I 120/2009 ERZ 6. Mai 2009 ERZ C Interpellation
0844 Ammann, Meiringen (SP-JUSO)
Weitere Unterschriften: 26 Eingereicht am: 30.03.2009
Aufgabenverzicht im Bildungswesen?
In Zusammenhang mit dem Konjunktureinbruch und den damit verbundenen Steuerertragsausfällen sieht der Regierungsrat im Budget 2009 offenbar einen Aufgabenverzicht von rund 70 Millionen Franken vor. Von Sparmassnahmen nicht ausgeschlossen ist möglicherweise der Bildungsbereich, obschon diesem eine zentrale Bedeutung in der wirtschaftlichen Entwicklung zugemessen wird. Eine Reduktion der Leistungen widerspräche den Absichtserklärungen, den Bildungsbereich in der Schweiz und im Kanton Bern zu stärken
Der Regierungsrat wird gebeten, die folgenden Fragen zu beantworten:
1. Trifft es zu, dass rund die Hälfte der oben erwähnten 70 Mio. im Bildungsbereich eingespart werden soll?
2. Trifft es zu, dass im Bildungsbereich u. a. in folgenden Bereichen abgebaut werden soll:
Reduktion von Lektionen im Schulangebot, weniger Klasseneröffnungen, Kürzungen im Weiterbildungsbudget, Kürzungen auf den Sachkonti?
3. Wenn die unter 2) formulierte Aussage zutrifft: Inwiefern entsprechen solche Massnahmen den Planungsinstrumenten der Regierung im Bildungswesen (Gesetzesgrundlagen, Bildungsstrategie, Forderungen überwiesener Vorstösse, Absichtserklärungen der Regierung und der Erziehungsdirektion)?
4. Ist bei Kürzungen im Budget 2009 und bei vorgesehenen Sparmassnahmen in den Folgejahren eine lineare Verteilung über die Direktionen vorgesehen? Wenn ja:
Warum?
5. Welche Auswirkungen von Steuerertragsausfällen erwartet der Regierungsrat für den Bildungsbereich in den folgenden Jahren
Es wird Dringlichkeit verlangt. Gewährt: 02.04.2009
Antwort des Regierungsrates Frage 1:
Zur Vermeidung eines Schuldenzuwachses im laufenden Jahr hat der Regierungsrat eine Eventualplanung im Vollzug des Voranschlags 2009 über CHF 70 Mio. in Auftrag gegeben.
Über die definitive Umsetzung wird er Ende Juni 2009 beschliessen.
Der lineare Kürzungsanteil der Erziehungsdirektion macht gemäss dem sog. RESKO- Schlüssel1) dabei CHF 29,8 Mio. aus. Müssen erhebliche Budgetkürzungen vorgenommen
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werden, um die finanzpolitischen Vorgaben (wie z.B. die Schuldenbremse) erfüllen zu können, ist – angesichts der Bedeutung des Anteils der Bildung an den Ausgaben des Kantons insgesamt – ein Verzicht auf Massnahmen im Bildungsbereich im Übrigen nicht möglich.
Frage 2:
Der Regierungsrat ist bestrebt, wenn es nötig sein sollte, mögliche Einsparungen so moderat wie nur möglich durchzusetzen. Eine Reduktion von Lektionen im Schulangebot ist grundsätzlich nicht geplant, ist jedoch durch eine kleinere Anzahl Klassen oder durch weniger Lektionen für Fakultativfächer möglich. Klasseneröffnungen wie –schliessungen richten sich nach den Schülerzahlen und können im jetzigen Zeitpunkt für die Volksschule und die Berufsfachschulen noch nicht beurteilt werden und sind somit auch nicht Teil der Eventualplanung. Für die Gymnasien wurden für das erste nachobligatorische Schuljahr abgestützt auf die Zahl der aufzunehmenden Schülerinnen und Schüler auf kommenden Sommer 5 Klassen weniger eröffnet als im Vorjahr. Kürzungen im Weiterbildungsbudget betreffen zwei Aspekte: Einerseits sollen die internen Weiterbildungsbudgets für die Mitarbeitenden kurzfristig aufgrund der Rechnung 2008 angepasst werden. Anderseits soll das Budget für Weiterbildungsbeiträge an Institutionen ebenfalls an nicht ausgeschöpfte Beiträge 2008 angepasst werden. In beiden Bereichen dürfte 2009 in etwa der Stand von 2008 erreicht werden. Eine (wenn notwendig) zurückhaltendere Bewilligungspraxis von Beitragsgesuchen sollte für eine Übergangszeit möglich sein. Eine generelle Kürzung in den Sachkonten von knapp 1 Prozent wird nicht in allen Fällen möglich sein. Die Erziehungsdirektion gleicht dies aus, indem gezielte Massnahmen anstelle von linearen Kürzungen vorgeschlagen werden.
