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TEIL II: EMPIRISCHE ANALYSE

6. Methodische Umsetzung

6.8 Ökonomische Datengrundlage

Die im Rahmen der Studie erhobenen Daten sind GKV-Routinedaten, die unter Alltagsbedin-gungen generiert wurden und damit Informationen zum realen Versorgungsgeschehen we-derspiegelten.368 Mit ihrem longitudinalen Charakter und der über ein einheitliches Versicher-tenpseudonym möglichen Verknüpfbarkeit der klinischen und ökonomischen Informationen sind sie für die Nutzung in wissenschaftlichen Erhebungen gut geeignet. Zudem ist die Band-breite der durch die Leistungserbringer übermittelten Daten über alle Krankenkassen hinweg weitgehend identisch. Unterschiede zwischen den einzelnen Krankenkassen bestehen ledig-lich bei der Erhebung der Daten hinsichtledig-lich Dokumentation, Pflege sowie Verfügbarkeit, da kein einheitliches kassenübergreifendes Datenbanksystem existiert, sondern diese in kassen-individuellen Inselsystemen gespeichert sind.369

Insgesamt wurden sämtliche erstattungsfähigen direkten medizinischen und nicht-medizini-schen Kosten sowie Kosten für Transferleistungen erhoben. Im Speziellen unterteilt sich der erhobene Datensatz in elf Kernbereiche: (i) Stammdaten, (ii) Krankenhaus (stationärer Be-reich), (iii) vertragsärztlicher Bereich (ambulanter BeBe-reich), (iv) Arzneimittel, (v) Rehabilitation, (vi) Transport, (vii) Heilmittel, (viii) Hilfsmittel, (ix) Haushaltshilfe, (x) Krankengeld und (xi) Pflege. Innerhalb dieser Bereiche erfolgte bei den kooperierenden Krankenkassen eine Ab-frage zugehöriger Parameter, um die der Studie zugrundeliegenden Fragestellungen zu beant-worten und die geforderten Analysen370 zu bedienen.

Die erhobenen Stammdaten von Versicherten können dabei zur Festlegung und Beschreibung der Basispopulation der Studie herangezogen werden, etwa hinsichtlich des Einschlusses spe-zieller Alters- oder Geschlechtergruppen. Zudem können ergänzende Angaben zusätzliche

368 Vgl. Neubauer et al. 2017, S. 24.

369 Vgl. Zeidler und Braun 2012, S. 246.

370 siehe Kapitel 6.9

Subgruppenanalysen ermöglichen, etwa einen geografischen Stadt-Land-Vergleich durch Er-fassung des Wohnortes der Versicherten.371 Die Vertragslaufzeit und dabei insbesondere das Ende des Versicherungsvertrages können im Rahmen von Überlebenszeitanalysen von Bedeu-tung sein.372

Als größter Kostentreiber bei der Behandlung von Patienten mit HFrEF gilt der stationäre Be-reich.373 Mit der Einführung des diagnosebasierten Fallpauschalensystems (DRG-System) wurde die Übermittlung abrechnungsrelevanter Daten der Krankenhäuser an die Gesetzlichen Krankenversicherungen mit dem § 301 SGB V neu geregelt.374 Verpflichtend ist seither die Weitergabe des Aufnahme- und Entlassungstages, des Grundes der Entlassung, der durchge-führten Operationen und Prozeduren (nach OPS-Klassifikation), der Haupt- und Nebendiagno-sen des Krankenhausaufenthaltes, der Leistungsform, der DRG und der Kosten der abgerech-neten DRG sowie der Zusatzentgelte.375 Aufgrund der Einführung des prozedurenreichen DRG-Systems und der gesetzlich vorgegebenen Dokumentations- und Informationsweitergabe-pflicht ist die Datenabdeckung im stationären Bereich stark ausgeprägt. Über Aufnahme- und Entlassdaten können die Verweildauern der Patienten bestimmt werden, mittels der Aufnah-megründe, ob es sich um Notfälle handelt. Die Entlassgründe geben Auskunft darüber, ob Pa-tienten regulär, in ein anderes Krankenhaus oder in eine Anschlussrehabilitation entlassen wurden oder im Zuge des Krankenhausaufenthaltes verstorben sind. Über die Hauptdiagno-sen bei Entlassung oder behelfsweise die Aufnahme- oder Einweisungsgründe können primäre Behandlungsgründe im Rahmen der stationären Aufnahme festgestellt werden.

