dung, sich zivilgesellschaftlich zu beteiligen, muss von den älteren Menschen selbst kommen. Entscheidend wird also sein, inwieweit es gelingt, aus dem emanzipierten Leben älterer Bürgerinnen und Bürger heraus Brücken in die gesellschaftlichen Bereiche zu bauen, in denen die Äl-teren Funktionen wahrnehmen können, die sie selbst als sinnvoll erleben.

Es geht also um eine neue Alters- und Generationenord-nung, die nicht primär außengesteuert und über Institutio-nen erfolgt, die ältere Menschen belehren, sondern die über die Älteren selbst vonstatten geht. Gerade die neuen, an Aktivität und Produktivität orientierten Altersbilder müssen – wenn sie mehr sein sollen als oktroyierte Inter-pretationsschablonen der Gesellschaft für Alter – darauf abzielen, durch eigenmotiviertes intergenerationales Han-deln selbst geschaffene Ordnungen zu generieren, die auf die Grundbedürfnisse der Generationen ausgerichtet sind (Hoch 2010).

Traditionell wurden Generationenbeziehungen vor allem im Rahmen von Familie und Verwandtschaft gelebt: Bei aller Ambivalenz, die dem Verhältnis der Familiengene-rationen innewohnt (Lüscher und Liegle 2003), realisiert sich in diesen Generationenbeziehungen dennoch eine le-benslange Solidarität, die sich in regelmäßigen Kontak-ten, „Intimität auf Abstand“ sowie einer „Vielzahl von materiellen und emotionalen Unterstützungen“ manifes-tiert, seien dies monetäre Transfers von Eltern zu Kin-dern, Hilfe der Kinder im Haushalt ihrer Eltern oder emo-tionale Verbundenheit (Szydlik 2000: 233f.). Intergenera-tionale familiale Solidarität ist bis hin zur prinzipiellen Akzeptanz des Elternunterhalts (Hoch und Lüscher 2002) soziokulturell stark verankert.

Der demografische und soziale Wandel geht indes mit ei-nem Rückgang familialer Solidaritätsressourcen einher.

Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob das, was tradi-tionell innerhalb der Familien funktioniert(e), ob also die stabilen familialen und verwandtschaftlichen Generatio-nenbeziehungen auch auf die Ebene gesellschaftlicher Generationenbeziehungen und auf die damit einherge-hende Neukonzeption des gesellschaftlichen Generatio-nenvertrags übertragbar ist. Die familialen und gesell-schaftlichen Generationen sind vielfältig miteinander verbunden, zum Beispiel dadurch, dass der „öffentliche Generationenvertrag mit den Transfers der jungen Bei-tragszahler an die älteren Rentenempfänger und

Renten-empfängerinnen“ eine Grundlage darstellt für die „priva-ten Unterstützungsleistungen von Eltern an ihre erwachsenen Kinder“ (Szydlik 2000: 244). Öffentliche Transfers stabilisieren folglich die familialen intergenera-tionalen Verhältnisse. Sie vermeiden weitgehend eine ökonomische Abhängigkeit der Eltern von ihren Kindern und bilden in vielen Fällen die Grundlage für die Unter-stützung der Kinder durch die Eltern. Die Frage ist also, wie die Qualität der öffentlichen Generationenbeziehun-gen weiter entwickelt werden kann, ohne die familialen Generationenbeziehungen negativ zu beeinflussen. Die gesellschaftlichen Probleme zwischen den Generationen sollten nicht durch eine Schwächung der familialen Gene-rationenbeziehungen gelöst werden.

Eine Reihe fundierter Untersuchungen zeigt, dass die fa-milialen Generationenbeziehungen anhaltend stabil sind und dass ein Mix aus solider privater Solidarität, gesell-schaftlichen Solidarverträgen wie Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung und der weiteren staatlichen Sozial-politik gelingen kann. Die soziokulturell verankerte Sta-bilität der familialen Generationenbeziehungen gibt An-lass zu der Annahme, dass die soziale Kohäsion der Generationen auch auf der Ebene der gesellschaftlichen Generationenbeziehungen gestaltbar ist. Die Solidarität zwischen den Generationen in Familien kann insofern als Muster für Generationenbeziehungen in der Gesellschaft dienen.

