Die Prävalenz der säureasso- ziierten Erkrankungen des oberen Gastrointestinaltrak- tes nimmt in den industriali- sierten Ländern deutlich zu;
dabei verschiebt sich der Schwerpunkt von den säure- bedingten Ulkuserkrankun- gen immer mehr zur Re- fluxoesophagitis, an welcher etwa zehn Prozent der Bevöl- kerung leiden. Circa 50 Pro- zent dieser Patienten haben tägliche Beschwerden, 30 Pro- zent alle zwei bis vier Tage.
Ab dritter Lebensdekade ist eine Zunahme der Reflux- erkrankungen zu verzeich- nen, das Maximum wird um das 45. Lebensjahr erreicht.
Zu diesem Zeitpunkt haben die Betroffenen statistisch zu- nehmend Übergewicht, be- ruflich maximale Exposition und hohen Nikotinkonsum.
Während in den 70er- Jahren die Behandlung der säureassoziierten Erkrankun- gen von H2-Rezeptoren-Hem- mern dominiert wurden, sind seit den 80er-Jahren die Protonenpumpenhemmstoffe (PPI) das Mittel der Wahl.
Trotz der langfristig bekann- ten Überlegenheit der PPI zeigt eine Statistik der Ver- ordnungshäufigkeiten noch einen erstaunlich hohen und nicht mehr begründbaren Anteil von H2-Blockern. Fünf Originalpräparate der PPI sind verfügbar: Das Omepra- zol sowie seine Isomere Lan- zoprazol, Pantoprazol, Ra- beprazol und Esomeprazol, zudem einige Omeprazol-Ge- nerika.
Während unter H2-Blok- ker-Behandlung etwa 50 Pro- zent der Patienten rezidivfrei bleiben, sind es mit PPI-Be- handlung rund 90 Prozent (ohne Dauertherapie bekom- men 25 Prozent ein Rezidiv innerhalb von zwölf Mona- ten). Für die Akuttherapie der Refluxerkrankung gelten 40 mg PPI als optimale Dosis über einen Zeitraum von vier bis acht Wochen; dabei wer-
den mit 40 mg Pantopra- zol (zum Beispiel Rifun®, Schwarz-Pharma) Heilungs- raten von etwa 80 Prozent in- nerhalb von vier Wochen er- reicht, mit 20 mg Pantoprazol zur Rezidivprophylaxe blei- ben 77 Prozent der Patienten beschwerdefrei.
Bei niedriggradig ausge- prägter Refluxoesophagitis gewinnt zunehmend die On- demand-Therapie an Bedeu- tung. Nach ausgeheilter Re- fluxerkrankung der Grade 0 bis 1 blieben in sechs Mo- naten Beobachtungszeitraum alle Probanden beschwerde- frei. Durchschnittlich erfolgte alle vier Tage die Gabe von 20 mg Pantoprazol.
Dieser Effekt erklärt sich aus der sehr schnellen Biover- fügbarkeit des Pantoprazols mit 77 Prozent am ersten Be- handlungstag, während Ome- prazol in den ersten 24 Stunden nur zu 35 Prozent, Esomeprazol zu 50 Prozent bioverfügbar ist.
Eine Falldarstellung von Prof. Andreas Wagner (Mün- chen) zeigte, dass im Einzel- fall, dann unter klinischer Kontrolle, auch extrem hohe Dosierungen von Pantopra- zol (demonstriert: 160 mg/
die) sehr gut toleriert werden und zum Erfolg führen kön- nen. Grundlage hierfür ist das Fehlen von Arzneimittelin- teraktionen von Pantoprazol auf hepatischer Ebene.
Demgegenüber zeigt Ome- prazol Interaktionen mit Phe- nytoin, Carbamazepin, Dia- zepam und oralen Anti- koagulanzien, Esomeprazol mit Diazepam, Citalopram, Imipramin, Clomipramin, Phenytoin und Cisaprid, je- weils vermittelt durch das Cytochrom-P-450-System. In Studien mit Laufzeiten über zehn Jahre zur Dauer- therapie mit PPI fanden sich entgegen anfänglichen Ver- mutungen keine Hinweise auf die Induktion maligner Komplikationen.
Nach wie vor fehlen ein- deutige Daten zur Frage der Heilung eines Barrett-Oeso- phagus unter Dauertherapie mit PPI sowie zur Verhütung des Adenokarzinoms des Oesophagus unter PPI-Gabe.
Die Antirefluxbehandlung mit PPI weist eine Rate von Therapieversagern von etwa 20 Prozent auf.Wichtigste Ur- sachen für die fehlende Wirk- samkeit sind:
❃falsche Einnahmezeit;
❃Komedikation mit H2- Blockern zeitgleich;
❃individuell schnelle Me- tabolisierung;
❃Gallensäurereflux.
Die tageszeitabhängige Be- legzellaktivität erfordert eine morgendliche Gabe der PPI, da morgens 70 Prozent aller Belegzellen aktiviert sind (in Einzelfällen kann eine abendliche Zusatzdosis not- wendig werden, wenn extre- me nächtliche Beschwerden vorliegen). Dabei sollte kei- ne zeitgleiche Gabe von H2- Blockern erfolgen, da diese zeitlich vor Wirkungseintritt der PPI eine Blockierung der sekretorischen Kanalsysteme
der Belegzelle herbeiführen und so die Säurehemmung vermindern. Eine individuell sehr schnelle Metabolisie- rung der PPI kann eine ent- sprechende Dosistitration not- wendig machen.
Die differenzialdiagnosti- sche Abgrenzung funktionel- ler Dyspepsien und proble- matische Therapieeinstellun- gen (zur Effektivitätskon- trolle) sollten immer eine ph- Metrie induzieren. Verglei- chende Untersuchungen zei- gen bei regelmäßiger Gabe von mehr als 20 mg PPI keine Unterschiede zur Antire- fluxchirurgie. Damit bleibt als wichtigste Indikation zur Operation der ausdrückliche Wunsch des Patienten zur Operation beziehungsweise die Ablehnung einer medika- mentösen Langzeitbehand- lung sowie die sehr große Hiatushernie.
Während die Pantoprazol- behandlung keine Nebenwir- kungen zeigt, ist bei der lapa- roskopischen Refluxchirur- gie mit einem Gas-bloat-Syn- drom in bis zu 20 Prozent zu rechnen, mit einer Dyspha- gie oder einem Rezidiv bei etwa fünf Prozent. 30 Pro- zent der operierten Patien- ten nehmen auch weiter re- gelmäßig postoperativ PPI ein. Dr. med. Andreas Dehne V A R I A
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A1846 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 26½½½½28. Juni 2002
Säurebedingte Erkrankungen
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ner an. EB
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