Durch die im Zuge des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Kranken-versicherung (GKV-WSG) geschaffene Datenbasis zum Austausch detaillierter Diagnose- und Leistungsdaten zwischen niedergelassenen Ärzten bzw. den kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und den Gesetzlichen Krankenversicherungen sind auch über den ambulanten Bereich breite Informationen verfügbar.376 Dabei handelt es sich u.a. um die Daten der behandelnden

371 Vgl. Schubert et al. 2014, S. 9.

372 Vgl. Neubauer et al. 2017, S. 59.

373 Vgl. Zugck et al. 2010, S. 636.

374 Vgl. Grobe et al. 2014, S. 123f.

375 Vgl. Neubauer et al. 2017, S. 68ff; Schubert et al. 2014, S. 17f.

376 Vgl. Grobe und Drähter 2014, S. 43.

Ärzte (Facharztzugehörigkeit, etc.), Umfänge (EBM-Nummern) und Zeitpunkte der Leistungs-inanspruchnahmen, Leistungsumfänge (EBM-Punkte) sowie Diagnosen nach ICD-10-Klassifi-kation.377

Zudem werden die Datenbanken der Krankenkassen durch Arzneimittelverschreibungsdaten für verschreibungspflichtige Arzneimittel aus Apotheken ergänzt.378 Gemäß § 300 SGB V müs-sen Apotheken verordnete Rezepte an die Krankenkasmüs-sen übermitteln.379 Im Rahmen der Arz-neimitteldaten sind über Krankenkassen u.a. Ausstellungs- sowie Abgabedaten der Präparate, Bruttokosten pro Medikament (Apothekenabgabepreis), Nettokosten pro Medikament (Kos-ten der Krankenkasse) sowie Zuzahlungen durch die Patien(Kos-ten abfragbar. Zudem werden alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel in Deutschland mit einer individuellen Pharmazentral-nummer (PZN) gekennzeichnet und sind über deren ATC-Code einer bestimmten Wirkstoff-gruppe zugeordnet.380

Abrechnungsdaten für den Krankenkassen zu übermittelnde stationäre und ambulante Reha-bilitationsleistungen sind in § 301 SGB V beschrieben.381 Dabei handelt es sich u.a. um deren Arten (stationär/ambulant, Anschlussheilbehandlung, etc.), Beginn- und Endzeitpunkte, Diag-nosen nach ICD-10-Klassifikation sowie für die Rehabilitationsmaßnahmen abgerechnete Ent-gelte.382 Die Finanzierung von Rehabilitationsleistungen ist in Deutschland über unterschied-liche Sozialleistungsträger verteilt. Neben Krankenkassen gehören dazu auch die Gesetzunterschied-lichen Rentenversicherungen sowie die Unfallversicherungen.383 Aufgrund der rein über Krankenkas-sen erfolgten Datenerhebung kann in der Analyse nur auf diese Daten zurückgegriffen wer-den.

Sind Transporte von Patienten im Zusammenhang mit der Leistung einer Krankenkasse aus medizinischen Gründen notwendig und werden durch einen Leistungserbringer verordnet, sind diese nach § 60 SGB V ebenfalls über die Krankenkassen abrechenbar und in deren Da-tenbanken hinterlegt.384 Die Erfassung von Aufwendungen für Transporte der Versicherten

377 Vgl. Zeidler und Braun 2012, S. 249f.

378 Vgl. Neubauer et al. 2017, S. 22.

379 Vgl. Schröder 2014, S. 76.

380 Vgl. Neubauer et al. 2017, S. 71.

381 Vgl. Bestmann et al. 2014, S. 180.

382 Vgl. Zeidler und Braun 2012, S. 251.

383 Vgl. Neubauer et al. 2017, S. 80.

384 Vgl. GKV-Spitzenverband 2019a.

erfolgt im Wesentlichen über deren Arten und Preise der abgerechneten Transporte. Zudem liegen Informationen über Ausstellungs- und Abgabedaten der Verordnungen vor.

Im Weiteren sind in den Datenbanken der Krankenkassen auch Informationen zu Heil- und Hilfsmitteln verfügbar. Dabei handelt es sich um Informationen über den Zeitpunkt der Ver-ordnungsausstellung, das Datum der Leistungserbringung bei Heilmitteln sowie der Rezept-einlösung bei Hilfsmitteln, die Nettokosten der Krankenkassen, die Anzahl der verordneten sowie die Art der abgerechneten Leistungen.385

Haushaltshilfen gelten bei Erfüllung der Voraussetzungen ebenfalls als Leistung der Kranken-kasse. Grundsätzlich haben Versicherte nach § 38 SGB V Anspruch auf eine Haushaltshilfe, wenn die Weiterführung des Haushalts aufgrund einer Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V), einer medizinischen Vorsorgeleistung (§ 23 Abs. 2 und 4 SGB V) oder einer medizinischen Re-habilitationsmaßnahme (§ 40 SGB V) nicht möglich ist.386 Hierbei sind Informationen über Leis-tungsbeginn und -ende sowie über deren Preise verfügbar.