Bis hierhin hat sich gezeigt, dass ein Bezug der Genera-tionen aufeinander notwendig, aber eben auch möglich ist. Deutlich wurde auch, welches die Voraussetzungen für den Generationenbezug sind: Grundlegend ist es, dass die Handlungsperspektiven des je anderen nachvollzogen und verstanden werden, und dass unterschiedliche Orien-tierungen toleriert und akzeptiert werden. Unter dem Ge-sichtspunkt der gegenseitigen Verwiesenheit der Genera-tionen kann die neu forcierte Perspektive auf Alter also gar nicht ohne den intergenerationalen Bezug sinnvoll ge-dacht und gestaltet werden.

Für die Herstellung eines gesellschaftlichen Generatio-nenbezugs ist es nicht nur bedeutsam, welche Altersbilder in der Gesellschaft vorherrschen, sondern auch, welche Bilder die Generationen wechselweise voneinander ha-ben. Beziehungen zwischen den Generationen und Al-tersbilder stehen in einem Zusammenhang. Im Folgenden wird ein Modell vorgestellt, mit dem dieser Zusammen-hang veranschaulicht werden kann (Abbildung 4.1). Hoch (2010) macht anhand dieses Modells deutlich, dass es von gesellschaftlich verbreiteten Vorstellungen abhängt, wie sich Generationenbeziehungen entwickeln können.

Lüscher und Liegle (2003) haben auf der Grundlage von empirischen Untersuchungen die Ambivalenzen von Ge-nerationenbeziehungen strukturiert. Sie gehen davon aus, dass Generationenbeziehungen vor allem von zwei Span-nungslinien geprägt sind. Das erste Spannungsfeld be-steht zwischen den Bestrebungen nach Reproduktion ei-nerseits und nach Innovation andererseits. „Damit ist der Gegensatz zwischen dem Bestreben nach ständiger Wie-derherstellung der als richtig angesehenen Formen und Strukturen von Familie einerseits und dem Wunsch nach

Neuerungen […] andererseits gemeint“ (Lüscher und Liegle 2003: 290). Das zweite Spannungsfeld betrifft die Prozesse der Ähnlichkeit und Annäherung (Konvergenz) einerseits und die Prozesse der Distanzierung und Ab-grenzung (Divergenz) andererseits. Die Beziehungen zwischen Generationen können entlang dieser Span-nungslinien in verschiedene Richtungen gehen. Je nach-dem, ob in der Beziehung zwischen zwei Generationen Nähe (Konvergenz) oder Abgrenzung (Divergenz) und Bewahrung (Reproduktion) oder Veränderung (Innova-tion) im Vordergrund stehen, lassen sich vier Typen von Generationenbeziehungen bestimmen, die unterschied-lich geprägt sind. Die vier Typen von Generationenbezie-hungen lassen sich mit Solidarität, Emanzipation, Kapti-vation und Atomisierung beschreiben. In der grafischen Darstellung bilden die vier Typen von Generationenbe-ziehungen vier Felder, die sich durch die Kombination der beiden genannten Spannungslinien (Konvergenz/

Divergenz und Reproduktion/Innovation) ergeben. Jedem Typ von Generationenbeziehung lassen sich bestimmte Altersbilder zuordnen (Hoch 2010).

Im Einzelnen lassen sich die vier Beziehungstypen und die entsprechenden Altersbilder wie folgt beschreiben:

1. Wenn im Verhältnis zwischen den Generationen Nähe und Gemeinsamkeiten betont werden und dabei auf traditionelle Werte Bezug genommen wird, herrscht der Beziehungstyp der Generationensolidarität vor.

Die traditionelle Solidarität der Generationen (mit der Handlungsmaxime übereinstimmenden Bewahrens) erscheint zwar als Grundlage notwendig, jedoch nicht letztlich ausreichend als impulsgebende und durch-dringende Kraft für den stabilen sozialen Zusammen-halt der Generationen. Sie wirkt eher als einschrän-kende und deshalb als nicht hinreichende Variante der gesellschaftlichen Entwicklung. In der Regel gehen mit diesem Beziehungstyp traditionelle, jedoch nicht ausschließlich negativ konnotierte Altersbilder einher.

Diese Altersbilder sind assoziiert mit Achtung, Rezi-prozität, Ruhestand, Selbstbezüglichkeit und akzep-tierter Segmentierung. Die dahinterstehende Logik ist die von Tradition, Solidarität und gegenseitiger Ach-tung der Generationen. Auf der politischen Ebene ist mit einem traditionellen Altersbild keine aktive Gene-rationenpolitik verbunden: Solidarität zwischen den Generationen wird vorausgesetzt.