Frage 3:
Die in der Eventualplanung vorgeschlagenen Massnahmen unterlaufen weder Gesetzesgrundlagen noch die Bildungsstrategie. Die momentane Wirtschafts- und Finanzlage erfordert es aber, dass Grossratsvorlagen mit finanziellen Auswirkungen nochmals überdacht und eventuell hinausgeschoben werden müssen. Die Regierung wie auch die Erziehungsdirektion halten aber an der Absichtserklärung fest, dass ein qualitativ gutes Bildungsangebot im Kanton Bern aufrechterhalten werden muss und Grundlage für ein stabiles Wirtschaftswachstum bildet.
1) Der „RESKO-Schlüssel“ berücksichtigt die besondere Struktur des Haushalts einer einzelnen Direktion, indem er die nicht beeinflussbaren Komponenten bei gesamtstaatlichen Kürzungsvorgaben ausschliesst. Die Kürzungsvorgabe wird dadurch nur auf Grund des beeinflussbaren Anteils des Haushalts einer Direktion berechnet. Der lineare Kürzungsanteil im Verhältnis des so bereinigten Saldos der Laufenden Rechnung beträgt: Staatskanzliei 0,4 %; Volkswirtschaftsdirektion 2,6 %; Gesundheits- und Fürsorgedirektion 32,1 %;
Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion 4,5 %; Polizei- und Militärdirektion 6,9 %; Finanzdirektion 6,2 %;
Erziehungsdirektion 42,6 %; Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion 4,7 %.
Frage 4:
Um für eventuelle Kürzungen im Vollzug des Voranschlages 2009 vorbereitet zu sein, ist der Regierungsrat auf ein schnelles unkompliziertes Verfahren angewiesen. Aus diesem Grund hat er die Kürzung der CHF 70 Mio. linear nach dem sog. RESKO-Schlüssel (vgl.
auch Antwort zu Frage 1) auf die Direktionen und Staatskanzlei verteilt und auch für die Planungsperiode 2010 – 2013 vorgegeben.
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Für weitergehende Sparmassnahmen sind die Direktionen und die Staatskanzlei aufgefordert, anhand von Vorschlägen aus den einzelnen Produktgruppen Aufgabenreduktionen zu eruieren. Der Regierungsrat wird nach einer Beurteilung dieser Vorschläge dem Grossen Rat die zu vollziehenden Massnahmen unterbreiten.
Frage 5:
Der Regierungsrat muss die Auswirkungen des sinkenden Steuerertragswachstums weni- ger aus einer rein bildungspolitischen Optik, sondern im Kontext der gesamtstaatlichen Aufgabenerfüllung sowie seiner finanzpolitischen Zielsetzungen betrachten.
Angesichts der nach wie vor sehr instabilen Prognosen betreffend den weiteren Konjunk- turverlauf können in Bezug auf die zukünftige Entwicklung des Steuerertragswachstums mittel- bis längerfristig keine abschliessend gesicherten Voraussagen gemacht werden.
Somit lässt sich derzeit auch nicht abschätzen, wie sich die nun schwierigere finanzpoliti- sche Ausgangslage in den folgenden Jahren auf die einzelnen Aufgabenbereiche des Kantons auswirken wird.
An den Grossen Rat