Zur Ermittlung des Krankengeldes ist die Weitergabe der Arbeitsunfähigkeitsdaten (AU-Daten) von Versicherten erforderlich, die basierend auf § 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EntgFG) erfolgt.387 Gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind AU-Meldungen von behandelnden Ärzten di-rekt an die Krankenkassen zu übermitteln. Daraus gehen Informationen zu Zeiträumen von AU und Krankengeldzahlungen sowie Diagnosen nach ICD-10-Klassifikation und geleisteten Beträ-gen (Kosten der Krankenkasse) hervor.388 AU-Daten der Krankenkassen können dabei eine wichtige Informationsquelle zur Berechnung indirekter Kosten bzw. fehlzeitenbedingter Pro-duktionsausfälle sein. Es ist zu beachten, dass nur für sozialversicherungspflichtige Versicherte AU-Daten vorliegen. Selbstständige, Freiberufliche oder auch Rentner sind hier exkludiert.389 Im Rahmen des Bereiches Pflege können u.a. die Stufen der Pflegebedürftigkeit, Einstufungs-zeitpunkte sowie Leistungsbeträge abgefragt werden. Pflegeleistungen können für einen Zeit-raum von bis zu vier Wochen, in Ausnahmefällen länger, über die Gesetzliche Krankenversi-cherung beantragt werden. Voraussetzung ist, dass keine Einstufung in die Pflegegrade 2, 3, 4

385 Vgl. Zeidler und Braun 2012, S. 256.

386 Vgl. GKV-Spitzenverband 2019b.

387 Vgl. Meyer 2014, S. 147.

388 Vgl. Zeidler und Braun 2012, S. 252.

389 Vgl. Neubauer et al. 2017, S. 78.

oder 5 im Sinne des SGB XI vorliegt.390 Alle weiteren Pflegeleistungen werden auf Basis des SGB XI von Pflegekassen erfasst, die zwar eng an die jeweiligen Krankenkassen angegliedert sind, jedoch als eigenständige Behörden geführt werden.391 Eine Datenerfassung kann hier somit nur in Teilen erfolgreich umgesetzt werden.

Da eine Aufnahme in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherungen geprüft werden sollte, war es Ziel, nach Analyse der durch die Patienten angefallenen Kosten auch die durch das Telemonitoring-Verfahren entstandenen Aufwendungen für Hard- und Software, Internetverbindung, Telemedizincenter und personelle Ressourcen mit in die Untersuchungen einbezogen, um die gesamten Versorgungskosten abzubilden.

Auf der beschriebenen Grundlage wurden im Zuge der Studie sektorenübergreifend die tat-sächlich bei den Krankenkassen anfallenden Leistungsausgaben und damit alle für die gesund-heitsökonomische Evaluation zentralen Bestandteile ermittelt.392 Dabei wurden Krankenkas-sendaten für die individuelle Studienteilnahmedauer der Patienten, maximal für 365 Tage, er-hoben. Für Patienten, die während der Studienteilnahme vorzeitig aus der Studie ausschieden, sind Krankenkassendaten bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens verfügbar. Da lückenhafte Da-ten durch unvollständige Follow-up-Untersuchungen in den KrankenkassendaDa-ten poDa-tentiell zu Verzerrungen bei der Berechnung des primären gesundheitsökonomischen Endpunkts führen können, wurden bei diesen Patienten die fehlenden Informationen mittels linearer Extrapola-tion auf das Follow-up von 365 Tagen oder bis zum Zeitpunkt des Todes, wenn dieser inner-halb der 365 Tage lag, imputiert.

Aufgrund der Datenmenge und der Heterogenität der Datenbeschaffenheit in den Einzelliefe-rungen der Krankenkassen wurden die Daten zur besseren Verarbeitung in einer übergreifen-den SPSS-Datei zusammengeführt. Hierbei wurübergreifen-den aufgrund der unterschiedlich gelieferten und vereinzelt lückenhaften Originaldaten ebenfalls Anpassungen vorgenommen. Diese er-folgten sparsam und streng nach anerkannten, etablierten und standardisierten Vorgaben.

Exemplarisch wurden etwa fehlende Kostenangaben im vertragsärztlichen (ambulanten) Be-reich über die angegebene EBM-Nummer, die Anzahl an Gebührenordnungspunkten sowie die Entgeltanzahl berechnet. Fehlende Kostenangaben im Bereich Arzneimittel etwa wurden

390 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2018b.

391 Vgl. Birkner et al. 1999, S. 138.

392 Vgl. Schubert et al. 2008, S. 1100.

basierend auf Angaben zu ATC-Codes393, Packungsgrößen und DDD394 über Kostenangaben aus der Lauer-Taxe errechnet.