2. Eher abträglich auf die Offenheit der Generationenbe-ziehungen erweist sich der Beziehungstyp Kaptivation (Verstrickung, Gefangensein). Auch dieser Bezie-hungstyp ist traditionellen Handlungsmustern verhaf-tet, betont im Gegensatz zum Typ Solidarität stärker die Unterschiede und Konflikte zwischen den Genera-tionen. Er folgt der Logik der Konkurrenz zwischen den Generationen. Die mit der Kaptivation implizier-ten, eher negativen Altersbilder sind assoziiert mit Bil-dern einer begrenzten Leistungsfähigkeit Älterer, mit dem Ressourcenverbrauch durch Ältere, mit Asymme-trien in der Ausstattung mit Ressourcen zwischen den Generationen und Verstrickungen in den Generatio-nenbeziehungen. Auf der politischen Ebene findet sich ein verdeckt negatives Altersbild in einer Politik, die die Generationen gegeneinander ausspielt.

3. Atomisierung (Vereinzelung, Rückzug) meint ein Be-ziehungsmuster, bei dem der Zusammenhalt zwischen den Generationen „nicht (mehr) durch institutionelle Bindungen und subjektive Erfahrungen der Bezie-hungsgeschichte gesichert scheint. Der Begriff ver-deutlicht die Aufspaltung oder Zersplitterung der Ein-heit ‚Familie‘ in ihre (kleinsten) Teile“ (Lüscher und Liegle 2003: 292). Hier werden tendenziell eher nega-tive Alters- und Generationenbilder entwickelt, aus denen bei extremer Abgrenzung (Divergenz) zwischen den Generationen ein offener Generationenkonflikt re-sultieren kann. Atomisierung ist verbunden mit der Logik der Indifferenz und Gleichgültigkeit. Die mit der Atomisierung verbundenen offensiv negativen Al-tersbilder sind assoziiert mit Abgrenzung gegenüber alten Menschen und Rückzug von Älteren, mit der In-anspruchnahme von Ressourcen („Ältere leben auf Kosten der Jüngeren“), mit individueller Nutzenopti-mierung und Gleichgültigkeit etwa gegenüber der Nachbarschaft. Dem entspräche eine Generationenpo-litik, in der einseitig eine Generation und ihre Be-förderung in den Vordergrund gerückt werden. Die Beziehungstypen Kaptivation und Atomisierung er-scheinen nicht angebracht zur Bewältigung der Aufga-ben des demografischen Wandels.

4. Vielversprechend erscheinen dagegen Prozesse der Emanzipation im Sinne von Persönlichkeitsentfaltung:

Hier kann gegenüber anderen Generationen eine Of-fenheit im Denken und in der Kommunikation erreicht werden. Wenn erkannt wird, dass es ein „wechselseiti-ges Aufeinanderangewiesensein“ (Lüscher und Liegle 2003: 292) der Generationen gibt, werden Begegnun-gen zwischen den Generationen anders verlaufen als ohne diese Erkenntnis; die gegenseitige Bezugnahme kann dann persönlichkeitsorientiert und basierend auf offenen oder reflexiven Generationenbildern stattfin-den. Diese wiederum haben das Potenzial, auch insti-tutionelle Veränderungen im Sinne gesellschaftlicher Innovation herbeizuführen. Die mit dem Bezie-hungstyp Emanzipation implizierten offenen und re-flexiven Altersbilder sind assoziiert mit produktiven und reflexiven Formen des Umgangs mit dem Alter.

Sie sind eingebunden in eine Logik der Offenheit und Verständigung. Es gilt – in Aushandlung mit anderen Generationen im Sinne gemeinsamer Gefährtenschaft – die persönliche und soziale Identität zu entdecken und zu fördern.

Politisch entspricht derartigen Alters- und Generatio-nenbildern eine Politik, die Rahmenbedingungen A b b i l d u n g 4.1 Strategien und Maximen im Umgang mit Generationenambivalenzen

unter Einblendung impliziter Altersbilder

Quelle: Hoch 2010. Grundlage der Abbildung Lüscher und Liegle 2003.

Solidarität

Atomisierung Kaptivation

Emanzipation

übereinstimmend bewahren

uneinig ausharren

unversöhnlich los-sagen,

Generatio-nenkonflikt einvernehmlich

entwickeln, kognitive Offenheit

(Konvergenz) Nähe

(Divergenz) Ferne (Reproduktion)

Verharren

(Innovation) Veränderung

verkappt negative Altersbilder

offensiv negative Altersbilder offene, reflexive Altersbilder

(persön-lichkeitsorientiert) traditionelle

Al-tersbilder (genera-tionenorientiert)

schafft für das experimentelle Zusammentreffen von Generationen und das Eröffnen neuer Altersrollen. In der Arbeitswelt gehört dazu die Teamförderung in al-tersgemischten Arbeitsgruppen, im Bereich des Woh-nens entspricht dies selbstgewählten Formen des Zu-sammenlebens von Jung und Alt (auch) außerhalb traditioneller Familienbezüge, im Bereich der Engage-mentförderung sind hier die Freiwilligendienste aller Generationen zu nennen, und im Bereich der Fami-lienpolitik sind es die Förderung und Beratung von aushandlungsorientierten Unterstützungs- und Pflege-arrangements in „geteilter Verantwortung“, in denen sich Angehörige mit Ehrenamtlichen, beruflich Täti-gen und Professionellen die Aufgaben der Unterstüt-zung und Pflege teilen.

Das heuristische Modell zeigt auf, wie mit vorhandenen Ambivalenzen zwischen den Generationen konstruktiv und offen umgegangen werden kann, ohne auf Negativ-szenarien fixiert zu sein. Die zivilgesellschaftlichen Rol-lenangebote für ältere Menschen unterstreichen die Nähe der Generationen (Konvergenz) in einem Übergangsbe-reich zwischen den Feldern Solidarität und Emanzipation.

Sie lassen Spielraum für emanzipative Konzepte. Auch dem Fünften Altenbericht der Bundesregierung liegt das Leitbild der Generationensolidarität zugrunde, das jedoch mit Bezug auf das analytische Modell als einfache tradi-tionelle Solidarität unterkomplex konzipiert ist. Eine innovative Variante der Generationensolidarität ist es vielmehr, wenn „Fragen des Alters grundsätzlich in gene-rationenübergreifenden Kontexten“ behandelt würden und wenn die Antworten auf diese Fragen sowohl „die Förderung der Lebensbedingungen älterer Menschen“ als auch die „Entwicklungschancen nachfolgender Genera-tionen nicht beeinträchtigen“ würden (Kruse und Schmitt 2005: 13).

Zusammenfassend kann an dieser Stelle gesagt werden, dass sich die Ambivalenzen zwischen den Generationen nicht aufheben lassen, dass sie aber konstruktiv gewendet werden können, sowohl zwischen den unmittelbar Betei-ligten als auch auf der Ebene des gesellschaftlichen Dis-kurses. Ein emanzipiertes Altersbild beziehungsweise Bemühungen um ein emanzipiertes Altersbild zeigen sich nicht nur in Formen zivilgesellschaftlichen Engagements, sondern auch in der Erwerbsbeteiligung älterer Menschen und in offen gelebten Familienrollen. Die Sicht- und Ver-haltensweisen gegenüber älteren Erwerbspersonen dürf-ten für die Etablierung eines offenen und reflexiven Al-tersbildes maßgeblich sein: Es gibt Hinweise darauf, dass die Beteiligung Älterer an Formen bürgerschaftlichen En-gagements mitbestimmt wird durch die Leistungsanforde-rungen, die an Ältere gestellt werden, durch die bestehen-den Altersgrenzen für produktive Tätigkeiten und durch die Bedeutung von Produktivität beziehungsweise Aktivi-tät in den dominierenden gesellschaftlichen Altersbildern (Hank und Stuck 2008: 77). Vereinfacht ausgedrückt:

Was die Gesellschaft älteren Menschen zutraut, welche Aufgaben ihnen überlassen und von ihnen verlangt werden, hat auch einen Einfluss darauf, inwiefern Ältere im zivilgesellschaftlichen (Generationen-)Zusammen-hang Aufgaben und damit Verantwortung übernehmen.

Insbesondere zivilgesellschaftliche Rollen können zur Offenheit verhelfen und sind prädestiniert dazu, Genera-tionen auf neue Art zusammenzuführen, um neuartige re-flexive Alters- und Generationenbilder in auch hierzu die-nenden Spielräumen, etwa in Mehrgenerationenhäusern, zu entwickeln. Die verschiedenen Formen und Strukturen bürgerschaftlichen Engagements haben eine für die He-rausbildung und die Praxis neuer Altersbilder wichtige Funktion als Werkstatt und Erprobungsraum.

4.3 Altersbilder, Zivilgesellschaft und